Nicht alle Zahlen sind eindeutig. Manchen lässt sich ein „Spin“ in die eine oder andere Richtung geben. Bisher neigte das Statistische Bundesamt in seinen Überschriften eher zu Spins, die im Sinn der jeweiligen Bundesregierung waren. Doch das ist bei der Vorstellung der vorläufigen Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal anders. Das lag in diesem Jahr um 0,3 Prozent höher als zwischen Juli und September des Vorjahres. Trotzdem titelt das Amt: „Bruttoinlandsprodukt stagniert im dritten Quartal 2025.“ Im Text heißt es: „Deutsche Wirtschaft tritt zu Beginn der zweiten Jahreshälfte auf der Stelle.“

Die Regierung Merz hat in ihrer Optimismus-Offensive auf eine Jubelmeldung vom Amt gesetzt. Wirtschaft um 0,3 Prozent stärker als im Vorjahr hätte durchaus das Zeug gehabt, zu einer solchen Jubelmeldung. Vielleicht versuchen die „Spin Doktoren“ der schwarz-roten Koalition auch noch nachträglich, es in die entsprechende Richtung zu drehen.

Doch das Amt hat den schwarz-roten Spin Doktoren die Arbeit erschwert. Nicht nur durch die Überschrift, sondern auch durch das Umfeld, in dem die plus 0,3 Prozentpunkte von Quartal zu Quartal stehen. Denn vom zweiten zum dritten Quartal dieses Jahres ist das Bruttoinlandsprodukt eben nicht gestiegen. Und das, obwohl die schwarz-rote Regierung alles versucht, die Wirtschaft mit Schuldengeld aufzupumpen.

Rund eine Billion Euro nimmt der Staat mittlerweile jährlich den Bürgern als Steuern ab. So viel wie noch nie. Dazu kommen die 850 Milliarden Euro aus der Schuldenorgie, die Kanzler Friedrich Merz (CDU) noch vor Beginn seiner Amtszeit mit Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) beschlossen hat. Staatliche Investitionen sowie die in ihrer Höhe und in ihrer Anzahl steigenden Gehälter im öffentlichen Dienst fließen eins zu eins in das Bruttoinlandsprodukt und lassen Spin Doktoren die Chance, aus einem Plus von 0,3 Prozent noch das „Narrativ“ eines „Aufschwungs“ zu stricken.

Doch jede Erzählung von einem Aufschwung, den die Regierung Merz auslöse, ist unredlich. Denn laut Statistischem Bundesamt sind für das Plus im Vergleich zum Vorjahr die „Investitionen in Ausrüstungen“ verantwortlich. Das füttert sich vor allem aus der Schuldenorgie, die Merz und Klingbeil veranstalten. Viel entscheidender ist aber der Satz des Amtes: „Die Exporte nahmen dagegen im Vergleich zum Vorquartal ab.“

Das passt zu einer Studie, die jüngst das ifo-Institut vorgestellt hat. Demnach sei das Bruttoinlandsprodukt seit der Pandemie in etwa gleichgeblieben. In dieser Zeit sei der Staatskonsum aber enorm gewachsen und seien die privaten Investitionen zurückgegangen. Die Regierungen Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz mussten und müssen also Rekord-Einnahmen aus Steuern und aus Schulden aufbringen, um das Bruttoinlandsprodukt halbwegs in der Waage zu halten. Gehen die privaten Investitionen weiter zurück, müssen Merz und Klingbeil sowohl am Steuer- wie am Schuldenrad stärker drehen, um den Misserfolg ihrer Regierung zu verbergen.

Es gibt noch einen Grund, warum es unredlich wäre, aus dem Plus von 0,3 Prozent im Quartalsvergleich, eine Erfolgsmeldung abzuleiten. Das Statistische Bundesamt musste in diesem Sommer eingestehen, bisher massiv falsche Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt verbreitet zu haben. Damit diente das Amt zwei Regierungen: Der Regierung Scholz damit, durch bessere Zahlen das Versagen rund um „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne), also das Schrumpfen der Wirtschaft in den Jahren 2023 und 2024, zu verharmlosen. Der Regierung Merz bietet es nun einen niedrigeren Sockelwert, von dem aus es einfacher ist, ein „Wachstum“ von 0,3 Prozent zu erreichen.

Vereinfacht ausgedrückt weist das Bruttoinlandsprodukt jeden Euro aus, der in Deutschland für Gehälter, Ausgaben oder Investitionen den Besitzer wechselt. Das sind im Jahr etwa 4,3 Billionen Euro. Wenn also die Regierung Merz 850 Milliarden Euro an Schulden aufnimmt, um sie etwa für Schwimmbäder im Saarland rauszuhauen, dann erhöht sie damit das Bruttoinlandsprodukt um knapp 20 Prozent – vor dem Hintergrund lässt sich erahnen, welch ein reales Schrumpfen der privaten Wirtschaft hinter einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent im Jahr stecken muss.