Wenn die CDU heute den Weg für Söder frei macht, erklärt sie sich selbst zum überflüssigen Relikt

Es ist merkwürdig, dass Armin Laschet das Ringen um die Kanzlerkandidatur noch nicht längst für sich entschieden hat. Die CDU muss sich entscheiden, ob sie das einzige, was sie überhaupt noch ausmacht, auch noch abgeben will: die Macht.

IMAGO / Christian Spicker

Die Grünen, die (einstige) Chaotenpartei krönt Annalena Baerbock in stiller Einigkeit zur Kanzlerkandidatin – der Machtkampf zwischen Markus Söder und Armin Laschet ist noch immer nicht entschieden. Warum eigentlich? Markus Söder trat jetzt erneut vor die Kameras und erklärte, dass er die Entscheidung der CDU überlassen wolle. Er forderte allerdings eine „breite Mehrheit“ ein – in Vorstand, Fraktion und Basis. Söder möchte seine Kandidatur als „Angebot“ verstanden haben. Damit ist alles wie vorher: Der Ball liegt bei der CDU. Und die schläft. Am Montag um 18:00 tagt immerhin endlich der Vorstand und muss eine Entscheidung treffen, ansonsten wird es wohl in der Bundestagsfraktion entschieden werden. Die Parteielite steht am Scheideweg.

Dass Laschet den bayerischen Löwen nicht schon längst zum Bettvorleger gemacht hat, ist ohnehin schon merkwürdig – schließlich hatte der sich schon selbst aus dem Rennen geschossen, hatte erklärt, nur mit Einverständnis der „großen Schwester“ seinen Hut in den Ring werfen zu wollen. Doch ein CDU-Präsidiumsvotum für Laschet beeindruckte Söder wenig. Er will die Entscheidung in der Fraktion suchen. Scheinbar hat man unterschiedliche Auffassungen davon was „die CDU“ ist – der Vorsitzende, das Präsidium, die Fraktion, die Mitglieder oder doch die Demoskopen. Aber warum lässt Laschet sich nicht einfach zum Kanzlerkandidaten ausrufen? An einem Votum des Präsidiums käme keiner vorbei.

Wunsch für Wirklichkeit
Baerbock ist die grüne Kanzlerkandidatin – und sonst keine Überraschungen
Gestern Abend trafen die Kontrahenten in Berlin aufeinander – Laschet reiste mit dem Auto an, Söder flog Privatjet. Und nach dreieinhalb Stunden Zweiergespräch ist man so schlau wie zuvor, keiner macht einen Rückzieher. Laschet berät sich mit den CDU-Getreuen, die er noch hat – dass sich weite Teile seiner eigenen Partei im offenen Aufstand gegen ihn befinden, belegt die aktuelle Schwäche des Rheinländers, die sich Markus Söder zunutze machen will. Doch auch die Unterstützung des einen oder anderen CDU-Landesverbandes oder einiger Abgeordneter verändert an der schlechteren Position Söders wenig. Eigentlich könnte ein CDU-Vorsitzender jeder bayerischen Ambition einen Riegel vorschieben, auch Laschet könnte den Deckel drauf machen und den CSU-Chef auf seinen „Platz in Bayern“ zurückverweisen. Die institutionelle Macht dazu hätte er – doch die Standhaftigkeit wohl nicht.

Merkel hat in der Partei ein Vakuum hinterlassen, das nicht so recht gefüllt werden möchte – erst zerriss es AKK, nun droht Laschet das gleiche Schicksal. Das ist kein Wunder, wenn man jahrzehntelang jede nachfolgefähige Konkurrenz an sich kaputtgehen lässt, wie Merkel es tat. Jetzt rebelliert die Partei, die das Ausbleiben jeder Rebellion unter Merkel eigentlich zu ihrem hohlen Markenkern gemacht hatte, gegen ihr Präsidium. Die Rede ist davon, dass Markus Söder ein „konservativer Hoffnungsträger“ sei, er elektrisiere die Basis. Bitte was?

Wenn die CDU nach Jahren des absoluten Gehorsams endlich aufsteht – dann für Markus Söder? Der seit einem Jahr nichts anderes tut, als zu versuchen am nächsten an Merkel zu sein, um Merkels nächster zu werden? Unter Armin Laschet hat sich die CDU geringfügig, millimeterweit von der Linie der Kanzlerin entfernt. Und jetzt steht die CDU auf, um das Präsidium zu stürzen – am Ende für Merkel. Wenn das tatsächlich so passieren würde, wäre die Partei am Ende, es wäre eine Selbstauflösung. Sie hätte die Macht über sich selbst abgegeben und so schnell so viele Vorsitzende verschlissen, dass die ohnehin schon dünne Personaldecke zum Krater werden würde. Die CDU wäre dann nur noch ein angegliedertes Relikt, das von Berlin aus durchregiert wird und aus sich heraus keine Macht mehr besitzt. Merkels Schweigen zur Thematik ist dröhnend – dass sie sich nicht für ihre Partei stark macht, ist volle Absicht.

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Kommentare ( 49 )

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49 Comments
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Sonny
2 Jahre her

Wissen Sie, was bei diesem Schmierentheater bei mir überwiegt?
Die Trauer.
Die Trauer um Deutschland.
Die Trauer um die ehemals wirkmächtige, konservative cdu.
Die Trauer um Deutschlands Beendigung seiner Erfolgsgeschichte nach dem zweiten Weltkrieg.
Die Trauer um die deutschen Bürger hier.
Die Trauer, dass es fünf nach zwölf ist.

drnikon
2 Jahre her

Das Foto dokumentiert die Selbstaufgabe und Entwertung des Karnevals. Welche Bereiche der Freiheit und des Vermögens haben sich die Parteien noch nicht eingesackt?

CIVIS
2 Jahre her

Was da zur Zeit in der Union abläuft !?

Ich find´s gut, …absolut guuut.

Sollen sie sich doch bitte gegenseitig „die Köpfe einschlagen“; je schneller, …desto besser !

„Das Merkel“ und „das Baerbock“ sitzen derweil gemütlich zusammen auf der Besetzungs-Couch und schauen dem Treiben genüsslich zu !

Ne, wie is dat schön !

Anti-Merkel
2 Jahre her

Laschet ist Merkel 2.0 — Merkel mit leichten Kurskorrekturen.
Söder ist ein großer Schritt noch weiter in die Tyrannei (vgl. Lockdowns, Polizeigesetz in Bayern).
Beide sind ungeeignet, aber lieber 10 Laschets als einen Söder! Vor allem, wenn die Alternative Baerbock heisst und um jeden Preis verhindert werden muss.
Leider wird sich die CxU anders entscheiden und es wird auf eine Wahl zwischen den Tyrannen Söder und Baerbock herauslaufen. Da könnte man auch gleich Hitler gegen Honeckerin antreten lassen.

Biskaborn
2 Jahre her

Die CDU/CSU sind erledigt, keine Konzepte, keine Strategie, keine Werte, kein Eintreten für deutsche Interessen, nur noch jämmerliches Grün-linkes Nachgeäffe. Also lasst es die Anna-Lena machen! Klar, dann ist es die nächsten 15 Jahre vorbei mit Wohlstand, was soll’s, ich befürchte die meisten Deutschen ahnen nichts, klatschen mit und werden eines Tages, wenn überhaupt, verwundert aufwachen. Widerstand aber wird es niemals geben!

Nico Laus
2 Jahre her

Karnevalsprinz Laschet hat die Realität völlig aus den Augen verloren: der tritt auch mit einem Polo gegen Porsche an und verkündet Siegchancen!
 
Wahlklatsche mit Ansage und für die Union „isch over“ und wir werden die Melone pur bekommen.
 
Söder hält sich raus und behält eine weiße Weste, er hat ja Zeit, er ist vergleichsweise jung.
 
Laschet verliert auch den CDU – Vorsitz und das Amt des MP – keiner will dann was mit dem Loser zu tun haben wollen.
 
Mein politischer Kommentar – sehen Sie es anders?

Herr Schmidt
2 Jahre her

Im Handeln war Söder immer grüner als Laschet. Z.B. das Bienen-Begehren. Laschet hat zumindest alibimäßig gegen die Clans agiert. Und beide koalieren nicht mit Grünen. Ich denke dieses bedingungslose Unterstützen der Grünen von Söder ist der Grund warum er so gepuscht wird. Söder ist Merkel 4.0 mit grünem Lodenmantel.

Gottfried
2 Jahre her

Ich teile diese Meinung nicht. Es ist doch normal, dass man den Kanditaten ins Rennen schickt, mit dem man die meisten Chancen hat. Vergeigt wurde das mit der Wahl Laschets zum Parteivorsitzenden. Mit Merz hätte es diesen Zweikampf gar nicht gegeben. Aber den wollte Merkel ja auf keinen Fall. Ob Söder oder Laschet ist mit persönlich egal. Für die Grünen ist Laschet der angenehmere und leichtere Gegenkandidat.

Biskaborn
2 Jahre her
Antworten an  Gottfried

Nur als Hinweis, für Annalena ist auch der unterwürfige Söder ein passender Partner. Der liegt vor Baerbock genauso im Grünen Staub wie Laschet. Beides sind absolute Nullnummern!

KoelnerJeck
2 Jahre her

Die Radikalisierung der Mitte führte geradeaus zu Hitler, der ein Sozialist war.

Der einzige Weg zur Gesundung ist der für mehr Eigenverantwortung, d.h. weniger Staat. Es ist doch geradezu lächerlich, sein Schicksal einem völlig Fremden anzuvertrauen.

Im Parlament sitzt darüber hinaus nicht ein einziger Rechter, ich sehr dort nur Sozialdemokraten.

RMPetersen
2 Jahre her

Annalena „Kobold“ Baerbock sollte Kanzlerin einer GRR-Koalition werden, damit die CDU in der Opposition wieder zur Besinnung kommen kann.
Dann wäre die Ära Merkel aufzuarbeiten, die EU-Schuldenunion, die Energiepolitik, Merkels Deutschland-(Fahnen)-Phobie, ihr blinde Folgsamkeit der „Great Reset“-Big-Money-Dystopie und die merkwürdige Infantilisierung der Klimapolitik usf.
Eine GRR-Koalition ist für die Zukunft der CDU/CSU wünschenswert. In der Opposition wird man herausfinden, ob die CDU/CSU notwendig ist. In der Regierung ist sie überflüssig, denn GRR bestimmen ohnehin die Politik.