VW-Konzern im multiplen Krisenmodus

Für den VW-Konzernchef Oliver Blume wurde die laufende Woche zum Albtraum: Gestrichene Schichten wegen mangelnder Nachfrage nach Elektroautos, eine Razzia im Haus und zuletzt noch massive IT-Probleme, die vorübergehend die Produktion stilllegten, kurz: der VW-Konzern erlebt eine schaurige Zeit.

IMAGO / Jan Huebner

Blumes Albtraum begann am Dienstag mit der Meldung, Volkswagen müsse seine Produktion von Elektroauto an den sächsischen Standorten Zwickau und Dresden herunterfahren. Die Nachfrage nach E-Autos sei derzeit zu gering. Die Gläserne Manufaktur in Dresden soll während der sächsischen Herbstferien eingemottet werden, vielleicht für immer.

Am Mittwoch wurde es noch schlimmer. Laut automobilwoche stand plötzlich die Staatsanwaltschaft im Foyer der Volkswagen-Verwaltung und durchsuchte für mehrere Stunden Räume des Betriebsrats, der Rechtsabteilung, vielleicht sogar Vorstandsbüros. Grund für die Razzia waren möglicherweise unrechtmäßig hohe Zahlungen an Betriebsräte. Das Verfahren lauft seit Jahren, der Konzern bestätigte die Durchsuchung.

„Hintergrund sind Gehaltszahlungen an Betriebsratsmitglieder unter Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des Betriebsverfassungsgesetzes“, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig auf Anfrage. Hintergrund der Aktion ist ein seit Jahren laufende Verfahren wegen des Verdachts überhöhter Betriebsratsgehälter bei Volkswagen. Der Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte Anfang dieses Jahres Freisprüche für vier frühere VW-Personalmanager gekippt, denen die Staatsanwaltschaft Untreue vorwirft, weil sie Betriebsräten zu hohe Gehälter bewilligt haben sollen. Jetzt muss das Verfahren vor dem Landgericht Braunschweig, das die vier zunächst freigesprochen hatte, neu aufgerollt werden.

Die Arbeitsgerichte scheinen die Sache anders zusehen. VW hatte nach dem BGH-Urteil mehreren Dutzend Betriebsräten die Gehälter gekürzt. Zahlreiche Betroffene klagten dagegen vor dem Arbeitsgericht, fast alle bekamen dort bisher recht. Von 17 Entscheidungen seien 16 zugunsten der klagenden Betriebsräte ausgegangen, erklärte ein Betriebsratssprecher am Mittwoch.

Damit noch nicht genug, das Unheil schritt fort. Kaum war der Aufmarsch der Staatsanwaltschaft beendet, stoppte ein konzernweites IT-Problem große Teile der Produktion in den VW- und Audi-Werken weltweit. Betroffen war die Produktion von Elektroautos, die ohnehin aktuell schwer verkäuflich sind. Nichts ging mehr im gesamten Volkswagen-Universum. In der Nacht zu Donnerstag gelang es einem Krisenstab, das Chaos zu durchbrechen und die Produktion teilweise anlaufen zu lassen.

Für den VW-Konzern ist dieser stundenlange Ausfall – aus welchen Gründen auch immer – mehr als peinlich. Böse Zungen behaupten allerdings, so peinlich dann auch wieder nicht angesichts der schlechten Absatzlage bei E-Autos. Das Manager Magazin notierte dazu: „Die Überkapazitäten sind gewaltig. Der Konzern hat mal Werke für knapp 15 Millionen Autos geplant. Jetzt wären sie froh, wenn sie 2026 10 bis 11 Mil­ lionen erreichten. Und die Marke VW verkaufte 2022 nur noch 4,6 Millionen Autos. Es war mal ein Drittel mehr.“

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Kommentare ( 50 )

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Zum alten Fritz
6 Monate her

Ich habe gedacht die haben die Produktion auf Lasten-Fahrräder umgestellt.
Mit Autos wird das nix mehr, 20 Jahre Entwicklung verschlafen.

schwarzseher
6 Monate her

Das kommt davon, wenn man Voll Woke sein will.

Nathalie Nev
6 Monate her

Schlimm ist der Stellenabbau, wenn das so weitergeht.

Juergen P. Schneider
6 Monate her

Die welt- und sachfremden Politclowns wollten eine Änderung der Konzernausrichtung hin zur E-Mobilität. Das servile VW-Management hat mitgemacht und eine einseitige massive Kurskorrektur vorgenommen. Man hat Kurs genommen Richtung Eisberg. Jetzt hat man den Eisberg gerammt und die Lenzpumpen angeworfen. Die Rettungsboote werden nicht für alle an Bord reichen. Hoffentlich geht das Schiff nicht unter.

Dr_Dolittle
7 Monate her

Was waren das für Zeiten als Porsche unter Wiedeking MEHR GEWINN ALS UMSATZ machte (verspottet als Finanzdienstleister mit angeschlossener Automanufaktur) und sich anschickte Goliath zu übernehmen. Wurde natürlich vom Staatskonzern torpediert.

Nibelung
7 Monate her

Das mit dem Schmiermittel für gewählte Arbeitnehmer-Vertreter, allgemein als Betriebsräte bekannt, ist doch keine Seltenheit und bezieht sich auf viele Betriebe und das schon seit zig Jahrzehnten und je nach Bilanzsumme erhöht sich das Wundermittel für beiderseitige Entscheidungen im Gleichklang und das in vielfältiger Weise der Anerkennung der geschäftlichen Bedürfnisse, die man so oder so definieren kann. Wer so naiv ist und daran glaubt, daß hier vordergründig nur Arbeitnehmer-Interessen vertreten werden, der sollte sich doch mal in diesem Fall die Brasilienangebote wie im Reisekatalog rückwirkend ansehen als Beispiel einer blühenden Landschaftspflege, wie es einmal ein Spion ausgedrückt hat, der dabei… Mehr

santacroce
7 Monate her

Das Dach brennt in der SPD-Betrügerbude in Wolfsburg. Das hat die woke VW-Familie sich aber auch redlich verdient. Selbst den Namen sollten sie ändern. Er ist historisch belastet, und dann das Wort Volk im Firmennamen, ein absolutes No Go. Lt. Habeck gibt es kein Volk, also auch keine Volkswagen und dem müssen wir ja alles glauben… Ich habe übrigens vor kurzem einen Volkswagen gekauft, nicht von VW, die bauen schon lange keinen mehr, sondern von Dacia mit bewährter Renault-Technik – nagelneu mit Zulassung 11.400 €. Das sollte der Ansporn für VW sein, und nicht die Elektro-Karren für 40.000 €, die… Mehr

Rasparis
7 Monate her

:
Durchsuchungsverfügung der (weisungsgebundenen) notorischen „Staatsanwaltschaft Braunschweig“: Da ist der woke „OPM“ (other people’s money) Transformations-Genosse Weil in Hannover wohl einmal wieder klamm und benoetigt kurzfristig Cash-Flow: Nach den letzten „Ermittlungen“ selbiger, sog.StA bei VW sprang immerhin 1 Mrd. dabei für das „Land“ heraus. Bei der Geschwindigkeit, mit der Hannover das „Geld“ verbrennt, freilich nur peanuts.

Mattes H
7 Monate her

Na das wäre doch gelacht wenn wir nicht schaffen , mit so Regierungen ‚ Managern und Gewerkschaften, unser Wohlstands Standbein von Jahrzehnten endlich zu ruinieren. Unter Merkel ging’s schon los und nun die Hampelmännschen,innen der Ampel, läuft doch.

Berlindiesel
7 Monate her

Den IT-Ausfall würde ich nicht zu hoch hängen, das ist auch schon anderen passiert. Die Gründe für VWs Abstieg liegen auch nicht darin, dass der Konzern Elektroautos anbietet – es existiert ja, wie man an Teslas Erfolg sieht, durchaus ein Markt dafür – sondern an der von Diess erzwungenen und von Blume mitnichten wieder aufgehobenen Fixierung auf diese Antriebstechnologie. Wer sich mal die Mühe macht, das Modellangebot nur von VW von 2018 anzuschauen und dann das von 2023, sieht, dass die Krise durch eine vollkommen verfehlte und vor allem auch gar nicht notwendige Reduzierung des Angebotes bei sonstigen Modellen verursacht… Mehr

StefanAlexander
6 Monate her
Antworten an  Berlindiesel

Sehr guter Beitrag. Aber eine Ergänzung sei erlaubt, die Sie nicht erwähnten. Die konzerninterne Kannibalisierung als Faktor des Niederganges der Kernmarke. Beispiel Polo: Skoda Fabia und Seat Ibiza sind als direkte Konkurrenten bspw. schon lange keine Klapperkisten mehr. Im Gegenteil. Aber Seat soll als Marke ja auch abgewickelt werden, wie, man so hört. Stattdessen Cupra gepusht. Der nächste Kardinalfehler von den vier Schornsteinen am Mittellandkanal.