Schöner manipulieren mit dem Tatort

Der öffentlich-rechtliche Tatort macht, was er am besten kann: die Opposition zu dämonisieren. Auch "Verblendung" ist - zur großen Zustimmung und Freude rotgrüner Medien - keine Ausnahme dieser Regel. Die CDU und Friedrich Merz werden nun auch in diese "dunkeldeutsche" Melange hineingerührt.

© SWR/Benoît Linder

Die Seniorinnen der Roten Armee Fraktion haben im Hochsicherheitstrakt Stuttgart-Stammheim Platz für rechte Straftäter gemacht. Ganz im Stil der linken Terroristen von damals versucht ein Kommando, mit einer Geiselnahme Gesinnungsgenossen freizupressen und Stimmung zu machen.

Kurz vor Eintritt in die heisse Phase des Bundestagswahlkampfes schwirren dem Zuschauer nach diesem Politthriller wild die Buchstaben R, A, F und natürlich D im Kopf herum.

Denn im Drehbuch von Katharina Adler und Rudi Gaul vermischen sich „Popcorn-TV mit politisch-gesellschaftlicher Relevanz“ (dpa) und, wie es die Seite „tatort-fans.de“ sieht, „Überzeugungstätern, die es ernst meinen“ mit, wie Martina Kalweit für Tittelbach TV meint, „der Anspielung auf die frühe RAF-Historie mit Hass-Tiraden auf eine Regierung, die die „Umvolkung“ Deutschlands vorantreibt…“ und „…terroristische Praktiken der alten Linken mit Parolen der neuen Rechten zu einem kaum mehr nachvollziehbaren Brei.“

Vom Spiegel bis zur Süddeutschen ist die Botschaft angekommen, wird zustimmend zum ARD-Tatort „Verblendung“ genickt. Maurice Querner von der „Freien Presse“ spricht es im Titel aus: dieser Sonntagskrimi sei „eine deutliche Warnung…das Ende von Verschwörungserzählungen“. Heike Hupertz stimmt für die FAZ zu: „Es ist erstaunlich, wie bruchlos hier die Verbindung von Krimi und politischer Aufklärung funktioniert“.

Ein wilder Strauss aus erhobenen Zeigefingern und bedeutungsschwangeren Wortfetzen

Blutrot geht die Sonne über Stuttgart unter. Eine behäbige, erlesene Gästeschaar bereitet sich, wie in Moskau anno 2002 (Geiselnahme im Dubrowka-Theater), auf einen gemächlichen Premierenabend vor. Thorsten Lannert (Richy Müller) gibt seine Eintrittskarte an den Kollegen Sebastian Bootz (Felix Klare) ab, geht lieber zu seinem Rendez-vous. Auf dem Programm steht, auf Einladung des Landtages, ein Dokumentarfilm zum „Tag 0 unserer Demokratie“ im Nachkriegs-Baden-Württemberg des Jahres 1946, in schwarz-rot-goldenen Lettern prangt der Titel „Wer wir sind“. Die Titelseite zieren Ruinen. Hier irrt man bei „Web.de“: Die AfD ist nicht vertreten.

Kaum ist die erste Minute des Films verstrichen, bringen Karin Urbanski, (Anna Schimrigk) und Steffen Lippert (Christoph Franken) die Gruppe im Theaterraum mit Gewalt unter ihre Kontrolle, erschiessen den Bodyguard von Innen-Staatssekretär Hamza Kocoglu (Kais Setti). Auch Polizeipräsident Herbert Ebinger (Christian Koerner), die linke Journalistin (hämischer Kommentar eines Polizisten: „wohl eher Aktivistin…jetzt hat nichts mehr gegen Polizeigewalt“) Leyla Kaiser (Jessica McIntyre), und Norbert Riss, Arzt und Vertreter einer rechtspopulistischen Partei (Christoph Glaubacker) sitzen mit Kommissar Bootz in der Falle. Der erkennt sofort, dass die Geiselnehmer „genaue Kenntnisse polizeilicher Taktiken haben“, konfrontiert Urbanski frontal: „Könnte es sein, dass Sie Kollegin sind?“

„Einige Zuschauer dürften sich am Sonntag überrascht die Augen reiben.“ (t-online)

Während die von nun an in dem Duo dominante (Lippert hat von Bootz einen Buchschuss erhalten) ehemalige Fallschirmjägerin ihre Forderungen formuliert, Geiseln erniedrigt und exekutiert, Bootz als Sprachrohr und Prügelknaben benutzt und das SEK sich umständlich unter dem Theaterboden vorarbeitet, werden die Zuschauer (unfreiwillige) Zeugen der nebenher von Lannert unternommenen Ermittlungen. Einiges kommt einem in dem Gewirr von Meldungen und geraunten Details seltsam bekannt vor: „Nationaler Widerstand…Sturmgewehre aus alten DDR-Beständen…20 kg Sprengstoff verschwunden…Waffen gehortet…ehemaliger Offizier des KSK…kleine Paschas…Globalisten…interne Ermittlungen… Bevölkerungsaustausch…Umvolkung…Heimatschutz…wir holen uns unsere Demokratie zurück…Anschlagspläne auf den Landtag und das Bundesverfassungsgericht…“

Mit der damals lautstark kritisierten Aussage im Nachgang zu Silvester-Krawallen, den „kleinen Paschas“, ist dem Zuschauer gar nicht mehr subtil vermittelt klar, dass der Bogen zu Friedrich Merz und der CDU geschlagen wird.

Stolz verkündet Urbanski, dass das Manifest der Rechtsterroristen, eine Datei namens „Vendetta“, sich auf dem Polizeiserver unter dem Ordner „Interne Ermittlungen“ befindet. Farah Nazari (Leila Abdullah), die Einsatzleiterin des Krisenstabs, vermutete daher den Feind in den eigenen Reihen: „die haben uns infiltriert, da arbeitet einer von uns denen zu…“

RND: „Sollte der Blick auf den Sitznachbarn beim nächsten Film-Abend skeptischer ausfallen, könnte es am neuen Stuttgart-„Tatort“ liegen“

Aber bevor dieses Geheimnis möglicherweise gelüftet wird, müssen die Stuttgarter Ermittler noch etwas in der eigenen Historie kramen. Die Geiselnehme sind der Meinung, dass in Baden-Württembergischen Gefängnissen Häftlinge des „Rechten Widerstands“ im Auftrag „des Staates“ heimlich vergiftet und umgebracht werden. Rechte Häftlinge sollen freigelassen oder wenigstens in andere Anstalten verlegt werden. Ausserdem soll Innenminister Christian Pietz (Nicolas Rosat) vor aller Augen in einem Video die Tötungen gestehen, andernfalls werden die Geiseln allesamt erschossen. Lannert beweist seine Integrität (oder seine Leichtgläubigkeit?) in dem er den Vorwürfen zumindest ansatzweise mit Rechtsmediziner Dr. Daniel Vogt (Jürgen Hartmann) nachgeht – könnten da Novi Chok oder Sarin zum Einsatz gekommen sein? Letztes Opfer dieser deutschen Schattenjustiz soll der Geiselnehmern zufolge der Rechtsextremist Thorben Jung gewesen sein, der in Stuttgart-Stammheim anscheinend an einem allergischen Schock wegen seiner Nuss-Allergie starb. Aber auf dem Videofilm zu dem Vorfall entdeckt Kommissar Lannert, dass ihn der ebenfalls einsitzende rechte Barde Loman Krewitz (Ralph Hönicke) während des Anfalls mit KO-Tropfen vergiftet hat. Krewitz, ein Anstifter in Nationalen Kreisen, dessen Lieder Geiselnehmerin Urbanski vor sich hinsingt, wollte verhindern, dass Jung, der „im Gefängnis ein Programm gegen Rechts gemacht hatte“ (Michael Höhn, Mithäftling gespielt von Felician Hohnloser, über ihn) aussteigt.

Diese Szene, (in der letzten Aufnahme bedrohlich gestaffelt im Dunkeln wartend) angeführt von Milagros von Wellersdorf, einer Anwältin (Heike Hanold-Lynch), wartet begierig auf das Geständnis des Innenministers, um es für ihre Propaganda zu benutzen. Allerdings erhalten sie nur ein Video, in dem der Text mit dem Lied der Rolling Stones überspielt wurde: „You can’t always get what you want“.
Die Geiseln werden in letzter Minute vom SEK befreit, Urbanski wird ins Bein geschossen und von Bootz verhaftet. Wer die Datei „Vendetta“ auf den Polizeiserver gestellt hat, bleibt unaufgeklärt.

Das Online-Magazin Kultura ist der Meinung, „Verblendung“ will uns vielleicht sagen, dass es so, oder so ähnlich, bald in unsern deutschen Landen zugeh’n könnte. Möglich wäre es.“

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Kommentare ( 4 )

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Sabine K.
28 Tage her

Ein fürchterliches Machwerk! Total neben der Wirklichkeit, aber daran hat man sich ja im ÖRR schon gewöhnt.

Biskaborn
28 Tage her

Unerträglich dieses Machwerk, nach 30‘ abgeschaltet, nicht nur ich wie mir Freunde geschrieben haben. Wer bitte schaut sich das noch ernsthaft an?

Necke
28 Tage her

Normalerweise gucken wir aus eben diesem Grund keine Tatorte jüngerer Herstellung. Wegen des Hauptdarstellers haben wir versuchsweise eine Ausnahme gemacht – diesen Versuch aber nach ca. 2 Minuten angewidert abgebrochen.

old man from black forrest
28 Tage her

Ich kann diesen Richy Müller als Schauspieler zwar nicht ausstehen. Aber wenn ich es richtig verstehe, wollte selbst er bei diesem Unfug frühzeitig nicht mehr mitmachen.