Deutschland droht eine Flucht in Schwarzarbeit und Auswanderung

„Die Jungen Unternehmer“ und „Die Familienunternehmer“ warnen: Steigen die Beiträge für die Sozialversicherung weiter, droht Deutschland eine Flucht in Schwarzarbeit und Auswanderung. Ein Gutachten untermauert das.

IMAGO / Jochen Eckel

Noch sechs Jahre. Dann, 2030, wird der Sozialstaat, wie wir ihn aktuell kennen, „weder finanzierbar noch reformierbar sein“, so warnen die beiden Verbände „Die Jungen Unternehmer“ und „Die Familienunternehmer“. Sie haben bei den Professoren Christian Hagist und Dr. Stefan Fetzer ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: „Die Kosten werden dann (2030) so erdrückend hoch sein, dass die junge Generation den Generationenvertrag wegen der steigenden Beitragssätze einseitig aufkündigen und sich entweder in Schwarzarbeit oder Auswanderung verabschieden wird.“

Die Gutachter gehen davon aus, dass deutsche Frauen künftig im Schnitt 88,2 Jahre alt werden, deutsche Männer 82,6 Jahre. In der Migration rechnen sie damit, dass die in den nächsten zehn Jahren auf 250.000 Zuwanderer pro Jahr zurückgeht und danach konstant bleibe. Insgesamt werde Deutschland eine „doppelte Alterung“ erleben. Zum einen, weil die Lebenserwartung steigt. Zum anderen, weil sich die Geburtenrate bei 1,5 pro Mutter einpendelt. Das gefährdet die Sozialversicherung in ihrer bisherigen Form: als „Generationenvertrag“.

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In der Rentenversicherung ist der „Generationenvertrag“ deutlich zu erkennen: Die arbeitenden Menschen finanzieren mit ihren Beiträgen den Ruhestand derer, die davor durch ihre Arbeit das Land am Laufen hielten. Doch auch in der Gesundheitsversicherung und in der Pflegeversicherung greift das Modell des Generationenvertrags, da Ältere aus biologischen Gründen im Schnitt mehr Leistungen beziehen als Jüngere. Wobei Kinder und Jugendliche berücksichtigt werden müssen, die im Gesundheitsbereich ebenfalls überdurchschnittliche Kosten verursachen.

Schon jetzt müssen Arbeitnehmer laut Gutachten rund 40 Prozent ihrer Produktivität an die Sozialversicherung abgeben. In den nächsten sechs Jahren werde der Anteil auf 44,5 Prozent steigen, sagen die Gutachter voraus. „Erfolgreiche Anwerbung und Integration von Ausländern in den Arbeitsmarkt“ könne den Anstieg geringer ausfallen lassen.

Ein Szenario fehlt in dem Gutachten allerdings: Was, wenn die Anwerbung und Integration von Ausländern nicht erfolgreich verläuft, sondern zu weiteren Kosten führt? Derzeit liegt der Ausländeranteil in Deutschland laut Statistischem Bundesamt etwa bei 14 Prozent – der Anteil von Ausländern an erwerbsfähigen Beziehern von Bürgergeld liegt laut Agentur für Arbeit bei über 45 Prozent. Doch der Gedanke, dass Anwerbung von Ausländern schieflaufen könnte, darf in Nancy-Faeser-Land weder ausgesprochen noch gedacht werden – nicht einmal in einem Gutachten zur Zukunft der Sozialversicherung. Zumindest räumen die Gutachter ein, dass es nicht klar ist, „wie der durchschnittliche ökonomische Status der zukünftigen (Netto)-Einwanderer sein wird“. Wenn man sich so ausdrückt, dass es keiner versteht, darf man sich der Realität in Faeser-Land nähern.

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Reformen, die das Steigen der Beitragssätze stoppen oder wenigstens bremsen, sind nicht in Sicht. Die Beiträge zur Krankenkasse sind fünf Jahre in Folge gestiegen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nimmt dies stets achselzuckend zur Kenntnis. Den Beitrag zur Pflegeversicherung hat er erst im letzten Jahr massiv erhöht. Der nächste zeichnet sich bereits ab.

Das Thema Rentenversicherung ist besonders heikel. Kanzler Olaf Scholz (SPD) verdankt seinen Wahlerfolg von 2021 zwei Gruppen: den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes und Menschen über 60 Jahren. Eine Regierung unter ihm wird daher weder die Ungerechtigkeiten zwischen Pensionären und Rentnern angehen noch Einschnitte ins Rentenniveau. Indes könnte es unter einer rot-geführten Regierung wieder zur Erhöhung des Beitragssatzes kommen oder zur Erhöhung des Renteneintrittalters.

Das würde aber wieder die treffen, die den ganzen Spaß in Deutschland finanzieren. Für die es laut Ifo-Institut schon jetzt kaum einen Unterschied macht, ob sie 3000 oder 5500 Euro brutto verdienen, weil ihnen der Staat netto fast jeden Mehrverdienst wegnimmt. Für sie sind und werden immer mehr die Alternativen attraktiv, vor denen die Verbände warnen: Schwarzarbeit oder Abwanderung.

Die Vorschläge der Jungen Unternehmer und der Familienunternehmer sind ehrenwert: die Digitalisierung forcieren, die Bürokratie abbauen, den Wettbewerb effektiver gestalten. Das sind Versprechen, die Politiker auch tatsächlich machen. Die können Politiker sogar noch machen, wenn sie morgens um 5 Uhr besoffen aus der Kneipe fallen. Doch im Bundestag heißt die Realität dann Heizhammer oder Datenschutzgrundverordnung. Die digitale Revolution findet in Kalifornien, China und Indien statt – in Deutschland gibt es den Cookie-Button. Und die berechtigte Sorge um die Finanzierbarkeit des Sozialstaates.

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Kommentare ( 95 )

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Endlich Frei
7 Monate her

Dieses Land hat komplett seinen Kompass verloren.

Für Italien oder die Niederlande wären diese Zustände undenkbar. In diesen Ländern mit Rentenquoten um die Hundert Prozent wäre es undenkbar, für Kriminelle und sonstige namenlose Deutschlandfahrer auf die eigene Zukunft zu verzichten.

Del. Delos
7 Monate her

Das ist alles so BITTER. Ich kann nicht mehr darüber lachen. Und das, obwohl ich zum Glück schon längst weg bin aus Deutschland. Aber ich verfolge alles mit und es tut richtig WEH, das Land so – absichtlich – kaputt gehen zu sehen. Was war das bloß mal für ein SCHÖNES Land, in dem man gut leben konnte! Die ehemaligen Gastarbeiter, die im Rentenalter zurück in ihre Heimat gehen (im vorliegenden Fall ist es Griechenland) schütteln nur noch ungläubig den Kopf wegen dieses aus ihrer Sicht völlig UNVERSTÄNDLICHEN und auch UNFASSBAREN Verfalls von ALLEM, was uns allen mal wichtig war.… Mehr

giesemann
7 Monate her

„Kanzler Olaf Scholz (SPD) verdankt seinen Wahlerfolg von 2021 zwei Gruppen: den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes und Menschen über 60 Jahren. Eine Regierung unter ihm wird daher weder die Ungerechtigkeiten zwischen Pensionären und Rentnern angehen noch Einschnitte ins Rentenniveau“. Besser kann man kaum die Kehrseite der Demokratie als Staats- und Regierungsform beschreiben – „the seamy side“. Wer hat eine Idee, wie man das regulieren könnte? Verbot von Klientelpolitik? Minderheitenschutz? Wie wäre das aus zu gestalten?

HansKarl70
7 Monate her

„wie der durchschnittliche ökonomische Status der zukünftigen (Netto)-Einwanderer sein wird“. Wer das nicht versteht, der versteht gar nichts mehr.

Klaus D
7 Monate her

Mein mitleid mit uns deutschen hält sich hie rin grenzen. WER hat denn die letzten 20-30 jahren diese politik gewählt?! Wer CDU CSU FDP SPD Grüne gewählt hat trägt hier eine mitverantwortung. Ich habe es erst richtig gemerkt nach dem verrat von Schröder SPD an der sozialdemokratie. Dann war ich lange nichtwähler und 2017 habe ich AfD aus protest gewählt was ja bekanntlich nichts gebracht hat. Dann 2021 habe ich die Grünn gewählt damit das kind endlich in den brunnen fällt. Und das war/ist erfolgreich gewesen! Ich habe für mich erkannt das wählen und ein hoffen auf die politik absolut… Mehr

John Beaufort
7 Monate her

Ich sehe es weniger so, dass dies „droht“. Vielmehr hoffe ich darauf! Erst, wenn die Leistungsträger sich ihrer Ausbeutung durch Steuern entziehen (indem sie schwarz, nicht mehr oder im Ausland arbeiten), wird dieses unfaire System kollabieren und Platz für eine gerechtere Gesellschaft machen. Ich tue das Meinige dazu, indem ich in Deutschland keinen Cent Steuern zahle.

Ananda
7 Monate her

Datenschutzgrundverordnung.“. Der Bürger wird komplett transparent gemacht und demnächst an die Totalüberwachung „digitaler Euro“ gebunden ….. und die machen einen auf „Datenschutz“.
Das Umweltschutzgetue (Klima) ist die selbe Rubrik: Ein tierisches TamTam und hinter der hübschen Fassade die größten Sch*ein*ereien.

Markus Gerle
7 Monate her

Umverteilungssystem erfordern stetiges Wachstum und sind somit nicht nachhaltig. Man hat leider versäumt, die Umlagesysteme auf Kapitaldeckung umzustellen. Außerdem hat die Politik dafür gesorgt, dass immer weniger Leute die Umlage finanzieren, während immer mehr Menschen etwas aus der Umlage erhalten. Klar, dass dies irgendwann nicht mehr funktioniert. Das scheint nun langsam der Fall zu sein. Bei den jüngeren Menschen (sog. Gen Z), mit denen ich zu tun habe, stelle ich eine unglaubliche Spaltung fest. Ca. 1/3 dieser Altersgruppe scheint durchaus leistungsstark und leistungswillig zu sein. Die bekommen anders als z. B. in den 90ern auch problemlos interessante Jobs. Nur werden… Mehr

HansKarl70
7 Monate her
Antworten an  Markus Gerle

Wir müssen einfach einsehen, „so funktioniert es nicht mehr“ Auf vielen Gebieten muss etwas passieren, damit es anders wird oder wir gehen den Bach runter bis zum bitteren Ende.

egal1965
6 Monate her
Antworten an  Markus Gerle

Ich würde den vorletzten Satz etwas anders formulieren:
Deutschland ist somit kein Einwanderungsland für wirkliche Fachkräfte…
Ansonsten stimme ich ihnen vollumfänglich zu.

Last edited 6 Monate her by egal1965
Peter Klaus
7 Monate her

Und die, die nicht schwarz arbeiten wollen oder können, arbeiten einfach weniger. Kenne fast keinen Selbständigen, der nach Corona seine Leistung wieder hochgefahren hat auf 100%. 30% – 50% weniger Leistung/Umsatz = nur 10% – 20% weniger Gewinn = viel weniger Stress. Läuft! Nur die Herrschaften vom zuständigen FA (Steuervorauszahlungen!) haben es noch nicht so richtig begriffen bzw. wollen es noch nicht so richtig war haben.

Nibelung
7 Monate her

Ein Sozialstaat funktioniert nur bei vernünftigem Geben und Nehmen, ansonsten gerät er in Schräglage und da sind wir bereits mitten drin, weil Sozialisten im Eigennutz rechnen können und sich über Geben beim Volk definieren um darüber die Macht zu erhalten, weil sie auch ansonsten keine stichhaltigen Argumente für das tägliche Leben haben und wenn, dann wurden die klugen Köpfe von den linken innerhalb der Partei abgesägt um den alten Idealen zu fröhnen. Dieses alte Rollenspiel ist ja nicht neu und zur Zeit treiben sie es mal wieder auf die Spitze, national und international und das muß doch jedes Gefüge zum… Mehr