Strohfeuer mit Pistorius: Wann wird Miosga talkshowtüchtig?

Miosga hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Sie geriert sich als kritischer Journalist, doch Stakkato-Fragen ohne Substanz sind am Ende nur eins: nervtötend. Boris Pistorius kommt mit derart dünnen Salven bestens klar. Und Gegenstimmen sind ohnehin nicht eingeladen. Von Brunhilde Plog

Screenprint: ARD / Caren Miosga

Schon das Thema der Sendung macht deutlich, in welchen Untiefen sich die ARD mittlerweile auf Grund gesetzt hat. „Wann sind wir kriegstüchtig?“ will Caren Miosga wissen. Kriegsbereitschaft wird medial geradezu zur Kriegsgeilheit aufgeblasen, das Wort Frieden oder auch nur der Gedanke daran hat keinen Raum mehr.

Konsequenterweise ist Kriegsminister Boris Pistorius an diesem Abend auch der einzige Gast. Die Verfasser des SPD-Friedensmanifests etwa – darunter Ralf Stegner und Rolf Mützenich – sind zwar kurz Thema, doch es wird nur über sie geredet, nicht mit ihnen.

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Damit wird Pistorius eine Ehre zuteil, die seine Position im geopolitischen Diskurs momentan gar nicht so unbedingt hergibt. Das hat er sogar selbst sehr gut erkannt. Vom Angriff der Amerikaner auf iranische Atomanlagen etwa hat er erst im Nachhinein erfahren. Und bis zum Zeitpunkt der Aufzeichnung der Sendung noch nicht einmal mit dem amerikanischen Kollegen Pete Hegseth gesprochen. Pistorius nimmt die ihm zugewiesene Statistenrolle erhobenen Hauptes an: „Ich glaube, der hat auch im Moment noch ein paar andere Dinge zu tun“, sagt er über Hegseth.

Dennoch ist Pistorius hoffnungsvoll: „Europa kann eine Rolle spielen und muss eine spielen. Davon bin ich fest überzeugt“. Wie er darauf kommt, muss er nicht weiter erläutern. Wir sind hier schließlich bei Miosga.

Dafür darf er weiter das Kriegsbeil polieren, wie er es seit Monaten tut. Bis 2029 müsse Deutschland kriegstüchtig sein, unbedingt und sowieso. Denn in Zeiten, da Meteorologen nicht mal das Wetter vom kommenden Mittwoch vorhersagen können, weiß Pistorius ganz genau: Bis 2029 werde Russland seine militärischen Kräfte wieder beisammen haben, „um dann in der Lage zu sein, einen Teilangriff auf Nato-Gebiet beispielsweise im Baltikum oder anderswo zu führen. Auf diese Situation muss man sich vorbereiten“. Denn „es gibt eine Bedrohung, wie es sie seit Anfang der 90er-Jahre nicht mehr gegeben hat“.

Nun gäbe es sicher genügend Kandidaten, die ihm bei dieser These Paroli bieten würden, aber die sitzen daheim, und es bleibt am Ende bei Miosga, Pistorius auf den Zahn zu fühlen. Das tut sie, so gut sie kann. Also gar nicht.

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Miosga fühlt sich erkennbar wie eine Investigativ-Reporterin, aber am Ende nervt sie einfach nur. Sie fällt Pistorius ständig ins Wort, springt in den Themen, stellt obsolete Fragen, nur um Fragen zu stellen. Bis Pistorius das Gegenfeuer eröffnet: „Ich würde gerne eben kurz ausführen, Frau Miosga. Versteh’ die Ungeduld. Hab’ ich selber.“ Und was sagt Miosga?: „Na also.“ Sie lernt es in diesem Talkshow-Leben wohl einfach nicht mehr.

Um also diese vermeintliche Kriegsgefahr zu bändigen, will Pistorius die Bundeswehr attraktiver machen, den Soldatensold erhöhen und im Eiltempo neue Kasernen bauen, um all die neuen Soldaten, Reservisten und Wehrpflichtigen unterzubringen. Das brauche aber Zeit. „Alle erwarten, dass die Fehler und die Richtungsentscheidungen von 35 Jahren in nicht einmal drei Jahren korrigiert werden. Das funktioniert in keinem Laden dieser Größenordnung so schnell“, sagt Pistorius. Offenbar hat er noch nichts vom argentinischen Präsidenten Xavier Milei gehört, der in nicht einmal einem Jahr sogar ein ganzes Land umgekrempelt und vom drohenden Staatsbankrott auf Erfolgskurs gebracht hat.

Über das Friedensmanifest seiner SPD-Parteikollegen sagt Pistorius nicht viel, denn „diese Debatte führt zu gar nichts“. Immerhin gesteht er ihnen zu: „Die Unterzeichner dieses Manifestes äußeren einen legitimen Wunsch, nämlich nach Frieden und nach Diplomatie.“ Das Problem sei jedoch: „Putin ist revisionistisch, Putin ist imperialistisch.“ Und wenn man sich der Nato-Verpflichtung „Einer für alle, alle für einen“ nicht mehr verpflichtet fühle, „dann ist genau das das Signal, was Putin braucht, um zu glauben, diese Nato ist zu schwach, ich kann mir erlauben, den einen oder anderen daraus vielleicht anzugreifen“.

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Beim Thema Raketen wird Pistorius schmallippig. Dass US-Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden stationiert werden, hält er für überhaupt nicht diskussionswürdig. „Ja, und was spricht dagegen? Wir sind doch als Regierung dafür verantwortlich, für Sicherheit zu sorgen. Sollen wir ‘ne Volksbefragung zu der Frage machen, ob wir Mittelstreckenraketen in Deutschland stationieren?“, fragt er fassungslos. Miosga wandelt kurz auf AfD-Pfaden: „Einige würden sich das sicher wünschen.“

Richtig tief gräbt Pistorius seinen Schützengraben beim Thema Taurus aus. Hier blockt er komplett. Gerade wurde eine Stellungnahme Putins eingespielt, die es in sich hat: Nur deutsche Soldaten könnten den Taurus bedienen, sagt der russische Präsident und schlussfolgert: „Was ist das anderes als das Hineinziehen der Bundesrepublik in einen direkten, bewaffneten Konflikt mit der russischen Föderation? Wir wollen so eine Entwicklung nicht. Aber wenn die deutsche Regierung eine solche Entscheidung trifft, werden wir darauf reagieren. Das wird unseren Beziehungen natürlich sehr schweren Schaden zufügen.“

Pistorius hält es nicht für nötig, auf Putin einzugehen. Mehr noch: „Ich verstehe gar nicht, was er sagt“, behauptet er. „Erstens stimmt davon ein großer Teil nicht, objektiv nicht, ich lass das aber jetzt mal so im Raum stehen.“ Miosga: „Welcher stimmt nicht?“ Pistorius: „Das spielt keine Rolle. Zur Taurus-Frage ist wirklich alles gesagt. Und das müssen wir nicht weiter ausdiskutieren.“

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Miosga hakt nach: „Wollen sie ihm nicht antworten?“ Aber Pistorius will offenbar seiner neue, internationalen Rolle gerecht werden: Wer ohnehin nichts zu melden hat, der muss sich auch nicht melden: „Ich betrachte meine Aufgabe als Verteidigungsminister nicht, Multiplikator seiner Botschaften zu sein. Das ist genau das, was er will.“ Miosga gibt ihm noch eine Chance für einen gesichtswahrenden Exit aus dieser Ignorantenposition: „Er sagt, die deutsch-russischen Beziehungen werden noch mehr leiden. Gibt’s da überhaupt noch Beziehungen?“ Doch Pistorius hat sich bereits verbissen: „Nochmal. Ich kommentiere Aussagen von Wladimir Putin nicht. Ich bin nicht das Sprachrohr, und ich bin auch nicht der Multiplikator seiner Äußerungen, die mal so, mal so daherkommen.“

Was Taurus-Lieferungen betrifft, antwortet Pistorius derart spitzfindig, dass wirklich alle Möglichkeiten offen bleiben. Will Deutschland die Raketen liefern, oder ist das ausgeschlossen? „Ich ziehe es derzeit nicht in Betracht, mehr gibt es dazu nicht zu sagen“, sagt Pistorius. „Was ist der Unterschied zwischen Ausschließen und nicht in Betracht ziehen?“ will Miosga wissen. Pistorius: „Ich hab’ nichts ausgeschlossen. Ich hab’ auch nichts zugesagt. Ich hab’ gesagt, ich ziehe das derzeit nicht in Betracht.“

Also: alles offen. Dem wortgewandten Pistorius ist zuzutrauen, dass er es nicht in Betracht zieht, weil die Raketen längst geliefert wurden, so wie bereits 2013 an Südkorea. Ob dort denn auch deutsche Ausbilder im Land seien, fragt Miosga. Pistorius: „Das beantworte ich Ihnen nicht.“ Wir sollten „endlich wieder lernen, mit militärischen, sicherheitsreavanten Geheimnissen auch wieder so umzugehen. Das konnten wir mal in den 60er-, und 70er- und 80er-Jahren. Wir haben uns das komplett abgewöhnt und glauben, jeder habe jederzeit das Recht, in der Öffentlichkeit über alles Bescheid zu wissen und nachfragen zu können. Dem ist aber nicht so, weil: Dann könnten wir die Information auch gleich per Mail an Putin schicken“.

Selten war eine Talkshow so nichtsagend und zugleich vielsagend.

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Kommentare ( 44 )

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babylon
18 Tage her

Pistorius hat seinen Beruf verfehlt. Er hätte Eiermann werden sollen. Nicht einer der Eier legt, das kann er sowieso nicht, sondern der Eier verkauft und zwar ausgeblasene ohne Inhalt. Herumeiern mit hohlen Eiern, das ist Herr P.

Last edited 18 Tage her by babylon
F.Peter
18 Tage her

Zum Ersten: Wenn tatsächlich die Absicht Putins bestünde, ein Natoland anzugreifen, dann wäre D laut Grundgesetz einzig dazu berechtigt, sich zu verteidigen!!! Also wäre doch wohl die Bezeichung, bis dann…..verteidigungsfähig zu werden und nicht kriegstüchtig!!! Das Ministeramt heißt doch wohl aus gutem Grund „Verteidigungsministerium“ und nicht Kriegsministerium!!! Und das was P da zu Putin äußert, sind nichts als Zuschreibungen aus der eigenen Phantasie. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Putin in den letzten zwanzig Jahren auch nur eine Andeutung darüber gemacht hätte, ein marodes Land wie das Unsere anzugreifen, auch nicht irgendein Natoland. Ist es mal wieder soweit, dass… Mehr

Kontra
18 Tage her

Na ja, wir haben doch eine Armee von Jungmännern aus aller Herren Länder hier beherbergt. Sollen die mal was tun, für ihr Bürgergeld. Mit Messern umgehen können die meisten ja schon.

Riffelblech
18 Tage her

Ok ! Wenn die kriegsfreudige und kriegsbereite Regierungsmannschaft ,einschließlich gleich freudiger Journalistentross von ARD und ZDF so drauf sind und immer wieder nachfragen wann D. nun endlich „“ kriegstauglich““ sein wird , bleibt doch mal als Vorschlag — alle zusammen eine Woche Krieg an der ukrainischen Front — so wie eben andere Leute eine Woche Mallorca machen . Denn die Geschichte lehrt doch immer : diejenigen die sich untereinander nicht kennen werden an die Front geschickt um einander zu töten und diejenigen die sich kennen und vorher in der einen oder anderen Weise miteinander zu tun hatten unterlassen die direkte… Mehr

Dr. Rehmstack
18 Tage her

Und ich sage voraus, wir werden in zehn Jahren genauso über die Fehler der letzten Regierungen bezüglich Klima, Energie, Mobilität sprechen, wie Pistorius jetzt die desaströsen Fehler der 16 Jahre Merkel (wobei der Name der Verursacherin niemals genannt werden darf) bezüglich unser Wehrtüchtigkeit anprangert. Wobei Pistorius in aller Deutlichkeit das Hauptproblem der deutschen Entwaffnung anspricht, nämlich den unwiederbringlich Verlust von über 100 Kasernen, Waffen kann man beschaffen, Offiziere kann man ausbilden, wenn man aber keine Kasernen hat, wird man auch keine Rekruten haben. Diese Kasernen sind Neubausiedlungen gewichen und sind unwiederbringlich verloren und trotzdem fluten wir das Land weiter mit… Mehr

pcn
18 Tage her
Antworten an  Dr. Rehmstack

Wieviele der Kasernen sind heute Flüchtlingsheime?

November Man
18 Tage her

„Sollen wir ‘ne Volksbefragung zu der Frage machen, ob wir Mittelstreckenraketen in Deutschland stationieren?“, fragt er fassungslos.“
Das wäre demokratisch und würde einer echten Demokratie entsprechen. Aber Deutschlands linksextreme Anti-Demokraten und das Kartell tun ja nur so als hätten wir eine Demokratie. Wir haben aber nur eine parlamentarische Demokratie, eine Parteien-Diktatur der Altparteien.
Wer eine echte Demokratie nach Vorbild der Schweiz will, der muss die liberal-demokratische AfD wählen.  

Riffelblech
18 Tage her
Antworten an  November Man

Diese Möchtegernvertreter des deutschen Volkes – genannt repräsentative Demokratie- sollten sich schleunigst daran erinnern das sie dieses Land nicht wie Procuristen einen Betriebes zu führen haben sondern das ihnen VERTRAUEN, sofern sie wissen was das ist , in ihren Jobgelegt wurde ,im Sinne der Bürger zu entscheiden.
Und wenn die Parteibonzen der Altparteien darüber nur entsetzt sein wollen dan n ist es Zeit sie von Acker zu jagen .
Entweder die – repräsentative Demokratie- funktioniert im Sinne der Mehrheit der Bürger oder sie funk überhaupt nicht.
Denn dieses Land ist nicht Lehnsgut der Parteibonzen der Altparteien !

November Man
18 Tage her

Wenn ein linker Politiker sagt: „Das ist meine volle Überzeugung“ oder „Davon bin ich fest überzeugt“, dann kann man sicher davon ausgehen das der sehr unsicher ist und bewusst lügt.
Umschalten auf Servus TV und den Wegscheider ist die Lösung.  

Jenny
18 Tage her

„Wann sind wir kriegstüchtig?“ Mal abgesehen davon, dass ich meine Kinder nicht in den Krieg schicken würde: Gar nicht. Das liegt nicht nur an der demografischen Situation, die in Russland auch nicht viel anders ist. Meiner Meinung nach spielt hier das Konzept von Kindheit und Individualität eine viel größere Rolle. Die wenigen Sprösslinge der normalen mittelständischen deutschen Familie werden zu Prinzessinnen und Prinzen erzogen. Jedes dieser Kinder hat einen eigenen Spielplatz im Garten, auf dem man so gut wie nie die Kinder spielen sieht, zur Einschulung muss es eine Hüpfburg sein und man hat große Pläne mit dem Kind und… Mehr

Delegro
18 Tage her

Talkshowtüchtig. Der war gut. Mioska verdient sich mit Ihren privaten Firmen, die vom ÖRF (also von uns) fürstlich bezahlt werden, eine goldene Nase. Man ist ja nicht mal nur Angestellte des ÖRF oder Selbständige als Einzelperson. Nein, man gründet gleich mehrere Firmen, die dann Verträge mit der ÖRF schließen. Da bleibt eben netto mehr hängen. Und damit das immer so weitergeht, wird sie auch in Zukunft vor jeder Sendung gleich das Ergebnis der Sendung mitgeteilt bekommen. Und das wird sie umsetzen. 1:1. Falls sich die politische Landschaft mal drehen sollten wird sie zuerst mal ganz schnell die Seiten wechseln. Die… Mehr

Emsfranke
18 Tage her

Diese Gesamtheit der ÖRR sind nichts anderes als eine vom Bürger zwangsfinanzierte Ansammlung von NGOs, mit dem Auftrag, mit Hilfe des Framingkonzeptes die geneigten Medienkonsumenten zur Zustimmung für Regierungshandeln zu narkotisieren. Die Laberrunde mit und bei Miosga ist obendrein so sinnvoll, wie eine Fahrradklingel an Kuhhörnern und ihre Moderatorin im gleichen Sinne talkshowtüchtig.