Die Krise trifft kleine und mittlere Unternehmen stärker als große

Die Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland hat Bedarf nach staatlicher Förderung. Dabei geht es vor allem um die Bezahlung von laufenden Fixkosten und Löhnen – zusätzliche Wertschöpfung können sie mit den Krediten nicht gewährleisten.

Die globale Ausbreitung des Coronavirus stellt die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland vor beispiellose Herausforderungen. Um die aktuelle Situation von kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie deren Erfahrungen mit der Beantragung von Förderkrediten besser zu verstehen, hat die Unternehmensberatung Oliver Wyman eine Umfrage im deutschen Mittelstand durchgeführt. Das Ergebnis: Fast 70 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen sind von der Coronakrise stark betroffen.

Um diese Unternehmen und die zugehörigen Arbeitsplätze in Deutschland zu schützen, haben Bund und Länder Fördermittel in Milliardenhöhe in Aussicht gestellt. Neben den Soforthilfen fallen hierunter insbesondere umfassende Kreditprogramme. Denn während Großunternehmen in dieser angespannten Phase teilweise auf Finanzreserven, angespart über die gesamtwirtschaftlich florierenden letzten Jahre, zurückgreifen können, stellen die umfassenden Kreditprogramme insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) eine wichtige Hilfe zur Deckung etwaiger Liquiditätsengpässe dar. Die Hälfte dieser stark betroffenen KMUs kann in der aktuellen Situation zudem keine Verkaufsaktivitäten ausüben.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Als Resultat ist die Nachfrage nach den staatlich aufgelegten Fördermitteln enorm. Über 50 Prozent der befragten KMUs geben an, akuten Bedarf an Förderkrediten zu haben – weitere 26 Prozent sehen potenziellen Bedarf, sollte sich die Situation nicht schnell verbessern. Laut der Umfrage sind im Branchenvergleich insbesondere die Kunst- und Unterhaltungsbranche sowie das Gastgewerbe von der Krise massiv betroffen – über 80 Prozent (Kunst & Unterhaltung) beziehungsweise über 70 Prozent (Gastgewerbe) der KMUs sprechen von dringendem Bedarf nach Förderkrediten.

„Für einen Großteil der befragten Unternehmen dient der Förderkredit hauptsächlich der Bezahlung von laufenden Fixkosten und Löhnen – zusätzliche Wertschöpfung kann mit dem beantragten Kredit aber nicht gewährleistet werden“, sagt Gökhan Öztürk, Partner und Finanzexperte bei Oliver Wyman. Allerdings deckt laut Umfrage der beantragte beziehungsweise der bereits ausgezahlte Förderkredit bei 60 Prozent der Unternehmen lediglich den Kapitalbedarf für maximal drei Monate. „Unter der Annahme anhaltender Corona-bedingter Beschränkungen sind viele KMUs gezwungen, innerhalb der nächsten Monate einen weiteren Kreditantrag zu stellen“, so Öztürk weiter.

Positiv wurde von den KMUs die allgemeine Informationslage rund um die Möglichkeiten zur Aufnahme von Fördermitteln wahrgenommen. 50 Prozent der KMUs empfanden die Bereitstellung von Informationen als besonders gut. Trotz dieser allgemein guten Informationslage, kritisieren die befragten KMUs jedoch den Antragsprozess selbst sowie die Dauer bis zur Kreditauszahlung – 52 Prozent empfinden die Dauer vom Antrag bis zur Auszahlung als stark verbesserungswürdig. Zusätzlich wünschen sich über 60 Prozent der befragten KMUs direkte Zugangswege abseits der Hausbank – hierunter fallen für die Befragten insbesondere alternative Online-Plattformen.

„Die Banken sollten sich auf eine weitere gesteigerte Kreditnachfrage einstellen“, rät René Fischer, Partner und Bankenexperte bei Oliver Wyman. „Dabei müssen die heute teilweise noch mehrere Wochen dauernden Anträge viel zeitnaher bearbeitet und die Transparenz über Voraussetzungen und den Bearbeitungsstatus deutlich gesteigert werden.“ Die Kreditvergabeprozesse müssen einfacher ausgestaltet werden, um die hohe Nachfrage effizient und unter Berücksichtigung realistischer Risikokosten bedienen zu können. Hierzu gehören zum Beispiel stärker automatisierte Datenaufnahmeverfahren oder eine frühzeitigere Bereitstellung von Informationen zu Rahmenbedingungen. Die Banken müssen dringend hieran arbeiten, damit sie ihre Wettbewerbsfähigkeit auch gegenüber alternativen Plattformen nicht verlieren, so die Oliver Wyman-Experten.

Dieser Artikel erschien zuerst in:

Unterstützung
oder

Kommentare ( 6 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

6 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Roland Mueller
3 Jahre her

Sehr viele Banken, darunter vor allem Sparkassen und Volksbanken, haben ihre Filialen geschlossen. Da ist es alles andere als einfach, einen Kredit zu erhalten oder auch nur ein Beratungsgespräch auf die Reihe zu bekommen.

Boudicca
3 Jahre her

Kleine und mittlere Betriebe sind in Deutschland im Gegensatz zum europäischen Ausland schon länger nicht mehr erwünscht. Nirgendwo wurde Basel II härter umgesetzt. Bei den gestiegenen Auflagen für die Betriebe und die Erhöhung von Abgaben und Steuern, schaffen es die wenigsten ein finanzielles Polster für längere Notzeiten zu schaffen. Die gierigen Politiker haben immer mehr Möglichkeiten gefunden um abzuschöpfen, um einen Wasserkopf an Verwaltung und Pöstchen zu „produzieren“, dem schnell das „Schmiermittel das Geld der anderen“, einfach ausgeht. Angefangen von der Kanzlerin bis zum letzten Verwaltungsbeamten lebten alle von der Leistungsbereitschaft der Unternehmer und ihrer Arbeiter und Angestellten. Sie verschenken… Mehr

Tesla
3 Jahre her

Die ganze Krise ist hausgemacht und fundiert auf einem schlechten Witz. Die „Corona-Toten“ sind ein Witz, denn um das festzustellen, müsste man die Toten, die das Virus in sich trugen auch obduzieren, um festzustellen, dass sie auch wirklich an dem Virus und nicht nur mit dem Virus gestorben sind. Ein paar Leute in Hamburg haben das entgegen der Empfehlungen des RKI trotzdem getan und bei keinem der Toten feststellen können, dass dieser Virus die Todesursache war. Inzwischen ist das ja auch sogar bis in die Leidmedien durchgedrungen, wenn sie bei der täglichen Verkündung der Todesfälle sagen „in Verbindung mit Corona“,… Mehr

Sachsenjunge
3 Jahre her

Unbedarfte informelle Frage meinerseits: Ein mir bekannter Mitarbeiter eines Selbstständigen (verkürzt dargestellt) berichtete mir, sein Chef hat die 15.000€ Soforthilfe beantragt und bewilligt bekommen. Erschienen auf seinem Konto sind ca.12.000€. Begründung der Behörde:Entfallen Steuern drauf!!??..
On Top: Zählt als Einkommen, am Jahresende entfällt noch Einkommensteuer drauf. Kann jemand was berichten/aufklären? Danke aus Dark-Germanien.

Ingolf
3 Jahre her
Antworten an  Sachsenjunge

Mein Kenntnisstand ist, dass die Soforthilfen als Einnahmen versteuert werden müssen. Ungewöhnlich ist aber, dass bereits bei der Auszahlung Steuern darauf erhoben werden, da zum Zeitpunkt der Auszahlung die Steuerlast überhaupt noch nicht ermittelt ist (wird erst bei der Steuererklärung des Wirtschaftsjahrs mittels Bilanz oder EÜR bestimmt).

Roland Mueller
3 Jahre her
Antworten an  Sachsenjunge

Auch das ist ein guter Grund um ein ehemals funktionierendes Unternehmen einfach sang- und klanglos sterben zu lassen bzw. nicht mehr in Gang zu setzen.