Neue Obergrenze: Union fordert Halbierung der Asylanträge gegenüber 2022

Die Debatte um die Obergrenze ist zurück, jubelt die „Bild“. Dabei ist das noch kein Jubelgrund. Denn CDU und CSU haben keine wirklich brauchbaren Gegenentwürfe zur Migrationspolitik der Ampel vorzuweisen. Mit so einer Opposition ist das Faulenzen auf der Regierungsbank leicht.

IMAGO / Future Image

Die Union fordert mal wieder eine Obergrenze – als ob die einst von Horst Seehofer herausverhandelte „atmende“ Grenze von 200.000 Asylanträgen pro Jahr etwas Wesentliches bewirkt hätte. Die Bild veröffentlichte jetzt eine Zitat-Collage aus Unionspolitiker-Sprechblasen, in denen einer dem anderen noch stärker zuzustimmen hatte als sein Vormann. Das klingt ein bisschen so, als ob das Anti-Immigrations-Politbüro tagt – natürlich nicht ohne Dissidenten, die durch die Blume sprechen.

Bundesinnenministerin
Die Zahl der Asylanträge ist 2022 deutlich gestiegen
So behauptet der Innenexperte aus der Bundestagsfraktion Christoph de Vries: „Mit der von Horst Seehofer initiierten und mit der SPD in der GroKo vereinbarten Obergrenze ist es gelungen, die Zahl der Asylerstanträge um rund 85 Prozent massiv zu reduzieren und damit die Asylmigration erfolgreich zu begrenzen.“ Den Rückgang mag es ja gegeben haben, aber er dürfte das Ergebnis des Schließens der Balkanroute gewesen sein. Und das war das Verdienst von Sebastian Kurz, nicht von Seehofer. Und was soll die erneute Proklamation einer Obergrenze nun konkret bringen?

Eingebracht hat die Idee der CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer, mit den denkwürdigen Worten: „200.000 ist eine Grenze, die wir bereits vor Jahren genannt haben!“ Der Anlass dieses Gedankens: Dieselbe Zahl wurde 2022 deutlich überschritten, als es am Jahresende 217.774 Erstanträge auf Asyl gab. Wer hatte es ahnen können? Zumindest ist die Union nun unschuldig daran, auch wenn man ihr eine Mitverantwortung an der verfahrenen und teils verworrenen Lage geben kann, nach 15 Jahren im Kanzleramt.

Sind Rückführungen durch ein Bundesgesetz zu steigern?

Aber dieser Union kommen auch Zweifel an der magischen Kraft der „Obergrenze“. So meint der sächsische CDU-Fraktionschef Christian Hartmann, man müsse sich zunächst auf die Abschiebung von Ausreisepflichtigen konzentrieren. Damit hat er Recht – doch leider nicht mit der auf dem Fuß folgenden Verpflichtung Nancy Faesers, die hier etwas tun müsse. Die Bundesinnenministerin hat mit Abschiebungen zunächst einmal wenig zu tun, es sei denn man könnte die Rückführungsbedingungen in den Ländern durch ein Bundesgesetz verbessern. Diesen Gesetzentwurf könnte aber auch eine Oppositionsfraktion schreiben und einbringen, selbst wenn er vollkommen chancenlos wäre. Daneben sind Abschiebungen nun einmal Ländersache (und werden es wohl bleiben).

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Und so werden sich alle Innenexperten der Union einig, dass man eine „Begrenzung der Flüchtlingszuwanderung“ (Joachim Herrmann) brauche und Deutschland auf Dauer keine 200.000 pro Jahr integrieren könne (alle im Chor). Ein weiterer „CDU-Innenexperte“, der Bundestagsabgeordnete Stefan Heck, fordert die Halbierung der Zahl aus dem vergangenen Jahr von Ministerin Faeser. Doch auch das ist Gratismut. Heck kommt übrigens aus Hessen und kann also gar nicht zu viel Unmögliches von der möglichen Konkurrentin um den dortigen Ministerpräsidentensessel fordern. Bei Markus Lanz fand nun Robin Alexander, dass es nicht richtig sei, sich zur Bundesinnenministerin zu machen, weil man in die Wiesbadener Staatskanzlei will. Auch er hat Recht.

Richtig bleibt, dass die Bundesinnenministerin ein Menge tun könnte, um eine Wende in der EU herbeizuführen, es aber einfach nicht will. Das sah aber auch in der letzten Regierung nicht viel anders aus. Horst Seehofer waren hier bestenfalls die Arme gebunden, wenn er sich nicht selbst in seinem „Ordnung und Humanität“-Einerseits-Andererseits verfangen hatte. Die Lösung des Problems, wenn es zu einer kommen sollte, wird einstweilen wohl nicht aus der deutschen Innenpolitik kommen.

Wann befreit sich die Union von ihrer Larmoyanz?

Das Foto zum Bild-Beitrag zeigt übrigens realistischerweise einen Wagen der Bundespolizei, in dessen Schlepptau eine Traube von illegalen Migranten eine deutsche Wiese vor Waldszenerie überquert wie die Küken hinter der Gans. Schöner geht es kaum – und wahrer.

Migration
Zahl der Asylanträge in der EU im Jahr 2022 um die Hälfte gestiegen
Denn das ist die Politik dieser wie der gewesenen Bundesregierung. Ja keine Begrenzungen, die sich als „Härten“ an der deutschen Grenze fühlen lassen. Nur keine offene Initiative für mehr Grenzschutz innerhalb der EU und an ihren Rändern. Aber sehr wohl Bundespolizisten auf griechischen Flughäfen und großer Katzenjammer, wenn „Sekundärmigranten“ es doch über Warschau oder BER nach Brandenburg schafften. An diesen Stellen müsste eine Union, die sich in der Opposition wirklich neu erfindet, ansetzen – nicht bei imaginären Obergrenzen. Zunächst einmal müsste sie ihre Position von der Larmoyanz befreien, in der man Opfer von Migrationsströmen zu sein vorgibt, die man nicht beherrschen kann.

Und natürlich haben konservative Regierungen in Griechenland und Polen vorgemacht, wie das geht. In Dänemark sind sogar die Sozialdemokraten, inzwischen im Verein mit der liberal-konservativen Venstre-Partei, zu einer strikten Begrenzung auf eine niedrige vierstellige Migrantenzahl im Jahr fähig gewesen. Offenes Ziel dort: null Anträge. Die Initiativen aus Schweden und Italien kommen gerade erst in Schwung. Auch angesichts dieses Umfelds sollte sich die Union neu positionieren und nicht von der schiefen Ebene ausgehen – der Frage, wie viele Migranten man höchstens pro Jahr versorgen und vielleicht am Ende irgendwann integrieren kann. Denn das ist keine Frage von einem Jahr, eher von zehn oder zwanzig. Bei manchen reichen vier Generationen nicht.

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Kommentare ( 60 )

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bkkopp
1 Jahr her

Wir müssen alle das Asyl-Antragsrecht ändern. Solange Wirtschaftsflüchtlinge, sowohl in den USA als auch in Europa, ungestraft einen Asylantrag stellen können, und dann erst einmal sicher und versorgt sind, und in der Regel auch bleiben können, solange wird alles bleiben wie es ist. Das Recht auf Asyl war immer nur bei dezidierter Verfolgung /Bedrohung gedacht. Die individuell immer verständliche Suche nach einem besseren Leben, uvam. gehört nicht dazu. Wer einen unbegründeten Asylantrag stellt, und damit das aufwendige Verfahren in Gang setzt, der wird mit den Verfahrenskosten in Höhe von Zehntausenden belastet. Bei Uneinbringlichkeit – Aburteilung und Haft, auch in Internierungslagern… Mehr

moorwald
1 Jahr her
Antworten an  bkkopp

Vor allem muß der Asyl-Antrag v o r der Einreise gestellt werden. Am besten im Heimatland bei der konsularischen Vertretung des Ziellandes.

November Man
1 Jahr her

Die Migrationswelle mit Migranten aus aller Welt wird politisch gewollt nicht enden. Diese linksrotgrüne Regierung will jetzt auch noch 400.000 Häuser und Wohnungen pro Jahr mit unserem Geld für Migranten bauen. Dafür brauchen sie Migranten als Mieter und Höchstmieten auf Staatskosten. Die Mieten dürfen wir dann auch noch bezahlen. Die anschließend fällige Renovierungen auch. Man braucht also nur irgend einen Grund, siehe auch Corona und Klima, um die deutschen Staatskassen zu plündern und weitere „Sondervermögen“ aufzubauen. Unser ganzes Geld wandert dann ungehemmt über dunkle Kanäle in die Politik, linke Parteien und Würdenträger. Die Sondervermögen muss dann mal unsere fleißige Jugend… Mehr

powerage
1 Jahr her

Um das Problem zu lösen, müsste man sich nur an geltende Gesetze halten, Stichwort §16a und Dublin 2, dann gäbe es überhaupt keine Asylverfahren in Deutschand, ausser sie sind über die Nord- oder Ostsee angekommen, das ist aber politisch nicht gewollt.

Nibelung
1 Jahr her

Und während die Presse den Zuwachs auf 84 Millonen in Deutschland bejubelt, unterlassen sie es geflissentlich, wer davon in Lohn und Brot steht oder der Stütze zur Last fällt, während der Ami die Kampfpanzer verweigert, weil sie angeblich zu kompliziert seien und nur die Europäer in den Krieg hetzen will um sich selbst eine Chance auszurechnen im Ernsfall davon zu kommen. So geht Freundschafts -und Verteidigungspolitik nach Art des US-Hegemons, der schon gerne den Osten haben möchte aber das Risiko scheut die feindlichen Raketen auf sich selbst zu lenken, bei Berlin. Warschau, Paris und London wäre es noch verkraftbar, dann… Mehr

Siggi
1 Jahr her

Die Wahl in Berlin ist bald vorbei. Dann hören auch diese Forderungen der Pseudooppositionspartei CDU auf. Das geht dann erst wieder zur Bremenwahl wieder los. Wer gestern die Reden im Bundestag zu den Silvestervorfällen gehört hat weiß, dass es nur eine Partei gibt, die die Fakten seriös benennt; und das ist nicht die CDU/CSU. An der Anzahl der Politiker konnte mans schön das Interesse an diesem Thema ablesen. Die AfD in voller Besetzung, der Rest nur mit den üblichen Krawallbrüdern besetzt. Wer solche Politiker hat, braucht keine Feinde mehr.

WGreuer
1 Jahr her

Wenn nur „Migration“ wäre. Die CDU verhält sich hier scheinheilig, oder ihre mitglieder verstehen nicht, was passiert.
Seit 2010 sind lt. DeStatis 16,7 Mio. Menschen nach Deutschland eingewandert, und nur 11,6 Mio ausgewandert, davon sicherlich sehr viele produktive und (ehemals) Steuern zahlende Deutsche. Im Salso also ein Plus 5,1 Millionen. Aber was auch anhand dieser Zahlen in Auge sticht, ist der von der Regierung und den Linksgrünen immer verleugnete faktisch stattfindende Bevölkerungsaustausch. Er findet statt und er ist gewollt, wie etliche offizielle Dokumente von EU und UNO belegen.

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Zitat 1: „Dieselbe Zahl wurde 2022 deutlich überschritten, als es am Jahresende 217.774 Erstanträge auf Asyl gab. “ > WOBEI man hier bei dieser Zahl nicht vergessen sollte, dass nicht wenige der in unser Land kommenden -vor was auch immer „geflüchteten“- „Reisenden“ in dieser Zahl/Statistik nicht aufgeführt werden wie z.Bsp die Familien-Nachzüge(?) u.a.m.. – – – – – – – Zitat(e) 2: „Union fordert Halbierung der Asylanträge gegenüber 2022. (………………..). CDU-Fraktionschef Christian Hartmann, man müsse sich zunächst auf die Abschiebung von Ausreisepflichtigen konzentrieren.“ > ALLES nur sich wiederholendes und nichtsbringendes Blablabla. Denn was soll eine von der CDU/CSU geforderte „Halbierung… Mehr

Martin Beckmann
1 Jahr her

Das hätte die DDR 2.0 Regierung schon lange tun können bzw. EU-Recht umsetzen. Wem verdanken wir das Chaos denn? Dem Merkewlstaat und welche Partei war an der Regierung? Tichys Einblick lesen und dann fordern, dass diese Herrschaften in die Wohnquartiere der Politiker, die Kinder in die Bundestagskita, umgesiedelt werden, bis die am eigenen Leibe spüren, was sie angerichtet haben. https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/peutenhausen-bayern/ „Im bayerischen Peutenhausen gab es Raubzüge und Belästigungen durch Roma und Afghanen. Der Bürgermeister will daher die Schließung der beiden Migrantenheime erzwingen. Das Dorf will keine falschen, barbarisierten „Kriegsflüchtlinge“ mehr aufnehmen.“ Ich denke, dass es noch viel mehr Peutenhausen geben… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Martin Beckmann
MeHere
1 Jahr her

Politisch verfolgte geniesen ASYL .. welches Unheil dieser gut gemeinte Abschnitt des GGs aufgrund jahrzehntelanges Missbrauches und nun auch auf Wunsch der Industrie und der Linksbunten Umsiedelungsshow ins extreme gesteigerte WAHN über unser Land gebracht hat ist unglaublich.
Da ohnehin auch abgelehnte ASYLBEWERBER bleiben und eingebürgert werden können und wir 700l Illegale im Land haben, sowie Sozialbetrüger usw (jeder abgelehnte begeht im Prinzip Leistungsbetrug) ist die tatsächlich richtige Antwort ->> NULL ASYL
Von der Verknappung udn dauerhaften Verteuerung von Wohnraum, baldiger Enteignung, Ghettobildung, Kriminalität, Kulturverlust, Bildunfgsverlust, etc. will ich gar nicht reden
Jeder kann es sehen, was passiert …

Thomas
1 Jahr her

Was in den USA die Democrats sind, sind für Deutschland die Grünen (inklusive Merkel Union). Unmarried women without children have been moving toward the Democratic Party for several years, but the 2022 midterms may have been their electoral coming-out party as they proved the chief break on the predicted Republican wave. While married men and women as well as unmarried men broke for the GOP, CNN exit polls found that 68% of unmarried women voted for Democrats.  The Supreme Court’s August decision overturning Roe v. Wade was certainly a special factor in the midterms, but longer-term trends show that single, childless women… Mehr