Habeck: Zwei von drei Kernkraftwerken sollen länger „in Reserve“ bleiben

Die Atomkraftwerke Neckarwestheim in Baden-Württemberg und Isar 2 in Bayern sollen für den Notfall Energie erzeugen können. Ein drittes AKW soll allerdings ganz abgeschaltet werden.

IMAGO / Chris Emil Janßen
Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister, erläutert die Stresstestergebnisse auf der Bundespressekonferenz, 05.09.2022

Nun also doch. Schon vor einigen Tagen war aus dem Bundeswirtschaftsministerium durchgesickert, dass entgegen aller grünen Beteuerungen doch das endgültige Ende der Kernkraftnutzung in Deutschland wegen der akuten Energiekrise verlängert wird. Jetzt hat Minister Robert Habeck in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz angekündigt, dass zwei der drei noch laufenden Kernkraftwerke in Deutschland über das Jahresende hinaus noch bis April in Reserve bleiben werden.

Habeck gab sich dabei Mühe, diese Entscheidung als nicht politisch sondern technisch motiviert darzustellen. Der in Auftrag gegebene Stresstest für das Stromsystem habe für den Winter zwar ergeben, dass eine Krise sehr unwahrscheinlich sei, allerdings könnten sie auch nicht völlig ausgeschlossen werden. „Die Ergebnisse des Stresstests bedeuten aber auch, dass wir zur Absicherung für den Notfall für den Winter 22/23 eine neue zeitlich und inhaltlich begrenzte AKW-Einsatzreserve aus den beiden südlichen Atomkraftwerken Isar 2 und Neckarwestheim schaffen.“

Er stellte die Entscheidung allerdings so dar, als dass die drei AKWs regulär vom Netz gehen werden, und nur im Notfall die Reaktoren Isar 2 und Neckarwestheim 2 wieder ans Netz genommen werden können. Inwiefern es überhaupt möglich wäre, sie in einem solchen Fall eines Stro0m-Engpasses wieder ans Netz zu holen, scheint unklar. „Bei kritischen oder fragwürdigen Entwicklungen erfolgt unverzüglich eine vertiefte Analyse mit der Bundesnetzagentur und den Übertragungsnetzbetreibern“, heißt es laut Bild vom Wirtschaftsministerium. Dann solle die Bundesnetzagentur eine Empfehlung aussprechen, die Bundesregierung daraufhin per Verordnung Atomkraftwerke aus der Reserve holen. Die Genehmigung dazu komme von der zuständigen Atomaufsichtsbehörde.

Kurz gesagt: Habeck sagt „Jein“. Die de facto grün geführte Bundesregierung sträubt sich weiter gegen die Einsicht, dass für das Industrieland Deutschland eine sichere Energieversorgung absolute Priorität vor grüner Ideologie hat, will es aber nicht auf den Ernstfall ankommen lassen. Atomkraft wird abgelehnt, aber nicht mehr konsequent. Heraus kommt ein Wirrwarr-Plan, der einerseits die Energieversorgung aber andererseits auch die Anti-Atomkraft-Linie der Grünen absichern soll. Dazu setzt er weiter auf Dämonisierung: „Mit der Atomkraft ist nicht zu spielen. Eine pauschale Laufzeitverlängerung wäre daher auch im Hinblick auf den Sicherheitszustand der Atomkraftwerke nicht vertretbar.“

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Kommentare ( 75 )

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Andreas aus E.
1 Jahr her

Habeck läßt dann für 1.500.000 Euro eine Smartphone-Äpp programmieren, mittels der die Kernkrafttechniker vom Homeoffice aus die Reaktoren binnen weniger Minuten anfahren können.
Wobei per Skype aber darauf geachtet wird, daß die Ingenieure beim Hantieren mit ihren Geräten FFP2-Masken tragen. Für die Überwachung dieser Schutzmaßnahme wird eine neue Bundesbehörde geschaffen.

Daß Habeck laut DLF darauf hingewiesen habe, daß – in sehr seltenen Fällen – im Winter Unregelmäßigkeiten bei der Stromversorgung nicht völlig auszuschließen seien, dürfte in dieser zeitlichen Überschneidung indes reiner Zufall sein und wahrscheinlich ist das auch maßlose Übertreibung und sinnenstellender Zusammenschnitt einiger rechter U-Boote im Funkhaus.

Bernd Schulze sen.
1 Jahr her

Emsland hat man ausgespart, vermutlich wegen der Wahl in Niedersachsen. Dennoch ist zu befürchten, daß man zum Jahresende ruckzuck Fakten schafft um eine wieder Inbetriebnahme auszuschließen. Wie im Ländle oder wo wahr das, als man nach der Stilllegung gleich die Kühltürme sprengte. Derartiges befürchte ich auch für die drei verbliebenen. Ob es mit Kohlekraftwerke so bleibt ist auch fraglich, besonders die auf Steinkohle angewiesen sind, denn deren Preise schießen ebenfalls in die Höhe und müssen von weit hergeholt werden also per Schiff. Fern jeder Grüner Logik. Doch welcher Betreiber kauft teure Kohle um nur als Reserve oder für einige Monate… Mehr

Monostatos
1 Jahr her

Diese Hütchenspielerei muss man diesem Märchenerzähler wirklich nicht abnehmen. „Vater, vergib ihnen NICHT, denn Sie wissen genau, was sie tun.“ Die Grünen-Partei ist seit jeher eine knallharte Marxisten-Partei, und ihr stets verfolgtes Ziel ist Marx’ Mission, die unrevidierbare Veränderung der bürgerlichen Gesellschaft. Es gibt für die Grünen und ihre reichlich vorhandenen SympathisantINNEN in der Ampel-Koalition und auch in der von Merkel linksgrün transformierten Union keinerlei Hemmungen, auf diesem Weg sämtliche roten Linien zu überschreiten. Scholz hat es ja wörtlich so gesagt. Gibt es irgendeine verlässliche Aussage eines Ampel-Koalitionärs und der Pseudo-Opposition Union, dass man von diesem Kurs abweichen möchte?

Richard28
1 Jahr her

Ich bin kein Fachmann, aber es ist für mich nicht vorstellbar, dass im Falle eines plötzlich auftretenden Strombedarfs schnell mal eben 1 oder 2 KKW dazu geschaltet werden können und das dann auch noch zeitgerecht.
Und es wird wohl teurer für die Verbraucher, wenn für die gleiche Strommenge mehr Kraftwerke gebraucht werden oder/und diese dauernd mitlaufen aber nichts produzieren dürfen.

Tesla
1 Jahr her

„(…) und nur im Notfall die Reaktoren Isar 2 und Neckarwestheim 2 wieder ans Netz genommen werden können. (…) „Bei kritischen oder fragwürdigen Entwicklungen erfolgt unverzüglich eine vertiefte Analyse mit der Bundesnetzagentur und den Übertragungsnetzbetreibern“, (…) Dann solle die Bundesnetzagentur eine Empfehlung aussprechen, die Bundesregierung daraufhin per Verordnung Atomkraftwerke aus der Reserve holen. Die Genehmigung dazu komme von der zuständigen Atomaufsichtsbehörde.“ Das ist Wunschdenken eines Ministers, der keine Ahnung von dem hat, was er redet, geschweige denn tut. Was glaubt dieser Träumer eigentlich, wie lange es braucht, um ein AKW aus einer „Bereitschaft“ wieder hochzufahren? Wenn diese Apparatschiks mitbekommen haben, dass… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Tesla
ramseshelge
1 Jahr her
Antworten an  Tesla

So ganz stimmen Ihre Ausführungen nicht, ein AKW ist recht gut regulierbar innerhalb weniger Stunden. An manchen Tagen in der Vergangenheit war das notwendig und in einer Leistungsspanne von 50-100%.
Aber sonst haben Sie meine volle Zustimmung. Die Slowakei nimmt in kürze neue AKW-Blöcke in Betrieb und hat ältere modernisiert. Der Grüne Sumpf blubbert zwar mächtig, doch die Slowakei wird nun zum Stromexporteur.

F. Hoffmann
1 Jahr her
Antworten an  ramseshelge

Ein KKW können Sie im laufenden Betrieb innerhalb von Stunden hochfahren. Vorgesehen ist aber, dass die KKW in die Netzreserve gehen, also heruntergefahren werden. Dann kann es 2-3 Tage dauern diese wieder hochzufahren.

AlexR
1 Jahr her

In Deutschland „regiert“ die absolute Dummheit. Hauptsache dieser grünen Sekte ist, dass ihre verbohrte Ideologie durchgesetzt wird. Egal zu welchem Preis und Auswirkungen. Der Gasstopp von Putin kommt doch gerade recht. Man könnte fast auf die Idee kommen,, dass dieser Stopp gezielt eingefädelt wurde.

horrex
1 Jahr her
Antworten an  AlexR

Zutreffend!
Mir ist ebenfalls schon „durch den Kpf geschossen“, dass Habek & Co sich womöglich ganz im stillen Kämmerlein freudig die Hände darüber reiben je mehr Putin an der Gas- und Öl-Schraube dreht. Denn genau D A S fördert – indirekt – die grün-rote Agenda zum Umbau der Gesellschaft ganz vortrefflich!!!

NochNicht2022
1 Jahr her

Die Betreiber der Stromübertragungsnetze 50Hertz, Amprion, Tennet und Transnet BW sind „Niemand“, ein „Niemand“ das keine Verantwortung – vor wem auch immer – trägt. Sie tragen keine Verantwortung und hatten noch im Frühjahr gemeint, das Abschalten sein problemlos. TE sollte einmal näher untersuchen, wer bei dem Quartett jeweils dahinter steht.

Bernd Golembowska
1 Jahr her

Genau jetzt ist der Moment, in dem sich das weitere Schicksal der FDP entscheidet, der einstigen Partei des Mittelstandes. RAUS AUS DER AMPEL!!! JETZT!!!

Klaus Kabel
1 Jahr her

Man stelle sich vor, die AfD wäre in der Regierung und würde die Energie so verteuern, dass es für viel nicht mehr bezahlbar ist. Siewürde gegen Russland einen (Wirtschafts)Krieg anzetteln und ideologisch Irrsinnige Entscheidungen treffen, die dem Volk massiv schaden.

Gottseidank haben wir eine Regierung, die klug und besonnen und ihrem Eid folgend zum Wohle des Deutschen Volkes handelt.

Contra Merkl
1 Jahr her

Ein Kernkraftwerk in Reserve laufen lassen macht soviel Sinn wie ein Kreuzfahrtschiff unter voller Mannschaft im Hafen an die Kette zu legen. Die Motoren zur Stromversorgung laufen und die Mannschaft kostet ebenfalls Geld, aber der Kahn fährt keinen einzigen Euro ein. Betriebswirtschaftlicher Schwachsinn ala Robert Habeck, der hat wirklich von nichts Ahnung. Aber so ein Kraftwerk unter voller Mannschaft mit allen Prüfungen kostet jeden Tag weiteres Geld in erheblichen Umfang der von den Stromkunden getragen werden muss. Es geht hier nicht um ein Motorrad was ich angemeldet über Winter in der Garage stehen lasse, weil ich damit an einem sonnigen… Mehr