Unanständige Inszenierung des Anstands

Ein schwarzer Tag für zwei weibliche Hoffnungsträgerinnen der Politik. Franziska Giffey tritt als Ministerin zurück, will aber weiter Regierende Bürgermeisterin in Berlin werden – und Annalena Baerbock fällt ganz plötzlich auf, dass sie Nebeneinkünfte vergessen hat.

Imago

Franziska Giffey tritt vom Amt der Bundesfamilienministerin zurück und Annalena Baerbock muss nun auch noch falsche Angabe bei Nebeneinkünften korrigieren.
Es ist ein schwarzer Tag für zwei weibliche Hoffnungsträgerinnen der Politik.
Rücktritt geht also noch. Franziska Giffey beweist das in einem Kabinett, in dem es mehr Rücktritts-Kandidaten gibt als halbwegs respektable Persönlichkeiten.

Das ist die gute Nachricht.

Allerdings versucht sie gleich wieder einen Neustart – als Spitzenkandidatin der SPD für das Amt der Berliner regierenden Bürgermeisters. Sie denkt sich wohl, dafür wird es schon reichen. Sie tritt ohne Doktortitel an und hofft auf allgemeines Vergeben und Vergessen. In Berlin und seinem nun wirklich unterirdischen rot-rot-grünen Senat kommt es auf eine mehr oder weniger geschummelte Doktorarbeit nicht an. Sippenhaftung gibt es nicht, aber dass ihr Ehemann es nach vielfachem Betrug geschafft hat, aus dem öffentlichen Dienst der Stadt per Gerichtsurteil entfernt zu werden, hat Giffeys Position auch nicht gerade gestärkt. Es ist eine seltene Melange, die sich da zur Ausplünderung öffentlicher Kassen zusammengefunden hat.

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Die grüne Spitzenkandidatin für das Amt des Bundeskanzlers muss derweil satte Nebeneinkünfte nachmelden. Die werden bei unserem wenig auskunftsfreudigen Bundestag nur in drei Kategorien angezeigt. Baerbock gab einmal Sonderzahlungen der Stufe 2 (2018) sowie zweimal der Stufe 3 an (2019, 2020). Stufe 1 erfasst einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte von 1.000 bis 3.500 Euro, Stufe 2 Einkünfte bis 7.000 Euro, Stufe 3 Einkünfte bis 15.000 Euro.

Es sind Sonderzahlungen der Partei und ein Corona-Zuschuss. Über die Höhe mag man sich vielleicht nicht aufregen. Wer allerdings Baerbocks Angriffe auf Politiker anderer Parteien und ihre ihre Forderungen nach erweiterter Transparenz noch im Ohr hat, der wundert sich dann doch. Auch ihre Bildungsabschlüsse musste sie unter Druck korrigieren; noch immer bestehen Unklarheiten. Ist es denn so schwierig darüber ehrlich Auskunft zu geben? Die Wähler haben ein Recht darauf zu wissen, wen sie da wählen sollen. Mit oder ohne Diplom, Doktor oder nicht – legt die Karten auf den Tisch. Und es hat nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun. Der Vollständigkeit halber tragen wir gerne nach, dass auch Kanzleramtsminister Helge Braun eine Arbeit abgegeben hat, die wohl, nun ja: fragwürdig ist. Besser jetzt?

Man hat den Eindruck, wie bei Giffey, dass Baerbock nun mal aufgeräumt und nachgeguckt hat, was sich unterm Sofa so verbirgt. Alles in der Hoffnung, dass es jetzt ein kurzes Donnerwetter gibt, im September alles vergessen ist und der Himmel wieder blau wie die Äuglein über der unschuldigsten Nase. Fakt ist: Die beiden Damen nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau. Es ist eine kalkulierte Inszenierung eines Anstands, den beide vermissen lassen.

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Kommentare ( 47 )

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Nibelung
2 Jahre her

Anstand ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.

Allerdings kann man ihnen allein nicht den Vorwurf machen, das zieht sich durch die ganze Gesellschaft und ist dem linken Zeitgeist gezollt, denn die haben mittlerweile nahezu alles verloren was ein Volk zusammen hält und die wenigen Anständigen werden auch noch angeklagt, weil sie auf auf alte Tugenden hinweisen und somit das Gewissen darstellen, was andere längst nicht mehr haben.

Sani58
2 Jahre her

Ach, sie wird nun Bürgermeister in Potsdam, vielleicht auch Berlin und wetten, die Gutsituierten aus dem Speckgürtel des (ver)armten Berlin werden sie stolz wählen. Rot bleibt Rot. Nomenklatura bleibt Nomenklatura. Da wird zusammen gehalten.

Der-Michel
2 Jahre her

Mich würde brennend interessieren ob diese Einkünfte auch ordentlich bei der Einkommenssteuer angegeben wurden. Das wäre wirklich interessant.

Maja Schneider
2 Jahre her

Man fragt sich,ob es überhaupt jemand in der verantwortlichen Politik mit der Wahrheit noch ernst nimmt, das Wort ist vermutlich schon längst aus deren Wortschatz gestrichen. Den Journalisten der Leitmeiden allerdings ist es bisher noch nicht aufgefallen, denn sie stellen dazu eher selten Fragen, Fragen, die sich einem interessierten und kritischen Laien eigentlich bei jeder Äußerung unserer Politelite umgehend aufdrängen.

Kokoschka
2 Jahre her

„Mit oder ohne Diplom, Doktor oder nicht – legt die Karten auf den Tisch. Und es hat nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun.“

Natürlich hat es das nicht! Denn man denke daran zurück, wie energisch einst die SPD auf Herrn Karl-Theodor zu Guttenbergs Rücktritt gedrängt hat. Und ganz ehrlich: die SPD wäre genauso streng gewesen, wenn es nicht um Karl-Theodor, sondern Karla-Theodora zu Guttenberg gegangen wäre.
Und wenn man an die SPD-Politiker dieselben strengen Maßstäbe anlegt, nennt man das „Hetze“ oder „Frauenfeindlichkeit“? Gehts nicht nocv ein bisschen scheinheiliger?

Riffelblech
2 Jahre her

Bei knapp 11000tEuro plus 15T „ Zuschlag“ für irgendwas kann diese Frau Baerbock gut und kräftig nach CO2 Steuern und noch mehr Abgaben verlangen ! Denen reicht es doch immer zum Luxusleben ,welches diese Sorte Politiker so gerne für sichreklamiert . Freie Flüge, freien Bahnfahrten ,keine Rentenbeiträge ,keine Krankenversicherung ,so lebt man als Bundestagsabgeordnete . Zahlt „lies der Steuerzahler ,um sich dann wieder Stück für Stück mehr ausbeuten zu lassen .
Allerdings gibt es eine überwiegende Anzahl Menschen in diesem Lande die so einen Anspruch weder realisieren könnten noch wollten . Dazu sind sie zu ehrlich ,zu anständig !

Volker G.
2 Jahre her

„weibliche Hoffnungsträgerinnen“: gibt es auch männliche Hoffnungsträgerinnen? ??‍♂️

Last edited 2 Jahre her by Volker G.
Wolf Koebele
2 Jahre her

Genau das habe ich bei Guttenberg und Schavan gefordert. Immer wieder prallt der kritische Blick an denen ab, die noch dazu vom Steuerzahler für diese miserable Arbeit auch noch bezahlt werden wollen. Vor dreißig Jahren oder so, fand sich einer in Würzburg, der mit Gefälligkeitspromotionen für CSU-Freunde um sich warf. Alles vergessen? Alles vergessen!

Markus Machnet
2 Jahre her

Sorry, aber ich kann dieses „geschummelt“ nicht mehr hören! Schummeln tut man allenfalls beim Kartenspiel in trauter Familien- oder Freundesrunde. Und selbst dort ist die Wortwahl schon fragwürdig. Wer aber Abgasanlagen, Doktorarbeiten, Einkünfte und Nebeneinkünfte manipuliert, betrügt. Und warum wird Betrug heutzutage nicht mehr einfach Betrug genannt? Diese Verharmlosung zieht sich inzwischen durch unser ganzes Leben. Dazu nur noch ein Beispiel von unendlich vielen: Warum nennt man eine Impfung – sofern es eine ist – nicht Impfung, sondern einen „Piks“? Letzteres ist Kindersprache – „tut ja gar nicht weh – ist ganz harmlos!“ Dieses Framing, und um nichts anderes handelt… Mehr

Speedy
2 Jahre her
Antworten an  Markus Machnet

Klare Worte, die Anerkennung verdienen!

StefanB
2 Jahre her

Zur Hochstaplerin Annalena: Welche BildungsABSCHLÜSSE? Nach meiner Kenntnis und meinem Eindruck waren im günstigsten Fall BildungsABSICHTEN gegeben.

Augusto Beblo
2 Jahre her
Antworten an  StefanB

Sie hatte nichts Vorzeigbares. Wie konnte sie dann 2009 zur Promotion an der FU-Berlin zugelassen werden. Ist diese Uni rot-grün unterwandert?