Corona-Update zum 6. Mai: Weitere Lockerungen und ein Fahrplan für Bayern

Söder gefällt sich als großzügiger Landesvater und stellt einen Lockerungs-Fahrplan für Bayern vor, der doch nur die Beschlüsse der letzten Woche umsetzt - aber später. Auch Hamburg bemüßigt sich, die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz umzusetzen. Andere Länder verkünden weitere Lockerungen.

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Am Dienstag stellte der bayerische Ministerpräsident einen Corona-Fahrplan vor. Dabei gefällt er sich in seiner Rolle als großzügiger Landesvater, der den Bürgern ein wenig mehr Freiheit gestattet. Wie ein Vater, der seinem Jugendlichen gestattet, Freitag abends erst um Zehn zuhause sein zu müssen, sagt er:

„Mehr Freiheit, aber auch mehr Verantwortung für den Einzelnen und wir bitten, dass jeder mit dieser, ein Stück weit stärker gewordenen Freiheit verantwortungsvoll umgeht. Der Staat bleibt wachsam.“

So als sei es eine Selbstverständlichkeit, dass der Staat in das private Leben seiner Bürger hineinregieren darf, und kein Privileg, dass ihm in der Ausnahmesituation vorübergehend übertragen wurde.

Mehrfach beton er, dass Bayern das am vorsichtigsten vorgehende Bundesland ist – nicht unbedingt unangebracht, bedenkt man, dass Bayern mit gut 43.600 Corona-Fällen das am stärksten betroffene Bundesland ist (NRW hat mit 33.800 den 2. Platz, Baden-Württemberg den dritten mit 32.500 Fällen). Aber Übervorsicht bei der Öffnung des Landes ist auch kein erstrebenswertes Ziel.

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Die größte Änderung ist, dass in Bayern ab 6. Mai keine Ausgangsbeschränkungen mehr gelten, sondern die gleichen Kontaktbeschränkungen wie im Rest der Republik. Das heißt, ein Mindestabstand von 1,5 Metern muss eingehalten werden, man darf mit nur einer anderen Person Kontakt haben. Eine Ausnahme gilt hier für Familien, die sich auch zu größeren Gruppen zusammen finden können – wie überaus großzügig vom Herrn Landesvater, dies zu erlauben.

Ebenfalls sind unter Auflagen wieder Besuche in Pflegeeinrichtungen zu anderen Zwecken als zur Sterbebegleitung erlaubt. Auch hier gelten Abstandsregeln, Maskenpflicht und eingeschränkte Besuchsrechte.

Bis Pfingsten (31. Mai), will die Landesregierung erreichen, dass die Hälfte aller Kita-Kinder und Schüler wieder ihre jeweiligen Einrichtungen besuchen dürfen. Dabei gilt in den Schulen eine gelockerte Präsenzpflicht für Kinder deren Eltern (nach Selbsteinschätzung) zur Risikogruppe gehören. Der Unterricht an den Schulen soll im Blockunterricht – also eine Woche Schulbesuch, eine Woche Heimlernen – stattfinden. Die Ferienzeiten bleiben, ausgefallener Unterricht soll also nicht nachgeholt werden. Söder beruft sich auf den Kultusminister Bayerns, Michael Piazolo, und garantiert, dass die Abschlüsse weitgehend die gleiche Qualität haben werden wie in anderen Jahren. Es sei hierzu jedoch bemerkt: Der Wert politischer Garantien von Unionspolitikern – Altmaier: „Es wird kein Arbeitsplatz verloren gehen“, Spahn: „Wir sind gut vorbeireitet“ – ist in dieser Krise allerdings dürftig.

Ab 11. Mai kommt es noch zu anderen Änderungen: So fallen zum Beispiel die 800 Quadratmeter als Begrenzungen weg, alle Geschäfte dürfen komplett öffnen. Auch dürfen Nagelstudios und Kosmetikstudios öffnen – was in vielen anderen Bundesländern schon seit dem 4. der Fall ist. Auch werden Zoos, Botanische Gärten, Museen voraussichtlich ab diesem Zeitpunkt öffnen dürfen – in anderen Bundesländern ist dies schon seit Montag der Fall.

Für die Gastronomie stellte Söder auch einen Fahrplan vor. Niedersachsen hatte bereits am 5. Mai verkündet, dass gastronomische Betriebe ab dem 11. Mai wieder öffnen dürfen – bei verringerter Gästezahl und Reservierungspflicht. Eine Reservierungspflicht besteht in Bayern nicht, allerdings darf die Gastronomie im Freistaat erst später öffnen: ab 18. Mai die Außengastronomie, aber nur bis 20:00 Uhr und es gelten Kontaktbeschränkungen, Hygienemaßnahmen und eine Maskenpflicht für das komplette Personal.

Ab 25. Mai dürfen Speiselokale öffnen – bis 22:00. Ab 30. Mai dürfen auch Hotels und andere Fremdenverkehrsbetriebe öffnen – allerdings müssen Saunen, Wellnessbereiche und Schwimmbäder in Hotels geschlossen bleiben. Auch Campingplätze dürfen öffnen – die Gemeinschaftsduschen können aber auch dort nicht geöffnet werden.

Auch hier hinkt Bayern anderen Ländern hinterher: Am Dienstagabend vereinbarten die Wirtschaftsminister der Länder ein Öffnen der Gastronomie ab dem 9. Mai.

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In Mecklenburg-Vorpommern dürfen Gastronomische Betriebe schon ab 9. Mai für Einheimische öffnen. Ab dem 18. Mai darf der Fremdenverkehr folgen – aber nur für Mecklenburg-Vorpommeraner, die innerhalb ihres Bundeslandes verreisen wollen, denn das Einreiseverbot aus touristischen Zwecken fällt erst am 25. Mai. In Schwerin (wie auch in Magdeburg und Kiel) geht man in der Corona-Krise eigene Wege.

In Sachsen-Anhalt dürfen ab 22. Mai Restaurants öffnen, Freieinhäuser und -Wohnungen ab 15. Mai an Einheimische vermietet werden – Harzurlaub ist zu Pfingsten wohl ein Privileg weniger.

Nicht nur Bayern, sondern auch Hamburg brauchte einige Tage, bis die Volksvertreter dazu kamen, die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz von letzter Woche umzusetzen: Dort dürfen aber am Mittwoch schon Spielplätze, Zoos, Botanische Gärten öffnen und Gottesdienste stattfinden. Die Museen dürfen zwar schon öffnen, werden aber voraussichtlich bis Donnerstag brauchen, um die Hygieneregelungen des Senats in die Tat umzusetzen.

Da schon Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holsten Besuch in Pflegeheimen (teils unter Auflagen) erlaubt haben, kommen nun auch andere Länder in Zugzwang: Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben die Besuchsverbote ab kommenden Sonntag und Donnerstag gelockert.

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Kommentare ( 40 )

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Karina Gleiss
3 Jahre her

Die Antwort des seligen Franz-Josef auf diese Anmaßung würde an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen.

Weiss
3 Jahre her

Ich habe mich mit einigen Kleinunternehmern und Ladenbesitzern in den letzten Tagen unterhalten und umgehört. Einige sagen, dass der Einbruch massiv sei und manch Ladenbesitzer den Lockdown wirtschaftlich nicht überleben und verkraften werde. Viele Menschen seien immer noch verängstigt und stünden unter Schock. Bei einigen Kunden säße das Geld auch nicht mehr so locker in der Tasche, weil die Zukunft unsicher geworden sei… Aus den USA höre ich zudem von Unternehmern, dass ca. 30 bis 50 % der Kleinstunternehmer mit weniger als zehn Mitarbeitern die Wirtschaftskrise kaum überstehen werden. Eine Pleitewelle würde über das Land bald rollen…Es gäbe kaum Kundenverkehr…… Mehr

elly
3 Jahre her
Antworten an  Weiss

„Kleinunternehmern und Ladenbesitzern“ jammern und klagen seit Jahren über die Konkurrenz durch online Handel und sind noch nicht einmal jetzt fähig oder willens das Momentum zu nutzen. Statt sich zu einem Verbund zusammen zu schließen und eine „Art regionale Amazon“ zu bilden, wieder nur jammern und Steuergelder fordern. Steuergelder die dann den Verbrauchern fehlen.

swengoessouth
3 Jahre her

Ich habe mal die Neuinfektionen für Freiburg von den letzten 13 Tagen herausgesucht:

Summe 24
05.05.2020 2
04.05.2020 2
03.05.2020 0
02.05.2020 2
01.05.2020 0
30.04.2020 3
29.04.2020 6
28.04.2020 0
27.04.2020 1
26.04.2020 5
25.04.2020 2
24.04.2020 0
23.04.2020 1

Quelle: Sozialministerium BW augeschlüsselt nach Landkreise:

https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Downloads_Gesundheitsschutz/Tabelle_Coronavirus-Faelle-BW.xlsx

Fulbert
3 Jahre her

Was für lupenreine Demokraten an der Spitze der europäischen Staaten stehen, ist noch besser in Frankreich zu beobachten, wo ein ganzes Volk für seine vorherigen Proteste drangsaliert wird – mit Methoden, gegen die die Einschränkungen in vielen autoritären Systemen weltweit geradezu lächerlich sind (in Weißrussland können sich die Menschen wenigstens frei bewegen).
Wo bleibt eigentlich der Aufschrei der EU-Behörden? Wo die Überprüfung durch den EuGH? Wenn es gegen Ungarn, Polen und andere Staaten geht, sind die Herrschaften doch immer schnell dabei, demokratische Defizite zu bemängeln.

Dieter Rose
3 Jahre her

Danke, Euer Hochwohlgeboren,
für Eure Gunst!
Nein, nicht Ihnen, Herr Tichy, sondern dem
bayerischen Landesvater.

Ihnen, Herr Tichy ein von Herzen
kommendes Vergelt’s Gott!

SpenglersPriest
3 Jahre her

Die zweite Welle wird mit großer Wahrscheinlichkeit kommen. Nicht zuletzt, weil viele offenkundig überzeugt sind, dass das Virus verschwunden ist, oder plötzlich keine Bedrohung mehr ist. Daher ignoriert man dann jegliche Vorsichtsmaßnahmen. Mal sehen, wer dann in ein paar Wochen rumheult, wenn wir wieder zehntausende Neuinfektionen jeden Tag haben.

elly
3 Jahre her

“ Der Unterricht an den Schulen soll im Blockunterricht – also eine Woche Schulbesuch, eine Woche Heimlernen – stattfinden. “
jetzt freue ich mich auf das abermalige Geplärre der Eltern, denn jetzt wirds noch schwieriger zu organisieren.
Mich erstaunt immer wieder, weshalb z.B. Mecklenburg-Vorpommern oder auch Schleswig-Holstein die Binnengrenze schließen kann und das nicht thematisiert wird. Wir nehmen also geschlossene innerhalb unseres Landes als gegeben hin und gleichzeitig bleiben die Außengrenzen zur Einwanderung in das Sozialsystem sperrangelweit offen.

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  elly

Wir nehmen auch die semipermeable Außengrenze seit Wochen als gegeben hin. In der DDR mussten sie sowas als Mauer noch manifestieren… „Alle diese Untersuchungen, die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben und immer noch arbeiten, all das wird in die falschen Hände geraten. Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen – um sie dann zu übernehmen. Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst,… Mehr

Karina Gleiss
3 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Sie wusste es.

Kontra
3 Jahre her

Ja sie sind in Gerberlaune, die Damen und Herren MP/innen. Obergrenze? Tolle Idee, findet Söder. Ach schau mal an…und 2015 so? 2. und 3. Welle mußte auch noch schnell mit untergebracht werden. Das hier auch ja keiner übermütig wird, bei der Geisterspielkonferenz im abgewohnten Home Office. Wenn Merkel heute bei der Einlaufzeremonie zur PK keine Maske trägt ist aber hängen im Schacht!

Boudicca
3 Jahre her

Politiker und hohe Beamte verzichten immer noch nicht auf einen Teil ihrer üppigen Bezüge, obwohl sie jetzt einen Teil der Bürger in die Armut schicken.
Die Beiträge werden vom Staat erhoben um genau in diesen Situationen die Erwerbstätigen ab dem ersten Tag an dem sie arbeiten ab zu sichern und ist kein Geschenk vom Staat.
Sie waren nicht dafür gedacht, dass „Vorstände“ einer gesetzlichen Kranken- oder Arbeitslosenversicherung Gehälter kassieren, die weit über den üblichen Beamtenbezügen liegen und von einer ineffizienten Verwaltung mit vielen Posten aufgezehrt werden.

Boudicca
3 Jahre her
Antworten an  Boudicca

Die Beiträge sind natürlich die Beiträge zur Sozialversicherung. Im Hinterkopf hatte ich Florian Gerster. Nach seiner Entlassung wurde er mit ca. 420.000 Euro weiterhin auf Staatskosten gut versorgt.
Bevor er überhaupt zu arbeiten anfing, ließ er sein Büro großzügig renovieren und das Kantinenessen war ihm nicht gut genug.
Alles zwischen 2002 und 2004 als rot-grün unter Schröder und Kanzleramtschef Steinmeier Hartz IV ausgekocht wurde und Deutschland unter der finanziellen Wiedervereinigung und hoher Arbeitslosigkeit ächzte.

SeiDuSelbst
3 Jahre her
Antworten an  Boudicca

Und die ÖR, die sollen ihren Gürtel auch mal enger schnallen! http://Www.rundfunk-frei.de unterschreiben

Alf
3 Jahre her

Söder wäre ein besserer Landesvater, würde er sich von Merkel abnabeln. Die Vorstellungen der großen Vorsitzenden sind weder alternativlos, noch verdienen sie eine unreflektierte Übernahme. Das Thema Obergrenze ist der neuerliche Versuch Merkels, die Länderchefs einzugrenzen, Und sie hat dabei Erfolg. „Ja, ich halte diese Idee für richtig“, sagte Söder in einem BR extra mit BR-Chefredakteur Christian Nitsche. So hätte man eine Art Kennzahl. Man brauche ein Gefühl dafür, wann gegebenenfalls wieder stärker eingegriffen werden muss, erklärte der bayerische Ministerpräsident (Söder im merkur). Kennzahlen haben wir dank RKI ja genug und diese Kennzahlen werden noch heute wie ein Monstranz durch… Mehr

elly
3 Jahre her
Antworten an  Alf

Würde sich Söder von Merkel lösen, wäre es vorbei für ihn. Es sind die leisen Töne Söders, die Nebensätze, die man beachten muss. Er sagt immer wieder, dass er sich für Bayern eigene Regelungen ausnimmt. Das macht zwar Meck Pom und Schleswig Holstein auch, aber bei Söder plärren Laschet, Schwesig und andere MPs sofort auf.

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  elly

Und wenn man all das nun als ein teuer aus Steuergeld subventioniertes „Theater“ nähme, während ein ganz anderer „Plan“ hinter der Bühne in den Kulissen uns zu schaden zusätzlich zu noch höheren Kosten abgewickelt würde?