Ukrainischer Wissenschaftler kritisiert deutsche Presse – in der FAZ

Ausgerechnet in einem deutschen Feuilleton erscheint eine wütende Kritik an der Rolle deutscher Medien im Ukraine-Krieg. Die berichteten von Flüchtlingen und angeblich verzweifelten Ukrainern – statt von deren Solidarität und der „absoluten Kampfbereitschaft“.

IMAGO / CTK Photo
Ein ukrainischer Soldat hilft einer Familie in Kiew, 4.3.2022.
Das hatten die Feuilletonisten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vermutlich nicht erwartet. Im zumindest früher wohl wichtigsten Forum deutscher Intellektueller kommt an diesem Samstag der ukrainische Humanwissenschaftler Kyrylo Tkatschenko in einem größeren Beitrag zu Wort, offenbar verfasst in Kiew – und illustriert mit dem von ihm selbst aufgenommenen Bild seiner Frau im Wochenbett mit Neugeborenem „im Keller einer Kiewer Klinik“.

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Der Beitrag selbst passt allerdings so gar nicht zum gewohnten Ton von Wortmeldungen Intellektueller zu aktuellen Kriegen. Es ist nicht nur ein Dokument der Kampfbereitschaft, der Siegesgewissheit und sogar des Hasses auf den Feind. Dem Text ist ein Ausschnitt aus Leo Tolstois Erzählung „Hadschi Murat“ vorangestellt, in dem der absolute Vernichtungswille der Tschetschenen des 19. Jahrhunderts gegen die Russen („Nichtanerkennung dieser russischen Hunde als Menschen“) deutlich wird und der in deutschen Zeitungen beim Tschetschenien-Krieg 1995 zitiert wurde. Was Tkatschenko damit sagen will, ist klar: In der Ukraine ist ein riesiges neues Tschetschenien zu erwarten, ein Krieg des Hasses und der beispiellosen Härte.

Die Botschaft an die deutschen Leser und vor allem wohl seine Auftraggeber in der FAZ ist aber noch eine andere, denn Tkatschenko teilt ihnen mit, „wie ich aufgehört habe, deutsche Medien zu lesen“. Er wirft diesen nicht nur vor, dass man aus ihnen über den Krieg schlechter informiert wird als aus den eigenen ukrainischen. Er wirft ihnen vor, die Kampfbereitschaft und militärischen Erfolge der Ukrainer zu verschweigen:

„Die Meldungen von Gefechten waren so garniert, dass es hieß: behauptet die ukrainische Seite, unabhängig lasse es sich nicht überprüfen. Dabei waren schon Dutzende von Videos auf Youtube zugänglich, auf welchen Kolonnen von russischen Panzern und Militärfahrzeugen abgefackelt und demoliert zu sehen waren. Man muss kein Militärexperte sein, um zu erkennen, dass es sich dabei nicht um ukrainische, deutsche oder sonst welche Technik, sondern eben um russische ‚Tiger‘, ‚Kamaz‘ oder ‚Urals‘ handelte und dass die Szenen sich in der Ukraine abspielen. Auch Videos mit russischen Gefangenen waren am 26. im Überfluss zugänglich. Dasselbe gilt für Videos mit ukrainischen Soldaten während der Gefechte, auf denen zu sehen ist, dass die Soldaten alles andere als verängstigt aussehen, sondern dass sie den Feind nicht nur mit Panzerfäusten und Kugeln, sondern auch mit derben Witzen und Spottliedern empfangen.“

Deutsche Medien berichteten nicht über die Kämpfe, sondern entwürfen ein Narrativ von Opfern und Verzweiflung:

„In deutschen Medien sehe ich Bilder von Autoschlangen der Ukrainer, die Richtung Westen fliehen, aber keine Bilder von den Schlangen vor den Einberufungsstellen. In einem Interview für ein deutsches Medium, das ich vor dem 26. per Telefon gab, welches aber als Text veröffentlicht wurde, steht, die Menschen in der Ukraine seien ‚verzweifelt‘. Habe ich es wirklich so gesagt? Jedenfalls ist dieses Adjektiv das Antonym davon, was ich dem Journalisten nahezulegen versuchte.“

Was will dieser gerade zum zweiten Mal Vater gewordene Humanwissenschaftler? Waffen! Sein letzter Satz: „Ach, wie schön wäre es, Sachen zu haben, welche die ganzen russischen Artilleriesysteme in wenigen Stunden in Schrott verwandeln könnten!“

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Kommentare ( 61 )

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caesar4441
2 Jahre her

Wie kann man irgendein Schreiben irgendeines Zeitgenossens der angeblich in der Ukraine lebt und angeblich „Wissenschaftler“ ist einordnen ? Vermutlich gar nicht.Reine Propaganda.Vielleicht hat sich die FAZ den Brief auch selbst geschrieben,wer weiß das schon ?Nachrichten ,die die Bezeichnung verdienen erhalten wir ja nicht mehr,es könnte die Bevölkerung verunsichern.

bfwied
2 Jahre her

Krieg ist bekanntlich tödlich, „schmutzig“, brutal, und er kehrt grundsätzlich das Negativste im Menschen heraus, in dem nur Positiva als Mauerblümchen erscheinen. Diese Tränendrüsendrückerei in den Medien ist erbärmlich, denn es wird nur auf Emotionen gesetzt, auf Opfer, von denen ich bei den Nahaufnahmen oft den Eindruck habe, dass sie gestellt sind, so wie bei der Masseneinwanderung nach Griechenland das Bild des toten Jungen am Strand, das arrangiert war – ich meine nicht den krebskranken Jungen im Keller der Klinik, der hoffnungsfroh anrührend ein anderes Leben zeigt. Es wird nicht der positive Mensch gezeigt, nicht der um seine Existenz Kämpfende,… Mehr

IJ
2 Jahre her

Am ärgerlichsten an der deutschen Presse ist, dass sie uns die illegalen afrikanischen und arabischen Einwanderer aus Belarus, die sich jetzt auf hinterhältigste Weise unter die flüchtenden ukrainischern Frauen und Kinder mischen, als „ausländische Studenten“ verkaufen wollen, denen ebenso geholfen werden müsse. Ganz vorne mit dabei sind natürlich wieder die Ober-Hansemann-Humanisten Baerbock und Faeser, denen es wie immer die allergrößte Befriedigung ist, diese perfide illegale Einwanderung zu Lasten des deutschen Steuerzahlers als „Hilfe für alle, die aus der Ukraine flüchten“ zu verkaufen. Man fragt sich wirklich, auf welcher Gehaltsliste diese beiden Gestalten noch stehen. Kräfte, die Deutschland langfristig schaden wollen,… Mehr

Aljoschu
2 Jahre her

Der Zeitpunkt ist gekommen, da der Held von Kiew, Selenskyj, die umfassende Kapitulation und seinen bedingungslosen Rücktritt anbieten MUSS! – Will er nicht zum Mitverantwortlichen am Abschlachten seines Volkes und der vollständigen Zerstörung seines Landes werden!

Weiss
2 Jahre her
Antworten an  Aljoschu

Laut einem aktuellen Bericht von ITV soll Putin am gestrigen Samstag jedem Staat mit einer Kriegserklärung bei einer No Fly Zone-Beteiligung gedroht haben. Sollten also UK, die USA, Frankreich und die BRD diese No Fly Zone über die Ukraine errichten, würden all diese Länder direkt mit in den Krieg gezogen werden. Der BRD würde Rußland in diesem Falle direkt den Krieg erklären. Ich zitiere: … A no-fly-zone would spell war for any third party who tries to enforce one over Ukraine, Vladimir Putin has said. Speaking at a meeting with female pilots on Saturday, Putin said Russia would view “any move in… Mehr

bfwied
2 Jahre her
Antworten an  Weiss

Man kann! Aber die Frage ist, ob man so schlau ist, nicht einzugreifen. Täte man dies, wäre der 3. WK mit Sicherheit ausgebrochen, und das bei einer Bundeswehr, die keine mehr ist, die, tut mir leid, das Weibliche in der neuen Ideologie der Schwäche quasi abgeschafft hat. Einen Staat kann man nicht so führen wie eine Familie, ein Staat beruht auf die Gesellschaft prosperieren lassenden Gesetzen und auf Macht nach außen. Frauen sind im inneren, im sozialen Bereich besser als Männer entwickelt, Männer bez. Zusammenarbeit und nach außen zum Schutz der Gesellschaft. Und das ist kein Konstrukt, das ist Erfahrung!

Manfred T.
2 Jahre her
Antworten an  Aljoschu

Ach so, dann hätte Stalin also auch kurze Zeit nach dem Einmarsch der Wehrmacht in die Sowjetunion umfassend kapitulieren müssen um nicht zum Mitverantwortlichen am Abschlachten seines Volkes und der vollständigen Zerstörung seines Landes werden?
Was für eine seltsame Logik!

bfwied
2 Jahre her
Antworten an  Manfred T.

Man denke Ihr Beispiel mal weiter: D hatte damals etwa 50 Mio. Menschen, Russland war ein riesiges Land mit mehr Menschen. Dazu kommen noch all die anderen Länder. Und all die sollen von dem kleinen Deutschl. beherrscht werden können? Das wäre das erste Mal in der Geschichte gewesen. Ich bin kein Historiker, aber der Marsch nach Moskau etc. wurde doch erst in den Städten wie Leningrad gestoppt, allerdings unter totaler Zerstörung. Wäre die Einnahme durch D nicht doch besser gewesen? Ohne Zerstörung? Wäre ein Partisanenkrieg und Aushungerung der Deutschen nicht vielleicht schonender gewesen für die Eingenommenen? Wem wäre geholfen, wenn… Mehr

Boris G
2 Jahre her

Wenn man eines aus den ethnisch-kulturellen Konflikten seit dem Zweiten Weltkrieg lernen konnte: Über die Jahrzehnte kann ein Aggressor allein mit militärischen Mitteln kein Volk niederhalten, das sich der Besetzung wiedersetzt und nationale Unabhängigkeit anstrebt. Im Fall der Krim war die Sache aber komplizierter, denn ein Teil der russischen Bevölkerung war mit der Annexion wohl doch einverstanden. Und wie eine Volksabstimmung im Donbass ausgegangen wäre, steht in den Sternen. In eine zweite Lehre muss man wohl ziehen: Verschiedene Ethnien auf ein und demselben Flecken Erde kommen selten gut miteinander aus. Wenn das bereits auf West- und Ostslawen zutrifft, um wieviel… Mehr

GrinansPere
2 Jahre her

Wenn sich die Ukrainer so siegessicher sind, warum dann ständig der Versuch die NATO Staaten in den Konflikt hineinzuziehen ?
DIE Ukrainer, die derzeit betroffen sind, wollen mit Sicherheit keinen Krieg. Sie wollen einfach nur ihr Leben in Frieden und Freiheit leben und hin und wieder genießen. So, wie wir alle !
Diese widerliche Kriegstreiberei dient Wessen Interessen ?
Follow the money !
Die wahren Schuldigen scheren sich einen Dreck um Nationalitäten, Freiheit und Gesundheit.etc.
Lassen wir uns nicht gegeneinander aufhetzen.

Mausi
2 Jahre her

Unter „Wissenschaftler“ machen wir es nicht mehr.

Man vergleiche die Politik Israels und die Politik der Ukraine und anderer westlicher Staaten.

Man vergleiche die Meinungen zu israelischer Politik mit der jahrzehntelangen Meinung zu deutscher Bundeswehr.

Last edited 2 Jahre her by Mausi
elly
2 Jahre her

statt von deren Solidarität und der „absoluten Kampfbereitschaft“.“
sorry, aber es geht in der deutschen Presselandschaft primär um Kampfhandlungen aus denen sich dann die Flüchtlingszahl ergibt.

Dennis Rieger
2 Jahre her

Was Herr Tkatschenko in seinem Text verlangt, ist Kriegsjournalismus, der sich an Wünschen anstatt an Tatsachen orientiert. Mit Ausnahme der Axel-Springer-Journalisten folgt aber zurecht niemand im deutschen Blätterwald dieser Forderung. Die Ukraine kann diesen Krieg – leider – nicht gewinnen, das dürfte jedem klar sein.

Bemerkenswert ist aber, dass Herr Tkatschenko Tschetschenen positiv erwähnt. Deren Heimat ließ Putin vor wenigen Jahren zerbomben. Und jetzt lässt jener Putin einen europäischen Staat mithilfe dieser islamischen Fanatiker angreifen. Das sollte den Verwirrten, die in Putin den Retter des Abendlandes sehen, zu denken geben.

Helfen.heilen.80
2 Jahre her

Ich las u.a. beim Artikel Herrn Tichys selbst vom 24. Febr., dass die Ukraine erst der Anfang sein könnte. Herrn Spahns Artikel gehen auch in diese Richtung. Ich frage aus ehrlichem Interesse, denn offenbar gilt es da noch Entwicklungen zu erkennen: dies sind ja vermutlich Hypothesen? Konjunktiv. Gibt es denn belastbare Erkenntnisse, dass RU tatsächlich nach der Ukraine stracks weitermacht, und sich eines Tages durch Polen oder die Tschechei arbeitet? Dies meine ich nicht rhetorisch, sondern als Interessensfrage. Ich habe halt noch nie über eine solche hidden agenda gelesen, aber vielleicht penne ich ja. Ich vermute, dass viele Leute denken… Mehr

caesar4441
2 Jahre her
Antworten an  Helfen.heilen.80

Putin hat öffentlich erklärt was er vorhat.Das scheint mir auch ziemlich logisch.Er will die Ukraine neutralisieren und entwaffnen.Die russischen Strategen gehen wohl ziemlich überlegt vor,und da dürfte ein Weltrettungsprogramm kaum eine Chance haben,das gibts nur in krautistan.Meines Erachtens hat er sich allerdings schon zu weit vorgewagt.Die Ziele hätte man auch mit ausreichend Geheimdienstoperationen erreichen können.Der russ.Geheimdienst scheint auch nicht mehr das zu sein ,was er einmal war.Vielleicht sollte Putin den Mossad beiziehen.