Wenn ein FDP-Politiker zur Antifa stößt

Zwei Tweets des Berliner FDP-Politikers Sebastian Czaja zeigen, wie schnell das politische Rückgrat sich auflösen kann.

imago images / Emmanuele Contini
Sebastian Czaja, FDP

Die SPD überraschte 2020 mit der Losung „Seit 156 Jahren: keinen Fußbreit dem Faschismus“ – womit sie suggeriert, Faschismus habe es schon zu Zeiten des Kaiserreichs gegeben, und er müsse auch heute noch in Deutschland bekämpft werden. 

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Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken bekräftigte für sich selbst: „58 und Antifa. Selbstverständlich“.

Das trug ihr damals Spott ein, auch Kritik an der beliebigen Ausweitung des Faschismusbegriffs.

Allerdings lag Esken damals offenbar im Trend. Mittlerweile bekennt sich auch ein prominenter FDP-Politiker zum pauschalen Antifaschismus: Sebastian Czaja, Fraktionschef der Liberalen im Berliner Abgeordnetenhaus. An einen anderen Twitter-Nutzer schrieb er:

„Sie werden mich doch nicht etwa all die Zeit bewusst falsch verstanden haben? Jeder (Freie) Demokrat ist per Definition Antifaschist.“

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Zu Zeiten von Hans-Dietrich Genscher jedenfalls bekannten sich die meisten Freien Demokraten zum Antitotalitarismus – also zur Gegnerschaft gegen politische Extremisten rechts und links – und überließen den erstmals von der KPD in der Weimarer Republik geprägte Wort „Antifaschismus“ Kräften, die jedenfalls nicht in der FDP zu finden waren. 

Czaja hatte allerdings vergessen, dass er zu dem gleichen Thema schon 2018 einen Tweet abgesetzt hatte. Der richtete sich seinerzeit gegen die Aufforderung einer Berliner Staatssekretärin, die mit der Formulierung „wir müssen radikaler werden“ Antifa-Demonstrationen in Chemnitz unterstützte. 

„Antifaschisten sind auch Faschisten“, schrieb der FDP-Mann damals: „Feuer mit Feuer zu bekämpfen ist keine gute Idee. Gewaltmonopol liegt allein beim Staat. Wir müssen laut sein, aber niemals radikal.“

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Der inzwischen aus der FDP ausgetretene Berliner Abgeordnete Marcel Luthe kommentiert: „Dazwischen liegen zwei Jahre – und der komplette Verlust des politischen Rückgrats.“ 

Mit dem Blick auf Czajas Formulierung von 2018 „Antifaschisten sind auch Faschisten“ und seiner aktuellen Äußerung spottet Luthe: „Ist dann jeder Freie Demokrat per Definition auch Faschist?“

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Kommentare ( 35 )

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armin wacker
3 Jahre her

Die Politiker wissen doch gar nicht mehr, was die Begrifflichkeiten, die sie verwenden, wirklich bedeuten. Die sind doch alle dem Gender Virus anheimgefallen.

Horst
3 Jahre her

Weil diese Leute hier ja auch mitlesen, so wie sich die Politiker früher die ersten Druckfahnen des Spiegels per Bote nach Hause liefern ließen: Ich finde keine Worte mehr dafür, wie sehr ich diese Berufspolitiker verachte. Dieser „Volksvertreter“ hat ein paar Monate seines Leben in der freien Wirtschaft gearbeitet, danach wurde er Berufsschwätzer. Und in den bei der FDP obligatorischen Parlaments-Pausen war er „Repräsentant“, also lebte er da bereits von „Beziehungen“ und „Kontakten“. Und das noch ohne jedes Rückgrat. Wie bitter. Für uns. Das ist das einzig Positive, wenn ein alter Kahn absäuft, dann mit Mann und Maus. Und den… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Horst
giesemann
3 Jahre her

Meint der Guteste nun den importierten Faschismus oder den hausgemachten? Am besten beide Faschismen, das wäre in Ordnung. Da bin ich bei ihm. Übrigens bekämpft die Feuerwehr Waldbrände gerne mit Gegenfeuer, dadurch Sauerstoffentzug … . TE zu „Sebastian Czaja: Wenn …“ vom 13-1-21
 

schwarzseher
3 Jahre her

Das Corona Virus wird man früher oder später eindämmen, das Virus Opportunismus nie. Letzteres breitet sich unter deutschen Politikern geradezu pandemisch aus wie seinerzeit das Pest Virus..

Cabanero
3 Jahre her

Seitdem der BER eröffnet hat, ist der Berliner FDP ihr einziges Thema abhanden gekommen. Wie man aber hört, erhalten die Sicherheitsbeschäftigten dort ständig Stromschläge an den Gepäckbändern, vielleicht hängt sich Czaja da dran. Aber Achtung, diese Arbeiter sind alle Mihigru.
Insofern passt es dann auch wieder. Aber warum sollten die nun genau nicht mehr SPD, sondern die FDP wählen? Wäre ich Nafri oder Afrikaner und hätte die Wahl zwischen Chebli und Czaja, wäre sie sehr klar.

luxlimbus
3 Jahre her

Es gibt keinen, es gab nie einen, und es wird auch nie einen Faschismus auf dem gesamten Erdenrund geben, der nicht das Ergebnis, die Gegenreaktion auf einen bereits bestehenden, sich aggressiv ausbreitenden, Kommunismus ist.
BTW – ist sein Vorhandensein stets der Nachweis eines Versagens der Kräfte der Mitte und der Demokratie. Immer der gleiche Film!

Oliver Koenig
3 Jahre her

Die FDP ist demnächst Geschichte. Gut so. Devote … wird vom Wähler nicht geschätzt.

Herbert Wolkenspalter
3 Jahre her

Zu viel krampfhafte Wortklauberei. Ein Wort kann je nach Kontext Verschiedenes bedeuten.

Einer meiner Mathematiklehrer sagte zu einer Gelegenheit: „Es gibt nur eine Null.“ Zu einer anderen Gelegenheit sprach er: „Es gibt viele Nullen“. Alle hatten verstanden, wie es jeweils gemeint war.

Nur Genderisten, Wortschrauber und andere Verstehensverweigerer verkünsteln sich mangelhaft sprachgewandt mit ihren Interpretationsproblemen.

November Man
3 Jahre her

Faschismus war zunächst die Eigenbezeichnung einer politischen Bewegung, die unter Führung von Benito Mussolini in Italien von 1922 bis 1943/45 die beherrschende politische Macht war und ein diktatorisches Regierungssystem, den Italienischen Faschismus, errichtete.
Heute sind es die linken nationalen Sozialisten die den linksgrünen Totalitarismus anstreben.
Und diesen neuen linksgrünen Totalitarismus müssen wir, die echten Demokraten, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen.
Hatten wir nämlich alles schon einmal – Nie mehr wieder!

greenman
3 Jahre her

Rückgrat ist eine geistige und körperliche Funktion, die bei den allermeisten sogenannten Berufspolitikern
– als parteispezifische Einstellungsvoraussetzung – …stillgelegt wird.
Man könnte auch von einer charakterlichen…Schönheits-OP sprechen.