Erdogan unterstellt Macron Geisteskrankheit und deutscher Polizei Rassismus

Der türkische Präsident beleidigt öffentlich den französischen Präsidenten wegen dessen politischer Reaktion auf die Enthauptung eines Lehrers. Frankreich zieht seinen Botschafter aus Ankara ab. Der deutschen Polizei unterstellt Erdogan pauschal Rassismus.

imago images / Xinhua
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan stachelt in dieser Woche gleich zweifach muslimische Einwohner Europas auf. Seinen zahlreichen verbalen Entgleisungen gegen westliche Politiker hat er eine weitere hinzugefügt. Diesmal ist der französische Präsident Emmanuel Macron das Ziel. In einer im türkischen Fernsehen ausgestrahlten Rede beim Parteitag der islamistischen Regierungspartei AKP sagte Erdogan am Samstag: „Was kann man über ein Staatsoberhaupt sagen, das Millionen Mitglieder verschiedener Glaubensrichtungen so behandelt.“ Dann sprach er seinen Amtskollegen direkt an: „Lass‘ erst einmal deinen geistigen Zustand überprüfen!“. Frankreich wird seinen Botschafter aus Ankara abziehen. Bereits im Vorfeld war es zu Spannungen gekommen, weil Frankreich aktiv Griechenland unterstützt, das sich türkischen Drohungen in der Ägäis ausgesetzt sieht.

Nachdem ein Islamist in einem Vorort von Paris den Lehrer Samuel Paty auf offener Straße geköpft hatte, hatte Macron ein verschärftes Vorgehen gegen Islamisten auch in Schulen und Moscheen angekündigt. Nach dem Anschlag ging die französische Polizei in vielen Einsätzen frankreichweit gegen Islamisten und islamische Vereinigungen vor. Macron hatte auch von einer weltweiten „Krise“ des Islam gesprochen.

Die Beleidigung Macrons, die ihn und damit den laizistischen französischen Staat in den Augen der rund sechs Millionen Muslime in Frankreich (darunter rund 350.000 Türkei-Stämmige) herabwürdigt, kam nur einen Tag nach einem in deutschen Medien nur wenig beachteten verbalen Frontalangriff Erdogans auf die deutsche Polizei. Am Freitag twitterte Erdogan über die Durchsuchung einer Moschee in Berlin am Mittwoch der Übersetzung französischer Medien zufolge: “Ich verurteile entschieden die Polizeioperation, die die Religionsfreiheit verletzt und Islamophobie und Rassismus offenbart, die Europa in die Finsternis des Mittelalters zurückversetzen”.

Bei den Ermittlungen ging es um Subventionsbetrug im Zusammenhang mit den Corona-Hilfen des deutschen Staates. Mehrere Unternehmen und die Mevlana-Moschee in Kreuzberg waren deswegen von der Polizei durchsucht worden. Wie die Welt schreibt, richtet sich der Verdacht gegen drei Beschuldigte, die möglicherweise 70.000 Euro illegal kassiert haben sollen. In mindestens einem Fall soll eine unberechtigte Auszahlung auf das Konto der Mosche erfolgt sein.

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Kommentare ( 77 )

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wydy
3 Jahre her

Frankreich zu zeigen, nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten. Auch die EU sollte sich endlich bekennen und mit einer Sprache sprechen. Durch die Aufkündigung der Zollunion, Beendigung der Vorbeitrittszahlungen, Stopp der VISA Freigabe Verhandlungen usw. könnte die EU sehr deutlich die freiheitliche Grundeinstellung dem türkischen Staat gegenüber zeigen. Und weiterhin streng gegen islamistische Organisationen vorgehen – z. B. keine in der Türkei oder Arabien ausgebildete Imame dulden, Predigten auf Deutsch, Einstellung der Finanzierung von Organisationen wie DITIB etc. Einstellung der Kreditsicherung z. B. über Hermeskredite für Lieferungen in die Türkei für Waffengeschäfte bis zu Lebensmitteln, Kündigung des Krankenversicherungsabkommen… Mehr

Klaus H. Richardt
3 Jahre her

Erdogan ist schon erstaunlich: Er drückte sich beim Gipfel in Saudi Arabien, der sich gegen den islamistischen Terror wandte und jetzt zu den ersten Friedensschlüssen zwischen Arabern und Israel führte. Er bewaffnete die Islamisten in Syrien, die aus einem Volksaufstand für mehr Demokratie einen veritablen Bürgerkrieg mit zehntausenden Toten machten. Er unterstützt die Moslembrüder in Lybien und Ägypten, die beide Länder wieder in die Steinzeit führen wollen. Er verhindert in Deutschland, dass sich Türken integrieren und mischt sich auch noch in die Innenpolitik ein. Religionsfreiheit bedeutet bei uns die Freiheit, seine Religion ungehindert ausüben zu können; sie bedeutet nicht, die… Mehr

Paul Brusselmans
3 Jahre her

Erdogan hat seine Beleidigung einer Geisteskrankheit des französischen Präsidenten erneuert und die islamische Länder wie Kuweit, Qatar oder Packistan aufgestachelt. Boykottaufrufe folgten. EU-Solidarität unter deutscher EU-Präsidentschaft? Merkels gesammeltes Schweigen. Kaum Erwähnung in der Presse. Abberufung des deutschen Botschafters, Entzug der Landerechte für Turkish Airlines und Qatar Airways, Kündigung des Krankenversicherungsabkommens wären adäquate Antworten. Sperren der Entwicklungshilfe an die Atommacht Packistan ebenfalls. Ein EU-Mitgliedstaat voller Opportunismus und Lippenbekenntnisse (nicht mal das, was das Verhalten Erdogans angeht). Aber Weltmoralapostel sein, Trump und Putin sowie Israel verdammen. Solch einen Partner (und dessen von den Steuerzahlern geklautes Geld) braucht Frankreich wirklich nicht. Es gibt… Mehr

schwarzseher
3 Jahre her

Erdogan weiß, daß die europäischen Politiker Weicheier ohne Selbstwertgefühl sind, die er nach Belieben vorführen und beleidigen kann und so bei den türkischen Wählern als Held gefeiert wird.

Andreas aus E.
3 Jahre her

Bedenkt man, daß der Mann 5. Kolonne hier im Land für sich weiß, welche gern ihrer heißblütig-orientalischen Lebensfreude freien Lauf läßt, kann einem schon etwas mulmig werden.

Regina Lange
3 Jahre her

In die Finsternis des Mittelalter fühlt der sich zurückversetzt? Es entbehrt nicht einer gewisser Komik, wenn das ausgerechnet von so einem kommt! Über die Rassismusvorwürfe will ich mich gar nicht äußern, das ist so lächerlich, dass es kein Wort wert ist.

giesemann
3 Jahre her

Kinderspruch: Was man sagt, das ist man selber.

Marina
3 Jahre her

Wie ist das möglich, dass ein Mullah vom Bosporus ständig unsere abendländische Kultur beleidigt? Fuer in gibt es nur den Islam in seinem Land!
Wenn wir in Europa so gestrickt wären wie er, dann gäbe es schon lange Krieg? Dieser Mensch gehört politisch isoliert, nicht mehr und nicht weniger!!!
Wo bleibt die Wehrhaftigkeit der Aufklärung? Die Linken sind so sehr in ihrem dogmatischen ,,Multikulti, gefangen, dass sie sich schon auf ihre verschleierten
Frauen freuen können. Frau Roth übt schon mal im Iran!!!
Die Linken in Europa schweigen, sie sind die Opfer ihrer selbst?

Konservativer2
3 Jahre her

Ich schäme mich selten dafür, Deutscher zu sein – heute schon. Während sich Macron deutlich positioniert, hat die Bundesregierung zumindest bis zu diesem Augenblick wieder einmal beredt geschwiegen. Haben wir jetzt Europa, oder nicht? Wenn ja: Deutschland hat Macron konsequent den Rücken zu stärken! Vermutlich wird jedoch die Appeasement-Fraktion (eine andere gibt es ja nicht…) wieder den Sieg davontragen. Man könnte ja die Erdogan-Anhänger im eigenen Land verprellen! Was darüber hinaus ebenfalls absurd ist: die Gewalttäter, mit denen aufgeräumt werden muss, sind von der Abstammung her doch gar keine Türken. Man beachte also: Erdogan spricht nicht für die Türkei, er… Mehr

martin ruehle
3 Jahre her

Entscheidend für Deutschland wird es sein, die Tür für seine Vasallen zu schließen und nur den Weg von innen nach außen offen zu lassen.
Wenn zweidrittel der in Deutschland lebenden Türken die Missachtung jedweder demokratischer Standards und friedlicher Koexistenz mit den Nachbarländern der Türkei wählen, sollte man ihnen den Heimweg ins Sultanat erleichtern.