Panik und Arroganz der EZB – Eine logische Kombination

Die EZB löscht Feuer mit Benzin. Noch erfreut sie sich am resultierenden Kursfeuerwerk. Was hat das Ganze mit Albert Einstein zu tun?

Sean Gallup/Getty Images

Albert Einstein wird der Satz nachgesagt: „Die Definition von Wahnsinn ist es, immer wieder das Gleiche zu tun und dann ein anderes Ergebnis zu erwarten.“ Nun ist es nicht so, dass ich der EZB jemals unterstellt hätte, dass dort Einsteins arbeiten und von daher ist es vielleicht etwas viel verlangt, dass sie von selbst auf Ideen dieser Qualität kommen. Aber mal ganz unter uns: So schwer ist der Satz nicht zu verstehen, oder?

Der Euro ist gar keine richtige Währung

Offenbar doch. Denn mit Ihrer Entscheidung, den Einlagenzins um weitere 10 Basispunkte auf -0,5% zu drücken erfüllen unsere Zentralbanker genau diese Definition. Seit über 10 Jahren stemmen sie sich mit dem Mut der Verzweiflung gegen die Realität, dass der Euro eine Fehlkonstruktion und gescheitert ist. Eine Währung, die man ständig retten muss, ist in Wahrheit gar keine Währung (W. Hankel) oder haben Sie jemals aus dem Munde eines Bundesbankpräsidenten den Satz hören müssen „wir werden alles tun was nötig ist („whatever it takes“) um die DM zu retten“? Jetzt also Rettung, Klappe die zehnte.

Es ist bemerkenswert, dass die EZB verkündete, die geldpolitische Lockerung ohne Zeitbegrenzung fortzuführen. Es gibt kein Zurück, die Geldpolitik steckt in der Falle. Eisberg voraus? Volle Kraft voraus! Die Titanic ist stärker. So sieht Panik aus, wenn man weiß: Wir sitzen in der Falle.

Die Medizin ist die falsche! Nein, wir müssen die Dosis erhöhen!

Immerhin hat es sich bis zu Herrn Draghi herumgesprochen, dass diese falsche Medizin das Bankensystem zum Kollaps bringt. Wer ihm genau zugehört hat, konnte seine Verunsicherung feststellen, als er aus dem Kreise der auf der Pressekonferenz anwesenden Journalisten gefragt wurde, was er von der Bemerkung des Chefs der Deutschen Bank, Sewing, halte, dass der Negativzins das Potential habe das Finanzsystem zum Zusammenbruch zu bringen. Er weiß mittlerweile ganz genau, in welcher Art sich die EZB verrannt hat.

Draghi: Es sind nicht die Erträge, es ist die Cost-Income-Ratio. Aha

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Markus Krall: Wie sichert man sein Geld vor dem Banken-Crash?
Geradezu kafkaesk aber wurde es, als der Herr der Druckerpresse auf die Vorhaltung, dass der Negativzins die Erträge der Banken beschädigt mit dem Hinweis auf die Cost-Income-Ratio parierte, um die sich die Banken seiner Meinung nach vorrangig kümmern sollten. Das ist entweder dreist oder dumm oder beides. Ich tippe aber auf ersteres.

Herr Präsident, Sie wissen ganz genau, dass sich diese Cost-Income Ratio aus Erträgen und Kosten zusammensetzt. Ihre Zinspolitik ruiniert die Erträge, und ihre wie Mehltau über die Banken ausgebreitete Form und Idee der Regulierung bringt die Kosten zum Explodieren. Gleichzeitig hört man aus dem Hause der Geldsozialisten kein Wort darüber, dass es die Politik ist, die mit dem Arbeitsrecht verhindert, dass die Banken den notwendigen Kostenabbau überhaupt durchführen können ohne sich dabei ins Messer der Abfindungen und Restrukturierungskosten zu stürzen und so aus Angst vor dem Tod Selbstmord zu begehen. Deshalb bleibt für die von Herrn Draghi ebenfalls angemahnte Digitialisierung der Banken auch nicht genug Geld übrig. Dafür muss man nämlich investieren und zwar erhebliche Beträge.

Politik und Geldpolitik haben einen Teufelskreislauf erschaffen, der sich immer schneller dreht

Und die EZB weiß es. Was wird die konkrete Wirkung dieser Maßnahmen sein? Die EZB glaubt, sie könnte damit die Dose noch ein paar Monate länger die Straße heruntertreten, aber das ist ein Irrtum, wie sich sehr schnell herausstellen wird. Die unmittelbare Wirkung des um 0,1% erhöhten Negativzinses sind alleine für die Deutschen Banken zusätzliche Kosten von 600 Mio. Euro, wie ein Blick in die Bilanz der Deutschen Bundesbank zeigt, die 600 Milliarden Einlagen der Banken ausweist. Sie werden künftig mit einem Strafzins von 3 Milliarden Euro pro Jahr belegt, bisher waren es schon 2,4 Milliarden.

Die Aussicht auf dauerhaft niedrige Zinsen wird zugleich die Blasen an den Immobilien- und Aktienmärkten weiter aufpumpen. Die Anleger werden wie die Lemminge in Anlageformen getrieben, deren Kursabsturz sie am Ende der Fahnenstange ein Vermögen kosten wird, wohl mindestens die Hälfte oder mehr.

Richtig ermuntert es aber, wenn Herr Draghi, der uns gerade erzählt hat, dass wir sehr, sehr lange mit den Nullzinsen leben müssen nur wenige Minuten später seiner Zuversicht Ausdruck verleiht, dass die Zinsen mit der Rückkehr des Wachstums (und seiner heiß geliebten, ersehnten Inflation, die er in Stabilität umgetauft hat) auch wieder mal steigen werden. Im nächsten Leben, liebe Deutsche, Holländer und andere schwäbische Hausfrauen.

Sorge um das Finanzsystem
EZB: Zinssenkung ist gefährlich ansteckend wie Kranke in der Sauna
Diese Leier des „wir wachsen aus dem Problem raus und alles wird gut“ hören wir uns jetzt seit 2008 an. Aber das Wachstum wurde dabei immer anämischer, was auch keine Überraschung sein kann, wenn man sich die Zombifizierung der Unternehmenswelt ansieht, die die direkte Folge dieser Nullzinsen ist. Das Wachstum kehrt nicht in den Euroraum zurück. Niemals, nie wieder. Und der Grund ist einfach: Der Nullzins, der die Pleiten eigentlich unproduktiver Unternehmen verhindert führt zu einer immer größeren Bindung von Mitteln in schlechten Verwendungen, unproduktive, ineffiziente Unternehmen, die Dinge herstellen, für die es in einer echten Marktwirtschaft keine Nachfrage gäbe, wie Windmühlen und E-Autos. Zugleich ermuntert er die Staaten in der Eurozone, ihre fiskalische Disziplinlosigkeit fortzusetzen und so immer mehr Geld, Humankapital und Mittel in die Bürokratie zu investieren, die alles tut, nur kein Produktivitätswachstum herstellen.

Produktivitätswachstum ist aber die Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum. Da ist es, das Wort „Nachhaltig“. Der EZB-Chef hat es benutzt, auf der gleichen Pressekonferenz, auf der er uns die ad-infinitum Fortsetzung seiner nicht-nachhaltigen Politik verkündet. Muss man sich trauen, so was.

Herr Präsident, können Sie mir bitte mal eine ganz einfache Frage beantworten? Da wir uns mitten in der digitalen Revolution befinden (sie haben davon gehört, ja? Denn sie finden ja dass die Banken sie zu langsam umsetzen.) und uns jede erst zu nehmende Studie dazu sagt, dass wir in 10 Jahren die gleiche Menge Güter und Dienstleistungen mit der Hälfte der Menschen herstellen können, dann müsste es doch im Umkehrschluss so sein, dass wir mit der gleichen Anzahl Leute dann doppelt so viel herstellen können, das Bruttosozialprodukt sich also verdoppelt. Das entspräche einem Wachstumspotential von 7% (!) pro Jahr. Wo geht denn das alles hin, Herr Präsident?

Genau. Es geht in die Zombifizierung und Bürokratisierung unserer geldsozialistischen Planwirtschaft

Aber für Sie, verehrte Leser habe ich Trost: ja, das Wachstum wird zurückkehren, nur nicht in den Euroraum, weil der dann weg sein wird. Nein, leider wird das nicht ohne den Kollaps gehen, den Herr Sewing ahnt und den Herr Draghi leugnet obwohl ich persönlich sehr überzeugt bin, dass er es besser weiß. Aber ja, wenn wir die Planwirtschaft des Geldsozialismus über Bord geworfen haben werden, haben wir unsere besten Tage noch vor uns. Herr Draghi wird dann an seinen Memoiren sitzen und uns erklären, dass alles super war, solange er noch im Amt war. Frau Lagarde wird es nicht gefallen, es stimmt aber ironischerweise.


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Kommentare ( 44 )

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friedrich - wilhelm
4 Jahre her

….we ll done, herr krall! machen sie so weiter! die com-bank kratzt auch schon langsam ab! wer ist der nächste? ich sehe mir das trauerspiel in ruhe von außen an!

Goldenmichel
4 Jahre her

Einige Anlagebetrater raten schon jetzt zu 35% physischem Gold in den Portfolio mix aufzunehmen. Das soll mir recht sein.

Wilhelm Cuno
4 Jahre her

Schön, dass Herr Dr. Krall jetzt regelmäßig auf TE zu Wort kommt. Jedesmal hochinteressant.

spindoctor
4 Jahre her

Es geht nicht um EURO-Rettung, es geht um die Finanzierung des Clubs Mediterranée.
Und das nach der Methode:
„Wenn man nur einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus.“

Oder sollte ich sagen:
„Herr Draghi treibt Reparationen ein.“

Dorothea Friedrich
4 Jahre her
Antworten an  spindoctor

Sehe ich auch so. Die Südländer haben prächtig gelebt bei der Ausplünderung Deutschlands (Target 2, Transfers, Bürgschaften). Und es soll solange wie möglich weitergehen (Bankenunion, Sozialunion). Draghi (Witzbolde sprechen auch von Draghula) hat alles richtig gemacht.

Rolf M.
4 Jahre her

Bravo Markus Krall!! Ich hatte da etwas verwechselt und dachte gerade die FAZ zu lesen, und dachte so: Wow! Wenn das jetzt schon in Mainstream-Media steht … Es wäre wünschenswert, dass auch die breite Masse mal etwas Realistisches hört.
Aber danke jedenfalls, Tichys Einblick und Markus Krall!

cb56
4 Jahre her

Zu der Zinssenkung der EZB und zu Dr. Kralls Meinung fallen mir einige Artikel auf freizahn.de ein, die letztlich vorallem auf Präsentationen bzw. Artikeln des amerikanischen Ökonomen Dr. Nate Hagens und der Versicherungsmatematikerin und Bloggerin Gail Tverberg beruhen: http://www.freizahn.de/2019/06/mario-draghis-wunschdenken/ und http://www.freizahn.de/2019/05/zum-thema-co2-bepreisung/ (die Grafiken, die den Zusammenhang zwischen Produktivität, Energiepreis und Rentabilität am Beispiel von drei Methoden des Kühemelkens demonstrieren, stammen aus einer Präsentation von Dr. Nate Hagens. Interessant ist hier, wegen der von Dr. Krall erwähnten, den Banken durch die EZB aufgezwungenen Komplexitätskosten, sicher auch die Arbeit von Prof. Joseph Tainter, zu der es auf Deutsch ein Interview gibt: http://www.freizahn.de/2014/11/kollaps-komplexer-gesellschaften-interview-joesph-tainter/… Mehr

benali
4 Jahre her

Also, Herr Krall, wenn Sie hier die Wahrheit geschrieben haben, dann liegen für mich zwei Schlüsse nahe:

1. Draghi ist kein Banker, sondern ein Gangster oder gar ein Kommunist, der an der Zerstörung der westlichen Kultur und Nationen arbeitet

2. Das deckt sich mit meinen Beobachtungen und Gedanken

Amerikaner
4 Jahre her

Man kann nach Japan schauen und sehen, wohin das führt. Dort gehört der Bank of Japan mittlerweile der halbe Nikkei-Index, was dann im Grunde einer Teilverstaatlichung der Wirtschaft gleichkommt. Und überall, wo wenigstens die Bundesregierung ihre Finger drin hat, Stichwort Teilverstaatlicht, endet es alles in nutzlosen Geldverteilungsorgien, siehe etwa Energiewende. Wieso man meint, diese unglaublich teure und im weiteren völlig erfolglose Dummheit nun auch auf Automobilbau und eigentlich auch über Interventionen an den Märkten auf die gesamte Wirtschaft ausdehnen zu müssen, erschließt sich mir nicht. Vermutlich sind die Schäden schon so gravierend, daß ein Zurück einfach nicht mehr möglich ist.… Mehr

Martin W.
4 Jahre her

Herr Dr. Krall, in einem Punkt möchte ich Ihnen widersprechen. Sie schreiben: „Aber ja, wenn wir die Planwirtschaft des Geldsozialismus über Bord geworfen haben werden, haben wir unsere besten Tage noch vor uns.“ Das sehe ich ganz anders. Ich führe nur drei Gründe für meine gegenteilige Meinung auf: 1) „Demographischer Wandel“ 2) „Babyboomer gehen in Rente“ und 3) Thilo Sarrazin plus „Deutschland schafft sich ab“. Wenn ein Mensch eine Infektion erleidet dann bekommt er hohes Fieber, wird idR. aber nach einer gewissen Zeit wieder genesen. Wenn er allerdings an Alzheimer erkrankt, dann ist der schleichende Tod aufgrund der unerbittlich fortschreitenden… Mehr

unpolitical correct
4 Jahre her

Mein Eindruck ist, dass sich Draghi durchsetzen kann, wie es ihm beliebt. Da es Kämpfe im Rat gegeben haben soll, hätten normalerweise diese Entscheidungen nicht so einlastig gefällt werden können. Natürlich stellt sich jetzt die Frage, von wem wird die EZB gesteuert? Denn mit der Cost/Income Ratio sich zu verteidigen wirkt hilflos und entbehrt jeder Logik. Nehmen die Regierungen Europas diesen Weg billigend in Kauf, dass das süsse Gift der Nullzinsen ihre Haushalte rettet. Oder will Draghi den Euro-Big-Bang Madame Lagarde überlassen und er ist aus dem Schneider? Fragen über Fragen.