Ifo-Institut zur Aktienrente: 1 € für jeden Rentner

Der Ökonom und Ifo-Forscher Joachim Ragnitz erklärt, warum das Alterssicherungsversprechen der Regierung nichts taugt – und weshalb auch die geplante Aktienrente nichts nutzt.

IIMAGO/Westend61

Die von der Politik vorgeschlagenen Aktienrente, die in diesem Jahr mit einem Kapital von zehn Milliarden Euro starten sollte, kann nach Berechnungen des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung keinen nennenswerten Beitrag zur Absicherung der gesetzlichen Rente liefern. „Die viel zu geringe Ausstattung mit zehn Milliarden bedeutet, dass später jedem Rentner pro Monat etwa ein Euro aus diesem Fonds ausgezahlt werden könnte“, sagt der Ökonom Joachim Ragnitz, stv. Geschäftsführer am Ifo-Institut in Dresden. „Ein solcher Fonds könnte nur auf sehr lange Sicht und mit einem deutlich höheren Kapitalstock mehr als nur einen symbolischen Beitrag zur Rente leisten. Nach Berechnungen des Ifo-Instituts wäre bis 2070 ein Kapitalstock von 700 Milliarden Euro nötig, damit bei einer durchschnittlichen Verzinsung von jährlich fünf Prozent jedem Rentner monatlich wenigstens 100 Euro ausgezahlt werden können“, sagte Ragnitz im Gespräch mit dem Monatsmagazin Tichys Einblick. „Kurzfristig – also um die Schieflage des Rentensystems ab 2030 abzufangen – bringt eine Aktienrente überhaupt nichts.“

Deshalb bleibe nur die Lösung, die Beiträge der jüngeren Generation anzuheben und gleichzeitig das Rentenniveau abzusenken. „Für die Jüngeren bedeutet das etwas höhere Beiträge, für die künftigen Rentner ein niedrigeres Rentenniveau. Den Jüngeren bleibt nichts anderes übrig, als privat mehr als bisher vorzusorgen und dafür auf Konsum zu verzichten.“ Der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge werde das System überlasten, so Ragnitz. „So, wie die Rente derzeit gestrickt ist, kann sie langfristig nicht finanziert werden. Spätestens wenn die geburtenstarken Jahrgänge zwischen 2030 und 2040 in Rente gehen, ist das gegenwärtige Rentenniveau von 48 Prozent nicht mehr zu halten. Der Beitragssatz kann aber auch nicht weit über das aktuelle Niveau angehoben werden, weil das den Faktor Arbeit noch weiter verteuern würde. Und es ist auch nicht möglich, den Steuerzuschuss zur Rente, der ja jetzt schon fast 80 Milliarden Euro im Jahr beträgt, immer weiter zu steigern.“ Das Ifo-Institut habe durchgerechnet, das bei „unverändertem Rentenniveau und konstantem Beitragssatz 60 Prozent des Bundeshaushalts im Jahr 2050 für den Rentenzuschuss aufgewendet werden müsste.“


Das gesamte Interview in Tichys Einblick 05-2022 >>>

Unterstützung
oder

Kommentare ( 44 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

44 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Ceterum censeo Berolinem esse delendam
2 Jahre her

Der grundlegende Fehler besteht darin, dass die Entscheidungsgewalt über ein nachhaltiges und auskömmliches Rentensicherungssystem in den Händen von Leuten liegt, die davon im Alter gar nicht selbst betroffen sind. Genau deshalb werden Reformen, die schon seit Jahrzehnten notwendig sind, nie angegangen.

Warum sollten sich die Politiker damit befassen? Das Thema würde nur Staub aufwirbeln und künftige Wahlerfolge gefährden, wenn der Bevölkerung klar gemacht werden müsste, dass der Aufbau eines kaitalgedeckten Staatsfonds ganz real hier und heute und über Jahre hinaus erstmal Geld kosten würde.

Ceterum censeo Berolinem esse delendam
2 Jahre her

Den Jüngeren bleibt nichts anderes übrig, als privat mehr als bisher vorzusorgen und dafür auf Konsum zu verzichten. Ach doch, da gibt es schon noch eine andere Lösung für „die Jungen“. Studium oder Ausbildung mit einem international gefragten Mangelberuf abschließen (also keine Geschwätzwissenschaften studieren) und dann nichts wie raus hier in ein Land, das vernünftig und zukunftsorientiert handelt und seiner Bevölkerung Lebensqualität bietet, für die sich auch Leistung lohnt. Mal ehrlich: Warum sollten „die Jungen“ sich im Land mit der höchsten Abgabenlast der Welt nach Strich und Faden ausnehmen lassen, nur weil die geburtenstarken Jahrgänge (zu denen ich übrigens auch… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Ceterum censeo Berolinem esse delendam
Exilant99
2 Jahre her

So ziemlich alle Länder machen es besser als Deutschland. Selbst die USA haben auf bundesstaatlicher Ebene eine besse Rente als Deutschland. Hier in Kanada gibt’s einen Aktienfond wie in Schweden, der weltweit investiert. Zudem darf jeder Kanadier jährlich 10.000 steuerfrei anlegen und alle Gewinne davon auch steuerfrei behalten. Hinzu noch ein ähnliches Konzept für die Rente über Aktien gedeckt. Also kann man ca. 20.000 pro Jahr steuerfrei anlegen. Ähnliche Konzepte haben UK, die USA, Australien und Südafrika. Ich bin kein Fan von Aktien, aber es bietet eine Alternative für alle die es wollen. Deutschlands System ist ein Witz. Das hat… Mehr

NighthawkBoris
2 Jahre her

Ein Rentenniveau von 48 % im besten Deutschland aller Zeiten ist der Treppenwitz der Geschichte. Der Autor möge mal bei unseren EU-Nachbarn anklopfen und deren Renteneintrittsalter und Renteniveau abfragen. Der deutsche Steuerzahldepp finanziert unter anderem die Renten der Südländer und alle lachen über uns. Solange das Geld noch fließt.
16 Jahre Merkel und jetzt die Ampel als Vollstrecker. Deutschland hat fertig.

Cabanero
2 Jahre her

Am Ende hilft es doch alles nichts. Wenn eine Generation sich nur um weniger als 60 Prozent reproduziert, dann ist für sie im Alter nicht mehr genug da. Es spielt keine Rolle, ob Umlagesysteme wie die Staatsrente dann nicht mehr genug Geld einsammeln können oder die Wirtschaft nicht derart viel Gewinn abwerfen kann, um die Massen an Alten zu berenten und gleichzeitig für die Arbeitenden ausreichend Gewinn zum Leben zu erwirtschaften. Auch die Aktienrente ist – wie jedes Rentensystem – nur ein Umlagesystem, das davon abhängt, daß es genug Produktive gibt, die Rentenempfänger freihalten können. Da Sparwerte immer nur Buchwerte… Mehr

Alexis de Tocqueville
2 Jahre her

Das kann nicht stimmen. Deutschland ist stinkreich. Sagen die Politiker jeden Tag. Jedenfalls reich genug, dass wir uns die teuerste Stromversorgung der Welt leisten, nur so zum Spaß. Auch 2 Millionen Kostgänger im Sozialsystem sind für uns ein Klacks. Und ne Billion Euro Bürgschaften hier, ne Billion Target Salden da, die leisten wir uns leicht und gern. Ein paar hundet Millionen für Kleinigkeiten wie Pressebestechung, Kampf gegen rechts, Impfdosen-Bespaßung von Karl Lauterbach… nur Peanuts. Wenn also schon lächerliche 700 Millarden ausreichen, damit künftig jeder Rentner 100 Euro bekommt, dann stecken wir doch einfach 7 Billionen rein. Oder 700 Billionen. Erklärt… Mehr

Wursthans
2 Jahre her

„Die Rente ist sicher“ sagte der Norbert.
Was Du dir davon mal leisten kannst hat der Schelm aber nicht
verraten. Der war ja nicht doof!! …..läuft!!
Meinen Kindern habe ich übrigens geraten von Geld das am
Monatsende übrig ist immer ein paar Unzen Silber zu kaufen.

RMPetersen
2 Jahre her

„Deshalb bleibe nur die Lösung, die Beiträge der jüngeren Generation anzuheben und gleichzeitig das Rentenniveau abzusenken.“ Das halte ich für einen katastrophalen Vorschlag. Beide Aspekte schaden. Die aus der immer ungünstiger werdenden Alterspyramide erwachsenen Rentenproblematik lässt sich mE nur mit der skandinavischen Methode einer steuerfinanzierten guten Grundrente in Höhe von rd. € 1.000 bis 1.200 mtl. lösen. Die Finanzierung erfolgt über höhere MwSt und sog. Luxussteuern zB auf Alkohol, in DK auch extrem auf Pkw-Zulassung. Um über die Grundrente hinaus zu kommen, möge sich jeder individuell versichern oder sparen oder in Aktienfonds anlegen. Das geht den Staat nichts mehr an,… Mehr

Cabanero
2 Jahre her
Antworten an  RMPetersen

Falscher Ansatz. Wenn es nicht genug Kinder (Arbeitende) gibt, um ausreichend Umlagezahlungen zu erwirtschaften, gibt es auch nicht genug Unternehmen, die mit Ausschüttungen die Senioren finanzieren.
Geld sparen hilft nichts fürs Alter. Sie brauchen Kinder, die Ihre Buchwerte erwirtschaften, wenn Sie alt sind. Wenn sie keine Kinder haben – haben Sie nichts, wenn Sie alt sind.
Näheres ist nachzulesen beim Märchen von der Grille und der Ameinse.

2 Jahre her

>Nach Berechnungen des Ifo-Instituts wäre bis 2070 ein Kapitalstock von 700 Milliarden Euro nötig,
Das wären 48 Jahre, also ca. 15 Mrd. € pro Jahr. Man bedenke, dass die Weltsozialamtsentscheidung von 2015 ca. 50 Mrd. € pro Jahr kostet.

Thorsten
2 Jahre her

Kommt ganz auf die Einzahlungen an, die Rente kann 8 bis 12% betragen. Da muss man nur noch rechnen …