Ausschussvorsitzende will Knabe bestrafen, weil er sich an Vorgaben des Senators hält

In der Sitzung des Untersuchungsausschusses versuchte Knabe mehrfach, die Gründe seiner Aussageweigerung zu erläutern. Dies wurde ihm durch die Ausschussvorsitzende mehrfach untersagt. Knabe ist jederzeit zu einer umfassenden Aussage bereit, wenn ihm sein ehemaliger Dienstherr dazu die erforderliche Genehmigung erteilt.

imago Images/IPON
Mit einem handfesten Skandal ging die Sitzung des Untersuchungsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses um die Entlassung von Dr. Hubertus Knabe als Direktor der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen am gestrigen Tag zu Ende. Die Ausschussvorsitzende Sabine Bangert (Grüne) verkündete am Ende der Sitzung, dass ein Ordnungsgeld von 1.000 Euro gegen Hubertus Knabe verhängt werden solle.

Knabe war als Zeuge vor den Ausschuss geladen. Doch sein ehemaliger Dienstherr, der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke), erteilte ihm eine Aussagegenehmigung, die allerdings mit so viel juristischen verklausulierten Einschränkungen versehen war, dass Knabe als Nicht-Jurist angesichts der Fallstricke nichts mehr zu sagen wagte.

Der Inhalt kurz zusammengefasst. Er darf im Prinzip nichts sagen: »Von der Aussagegenehmigung ist die Vorlage sämtlicher Beweismittel zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere von Akten, nicht erfasst«, heißt es in dem Schreiben. »Die Aussagegenehmigung erstreckt sich nur auf Vorgänge, die bei Einsetzung des Untersuchungsausschusses bereits abgeschlossen waren.«
»Angaben zur Bundesbeauftragten für Kultur und Medien dürfen nur insoweit gemacht werden, wie die Arbeitsweise oder das Verhalten von Beschäftigten dieser Behörde ihre Aufgabenwahrnehmung in Beziehung zur Stiftung Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen betrifft.«

Zu den vom ehemaligen stellvertretenden Direktor Frauendorf erhobenen Vorwürfen dürfen nur bereits bekannte Einzelheiten in öffentlicher Sitzung genannt werden. »Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der sexuellen Belästigungen und sonstigen Grenzüberschreitungen dürfen in öffentlicher Sitzung ebenfalls nur allgemein (…) bezeichnet werden.«

Unter Punkt sechs heißt es in dem Schreiben, das Knabe erst kurz vor der Sitzung des Ausschusses erhalten hat: »Wenn und soweit bei der Vernehmung Zweifel über die Zulässigkeit bestimmter Angaben nach den vorgenannten Maßgaben bestehen, sind diese Angaben zu unterlassen.« Unter diesen Bedingungen auszusagen, erschien Knabe zu heikel. Der Tagesspiegel machte daraus ein »Hubertus Knabe verweigert die Aussage«.

»Ich trage das Risiko, wenn ich etwas sage, was meinem früheren Arbeitgeber nicht gefällt, nicht Sie«, betonte er gegenüber Bangert und forderte auf, dafür zu sorgen, dass Knabe eine umfassende Aussagegenehmigung erhalte. »Das ist Ihr Job!« Aussagen wolle er gern.

Doch Bangert, ausgebildete Tischlerin aus Schwaben und ehemalige Projektleiterin für die Ausbildungsmaßnahme LIFE e.V./ ökotechnisches Frauenbildungszentrum Berlin, die auch bei Haushaltsberatungen »ohne zu Stocken die komplexen Nummernfolgen« aufrufen kann, wie der Tagesspiegel in einem Portrait bewundernd anmerkt, beriet erst einmal mit ihren Ausschusskollegen. Ergebnis: 1.000 Euro Ordnungsstrafe für Knabe, zuzüglich der Kosten des Verfahrens, und eine neue Vorladung.

Hubertus Knabe war von 2000-2018 Direktor der Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen und arbeitet das Unrechtsregime der DDR auf. Vor zwei Jahren kündigte ihm Lederer, als Mitarbeiterinnen erklärten, Knabes Stellvertreter habe sie sexuell belästigt. Knabe hatte wegen der Flurfunk-Berichte bereits im April 2018 Anzeige gegen unbekannt erstattet, als sich die Mitarbeiterinnen gegenüber dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) beklagt hatten. Die Ermittlungen waren jedoch von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden.

Die Entlassung war länger vorbereitet worden, berichtete seinerzeit ein Historiker der Stasi-Gedenkstätte gegenüber TE. Der »Hubertus« sei vom rot-rot-grünen Berliner Senat per »Stasi-Zersetzungsmaßnahme« endgültig zum Abschuss freigegeben worden, nachdem er sich auch mit dem damaligen SPD-Justizminister Heiko Maas wegen der Stasi-belasteten neuen »Internet-Stasi« angelegt hatte, jener ominösen Amadeu-Antonio-Stiftung.

Nach exklusiver Einsicht der Stasi-Akte der Vorsitzenden der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, erhob Hubertus Knabe seinerzeit Vorwürfe gegen den damaligen Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Es sei unverständlich, wieso »das Bundesjustizministerium ausgerechnet Kahanes Stiftung für eine sensible Aufgabe wie die Kontrolle des Internets heranzog.«

Unermüdlich wendet Knabe sich gegen die Verharmlosung der DDR, dokumentiert unter anderem die Wurzeln der Linken in der DDR, zeigt den nahtlosen Übergang von SED zu PDS und Die Linke – und belegt dies gerade wieder in einem sensationellen, bisher unveröffentlichten Dokument. In einer eidesstattlichen Versicherung des Linken-Schatzmeisters Karl Holluba sagt dieser nämlich aus: »Am 28. April 2009 versicherte Dr. Karl Holluba vor dem Berliner Landgericht an Eides statt: „Ich bin Bundesschatzmeister der Partei ‚DIE LINKE‘. Daher weiß ich: ‚DIE LINKE‘ ist rechtsidentisch mit der ,die Linkspartei.PDS‘, die es seit 2005 gab, und der PDS, die es vorher gab, und der SED, die es vorher gab.«

Knabe verfolgte die Spur der verschwundenen SED-Milliarden und zeigte in dem Beitrag »Milliardenklau«, wie sie unmittelbar nach der Wende von Gregor Gysi beiseite geschafft wurden.

Knabe zeigt die nahtlose Linie zu deren Nachfolger, der Linken auf, die heute wieder wesentliche politische Positionen im Berliner Senat besetzt hält. »Die personelle und ideologische Kontinuität ist erheblich.« Kein Wunder, dass die alten und neuen Seilschaften ihn loshaben wollen.

Hubertus Knabe erklärte nach der Sitzung: »In der Sitzung des Untersuchungsausschusses versuchte ich mehrfach, die Gründe meiner Weigerung zu erläutern. Dies wurde mir durch die Ausschussvorsitzende mehrfach untersagt. Ich betone noch einmal: Ich bin jederzeit zu einer umfassenden Aussage bereit, wenn mir mein ehemaliger Dienstherr dazu die erforderliche Genehmigung erteilt.
Die Ausschussvorsitzende Sabine Bangert (Grüne) verkündete am Ende der Sitzung, dass mir die Sitzungskosten und ein Ordnungsgeld auferlegt werden sollen. Dagegen werde ich rechtlich vorgehen.«


Zur Webseite von Hubertus Knabe finden Sie hier.

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Kommentare ( 47 )

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stolzerSachse
3 Jahre her

Hallo, mir stellt sich nach dem Lesen die Frage: § 219 (ungesetzliche Verbindungsaufnahme) § 106 (staatsfeindliche Hetze) Ersteres habe auch ich erlebt nach einem Besuch des ARD Studios in Ostberlin. Damals war der Leiter Fritz Pleitgen, den ich aber nie zu Gesicht bekam. Eigentlich nur ein Ersuchen um Hilfe, um für meine Tante eine Schwester (Flucht Ostpreußen) in der Schweiz eventuell doch noch ausfinding zu machen. Brachte mir im Endergebnis einen „Aufenthalt“ als Politischer im Zuchthaus Cottbus ein 🙁 Haben für Neckermann, Quelle und co. an der Produktion der guten Practica-Kamera „mitgewirkt“ Wer Interesse hat lese hier weiter. Nein, ich… Mehr

Neumann
3 Jahre her

Klare Ansage in der ehemaligen DDR: Die Justiz ist das Machtinstrument der herrschenden Klasse. Lederer hat das offensichtlich verinnerlicht und Knabe einen monströsen Maulkorb verpasst. Da wird über politische Übergriffe auf die Justiz in Polen und Ungarn lamentiert und hier ein Mensch gehindert, sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen. Sollte es schützenswerte Geheimnisse geben, gäbe es sicher anständige Mittel, diese Geheimnisse zu waren. Bitte dran bleiben, wie die Sache weitergeht. Wenn die Grün/Linken damit durchkommen glaube ich nicht mehr an den Rechtsstaat BRD!

HavemannmitMerkelBesuch
3 Jahre her

Hier sind alle Demokraten im Land aufgefordert, diesen großartigen Verteidiger der Demokratie gegen die neuen Staasimachenschaften zu unterstützen. WIEDER erleben wir alle in diesen Vorgängen nicht nur die bereits sehr lange vor dem Ende der DDR nicht nur vermuteten sondern auch bewiesenen Verquickungen und Förderungen von die BRD destabilisieren sollenden Vorgängen zwischen Staasi und den damaligen „oppositionellen“ Bewegungen des Westens bis direkt hinein in die „GRÜNEN“, die immer nur dann Freiheit propagieren und Überwachung, Datenschutz und staatliche Eingriffe in die Bürgerrechte wegbrüllen, wenn sie selbst nicht grad der Staat sind. Hier werden an Knabe mit direkter Beteiligung der einstigen Täter… Mehr

Olaf W1
3 Jahre her

Alter Wein in neuen Schläuchen…. Man sollte eine Crowdfounding-Kampagne für Herr Knabe starten um seine Strafen abzusichern und ihn dann öffentlich und vollumfänglich auspacken lassen! Danach sollte man sämtliche Linke-Parteimotglieder sofort festnehmen und denen den längst überfälligen Prozess machen. Dazu Merkel mit verknacken, weil sie es seit Jahren versäumt, dieses Überbleibsel des Unrechtregimes zu beseitigen. Dazu all ihre Innen- und Justizminister, die das offenkundig (bewußt?) verpennt haben. Was der Mann alles rausgefunden hat, wäre hoch interessant aber käme der Einheitspartei gerade höchst ungelegen. In Berlin wie in Berlin (ein Wortspiel….)

Joerg Plath
3 Jahre her

Das hat dann schon was von kommunistischem Schauprozess… Wer ist denn eigentlich noch so in dem Untersuchungsausschuss? Nur Mitglieder der Berliner Regierung??? Schon den Maulkorb von Lederer halte ich für skandalös. Irgendwie müsste mal jemand juristisch aufräumen in diesem Sauhaufen…

frechdachs
3 Jahre her
Antworten an  Joerg Plath

Ja, wer, wann und wo?

Jasmin
3 Jahre her

Hallo Herr Kempf, das interessiert mich jetzt wirklich! Wieso existiert ein Stasi- Fahndungsbefehl noch? Sind die nicht alle aufgehoben worden, es sei denn, die Fahndung erfolgte wg. eines Kapitalverbrechens? Und was bedeutet das Bestehen einer Fahndung ganz konkret für Ihr Leben? Kann man den nicht aufheben lassen?
Bitte entschuldigen Sie meine Neugier, aber das wäre mMn ein Skandal, wenn Stasi- Fahndungsbefehle 30 Jahre nach Ende der DDR – Diktatur noch Gültigkeit hätten.
Freundliche Grüße
Jasmin Gerigk

Jasmin
3 Jahre her
Antworten an  Jasmin

Danke für die Rückmeldung. Wieder was gelernt. Erstaunlich, das es da keine Generalamnestie gab. Und ja, ich kann Ihre Sorgen gut nachvollziehen, wenn man sieht, was hier so entsteht.

h.milde
3 Jahre her

Eine perfekt insszenierte sinistroviride Situatiom á la Kafka.Die # AgitProp-Sekrtärin wird´s freuen, wenn hier „Unverzeihliches“ verhindert wird.

Hairbert
3 Jahre her
Antworten an  h.milde

Sehe ich auch so: Perfekt in die Zange genommen; eine Chance hat er nicht gehabt, wurde von vornherein per rotzgrüner Absprache unterbunden.
Anmerkung: M.E. hat Hubertus Knabe uns sehr viel mitzuteilen, z.B. in seinen Artikeln und Büchern. Dies scheint man offensichtlich nicht zu wollen, was das Regime entlarvt und diskreditiert.

Phil
3 Jahre her

Die SED ist weiterhin aktiv, oder um es mit den Worten von Roland Baader zu umschreiben, hat der Wolf lediglich Kreide gefressen. Knabe ist einfach ein weiteres Opfer dieser Partei, ein Wunder das er nicht als Faschist diffamiert wurde. Knabe, ein unliebsamer Nestbeschmutzer für die SED 2.0, es war lediglich eine Frage der Zeit bis Parteigenosse Lederer dem Befehl zum „Abschuss“ nachgekommen ist, weiß der Geier was Knabe über die Amadeo-Antonio-Stiftung sonst noch alles zu Tage gefördert hätte….. Das Verwirrspiel um Faschismus und Kommunismus (bzw. Sozialismus) damals wie heute, die Einteilung in „rechts“ und „links“ lässt sich bestens mit den… Mehr

Lotus
3 Jahre her

Hier soll, nach bester Sozialisten-Tradition, ein Andersdenkender, der sich nicht auf Linie trimmen lassen will, fertig gemacht werden.

StefanB
3 Jahre her

Zu den von Kommunisten Lederer (Die Linke) gemachten Aussageeinschränkungen: Das nennen die Linksgrünen „Transparenz“.

Im Übrigen: So sieht es aus, wenn sich zwei unversöhnliche politische Systeme gegenüberstehen.