Porsche: Blume tauscht Vorstand aus, Aktionäre fordern Blumes Rücktritt

Lange Zeit war die Stabilität in der Führungsmannschaft bei Porsche einer der wesentlichen Faktoren für den Wachstumskurs des Sportwagenherstellers: ein erfahrenes und eingespieltes Team. Doch damit ist nun Schluss. Blume hat den Vorstand fast komplett ausgewechselt. Aktionäre von VW fordern nun seinen Rücktritt bei Porsche.

Imago/ Rainer Unkel

„Gestern noch auf stolzen Roßen, heute in die Brust geschossen……“ (Reiters Morgenlied, Wilhelm Hauff). Eine unter Automobil-Ethnologen beliebte Scherzfrage lautet: Was unterscheidet Unternehmen in der Automobilindustrie von einer Fußballmannschaft in der Bundesliga? Antwort: alles! In Automobilunternehmen werden bei Strategie-Fehlern der Chiefs die Indianer entlassen, die Chiefs bleiben; bei Bundesligamannschaften ist es umgekehrt.

Die Abläufe kennen altgediente Kenner der Autobranche seit Dezennien. Ob Opel, Ford, VW, Audi usw., alles verlief immer nach dem gleichen Muster: Bei Absatz- und Ergebnis-Schieflagen kam es stets zu rigiden Personaleinsparungen, vulgo: Massenentlassungen. Die deutschen US-Auto-Töchter Opel und Ford brachten es in dieser Disziplin in den letzten Jahrzehnten sogar zu einer richtigen Meisterschaft. Nach dem Verkauf von Opel an den französischen Stellantis-Konzern steht aktuell -wieder einmal – der letzte verbliebene US-Mohikaner mit Tradition Ford in Köln im Mittelpunkt der Medien. Da wird sogar – völlig dem Absatz angemessen – erstmals in der Ford-Geschichte gegen die drohenden weiteren Arbeitsplatzverluste gestreikt, kaum, dass von ehemals 20.000 Mitarbeitern noch ein paar tausend übrig sind. Davor war – allerdings wesentlich seltener – der VW-Konzern mit Personal-Kahlschlag an der Reihe, dann kam Mercedes.

Personalpolitik in der Autoindustrie folgt stets dem einstigen Show-Motto von Rudi Carrell: Köpfe rollten am laufenden Band. Bei Porsche und BMW waren Personalentlassungen bislang fremd. Porsche unter CEO Oliver Blume tanzt jetzt allerdings aus der Reihe. Hier musste CEO Oliver Blume angesichts extremer Absatz- und Ertragsproblemen – die Rendite fiel von wie früher gewohnt 18 Prozent inzwischen auf deutlich unter 10 Prozent, sehr zum Leidwesen der Konzernmutter VW und deren Familienaktionäre – kurzerhand „alle Chiefs in die Prärie“ schicken, will sagen, den gesamten Vorstand innerhalb weniger Wochen fast komplett entlassen und neu besetzen.

Dazu im Einzelnen: Jochen Breckner (Finanzen), Matthias Becker (Vertrieb), Vera Schalwig (Personal), Joachim Scharnagl (Beschaffung) stehen für eine neue Generation. Abgelöst wurden Personal- und Beschaffungsvorstand Frenkel und Haffner. Wenige Wochen zuvor schon Vize-CEO Lutz Meschke (Finanzen) und Detlev von Platen (Vertrieb). Geblieben sind Produktionschef Albrecht Reimold und Entwicklungschef Michael Steiner. Vor der jetzigen Personalrochade ist der Vorstand des Sportwagenbauers nahezu zehn Jahren unverändert geblieben (Porsche baut Vorstand um: Was Oliver Blume damit bezweckt | Automobilwoche.de).

Erst mit der Beförderung von Oliver Blume vom Produktionschef zum Porsche Vorstandsvorsitzenden im Jahr 2015 wurden damals auch die meisten anderen Posten neu besetzt. Blume löste damals Matthias Müller als Porsche CEO ab, der als neuer Chef nach Wolfsburg gerufen wurde, um den Diesel-Skandal zum Abschluss zu bringen; und den Chefsessel nach kurzer Zeit an Ehrgeizling Herbert Diess weiterreichte, bis Porsche-Chef Oliver Blume kam und Diess mit goldenem Händeschütteln in Früh-Pension schickte.

Lutz Meschke zeichnete seit 2015 für das Ressort Finanzen verantwortlich und wurde Blumes Stellvertreter. Produktionschef wurde Albrecht Reimold, Entwicklungschef Michael Steiner, Vertriebschef Detlev von Platen sowie Personalchef Andreas Haffner, alle zur gleichen Zeit.
Einen völlig geräuschlosen und unspektakulären Wechsel in Stuttgart gab es nach Müllers Weggang lediglich noch im Jahr 2021, als Barbara Frenkel den Bereich Beschaffung vom altersbedingt ausscheidenden Uwe-Karsten Städter übernahm. Zudem wurde 2023 für Sajjad Khan das Ressort Car-IT neu geschaffen.

Für die Automobilwoche war die Stabilität in der Führungsmannschaft bei Porsche einer der wesentlichen Faktoren für den rasanten Wachstumskurs des Sportwagenherstellers in den vergangenen Jahren. Es handelte sich um ein sehr erfahrenes und eingespieltes Team, das unentwegt auf der „winning“-Spur war. Und Porsche zum renditestärksten Autokonzern auf dem Globus machte.

Doch damit ist nun Schluss. In den vergangenen Monaten hat Blume, der seit 2021 zusätzlich auch den Volkswagen-Konzern lenkt, seine Führungsmannschaft fast komplett ausgewechselt. Erst mussten völlig überraschend Finanzchef Lutz Meschke und Vertriebschef Detlev von Platen Knall auf Fall gehen, weil sie in Ungnade gefallen waren. Laut Automobilwoche der eine, weil er allzu forsch Ansprüche auf den Chefposten anmeldete; der andere, weil er mit seiner jungen Frau eine Weltreise plante, während die Absatzzahlen vor allem in China abstürzten.

Bei den zwei jüngsten Personalien wirkt der Übergang zwar geordneter. In Zeiten der Krise kann es indessen Blume offenbar nicht schnell genug gehen, seine Führungsmannschaft auszutauschen. Denn auf externe Lösungen bei den Neubesetzungen verzichtete CEO Blume. Allen Neuen sind ausnahmslos Porsche-Eigengewächse, die aus der zweiten Reihe kommen und sofort loslegen können.

Und auch müssen! So musste Jochen Breckner keine zwei Wochen nach offiziellem Amtsantritt bereits seine erste Bilanzpressekonferenz bestreiten. Auch Matthias Becker legte bei der Neuaufstellung der regionalen Vertriebschefs ein beachtliches Tempo vor. Fakt ist, die neuen Porsche-Vorstände haben viel zu reparieren:

  • Die Situation beim Edel-Autobauer mit der traditionell höchsten Profitabilität im VW-Konzern ist so angespannt wie lange nicht mehr. Die operative Marge soll 2025 nur noch bei 6,5 bis 8,5 Prozent liegen – statt der ursprünglich angepeilten zehn bis zwölf Prozent
  • Der Absatzeinbruch in China, der Schwenk vom Elektroantrieb hin zu mehr Verbrennerfahrzeugen und die Probleme bei der Batteriebeschaffung machen der VW-Nobeltochter schwer zu schaffen.
  • In China drängt Neu-Wettbewerber Xiaomi mit qualitativ und leistungsmäßig vergleichbaren hoch kompetitiven Modellen zu fast einem Drittel der Porsche-Verkaufspreise in den Markt. Die chinesische Jugend, die den Mythos Porsche der Alten Welt nicht kennt, ist begeistert!
  • Vor allem die verkorkste „Elektro-most“-Strategie muss korrigiert werden. Die Marktforschung hat zu Tage gefördert, dass die Porsche Kunden lieber Brumm, Brumm wollen statt Summ, Summ.
  • Mit Michael Steiner hat Blume zudem einen neuen Stellvertreter benannt. Steiner ist neben Albrecht Reimold der einzig verbliebene Vorstand aus der alten Riege. Er gilt als loyaler Gefolgsmann von Blume und muss die eilends überarbeitete Produktstrategie mit der Kehrtwende zurück zu deutlich mehr Verbrennerfahrzeugen in den nächsten Jahren auf die Straße bringen.

Hinzu kommt, dass Porsche als einziger deutscher Autobauer ausschließlich in Deutschland produziert und kein Werk im Ausland betreibt, weder in USA noch in China, seinen Hauptabsatzmärkten. Von scharfen Zollkriegen wäre der Sportwagenbauer also besonders betroffen.

Da gibt es viel zu tun!

P.S.

Wie der blog „deraktionär.de“ berichtet, „forderten Aktionäre den Manager auf der Hauptversammlung der Wolfsburger am Freitag auf, das Amt als Porsche-CEO niederzulegen. Mehrere Großaktionäre von Volkswagen haben auf der Hauptversammlung am Freitag deutliche Kritik an Konzernchef Oliver Blume geäußert. Sie forderten seinen Rückzug von der Porsche-Spitze. „Sie stehen im Kreuzfeuer der Interessen“, sagte Ingo Speich von Deka Investments. Um bei VW das Steuer herumzureißen, brauche es vollen Fokus. Auch Union Investment und DWS forderten ein Ende der Doppelrolle: Volkswagen habe derzeit nur einen Teilzeit-Chef“, so „deraktionär.de“.

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Kommentare ( 15 )

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Nibelung
1 Monat her

Vermutlich die letzten Zuckungen eines Unternehmens was schon mehrmals in seiner Geschichte knapp am Untergang vorbei gegangen ist und der Golf war seinerzeit die Rettung und das Chinageschäft hat nochmals das Unternehmen aufblühen lassen, bis die Grünen kamen mit ihren Allerweltsideen und das gibt ihnen nun den Rest und den anderen gleich mit und das war es dann, mit der größten Erfindung, wo Wilhelm II. meinte, das Auto sei nur eine Zeiterscheinung und er weiterhin auf Vierspänner setzte. Nun haben sie sich mit dem E-Auto so richtig verspekuliert und das kommt davon, wenn man auf politische Anaplphabeten setzt, die sich… Mehr

Delegro
1 Monat her

Letztendlich will Herr Blume damit nur seinen eigenen Allerwertesten retten. Er ist das Gesicht der schlechten Unternehmensentwicklung. Er war auch einer von denen in der vordersten Reihe, der unseren links/grünen Politideologen nach dem Mund gesprochen haben. E-Automobilität ist die einzige Zukunft, Verbrenner müssen verboten werden. Er lag fatal daneben, was ihm damals aber auch jeder nur halbwegs klar denkende Mensch hätte voraussagen können. Technologieoffenheit ist eben die DNA eines Autobauers. Für Porsche als Marke und mit der Historie gleich dreimal. Insofern haben die Aktionäre recht. Auch Blume muss weg. Eigentlich als Erster!

Aegnor
1 Monat her

Kann dem Artikel nicht ganz folgen. Was kritisiert er nun eigentlich? Dass Porsche, anders als die anderen Autobauer, nicht nur die Indianer entlässt, sondern auch die Häuptlinge? Oder doch umgekehrt? Was ist die Aussage des Artikels?

anita b.
1 Monat her
Antworten an  Aegnor

Die Aussage ist, daß was drinsteht. Für mich völlig sinnloses handeln aktion der Aktion willen. Warum soll einer aus der 2.ten Reihe besser sein? Hatte der bisher keine Verantwortung?

Coelner67
1 Monat her

Porsche Entwicklung und Fertigung komplett nach USA … 😈

Berlindiesel
1 Monat her

Porsche war, bleibt und ist der 911. Alle anderen Modelle waren im Grunde immer Kokolores. Wer sich aber den aktuellen 911er ansieht, erkennt auch das Problem: Ein Sportwagen kann bollern, kreischen oder röhren, aber ein 911 produziert nur noch ein nerviges Sägen und klingt wie ein Vierzylinder. Das ganze Auto ist voll mit Elektronik, die 911-Fahrer gar nicht wollen, vor allem keine Automatikgetriebe. Die ganzen SUV sind unwichtig. Es braucht einen neuen 911 „back to the roots“ und der muß sitzen. Misslingt das, kann Porsche dichtmachen.

Guzzi_Cali_2
1 Monat her
Antworten an  Berlindiesel

So sehe ich das auch.

MaxVanMoritz
1 Monat her

Verwalter sind keine Unternehmer, früher liebten sie ihr Produkt!

Guzzi_Cali_2
1 Monat her
Antworten an  MaxVanMoritz

GENAU SO! Diese ganzen Krawattenhelden kennen WEDER ihr Produkt, NOCH ihre Kunden. Und schon gar nicht, in welcher Tradition ihr Unternehmen steht. Da aber Traditionen in besten Deutschland, das wir jemals hatten, NICHTS mehr zählen, ist es in den Unternehmen genauso. Das spült genau solche Figuren, wie diesen Blume hoch.

gast
1 Monat her

Was interessiert das? Vor ca. 20 Jahren, als ich noch Fernseh schaute saß da eine Abordnung von Autofirmen und sagten, dass jetzt die Belegschaft für weniger arbeiten müsste, weil sie sonst dicht machen würden und überhaupt würden sie nur aus Mitleid noch in Deutschland fertigen, weil sie ihre Geschäfte sowieso in China machen. Ja dann macht das doch mal. Weder ein Porsche noch ein Mercedes hat mich je interessiert. Nicht, weil ich zu arm wäre, sondern weil dem Geld, das ich ausgebe, ein Wert gegenüber stehen muss.

Guzzi_Cali_2
1 Monat her

Die ganzen-E-Mobilitätshörigen müssen samt und sonders inRuhestand. Es müssen wieder MÄNNER ans Ruder, die Benzin im Blut haben – Männer vom Schlage eines Wiedekind oder am besten gleich sowas wie Walter Röhrl. Nicht solche Verwalter, wie Blume. Der heißt schon so grün.

Johannes R. Brecher
1 Monat her

 Am 9.10.2025 wird der erste Elektro-Ferrari präsentiert. Jetzt fangen die auch noch an zu irrlichtern. Ein Porsche, oder Ferrari mit Elektromotor ist wie ein veganes Filetsteak.

Teiresias
1 Monat her

Wäre doch gelacht, wenn Porsche nicht totzukriegen wäre.
Wir schaffen das!