Trumps Zollhammer hat die globalen Märkte auf dem falschen Fuß erwischt und in Turbulenzen gestürzt. Es fällt schwer, im Nebel aus Volatilität und Panik Orientierung zu finden. Aber eine Tendenz nimmt langsam Konturen an: Die USA zielen mit ihrer harschen Politik auf die Handelsmacht Chinas. Von Thomas Kolbe

Das Gute vorweg: Der von der US-Regierung initiierte Zollschock lässt fürs Erste die Lebenshaltungskosten fallen. Wenigstens dort, wo der Staat nicht mit der Brechstange versucht, grüne Ideologie zu exekutieren und Energiekapazitäten eliminiert wie im Falle Deutschlands und seiner Kernkraft. Allerdings fallen die Preise auf breiter Front – Öl etwa um 15 Prozent seit Jahresbeginn – und künden deflatorische Tage an. Während die Börsen ein dramatisches Landunter erlebten, der S&P 500 seit der Verkündung der Zölle zwischenzeitlich um über 10 Prozent einbrach, begaben sich auch Öl-, Benzin- und Agrarrohstoffpreise in den freien Fall und sorgen zunächst einmal für willkommene Entlastung in den arg geschundenen Haushaltskassen des privaten Sektors.
Spielt Trump hier die Karte: „Main Street vor Wall Street“, indem er die Börsen links liegen lässt? Es ist durchaus möglich, dass man im Weißen Haus besonderen Wert auf die Gemütslage in „Blue Collar Amerika“ legt, um die zur Mitte der Legislaturperiode anstehenden Wahlen der beiden Kammern des Kongresses für sich zu entscheiden und politische Macht zu stabilisieren. Dass man Aktionärsvermögen einer Sonderbehandlung unterzöge, kann man der Trump-Regierung angesichts des Blutbads an den Börsen bislang wahrlich nicht nachsagen. Diese nimmt offensichtlich schwere Korrekturen in Kauf, um ihre innenpolitischen und geopolitischen Ziele gleichermaßen zu verfolgen: die Beseitigung des Doppeldefizits aus Handels- und Fiskalminus sowie das Comeback der heimischen Industrie.
Trumps Strategie: Druck als Verhandlungsmasse?
Staaten mit negativer Handelsbilanz gegenüber den USA, wie Großbritannien, Frankreich, Spanien, stehen vor einem Problem: Trumps Zölle schränken ihren Zugang zu Dollar weiter ein, die sie zur Refinanzierung ihrer Dollarschulden benötigen. Mit dem Ende des (nur noch synthetischen) USD LIBOR am 30. März 2025 verloren Euro-denominierte Produkte ihren Kreditrang als Sicherheit, da sie im nun entscheidenden Interbankenbank SOFR (Secured Overnight Financing Rate der New York Fed) nicht akzeptiert werden – die Zeit der Dollarschöpfung aus dem Nichts geht damit zu Ende.
Es wird immer deutlicher, dass Trump maximalen Druck auf die Handelspartner der USA erzeugt: Es ist bislang unklar, wie weit mögliche Eskalationen reichen können, aber das Trump-Lager scheint fest entschlossen, den angestoßenen Handelskrieg fortzusetzen. Ist dies der Versuch, Staaten mit hohen Handelsüberschüssen in bilateralen Verhandlungen zum Einlenken zu bewegen und so das eigene Defizit zu reduzieren? Oder setzt man im Weißen Haus tatsächlich alles auf eine Karte, kollabiert die Kreditmaschine des Auslands, den Eurodollarmarkt, über einen abrupten Abriss der ausströmenden Dollarliquidität und zwingt die beiden großen geopolitischen Gegner, die Europäische Union und China, in die Defensive?
China erweckt dieser Tage den Eindruck eines wankenden Riesen. Zwar ist die Krise am Immobilienmarkt genauso aus der Medienberichterstattung verschwunden wie der demografische Kollaps des Landes. Doch gelingt es der Kommunistischen Partei in Peking kaum, über die eigene Wachstumsschwäche und Kreditkrise hinwegzutäuschen. Immer wieder werden Fiskalpakete und Liquiditätsspritzen eingesetzt – etwa 200 Milliarden Yuan im Oktober 2024 –, um dem unter deflatorischem Druck und einer anhaltenden Pleitewelle leidenden Bankensektor Luft zu verschaffen – eine Politik, die wir aus der letzten Finanzmarktkrise kennen und bis heute weder in den USA noch in Europa überwunden haben.
Chinas Exportmaschine
Trumps Zölle nehmen genau diesen politisch orchestrierten Handelsüberschuss ins Visier. Doch China wehrt sich mit seinem handelspolitischen Baukasten: Seit dem 10. März 2025 erhebt es 15 Prozent Zölle auf US-Waren wie Sojabohnen, ab dem 10. April 2025 kommen Gegenzölle von 34 Prozent auf sämtliche Waren aus den USA hinzu. Der Yuan wurde am Montagmorgen europäischer Zeit vorsichtig abgewertet, ein Schachzug gegen den fallenden Dollar und der Versuch, die eigene Handelsposition zu verteidigen. Die Parteiführung signalisiert damit unmissverständlich, dass sie sich eher auf ein geldpolitisches Kräftemessen einlässt, bevor sie handelspolitisch nachgibt.
Vorerst keine Entspannung
Dieses Kräftemessen nimmt derweil umfassende Züge an. Trumps Zölle richten sich gerade auch gegen Chinas Handelssatelliten Vietnam und Thailand, um Exportschlupflöcher zu schließen – eine Lehre aus der ersten Amtszeit, als Umgehungen über Drittstaaten den Zolleffekt verwässerten. Finanzminister Scott Bessent lehnt Zollerleichterungen kategorisch ab, während Berater Kevin Hassett von Verhandlungen mit über 50 Ländern spricht. Die Märkte bleiben angesichts dieser widersprüchlichen Signale verunsichert.
Allerdings zeigen die Anleihenmärkte noch keine Stresssymptome – ein trügerischer Frieden? Das könnte sich ändern, wenn Aktienverluste in eine fiskalische Krise münden, besonders für Länder wie Großbritannien, Frankreich und Spanien. Ohne LIBOR stehen sie vor einem Dollar-Finanzierungsdilemma: Ihre Schulden in Höhe von Hunderten Milliarden US-Dollar könnten so zum fiskalischen Senkblei der Eurozone werden, wenn der Zugang zu billigem Dollarkredit versperrt wird.
Thomas Kolbe, studierter Volkswirt, freiberuflicher Autor sowie Medienmacher für Kunden aus verschiedenen Branchen und Wirtschaftsverbänden. Als freier Publizist widmet er sich schwerpunktmäßig ökonomischen Prozessen und beobachtet geopolitische Ereignisse aus dem Blickwinkel der Kapitalmärkte.
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Zitat: „Trumps Zölle nehmen genau diesen politisch orchestrierten Handelsüberschuss ins Visier.“
> Mhh, bleibt hier dann doch wohl die Frage: Und warum fällt China’s „unzerbrechliche Konjunkturmaschine“, deren „Exportsubventionen“ und „chinesische Handelsüberschuß“ nicht auch unserer regierenden „Polit-Elite“ und jener im grünwoken EU-Brüssel auf??
Was die USA unter Trump gerade praktizieren ist hinsichtlich Volumen und der Art der Umsetzung beispiellos.
Man kann nur beobachten und abwarten.
Aber die entscheidende Frage wird nicht gestellt:
Wie verhalten wir uns in der Zukunft gegenüber dem, von uns ohne Not in der Vergangenheit großgezuechteten Ameisenstaat China.
Denn so funktioniert ein Ameisenstaat nunmal.
Er wächst, er kann nicht anders.
Er „erntet“ sein Umfeld ab, radikal.
Und der Beobachter weis, sind die fleißigen robotergleichen Krabbler erst
einmal vor Ort, dann war’s das.
Hört sich einfach gut an. Und kommt in Bezug auf die EU hoffentlich auch zum Tragen.
Zu Europa sagte Trump, dass die die Energie aus den USA kaufen sollen, um das Defizit auszugleichen. In Bezug auf Gas ist es so, dass Erdgas aus Russland viel billiger ist als LNG-Gas aus den USA. Vor allem die chemische Energie, die Gas braucht, ist mit LNG-Gas nicht konkurrenzfähig.
Das stimmt ganz sicher, aber ebenso sicher kann man diese „Forderung“ auch als Verhandlungsmasse verwenden und ich nehme an, das werden die USA auch tun.
Das die Zölle die Inflation wie verrückt anheizen ist genauso ein Blödsinn, wie als uns seit 2022 eingehämmert wurde, das der Rußland-Angriff auf die Ukraine die Inflation in Europa hervorgerufen hat. Rußland ist vom Gesamtmarkt her irrelevant, das gesamte BIP ist so groß wie das von New York City. Die Inflation ging schon lange vor dem Krieg in die Höhe, weil die Zentralbanken zu Corona-Zeiten Billionen Dollars und Euros an jedenzum Ausgeben rausgehauen haben, dem keine Waren und Dienstleistungen gegenüberstanden. Das war in den USA so, das war in Europa so. Aber zuerst haben die Leute vor allem in den… Mehr
> Rußland ist vom Gesamtmarkt her irrelevant, das gesamte BIP ist so groß wie das von New York City.
Zuerst lesen, erst dann schreiben: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36918/umfrage/laender-weltweit-nach-bruttoinlandsprodukt/
Gut möglich, dass in NYC mehr sinnbefreite Aktienoptionen generiert werden als in ganz Russland – ob man das essen kann?
Das Fehlen des russischen Erdgas zerstört aber die chemische Industrie in Deutschland.
Es geht natürlich überhaupt nicht, dass die Chinesen den Rest der Welt als Absatzmarkt betrachten und zwar ohne Rücksicht auf Handelsbilanzen.
Zumindest endlich einmal ein Artikel jenseits der üblichen Trump Verteufelung und des “ oh wie furchtbar, meine Aktien sind gefallen“. Daß Trump völlig irrational handelt, wie in den meisten Medien zu hören und zu lesen ist, glaube ich nicht. Als erfolgreicher Unternehmer mußte er immer langfristig denken, damit er seine zunächst aufgenommenen Schulden nach erfolgreicher Investition nicht nur zurückzahlen, sondern auch einen Profit verbuchen kann. Welches Ziel er verfolgt und ob er erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Ein Wort noch zu der “ Milchmädchenrechnung “ bei fallenden Aktienkursen wie “ Gestern wurden x Milliarden vernichtet „. Daß zuvor die Aktien… Mehr
Im Gegensatz zu Deutschland haben in den USA fast alle etwas von hohen Aktienkursen. Weil fast alle Aktien haben. Fallende Aktien tut der breiten Masse der Amerikaner sehr wohl weh.
Ja— aber doch auch nur dann, wenn diese Verluste realisiert werden. Wenn man es sich leisten kann abzuwarten, dann passiert (vielleicht oder wahrscheinlich) nix.
In einem Telefonat mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang hat die EU-Kommissionspräsidentin China aufgefordert, eine Verhandlungslösung mit den USA zu finden. Ursula von der Leyen habe hingewiesen auf „die Verantwortung Europas und Chinas als zwei der größten Märkte der Welt, ein starkes reformiertes Handelssystem zu unterstützen, das frei, fair und auf gleichen Wettbewerbsbedingungen basiert“, teilt ihr Büro mit. Die beiden sprachen demnach auch über einen Mechanismus, wie von den Zöllen verursachte Handelsumlenkungen überwacht werden könnten. Die EU befürchtet, dass China billige Exporte von den USA nach Europa umleiten und so den europäischen Unternehmen schaden könnte. https://www.zeit.de/wirtschaft/boerse/2025-04/us-zoelle-boerse-aktien-liveblog Na wenn EUvdL China auffordert, wird… Mehr
Wir sollten uns lieber mal selbst Gedanken machen wie wir aus dieser Trump`schen Nummer möglichst mit geringen Schäden davon kommen, denn bei den Chinesen wird ein Rückgang anders intern behandelt wie bei uns, denn da gibt es dann eine Schale Reis pro Tag und Person und verordnetem Waldfegen und Ungeziefer einsammeln, damit man beschäftigt ist und bei uns finden dann Bürgerkriegsähnliche Zustände statt um sich darüber abzureagieren, während die Methode von Trump funktioniert, wenn auch mit Einschränkungen, aber bei ihm ist das Ziel der Weg und nicht Gefühlsduseleien, die damit für den Ami das Problem nicht lösen und sie weiter… Mehr
Am Ende darf man sehr gespannt sein, wer seinen Leuten die Folgen eines Handelskriegs länger zumuten kann und wer nicht.
440 Mrd. $ US-Importe aus China gegen 140 Mrd. $ US-Exporte nach China. Ein erhebliches Schmerzvolumen.
Für den LIBOR jedoch haben sich ja schon Folgereferenzen gefunden, auch die nicht ohne Schwächen, aber keiner ist unersetzlich. Das Instrument, oder dessen Fehlen, jedenfalls ist es nicht, was die Probleme macht.