Schwesig rudert bei umstrittener Landesstiftung zurück

Manuela Schwesig galt als Aushängeschild russisch-deutscher Zusammenarbeit. Nachdem sie wegen des Angriffs auf die Ukraine unter Druck geraten ist, will die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern die Stiftung, die für das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 ins Leben gerufen wurde, auflösen.

IMAGO / BildFunkMV

Zwanzig ist die magische Zahl. So viele Tweets hat Ministerpräsidentin Manuela Schwesig am Montagmorgen um 6:45 Uhr rausgehauen. Wer so viel auf einem vermeintlichen Kurznachrichtendienst schreibt, der macht damit schon allein der Masse wegen klar: Er verteidigt sich in einer Situation, in der es viel zu erklären gibt. In diesem Fall geht es um die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV. Wie heftig diese Einrichtung unter Beschuss steht, zeigt sich daran, dass sie von den Massenmedien das Prädikat „umstritten“ erhalten hat.

Zur Erinnerung: Die Stiftung, die sich dem Namen nach für Umwelt- und Klimaschutz einsetzt, ist in Wirklichkeit zum Bau der Pipeline Nord Stream 2 ins Leben gerufen worden. Hauptfinanzier ist der russische Staatskonzern Gazprom. Der Deckname zeigt, wie nicht nur russische Oligarchen das Öko-Siegel in Deutschland ausnutzen, um unter dem Deckmantel von Gemeinwohl und Klimagewissen eigene Interessen zu forcieren.

Nachdem die Bundesregierung angekündigt hatte, die Zulassung für Nord Stream 2 zu stoppen, rückten Schwesig und die Stiftung ins Licht der Aufmerksamkeit. Die Ministerpräsidentin hatte sich in der Vergangenheit für eine rasche Inbetriebnahme eingesetzt. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine verschärfte sich die Kritik an Schwesig, die nunmehr als „Putin-Freundin“ galt, weil sie die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas gefördert und den Konflikt mit Moskau gescheut hatte.

Die Kritik an der SPD-Politikerin eskalierte am Wochenende. Anlass war ein Tweet, der das Schweriner Schloss in den ukrainischen Landesfarben zeigte. Nicht nur gewöhnliche User werteten das als Hohn, angesichts von Schwesigs Rolle in der Vergangenheit. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk zitierte das Bild und sagte: „Die Heuchelei ist zum Kotzen.“ Damit erreichte die Debatte um die Landesstiftung und das Verhalten der Ministerpräsidentin eine neue Qualität.

Nun hat Schwesig auf den monumentalen Druck geantwortet. „Ich habe den Vorstand der Stiftung gebeten, die Arbeit der Stiftung ruhen zu lassen und im Rahmen der engen rechtlichen Möglichkeiten eine Auflösung der Stiftung auf den Weg zu bringen“, sagt Schwesig. Man werde prüfen, ob es rechtlich möglich sei, die „von Nordstream zur Verfügung gestellten Stiftungsgelder für humanitäre Zwecke einzusetzen“. Sie halte es für wichtig, nicht alle Brücken abzubrechen, wehrte sich aber gegen Vorwürfe, sie oder die Landesregierung als „Putin-Freunde“ oder „Putin-Versteher“ zu diskreditieren.

Doch sind nicht nur hier Zweifel bei der Ernsthaftigkeit angebracht. Während der Kopf von Schwesig nun zu rollen droht und der von Gerhard Schröder bereits gefordert wird, gibt es noch eine Person, die sechzehn Jahre lang die Geschicke des Landes bestimmt und die Sicherheitsarchitektur in Europa auf eine Art und Weise zerstört hat, die viel tiefer geht als Gasgeschäfte mit Russland. Ob jemals der Ruf erschallen will, die Kanzlerschaft Angela Merkels einer kritischen Revision unter außenpolitischen Gesichtspunkten zu unterwerfen, bleibt offen, während man sich noch an den offensichtlichsten Nutznießern der deutsch-russischen Zusammenarbeit abmüht.

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