In der Weihnachtsbäckerei – Grüße vom Polizei-Präsidenten

Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt und Vize-Chefin Margarete Koppers blamieren sich vor Berlins Polizisten.

© Odd Andersen/AFP/Getty Images

Unter Klaus Wowereit wurde einst der Spruch „Berlin ist arm aber sexy“ geprägt. Inzwischen muss man sich fragen, ob er mit „arm“ auch eine gewisse mentale Armut gemeint haben könnte oder ob es sich hier lediglich um eine abgehobene Empathielosigkeit von Führungskräften handelt. Berlins Polizisten werden bundesweit am schlechtesten bezahlt. Im Durchschnitt leisteten Berlins Polizeibeamte 2017 für vier Wochen Dienstzeit an Überstunden. Mit einer Ausrüstung, die stark zu wünschen lässt. Die Anzahl der Beamten, die im Dienst verletzt werden, ist enorm.

 Dankbarkeit? Backförmchen!

Manchmal sind es die kleinen Gesten, die Verbundenheit zeigen und vielleicht sogar ein Lächeln zaubern“, schrieben Polizeipräsident Klaus Kandt und Vize-Chefin Margarete Koppers verheißungsvoll auf der Rückseite der Verpackung. Gleichzeitig beklagt sich der Polizeichef in seiner Weihnachtspost an alle Mitarbeiter über die Medien: „Immer wenn ich denke, dass wir eine Hürde überwunden haben, gibt es die nächste Herausforderung oder gar den nächsten „Skandal“ – in der Regel medial bis aufs Letzte ausgeschlachtet.“

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Es ist immer das Gleiche: Manchen Führungskräften in der Polizei fehlt die selbstkritische Reflexion. Sie können oder wollen nicht verstehen, dass sie es sind, die die Grundlagen für einen medialen Skandal legen. Probleme werden weggewischt oder unter den Teppich gekehrt, Kritik unterdrückt und sanktioniert. Mobbing wird als Führungsinstrument missbraucht. Und so hat jede Polizei die Mitarbeiter, die sie selbst erzogen und produziert hat. Endstation Medien und Keksform! „Das geht mir auf den Keks“ lautet bei einigen der Untertanen die verständliche Reaktion.

Aber zurück zu den Keksformen. Der Wunsch des Polizeipräsidenten, keine weiteren „Skandale“ zu produzieren, wird mit diesem „Weihnachtsgeschenk“ ad absurdum geführt. „Weniger ist manchmal mehr“ stimmt hier auch nicht, besser wäre gewesen: „Gar nichts ist klüger“. Alternativ wären drei Tage Sonderurlaub oder Geldprämien angebracht gewesen. Aber es darf ja alles nichts kosten. So weit geht die Nächstenliebe zu Weihnachten nun auch nicht.

Ein Berliner Polizeibeamter hatte eine zündende Idee: Er nahm eine Blendgranate, entsicherte diese und warf sie in eine Kiste mit den dutzenden Backförmchen. Auch eine Meinung. Frohe Weihnachten! Ich back dann mal Plätzchen …


Steffen Meltzer, Buchautor von „So schützen Sie Ihr Kind! Polizeitrainer vermittelt Verhaltensrichtlinien zur Gewaltabwehr“

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Kommentare ( 44 )

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44 Comments
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Peter
6 Jahre her

So ähnlich wie der schwangerentaugliche Schützenpanzer bei der Bundeswehr.
Wir scheinen von Kindergärtnerinnen regiert zu werden. Die haben zuviel Pippi Langstrumpf abgekriegt, verührt mit Ponyhof: Wir lassen jetzt mal jeden rein und dann haben wir uns alle ganz doll lieb. Wer kaputt geschlagen wird, kriegt einen Lolly.

Wir sollten Politiker und (die meisten) Medienleute zum Hilfseinsatz nach Afghanistan oder Afrika schicken. Da können sie dann ihr Helfersyndrom ausleben. Ohne uns.

Tom Hess
6 Jahre her

Ich habe zufällig eine Doku vom Ersten über den Amri-Anschlag gesehen. Es wurde sehr detailliert aufgezeigt, wie Verantwortungen hin und her geschoben wurden. Aber in Berlin kam es, glaubt man der Doku, zum völligen Versagen. Doch durch dieses hin und her schieben der Verantwortung ist nur eins passiert: es gab keine Verantwortlichen in oberen Etagen, die ihren Hut nehmen mussten. Nun ist der Anschlag von Berlin letztes Jahr gewiss keine „kleine“ der alltäglichen Messerstechereien der letzten Monate, sondern von großer auch politischer Dimension. Und nichts passierte. Auch nicht nach der letzten großen Meldung mit der Unterwanderung der Berliner Polizei. Hier… Mehr

gerechtigkeit
6 Jahre her

Unglaublich alles… Keinen Anstand, keine Dankbarkeit… Was ist aus unsere Welt geworden?

rubi
6 Jahre her

Naiv, respektlos oder einfach nur schäbig….? Natürlich müssen sich die Polzieibeamten einfach nur „vera…“ fühlen. Leider ist das aber nicht nur im Polizeiberuf so, dass eine Wertschätzung oder Dankbarkeit nicht immer mehr stattfindet. Tja , auch dort wird gern verdreht… wie kann man nur „Dankbarkeit“ erwarten, wie berechnend ist das dann…, wird der spieß „umgedreht“? In der Weihnachtszeit erinnere ich hier an das Märchen von „Schneeweißchen und Rosarot“, die dreimal den kleinen giftigen Zwerg in einer misslichen Lage helfen und zum „Dank“ beschimpft werden… Ja – sowas gibt es auch heute noch… die giftigen Charakterzwerge…privat und auch beruflich…Ich wünsche frohe… Mehr

Lars
6 Jahre her

Der beste Kommentar zur Blendgranate war in etwa so: warum nicht mehr Lohn, die Diätenerhöhung würde doch auch so durchgewunken…..

Alexander Till
6 Jahre her

Also ich finde, dass es doch eine metaphorische Meisterleistung ist, eine Form ohne Inhalt zu schenken. Ein Geschenk innen so hohl, wie wer? – Auch könnte man damit allerhand ausbacken und an die großzügigen Schenker zurücksenden.

Alexander Till
6 Jahre her
Antworten an  Alexander Till

… so hohl wie die innere Sicherheit in Berlin

Sonni
6 Jahre her

„Ein Berliner Polizeibeamter hatte eine zündende Idee: Er nahm eine Blendgranate, entsicherte diese und warf sie in eine Kiste mit den dutzenden Backförmchen.“
Beim Lesen dieses Satzes umfing mich ein warmes Gefühl der Verbundenheit.

Wolfsohn
6 Jahre her

Dieses „Geschenk“ ist für mich eine bodenlosen Unverschämtheit und Verhöhnung der Poliziste beiderlei Geschlechts.

Zu mehr fehlen mir die Worte!

wat nu
6 Jahre her

ich warte jetzt ganz gespannt auf die Back(pfeifen)förmchen in der Weihnachtsansprache:)

Edgar Thormeyer
6 Jahre her

Ich glaube, dass muss man anders verstehen: nämlich als Drohung! Wenn ihr nicht spurt, backen wir uns in Zukunft unsere Polizisten selber!