Nach dem CO2-Hammer kommt der GKV-Hammer

Bundesgesundheitsminister Spahn wollte den gesetzlich Versicherten eigentlich sinkende Beiträge bieten. Jetzt wird klar: Das Gegenteil steht an. Denn die Gesundheitskosten steigen rasant. 

imago Images/Tagesspiegel

Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) schlägt Alarm. Bekanntgegeben hatte sie die besorgniserregenden Zahlen schon am 6. Dezember. Aber erst nach einem Zeitungsinterview kam die unfrohe Botschaft pünktlich zu Weihnachten bei einer breiten Öffentlichkeit an: Die gesetzlichen Krankenkassen geben viel mehr Geld aus, als sie einnehmen. Darum blüht den gesetzlich Versicherten in Deutschland wohl demnächst nach dem CO2-Hammer auch noch der KV-Hammer. 

Im Jahr 2019 werden die Gesetzlichen Krankenkassen ein Defizit von mehr als einer Milliarde Euro vorweisen. Im Jahr zuvor hatten sie noch ein Plus von rund zwei Milliarden erwirtschaftet. „Alarmierend“ sei diese Entwicklung, sagte Pfeiffer, weil das Defizit trotz gestiegener Einnahmen auftritt. Die Ausgaben seien „rasant“ gestiegen. Und das, wie Pfeiffer sagt, „in fast allen Leistungsbereichen: von Arzneimitteln über Heilmittel bis zur ambulanten und stationären Versorgung“. Allein die Ausgaben für Arzneimittel stiegen in den ersten drei Quartalen 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,16 Prozent. „Das alles passiert“, so Pfeiffer, „vor dem Hintergrund vieler teurer Reformen der Großen Koalition, deren Kosten die GKV und damit die Beitragszahler tragen. Und eine Trendwende ist nicht erkennbar – weder was die Ausgabendynamik angeht, noch bei kostspieligen Gesetzen.“

Die „Ausgabendynamik“ ist ein anderes Wort für die Verschiebung des Verhältnisses von Netto-Beitragszahlern zu Netto-Empfängern, nicht zuletzt durch die Alterung der Gesellschaft. Die Leistungsausgaben der GKV betrugen 2014 noch 193,63 Milliarden Euro, 2018 waren es 226,22 Milliarden. Für 2019 ist nun nochmal ein überproportionaler Anstieg zu erwarten. 

Die bittere Pille für die Versicherten in Form steigender Zusatzbeiträge wird noch nicht in diesem Jahr zu schlucken sein. Dafür sorgt die Bundesregierung. Den Kassen werde, so Pfeiffer, „eine solide Finanzplanung für mittel- bis langfristig stabile Zusatzbeitragssätze erschwert. Denn zugleich verpflichtet der Gesetzgeber die Krankenkassen ab 2020, erwirtschaftete Reserven stärker abzubauen, als für eine nachhaltige Finanzplanung geboten wäre.“ Bitter wird es dann halt erst 2021 oder spätestens dann, wenn die Rücklage der GKV (etwa 20,6 Milliarden Euro) bis auf das gesetzlich vorgeschriebene Minimum (rund 5 Milliarden) abgeschmolzen ist. 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn jedenfalls wird durch die Alarmmeldung der GKV auf dem falschen Fuß erwischt. Er hatte bisher und noch im Sommer dieses Jahres unter dem Eindruck der bis dahin wachsenden Rücklagen die GKV aufgefordert, die Zusatzbeiträge der Versicherten zu senken. Jetzt muss er den Versicherten wohl mittelfristig das genaue Gegenteil zumuten. Und zwar auf Grund von Gesetzen, die seine eigene Regierung eingebracht hat, wie das „Terminservicegesetz“ und das „Pflegepersonalstärkungsgesetz“.

Beruhigen dürfte Spahn, dass vom Koalitionspartner kein Ungemach droht. Die SPD will offenbar ebenfalls erstmal auf Zeit spielen. Während die FDP endlich Einsparungen im Gesundheitssystem fordert, kommentierte Bärbel Bas, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion: „Krankenkassen sind keine Sparkassen, sondern bieten Service-Leistungen für ihre Versicherten.“ Es habe zahlreiche Verbesserungen für Versicherte gegeben: „Mittels Terminservice-Gesetz werden Facharzttermine zeitnah vermittelt und Pflegeeinrichtungen bekommen mehr Personal – das kostet Geld. Es ist daher richtig, dass Rücklagen in Höhe von rund 21 Milliarden abgebaut und für gute Versorgung ausgegeben werden.“  

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Kommentare ( 132 )

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usalloch
4 Jahre her

“Nach dem CO2-Hammer kommt der GKV-Hammer.“ Das Jahr 2020 wird in die Geschichte als das Jahr der „Erleuchtung“ eingehen. Banal gesagt, dem Bundesbürger wird die plötzliche Erkenntnis zuteil, dass seine gesamte Lebensplanung den Bach runtergehen wird. Und da die Einschläge immer näher kommen, wird er sich endlich einmal mit den Ursachen befassen. Dann kann die Politik noch soviel Gesetze planen oder machen. Sie wird keine Akzeptanz mehr finden.

SuGie
4 Jahre her

Am 31.12.2015 präsentierte uns „Welt“ die „übernormal“ gesunden Flüchtlinge
https://www.welt.de/politik/deutschland/article150487076/Die-Fluechtlinge-sind-uebernormal-gesunde-Menschen.html
Also an den Flüchtlingen kann es nun wirklich nicht liegen ?

Der Ketzer
4 Jahre her

Wenn ich mir die letzten Wahlergebnisse anschaue, stelle ich fest, dass alles noch nicht teuer genug ist, obwohl die Schlagzahl ja bereits vor 2017 deutlich erhöht wurde.
Jetzt kommt noch die CO2-„Bepreisung“ (schönes Wort) und wie ich gerade im Ticker auf WELT (TV) lese, sollen wir nach Meinung des Arbeitgeberpräsidenten Kramer darüber nachdenken, länger zu arbeiten … dazu der passende Artikel: https://bnn.de/nachrichten/politik/arbeitgeber-ueber-laengeres-arbeiten-nachdenken > und folgendes Zitat: «Diese Debatte sollte man heute nicht führen, denn erstmal steigt das Renteneintrittsalter ja schrittweise bis 2029 auf 67 Jahre an.» …

Contra Merkl
4 Jahre her

Man könnte ja auch bei gewissen Leistungen einsparen.
Wenn Türken in Deutschland sind, muss ja nicht der ganze Rest der Familie in der Türkei ebenfalls mitversichert sein.
Das ist das gleiche wie mit dem Kindergeld, was gezahlt wird für Kinder, die sich nicht in Deutschland befinden.
Nur dafür bräuchte es in der Politik mal jemand mit Cochones.

Der Ketzer
4 Jahre her

Frei nach Hausmeister Krause:
Sischer, Sischer, Frau Vorsitzende!

Thomas
4 Jahre her

Tuberkulose und Aids Therapien sind teuer.

RalledieQ
4 Jahre her

Komisch, 15 Jahre CDU an der Macht und alles ist teurer, schlechter und unsicherer geworden. Aber die CDU kriegt das bestimmt alles wieder hin, die CDU-Wähler müssen nur ganz fest dran glauben. Und bloß das Klatschen nicht vergessen!
87% der Wähler haben es nicht anders verdient.

misa
4 Jahre her

Dass das Terminservicegesetz ein wesentlicher Kostentreiber für die GKV sein soll, wag ich zu bezweifeln. Die Terminservicestellen werden von den Ärzten selbst bezahlt (werden vom Gesamthonorar abgezogen). Die Vermittlungen über die Terminservicestelle lagen in den letzten Jahren im Promillebereich. Seit Mitte 2019 sind Ärzte gezwungen , Termine für die Terminservicestelle zur freien Vergabe zur Verfügung zu stellen. Ich bin als niedergelassener Arzt in einem Mangelfach (Pneumologie ) tätig. Sage und schreibe 2 Patienten wurden mir in dieser Zeit vermittelt. Die Kassen suchen einen Sündenbock für die eigene Misswirtschaft. Das Terminsevicegesetz von Hern Spahn ist vollkommen unnütz. Das war bereits vor… Mehr

U.M.
4 Jahre her

Das das Gesundheitswesen explodieren wird, haben viele schon 2015, zur Masseneinwanderung, vorhergesagt. Die Politiker wollten das alles aus der Portokasse bezahlen, da ja die „zugewanderten Fachkräfte“ unsere Renten und somit alles andere Soziale mitfinanzieren würden. Ja Ja und heute? Wenn man alles zusammen nimmt: EZB 0 Zins, Euro, EU-Verschuldung, Sozialausgaben für die Einwanderung und und und, wird es nicht mehr lange dauern und wir werden arm wie eine Kirchenmaus sein. Und dann wollen die Grünen noch die sog. Flüchtlingskinder aus Griechenland nach D. holen. Nach 3 Tagen wird es heissen: Alleine können die Kinder nicht hier bleiben, die Eltern müssen… Mehr

JanAllemann
4 Jahre her

Jeder, wirklich jeder, der 2015 „2+2“ richtig zusammenrechnen konnte, wusste bereits damals: das wird teuer! Aber von der Politik kam nur ein „geht schon“ oder „das haben wir locker übrig“. NICHTS HABEN WIR! Es wurde teuer und es wird immer teurer! Wie könnte es auch anders sein, wenn man Millionen Analphabeten ins Land holt und Ihnen eine Vollversorgung bietet!? 12,6 Milliaden für Hartz-4! Und nun der nächste (absehbare) Hammer: auch die Krankenkassen können den Ansturm nicht mehr stemmen, wenn zunehmend Menschen aufgenommen werden müssen, die NICHTS in dieses solidarische System einzahlen, sondern nur entnehmen! Machen wir uns ehrlich: die rechtswidrige… Mehr

Lore
4 Jahre her
Antworten an  JanAllemann

Was heißt denn hier „Zukunft der Kinder“ Der neue Trend – Lehrerin und Autorin Verena Brunschweiger beispielsweise argumentiert in ihrem Buch “Kinderfrei statt kinderlos: Ein Manifest”, dass Kinderkriegen die Klimasünde Nummer Eins ist. Also bitte, lieber JanAllemann den Ball Flach halten (schwarzer Humor aus)

Paul Pimmel - der Herr des Kosmos
4 Jahre her
Antworten an  Lore

Es geht ausschließlich um die Zukunft AFRIKANISCHER Kinder – Weiße sind eine unerwünschte Kaste. Die EU ist mit ihrem „Afrophobie“-Beschluss ziemlich eindeutig; in viel Geschwafel als Verdünnungsmittel findet sich die Kernaussage: Schwarze Menschen sind kulturell höherstehend und haben Europa aufgebaut, und aus diesem Grund sind sie in jeder Hinsicht als wertvoller zu behandeln.