Rehabilitierung des Verbrennungsmotors notwendig

Die EU-Kommission hat ab 2023 nicht den Verbrennungsmotor verboten, sondern die Verbrennung fossiler Treibstoffe, bei der klimaschädliche Abgase ausgestoßen werden. Das ist etwas anderes als das, was landläufig als Verbrenner-Aus geistert. Die Tür für alternative und synthetische Kraftstoffe ist offen geblieben.


IMAGO / Ulrich Roth
Auspuff eines Autos aus der Nähe Symbolbild, Umwelt, Natur, Deutschland, 30.07.2024, Nahaufnahme eines Autoauspuffs auf einer gepflasterten Straße. Symbol für Fahrzeugtechnik, Emissionen und Umweltbewusstsein. *** Exhaust pipe of a car from close up Symbolic image, environment, nature, Germany, 30 07 2024, close-up of a car exhaust pipe on a paved road Symbol for vehicle technology, emissions and environmental awareness

Die Schlagzeile einer überregionalen Tageszeitung bringt es an den Tag: Da heißt es: „Comeback gut möglich, Europas Christdemokaten … wollen das Verbot des Verbrennungsmotors kippen …!“(Süddeutsche Zeitung, Nr. 287, Seite 13)

Da ist er wieder, der große semantische Irrtum, die Verwirrung in den Köpfen der Normalbürger, auch jener, die in den Medien tätig sind und die es eigentlich besser wissen müssten. Denn: Die EU-Kommission hat im Herbst 2023 kein explizites Verbot des Verbrennungsmotors ausgesprochen, sondern – gravierend genug für die Autoindustrie – Verbrennungsmotoren, die ab 2035 CO2-Abgase ausstoßen.

Damit waren sämtliche fossilen Treibstoffe Benzin und Diesel als Treibmittel für den Verbrennungsmotor ab 2035 verboten, von den Motoren selber war keine Rede. Was auch damals schon daran deutlich wurde, dass die Verbrennung von synthetischen Kraftstoffen in normalen Motoren, wenn sie mit „sauberem“ Strom CO2-klimaneutral hergestellt würden, weiterhin zulässig wären.

Dennoch, das Unwort vom Verbrenner-Aus war mit diesem EU-Verbot fossiler Treibstoffe aus der Taufe gehoben – und hat sich als Schlagwort bis zum heutigen Tag ohne Widerspruch gehalten. Dieser Widerspruch sollte hier und heute nochmals vorgetragen werden:

Ab 2035 hat die EU-Kommission de jure nicht den Verbrennungsmotor verboten, sondern die Verbrennung fossiler Treibstoffe. Was faktisch damals einem Verbot des Verbrennungsmotors gleichkam.

Damit tut sich ein semantisches Problem auf. Verbrennungsmotor ist nicht gleich Verbrennungsmotor im Sinne des Gesetzgebers. Es gibt Verbrennungsmotoren, die stoßen klimaschädliche CO2-Emissionen aus durch Verbrennung von fossilen Treibstoffen (Benzin, Diesel) und es gibt Verbrennungsmotoren, die stoßen klimaunschädliche CO2-Emissionen aus, weil ihre synthetischen Treibstoffe eine klimaneutrale CO2-Bilanz aufweisen.

Auf energischen Widerstand des deutschen Verkehrsministers Volker Wissing hin sollte laut EU-Beschluss vom Sommer 2023 dieses faktische Verbot der Verbrennungsmotoren ab 2035 von der EU nochmals überprüft werden. Auch Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen hatte vor ihrer Wiederwahl im Sommer 2024 diese Überprüfung nochmals bekräftigt und will sie auf 2025 vorziehen. Stand jetzt bliebe das Verbot des Einsatzes fossiler Treibstoffe, vulgo: Verbrennungsmotor, davon unangetastet. Diese Überprüfung steht mit dem Jahr 2025 vor der Tür.

Manfred Weber, Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), hat inzwischen, wie in der Wahl angekündigt, ein Strategiepapier vorgelegt, dessen zentrale Forderung ist, das „Verbrenner-Aus“ schnellstmöglich zu kippen. „Unsere Botschaft ist: Keine Abstriche an der Ambition, aber mehr Realismus und Pragmatismus in der Umsetzung“ (Süddeutsche Zeitung). Laut dem Medienbericht möchte der EVP-Vorsitzende an dem Ziel, dass nach 2035 keine Autos mehr zugelassen werden dürfen, die Klimaabgase ausstoßen – landläufig als „Verbrenner-Verbot“ diskutiert – zwar nicht rütteln, aber der Weg dahin soll offen bleiben. Damit stößt die EVP die Tür für alternative und synthetische Kraftstoffe beherzt auf. Und gibt dem Klima eine Chance.

Durch eine Revision des Verbrenner-Aus-Gesetzes sollten laut Strategiepapier explizit Ausnahmen für „E-Fuels, Biokraftstoffe, erneuerbare oder synthetische Kraftstoffe“ geschaffen werden. Darüber hinaus sollte die Revision weiter Bestimmungen wie einen CO2-Korrekturfaktor aufnehmen, wonach die Autokonzerne Maßnahmen anrechnen lassen könnten, durch die Kohlendioxid aus der Luft aufgenommen und gebunden wird. – Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, wie Renaturierung von Mooren, Löschflugzeuge gegen Brände im Regenwald (Brasilien) oder CO2-Versenkung im Meer CCS (Carbon Capture Sequestrierung).

Alle diese Maßnahmen wären zielführend, das Verbot der Verbrennung von fossilen Treibstoffen würde dadurch nicht angetastet. Der große Klima-Vorteil wäre, dass durch den Einsatz alternativer Treibstoffe der weltweite Altbestand an Verbrenner-Fahrzeugen schlagartig klimafreundlicher betrieben werden könnte. „Grüne“ Politik ist bisher an diesem Vorteil achtlos vorbeigegangen.

Das EU-Verbot fossiler Treibstoffe ab 2035 rettet zwar das Weltklima nicht, weil auch nach 2035 60 Prozent aller globalen Neuzulassungen weiterhin „mangels Steckdose“ mit fossilen Treibstoffen befeuert werden müssen; ganz zu schweigen vom „Verbrenner“-Altbestand von 1,6 Milliarden Pkw. Und weil die Erdölproduzenten ein großes Interesse daran haben, ihren kostbaren Rohstoff Erdöl unverbrannt im Boden zu lassen.

Vornehmste Klima-Aufgabe der EU-Kommission sollte sein, Klimaziele fest vorzugeben, ansonsten aber die Marktkräfte zu entfesseln. In marktwirtschaftlich organisierten Systemen haben dann die Player bislang immer den besten Weg gefunden – solange der Staat den Streckenverlauf nicht vorgeschrieben hat.

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Kommentare ( 78 )

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WGreuer
1 Monat her

Noch immer scheinen sehr viele den Schwachfug des vom fossilen CO2 ausgelösten Klimawandels zu glauben, anstatt endlich zu erkennen, dass es sich hier um eine riesengröße Lüge und Abzocke zwecks Umverteilung von Vermögen handelt. Der ganze Lügengebäude ist längst von echten Fachleuten (nicht den politisierten Äksperten des IPCC oder der Regierungen) widerlegt. CO2 mag einen sehr kleinen Einfluss habe (< 10%), aber der eigentliche Treiber ist die Sonne. Eine kleine Rechnung zeigt: bereits ein Promille Änderung der solaren Einstrahlung verändert die auf die Erde einwirkende Strahlungsleistung um 150 Terawatt, das entspricht ca. 150.000 Atomkraftwerken. Ursache sind die Sonnenzyklen („z.B. „Sonnenflecken“)… Mehr

Carl22
1 Monat her

Habe heute meine Kaffeesorten für Weihnachten/Jahreswechsel/Winterzeit online bestellt. Wunderbare Auswahlmöglichkeiten aus aller Welt: Indien, Süd- und Mittelamerika, Robusta, Arabica und Blends! Die Qual der Wahl wird hilfreich minimiert durch die Selbstauskunft der Verkäufer: Sobald auch nur ein einziges Adjektiv aus dem Wörterbuch des Klimaklimbim auftaucht – weiter zum nächsten Anbieter! ‚Sustainable Arabica‘ oder Preisung der ‚Handpfückerin in Guatemala‘ sind mir zu sicheren Alarmzeichen geworden. Kauf‘ ich nicht. Übrigens auch beim Wein. Kaffee, Wein, schöne Autos, vor allem auch Frauen können das Leben nur ideologiefrei verschönern.

Michael Palusch
1 Monat her

Wieder die Leier vom Heilsbringer synthetischer Kraftstoff. Als Volkswirt sollte der Autor eigentlich wissen, wären synthetische Kraftstoffe konkurrenzfähig, hätten sie längst die fossilen Kraftstoffe verdrängt. Haben sie aber nicht. Warum? Die sind einfach zu teuer und der Energieaufwand viel höher als der Energieertrag. Natürlich könnte man das Pferd auch von hinten aufzäumen, so wie’s die Grünen ja machen, und die fossilen Kraftstoffe mit unsinnigen Klimaabgaben, Steuern, Ausgleichszahlungen (wofür auch immer) und Weltrettungsgebühren so weit verteuern, bis selbst die hohen Produktionskosten für synthetische Kraftstoffe wie ein Schnäppchen erscheinen. PS: Für den Rasenmäher, den Hochentaster und die Kettensäge bin ich geradezu ein… Mehr

Lech
1 Monat her
Antworten an  Michael Palusch

Auch energetischer Wert von synthetischen Kraftstoffen ist schlechter als z.B. bei Diesel…Grundsätzlich, je mehr Kohlestoffatome in Kraftstoffen sind, desto besser sind si. Und Wasserstoff ist das schlechteste von allen, abgesehen davon dass er durch Metallwende der Behälter und Flaschen difundiert und verschwindet in Freien, wenn er sogar nicht zu Knallgas wird (siehe Zeppelin „Hindenburg“)

Michael Palusch
1 Monat her
Antworten an  Lech

Was den ernergetischen Gehalt von Wasserstoff betrifft stimmt das nicht. Während 1kg Wasserstoff ca. 33kWh aufzuweisen hat, sind es beim kg Diesel nur ~10kWh. Das dafür allerdings zunächst ~50kWh aufgewendet werden müssen, lassen wir bei dieser Betrachtung ebenso beiseite, wie die Tatsache, dass der Transport wegen der Kühlung äußerst energieintensiv ist und das daraus max. ~17kWh in einem noch nicht einmal projektierten H2-Ready Kraftwerk zu Strom werden könnten.

Last edited 1 Monat her by Michael Palusch
Irdifu
1 Monat her

Die CDU will …… Ja die CDU will jetzt im Wahlkampf so viel , meistens das , was auch die AFD will , deshalb kuschelt Merz jetzt auch auf maximalkurs mit den Grünen, die das alles garantiert nicht wollen . Wer Schwarz wählt wird sich wundern was ihm präsentiert wird nach der Neuwahl im Februar . Weiter so , mit Volldampf voraus , voll gegen die Wand , wie schon die letzten drei Jahre . Es gibt eine Alternative mit der ein neuer Versuch möglich wäre , aber der Propagandafunk der Altparteien ist noch immer die einzige Informationsquelle für viel… Mehr

Marie M
1 Monat her

Diese Haarspalterei, die dem „klimaschädlichen“ Motor, der auf Verbrennung von fossilen Rohstoffen beruht, inkriminieren ist nicht evident. Wenn der Autor nicht gerade ein Bremer oder Hamburger Abitur hat, müsste er sich ausrechnen können, dass die Produktion von „synthetic fuels“ niemals wirtschaftlich zu realisieren ist. Nur durch massive staatliche Eingriffe bei der Preisgestaltung und einer diktatorischen Zulassungspraxis ist diese Nischenindustrie lebensfähig. Dass es sie heute überhaupt gibt, ist nur dem Umstand geschuldet, dass kriminelle Strukturen innerhalb der EU eine Beimengung von Biokraftstoff im Diesel durchgesetzt haben, die über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus eine bakteriologische Zersetzung bewirken. Wenn ich also… Mehr

Evero
1 Monat her

Die deutsche Autokrise, die Politik und Konzernbosse heraufbeschworen haben, zeigt, wie wenig Gespür diese Leute für die Marktwirtschaft haben. Da schalten und walten offensichtlich ideologiebesoffene Planwirtschaftler, die glauben, sie hätten die Macht, Märkte per Ukass zu lenken. Tsss!
Die Liste an falschen Weichenstellungen ist sehr, sehr lang.

Last edited 1 Monat her by Evero
Britsch
1 Monat her
Antworten an  Evero

Zu vorderst, der Glaube CO² wäre für die Klimaveränderungen verantwortlich

lexus1
1 Monat her

Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen: Solange CO2 und „Klimawandel“ in einem Satz genannt werden, kann nur Unsinn rauskommen.
Solange wir nicht endlich wieder die schnöde, immer gewinnende Physik auch in den Entscheidungen und Wahrnehmungen gelten lassen, werden wir einen Schildbürgerstreich nach dem anderen bezeugen müssen.

Evero
1 Monat her
Antworten an  lexus1

Ein Land, das sich einen Märchenbuch-Co-Autor als Wirtschaftsminister in so wirtschaftlich angespannten Zeiten leistet, hat vollends die Seriosität einer Regierung über Bord geworfen. Deutschlands Politikbetrieb wird zur Lachnummer in der Welt.

thomas0469
1 Monat her

Natürlich gibt es synthetische Kraftstoffe, und die gibt es schon sehr lange. Beispielsweise die Kohleverflüssigung nach dem Fischer-Tropsch-Verfahren, die bereits 1925 patentiert wurde. Problem damals wie heute: Der Kraftstoff ist im Vergleich zu Rohöldestillaten zu teuer. Das ist auch bei HVO 100 Diesel so, auch wenn dafür Abfallstoffe verwendet werden können. Dann ist das Problem, dass es nicht möglich sein wird, den Bedarf von HVO 100 aus Abfallstoffen zu decken. Und nur die neuesten Dieselfahrzeuge haben eine Freigabe für HVO 100.

A.Kroemer
1 Monat her

Faktisch ist es ein Verbot der Verbrennungsmotoren, weil es nicht nur um fossile Treibstoffe geht, sondern insbesondere um die Schadstoffemissionen. Man kann aber nicht solche Emissionen immer weiter reduzieren, weil es einen Punkt gibt, wo nichts mehr geht. Heute schon haben wir die Grenzen erreicht, also bedeutet das am Ende ein Verbrennerverbot, so sehr man auch versucht, das als Irrtum darzustellen. Oder gibt es jemanden, der ernsthaft glaubt, dass mit der Verwendung von alternativen Treibstoffen keine Regelungen zu den Emissionen geben wird, weil alternative Treibstoffe beim Verbrennen keine Emissionen hätten? Würde man in Deutschland nicht ständig herumjammern, wenn es um… Mehr

Ombudsmann Wohlgemut
1 Monat her
Antworten an  A.Kroemer

Andere Länder kochen mit demselben Brackwasser wie wir.
Japan und Südkorea benutzen den bösen grauen Wasserstoff, der wesentlich leichter verfügbar und deutlich günstiger ist. Schätzungsweise greifen sie dabei Förderungen ab, weil es ja nur um den H2-Hype geht und nicht ob grün oder nicht. So bleibt man technologisch vorne und kann weiter die Leute verschaukeln.

Bei der Windkraft haben Sie recht, aber über unsere Energiepolitik lacht auch die ganze Welt.

Michael M.
1 Monat her
Antworten an  A.Kroemer

Mit ihrer Einschätzung zu den Windmühlen (Windkraft ist im übrigen der völlig falsche Ausdruck 😉) liegen Sie zu 100% richtig, das Thema Wasserstoff als Antriebstechnik für Fahrzeuge und als Großspeicher für die „Stromzwischenlagerung“, sollten Sie sich nochmals genauer anschauen, denn da gibt es sehr viele technischen Unwägbarkeiten, von den Kosten ganz zu schweigen (da sind selbst die Ausgaben für die notwendigen Windmühlen eher Peanuts).

Last edited 1 Monat her by Michael M.
Autour
1 Monat her

Es ist vollkommen egal was die EU für 35 oder ab 35 beschliesst… Sie kann auch beschliessen das die Erde Der Mittelpunkt des Universums ist… kann man alles machen … nur wird sich an der Realität nichts ändern! Es wird auch nach 35 weiter unzählige Verbrenner auf den Stassen geben, und nein die fahren nicht mit irgendwelchen E-Fuels oder wie sich dieser Quatsch dann nennt. Man kann die Physik nicht einfach abschaffen! Man kann zwar Irre Gesetze erlassen nur wird sich daran dann keiner mehr halten! Punkt aus! Wie soll denn die EU, sollte es sie bis dahin noch geben… Mehr