Nachfolgeauftrag für Sturmgewehr G36 gescheitert

Startpunkt dieser neuerlichen Rüstungspleite ist die verquere Ausgangsentscheidung zum G36-Ersatz der früheren Ministerin von der Leyen. Gefolgt von offensichtlichen Unzulänglichkeiten im Ministerium, die sich bis auf die Arbeitsebene durchziehen.

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So schnell kann es gehen und ein 250 Millionen Euro Rüstungsauftrag läuft auf Grund. Die Thüringer Jagdwaffenmanufaktur C.G. Haenel sollte nach einer Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung mit dem Model MK 556 das neue deutsche Sturmgewehr liefern. Eine mögliche Patentrechtsverletzung hat nun bereits nach wenigen Tagen Anlass gegeben, den Zuschlag an die Firma C.G. Haenel aufzuheben.

Der zunächst unterlegene Konkurrent Heckler & Koch hatte angekündigt, gegen die Vergabeentscheidung beim zuständigen Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) eine Rüge einzureichen und in der Folge ein Nachprüfverfahren bei der Vergabekammer zu beantragen. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat nun den Obleuten des Verteidigungsausschusses mitgeteilt, dass wegen des Verdachts auf Bruch des Vergaberechts die Auswahlentscheidung zurückgenommen werde.

Einhaltung des Vergaberechts

Die Beamten des BAAINBw hätten „erstmalig nachprüfbar“ von einer möglichen Patenrechtsverletzung erfahren. In formellen Bieterverfahren ist aber bereits eine schriftliche Erklärung abzugeben, dass angebotene Produkte frei von Rechten und Ansprüchen Dritter sind (terminus technicus). Sollte nun eine Gegenprüfung der Vergabestelle bezüglich der Erklärung von C.G. Haenel ausgereicht haben, um eine Patentrechtsverletzung nicht mehr ausschließen zu können drängt sich die Frage auf, weshalb dies nicht bereits im Vergabeverfahren festgestellt werden konnte. Warum sind die Mitarbeiter des BAAINBw einem offensichtlich einfach festzustellenden Vergabeverstoß nicht von sich aus auf die Spur gekommen?

Wollten Sie nicht, konnten sie nicht, oder durften sie etwa nicht? Was wäre die Ratio dahinter? Nach bereits jahrelangem vor und wieder zurück ist die Lage inzwischen völlig verfahren. Jedenfalls sehe sich die Vergabekammer nunmehr zur Aufhebung des Zuschlags an C.G. Haenel gezwungen. Nachdem Heckler & Koch bereits bei der technischen Prüfung Unregelmäßigkeiten beanstandet hatte, geht an einer Neubewertung der eingereichten Waffen kein Weg vorbei. Sollte Haenel allerdings nachweisen können, dass der Technik des MK556 keine Patenrechtsverletzung zu Grunde liegt, müsste der Beschaffungsvertrag noch nicht verloren gegeben werden.

Flotte Entscheidungen rächen sich hin und wieder

Ausgangspunkt war, dass 120.000 neue Sturmgewehre der Firma C.G. Haenel aus Suhl das angeblich an mangelhafter Treffsicherheit leidende G36 ersetzen sollten. Heckler & Koch (H&K) belieferte seit den 1960er Jahren die Bundeswehr mit dem früheren Standardgewehr G3. Ab 1998 folgte mit dem G36 erneut ein in zahlreichen Armeen erfolgreiches Produkt des Oberndorfer Rüstungsunternehmens. Auf einzelne Berichte hin, nach denen das G36 unter anderem nach mehreren hundert Schuss (in Afghanistan!) zu heiß werde und darunter die Treffsicherheit leide, hatte die damalige Verteidigungsministerin von der Leyen in eigener Machtvollkommenheit entschieden, den Bestand von 167.000 G36-Gewehren der Bundeswehr zu ersetzen. H&K klagte beim Landgericht Koblenz gegen die Mängelvorwürfe und bekam im September 2016 recht.

TE konnte unschwer vorhersagen, dass die Beauftragung einer Thüringer Zwergfirma mit keinen 10 Mitarbeitern, gesteuert von einem nahöstlichen Rüstungskonzern, Ministerin Kramp-Karrenbauer noch lange beschäftigen werde. Mit politisch gefärbten und nicht sachlich dominierten Rüstungsentscheidungen werde das Geld des Steuerzahlers ohne Fortschritt für die Truppe verpulvert. Die in Aussicht gestellte neue Braut der Soldaten werde noch lange auf sich warten lassen. Genauso ist es gekommen, lediglich bedeutend schneller als erwartet.

Zweite Pleite nach Aufhebung der CH-53 Nachfolgebeschaffung

Die Beschaffungsorganisation der Bundeswehr ist damit binnen weniger Tage erneut vor die Wand gefahren. Im Bundestag sorgte die Entscheidung selbst in der Regierungspartei SPD für erhebliche Verärgerung. Deren Obmann im Verteidigungsausschuss, Fritz Felgentreu, wird in der F.A.Z. wie folgt zitiert: „Nach dem Scheitern der Transporthubschrauber-Ausschreibung ist das jetzt das zweite Fiasko für das BAAINBw innerhalb von 14 Tagen. Für die Truppe ist diese jüngste Meldung kein großes Problem. Das G36 tut es noch eine Weile. Aber im Haus liegt offensichtlich vieles im Argen und auch Staatssekretär Zimmer muss sich fragen lassen, ob er den Überblick verloren hat.“

Hohn und Spott der Oppositionsparteien ließen ebenfalls nicht lange auf sich warten. Der grüne Verteidigungspolitiker Tobias Lindner nannte den Vorgang „eine gigantische Blamage für das Verteidigungsministerium. Ein Jahre andauerndes Vergabeverfahren, bei dem man alles superrichtig machen wollte, kippt wegen eines dummen Anfängerfehlers.“ Der FDP-Verteidigungspolitiker Alexander Müller sieht die Chance, „…ein verunglücktes Beschaffungsvorhaben zu beenden und dem Steuerzahler einen großen Kostenblock zu ersparen“. Das von der Bundeswehr verwendete G36 Sturmgewehr von Heckler & Koch sei „ein gutes und ausgereiftes Sturmgewehr, mit dem die Soldaten sehr zufrieden sind“.

Physikalische Gesetze lassen sich nicht verbiegen

Diese Bewertung deckt sich mit derjenigen von Tichys Einblick im Gegensatz zu einer anderen Aussage Lindners, dass dies eine bittere Panne für die Bundeswehr sei, weil die Truppe noch weitere Jahre auf ein neues Sturmgewehr warten müsse. Die Truppe wird mit dem G36 noch Jahre gut zurechtkommen, das teure Hickhack um dessen Ersatz hätte man sich glatt sparen können. Nicht zu Unrecht dürfte auch der Ruf nach personellen Konsequenzen lauter werden. Der in der Vergangenheit oft genug angewandte Taschenspielertrick, den Rüstungsverfahren die Schuld zu geben, würde nicht funktionieren. Startpunkt dieser neuerlichen Rüstungspleite ist die verquere Ausgangsentscheidung zum G36-Ersatz der früheren Ministerin von der Leyen. Gefolgt von offensichtlichen Unzulänglichkeiten im Ministerium, die sich bis auf die Arbeitsebene durchziehen. Physikalische Gesetze lassen sich nun mal nicht verbiegen, wie sich in diesem Vergabeverfahren erneut gezeigt hat. Politisch fragwürdig aufgesetzte Rüstungsvorhaben kommen früher oder später in schweres Fahrwasser. Das auf Grund gelaufene Projekt der G36-Nachfolge ist ein weiterer Beleg für diese immer wieder gemachte Erfahrung. Manche lernen es nie!


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Kommentare ( 71 )

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BJK2107
3 Jahre her
schwarzseher
3 Jahre her

Was anderes kann man erwarten, wenn entscheidende Posten nicht nach Eignung, sondern nach “ jetzt bin ich aber dran „, Quoten bzw. Geschlecht vergeben werden. Ein besonders gutes bzw. schlechtes Beispiel war die Ernennung von Frau ! v. d. Leyen zur Verteidigungsministerin, eine für dieses Ministerium denkbar ungeeignete Person. Für solche Fälle hatte die Politik schon vorgesorgt und die üppig vergüteten Posten der verbeamteten Staatssekretäre geschaffen. Eine eigentlich sinnvolle Einrichtung, um so bei wechselnden und unfähigen Ministern zumindest bleibende Fachleute zu haben. Allerdings wurden die Posten der Staatssekretäre ebenfalls mißbraucht und mit völlig unfähigen Gesinnungsgenossen oder Quotenfrauen ( siehe Chebli… Mehr

Peter Silie
3 Jahre her

Frau vdL hatte damals das Wärmeausdehnungsgesetz entdeckt. Gut, lernt man zwar schon in der Schule, so etwa 8. Klasse, aber vielleicht war sie gerade in der Woche nicht da oder so. Das Nato-Kaliber 5,56mm ist ohnehin etwas zu schwach. Ein Nachfolger im selben Kaliber wäre also kein echter Fortschritt gewesen. Man sollte sich stattdessen mit den Amis zusammensetzen und ein neues Nato-Kaliber mit etwas mehr Power entwickeln, daß auch Lehm- und Ziegelwände durchschlagen kann und nicht nach 600m schon in den Unterschallbereich abkippelt. Ein langgestrecktes 6mm Geschoss wäre wohl besser geeignet ohne das Munitionsgewicht stark zu erhöhen. Dazu noch eine… Mehr

Ralf Poehling
3 Jahre her

Nicht böse gemeint, aber man merkt ihnen ihre „längst beendete Soldatenkarriere“ an. 😉
Die Zeiten haben sich geändert und Frauen schießen nicht schlechter als Männer. Das richtige Training vorausgesetzt.
Dass Frauen üblicherweise eher andere Berufswünsche haben, steht auf einem anderen Blatt.
Nebenbei: Ich gehe nicht davon aus, dass AKK das Testverfahren für das neue Sturmgewehr selbst durchgeführt und die Bewertung selbst vorgenommen hat. Das waren andere. Und wahrscheinlich wohl Männer.

Jan des Bisschop
3 Jahre her
Antworten an  Ralf Poehling

Nicht böse sein, aber in der Bundeswehr Offiziersausbildung gelten die gleichen Regeln wie beim Leistungssport. Läuft eine Frau die 400m in 80 sec gibt es eine 1, läuft ein Mann gibt es eine 4. Ob der Feind weiß, dass er eine Frau verfolgt glaube ich nicht oder vielleicht schickt er nur Frauen hinter Frauen her, AKK soll ja schon bei Putin veorstellig geworden sein, um für mehr Gerechtigkeit zu werben.

Johann Thiel
3 Jahre her
Antworten an  Ralf Poehling

Nun ja, die Moderation steht hier in der vielleicht etwas hitzig gewordenen Diskussion etwas auf der Bremse, aber es ist mir völlig unerklärlich wie man Frauen im Wehrdienst befürworten kann. Nach meinem Dafürhalten widerspricht das jeder Vernunft. Man kann es drehen und wenden wie man will, eine Armee mit Frauenanteil ist immer eine Schwächere.

szenaria
3 Jahre her

Der Genderwahn, aber auch jede Postition mit Frauen besetzen zu müssen, hat sich doch bei der Bundeswehr als falsch, teuer und blamabel herausgestellt. Die Causa Gewehre sind hier nur pars pro toto. Hier schreibe ich als Frau, die es auch ohne Parteibuch und Quote in einem vormals männerdominierten Beruf zu etwas gebracht hat. Wenn man bereit ist volle Leistung zu erbringen, sich hartnäckig und entschlossen bereits in der Ausbildung bemüht, mit Fleiß und Hingabe das berufliche Tätigkeitsfeld ausfüllt, dann bedarf es keinem Genderbonus. Und ich denke, wer etwas kann, der möchte auch keinen Genderbonus haben. Durch das Unvermögen zweier Frauen… Mehr

Franz Grossmann
3 Jahre her
Antworten an  szenaria

Ein sehr guter Kommentar von szeneria. Es ist völlig abwegig mit allen Mitteln 50% der Führungspositionen mit Frauen besetzen zu wollen, nur um eine Quote zu erfüllen. Der Niedergang der Bundeswehr wurde schon von den diversen CDU/CSU Verteidigungsministern vorher eingeleitet und nun von UvdL und AKK mehr oder weniger vollendet. Beide Frauen haben von der Bundeswehr und den Waffensystemen keinerlei Ahnung. Trotzdem hat Merkel diese beiden Ahnungslosen in diese Position gebracht. Wenn UvdL z.B. auch nur die geringste Ahnung gehabt hätte, was ein Sturmgewehr ist und welche Fähigkeiten es haben sollte, hätte sie niemals das absurde Theater mit dem G36… Mehr

Ralf Poehling
3 Jahre her
Antworten an  szenaria

Quotenregelungen verhindern schlimmstenfalls, dass die bestgeeignetste Person eine Position übernimmt. Das Geschlecht sollte unerheblich sein, einzig die Qualifikation muss zählen.
Dass UvdL eine Fehlbesetzung war, steht außer Frage. Bei AKK sehe ich das noch nicht. Das allgemeine politische Umfeld in einer berufspolitischen Parteiendemokratie zwingt bisweilen zu Kompromissen in der Außendarstellung. Es sein denn, man möchte nicht wiedergewählt werden.
Die Landesverteidigung (und alles, was irgendwie mit Waffen und/oder Gewalt zu tun hat) ist in der breiten deutschen Wählerschaft total „bäh“.
Wenn man zu deutlich wird und vom „geframten“ Mainstream abweicht, ist man ganz schnell weg vom Fenster.

TSt
3 Jahre her

soll dieses pervertierte „Kompetenzgerangel“ weitergehen, im Verteidigungsfall, hat jeder an einem Strang zu ziehen; das erinnert an das desaströse Gebaren von Blockadebrechern (der Norden wurde mit ihnen rel. rasch fertig, Admiral Farragut sorgte durch den Sperrriegel das Schicksal New Orleans) …

Deutscher
3 Jahre her

Weiberwirtschaft halt. Ham Se jedient??

Jeder Industriebetrieb kann nur eindringlich davor gewarnt werden, sich mit diesen Stümperinnen einzulassen. Die wissen schlichtweg nicht, was sie tun.

schwarzseher
3 Jahre her
Antworten an  Deutscher

Ich gaube, da liegen Sie falsch. Mit solchen Stümperinnen läßt sich besonders einfach besonders viel Geld verdienen. Siehe Merkels Energiewende ( Milliarden an Entschädigungen, Milliarden an Subventionen für “ Erneuerbare “ ), Beraterverträge von Frau v. d. Leyen ( hunderte Millionen als Verteidigungsministerin, hunderte Milliarden als EU Kommissarin ), Berliner Flughafen ( statt das Angebot von HOCH-TIEF komplett für 2,6 Milliarden mit vertraglich festgesetzem Fertigstellungstermin anzunehem, bereits über 7 Milliarden für Einzelaufträge an unzählige befreundete Kleinunternehmen. In diesem Fall allerdings hauptsächlich Stümper ohne -innen ) und vieles mehr.

Gummignoebel
3 Jahre her

Nicht umsonst gabs beim alten MG den Asbesthandschuh um den heißen Lauf anpacken und auswechseln zu können – so jedenfalls kannte ich das noch….

Ernst-Friedrich Behr
3 Jahre her

Nein, die feindlichen Soldaten ergeben sich nicht. Sie lachen sich tot über die grüne Bundeswehr, die ihnen da entgegen kommt. Dann ist es für die Ergebung zu spät.

fatherted
3 Jahre her

was solls…..die Frage ist doch eigentlich….brauchen BW Soldaten überhaupt Gewehre? Ein Knüppel reicht doch auch….und auch das ist in den Augen vieler noch viel zu viel. Also….die Grundlegende Frage lautet doch….brauchen wir noch eine BW? Und vor allem: WOFÜR? Landesverteidigung scheint ja nicht mehr nötig….momentan traue ich sogar Luxemburg den ungehinderten Einmarsch bis Berlin zu. Und um in der Weltgeschichte rumzugondeln um „Geleitschutz“ ohne Schutz auf dem Meer oder Luftaufklärung über Mossul oder sich von türkische Generälen ins Achtung stellen zu lassen wenn man die Türkei mit Patriots „verteidigt“, oder als Ausbilder für diejenigen, die dann die Ausbildung missbrauchen um… Mehr

Elli M
3 Jahre her
Antworten an  fatherted

Jepp. Die einzige Hoffnung, die man haben kann, ist, daß sich der Gegner totlacht, wenn er dieser Umstandsuniformen-297-Genderklos-Truppe gegenübersteht.