Deutschland geht die Puste aus bei Investitionen in schnelleres Internet

Der Bundestag hat dem auf Schulden basierten „Schutzschirm“ für Energiepreise zugestimmt. 200 Milliarden Euro. Doch beim Thema Internet zeigt sich, dass Deutschland finanziell die Puste ausgeht.

IMAGO / Jochen Tack
Verlegung von Glasfaserkabeln für schnelleres Internet

Ging es zuletzt um Staatsfinanzen, wummsten die Summen nur so durch die Luft: 60 Milliarden Euro für den Klimaschutz. Wumms. 96 Milliarden Euro für diverse „Entlastungspakete“. Bazooka-Wumms. 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Zeitenwende-Wumms. Und jetzt 200 Milliarden Euro als Ausgleich für die verfehlte Energiepolitik. Doppelwumms. Nicht nur der Umgang mit Sprache ist kindlich naiv geworden – der mit dem Geld auch.

Geheimsache Empfang
Internet: Ausfälle häufen sich augenfällig in jüngster Zeit
Das vermittelt eine trügerische Sicherheit. Genau die will Kanzler Olaf Scholz (SPD) beschwören: Keiner muss sich sorgen, alle haken sich unter – „you’ll never walk alone“. Doch wie trügerisch diese Sicherheit ist, zeigt eine andere Meldung dieser Tage: Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) stoppt die Gigabit-Förderung. Der Etat von 3 Milliarden Euro für schnelleres Internet ist verbraucht. Mehr gibt es nicht. Gemeinden, die ausbauen wollen, sollen warten, bis der Bund wieder Geld ausschüttet. Wumms.

Schnelleres Internet. Das hört sich banal an, so als ob ein paar Singles halt länger warten müssten, um sich eine Netflix-Sendung runter zu laden. Doch vom schnellen – und stabilen – Internet hängt die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit Deutschlands in etwa genau so stark ab wie von der Energieversorgung: Home-Office, digitale Verwaltung, Industrie 4.0, Erhalt von Wohnen und Wirtschaft auf dem Land – für das alles braucht es ein ebenso schnelles wie stabiles Internet. 3 Milliarden Euro sind aber ausgeschöpft. Der Ausbau des schnellen Internets muss daher bis nächstes Jahr warten. Doppelwumms.

Technische Wirklichkeit
Auf das Gewitter folgt oft der Ausfall des Internets
Wie das Verkehrsministerium die 3 Milliarden Euro aus dem Etat verteilt hat, ist typisch für das Haushalten der Ampelregierung: Erst wurden nur Gemeinden mit einer besonders schlechten Netzversorgung gefördert, dann alle, und plötzlich wird das Programm gestoppt, weil die Kasse leer ist. Die Ampel handelt nach dem Prinzip „Gießkanne in der Wüste“: Ein paar wenige Stellen bekommen einen Schwung Wasser ab – der große Rest verdörrt. Wer Geld braucht, muss Glück haben, dort zu stehen, wohin es die Gießkanne verteilt. Das ist eine Möglichkeit. Glück. Die andere Möglichkeit ist, gute Beziehungen zu den Ampelparteien zu haben und zu wissen oder beeinflussen zu können, wo diese den Schwung aus der Gießkanne runterlässt.

Die Bundesländer Bayern und Hessen wurden wie n-tv berichtet von dem Stopp der Fördermittel überrascht. Die beiden Länder werden von der Union geführt, der Bund von der SPD. Der Zusammenhang ist nicht schwer zu verstehen. Und das Vorgehen lässt den Schluss zu, dass die Ampel das Geld aus der Gießkanne dort niederlässt, wo die eigenen stehen – und der Rest verdörrt. Ausbauziele seien ja nicht gefährdet, verteidigt der Liberale Wissing sein Vorgehen. „300 Milliarden Schulden aufnehmen und keinen Cent mehr zu haben für die Gigabit-Förderung ist schlicht und einfach ein völlig falsches Signal für die Zukunftsfähigkeit des Landes“, fasst Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Situation zusammen. „So kommt die jetzt schon schleppende Digitalisierung zum Erliegen“, sagt die AfD-Bundestagsabgeordnete Barbara Lenk.

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Kommentare ( 45 )

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45 Comments
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AlNamrood
1 Jahr her

Vor ein paar Wochen wurde hier die Straße aufgerissen um Kabel zu verlegen. Wurde natürlich nur behelfsmäßig wieder zu gemacht, so dass jetzt eine dicke Rille in der Straße ist. Ich vermute mal, dass das jetzt so bleibt wenn das Geld alle ist.

Franjo
1 Jahr her

„Der Zusammenhang ist nicht schwer zu verstehen. Und das Vorgehen lässt den Schluss zu, dass die Ampel das Geld aus der Gießkanne dort niederlässt, wo die eigenen stehen – und der Rest verdörrt“
Das war doch aber bei der CDU/CSU geführten Bundesregierung genauso.
Die Verkehrsminister wurden fast immer von der CSU gestellt und das Geld ist zu einem Großteil nach Bayern gegangen…
Es gibt keine Politiker die mit Sachverstand regieren sondern nur Günstlingswirtschaft und Geschacher, das ist alles zum Kotzen!!!
Die Schweiz ist das einzige Land das ich kenne, das mit seiner direkten Demokratie die Bürger mit einbezieht.

Der Ketzer
1 Jahr her

Zitat von Prof. Dr. Key Pousttchi, Professor für Digitalisierung: „Der helle Wahnsinn ist, Infrastruktur im Wettbewerb aufzubauen. Wenn wir vor 120 Jahren unser Wasserleitungsnetz so aufgebaut hätten, wie wir heute Internetzugang organisieren, dann hätte ich in meiner Wohnung in Potsdam jetzt drei Wasserhähne in der Küche, einen mit magentafarbenen Wasser, einen mit rotem und einen mit blauem. Und in der Uckermark würde die Leute immer noch mit der Milchkanne zum Fluss gehen weil sie sich dort nicht lohnt, Wasserleitungen zu verlegen.“ Und es gab einen Politiker (Helmut Schmidt), der 1981 in einer Kabinettssitzung sein Vorhaben präsentierte, ab 1984 jährlich 2… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Der Ketzer
Peter G.
1 Jahr her

„…3 Milliarden Euro sind aber ausgeschöpft. Der Ausbau des schnellen Internets muss daher bis nächstes Jahr warten….“
Und im nächsten Jahr ist dann wieder Geld vorhanden?

Timur Andre
1 Jahr her

Es gibt auch etwas Positives über unsere Unfähigkeit zu digitalisieren und größere Projekte umzusetzen: wir werden so schnell die Einführung von digitalem Zentralbankgeld (CBDC) nicht hinbekommen!

Teiresias
1 Jahr her

Das passiert bei Rekordsteuereinnahmen.

Man freut sich über das strahlende Leuchten des eingebildeten Heiligenscheins und darüber, daß Geld keine Rolle spielt bei „moralischen“ Großprojekten wie „Weltsozialamt spielen“ oder „Weltklima retten“.

Massenhaft Geld ausgeben ist moralische Verpflichtung, Geld erwirtschaften dagegen unmoralische Umweltschädigung.

Geld soll aus der Steckdose kommen und der Strom aus der Druckmaschine oder umgekehrt – Hauptsache die Haltung stimmt, der Rest ist egal.

„Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint.“ (Kurt Tucholsky)

Eberhard
1 Jahr her

Privatisierung von Staats- und Kommunalaufgaben, ohne die vom Gesetzgeber zu gewährenden Gleichheitsrechte dabei weiter zu gewähren, ist die Hauptursache fehlender Infrastruktur, sowie großer Unterschiede zwischen Stadt und Land und verstößt massiv gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Private Investoren handel rein ökonomisch und nur den eigenen Gewinn maximierend. Je größer der Laden, desto weniger Gemeinsinn und erst recht keine Solidarität. Warum auch? Das nutzt den Investoren und schadet dazu noch enorm der ganzen Wirtschaft. Mit dieser Methodik werden wir nun auch noch die großen Verlierer bei der Digitalisierung. Die Rückstände sind bei der schnellen Weiterentwicklung und schnell aufeinander folgenden neuen Technologien, kaum noch… Mehr

Aljoschu
1 Jahr her

Deutschland geht die Puste aus! Nicht nur beim Internet, auch bei der Verkehrsinfrastruktur, der Bahn, den Schulen, Krankenhäusern, der Bundeswehr, der Polizei – und jetzt auch in den Privathaushalten. Sparen, Frieren, Hungern und Sichselbstverteidigen ist angesagt! Kennen wir doch aus der Endphase des 2. Weltkrieges.

Innere Unruhe
1 Jahr her
Antworten an  Aljoschu

Nur für Kinder der Migranten ist immer genug Geld da…
Wann haben wir zuletzt gelesen, dass Migrantenkinder keine Untertützung bei was auch immer bekommen, weil das Geld alle ist…
Wieso spart Deutschland zuerst bei den Ausgaben für die eigenen Bürger?

Roland Mueller
1 Jahr her

Der vergammelte Kinderspielplatz in meiner Wohnungsnähe muss laut einem Schild der Stadtverwaltung bis zum nächsten Jahr warten, bis die durch Schäden gefährlich gewordenen Spielgeräte durch neue ersetzt werden. In diesem Jahr ist kein Geld mehr dafür vorhanden. Bis dahin bleibt der Platz gesperrt. Wann die angekündigte Sanierung im nächsten Jahr stattfindet, steht derzeit nicht fest. In Deutschland funktioniert zurzeit außer abkassieren und Geld für ideologische Fürze verschwenden nichts.

Talleyrand
1 Jahr her

Wozu brauche ich immer mehr Bandbreite, wenn der Müll im Internet weiter so unmäßig anschwillt? Besser wäre es, intelligente Unsinnfilter zu entwickeln, damit ich das nicht mehr händisch entsorgen muss, was da mit immer höherer Geschwindigkeit in meinen Rechner schwappt und mir Zeit, möglicherweise auch bald den Verstand raubt.