Corona-Update zum 4. April: Wie raus aus dem Kontaktverbot?

Bayern führt im Vergleich der relativen Fall-Zahlen. Berlin gegen die Vereinigten Staaten von Amerika: wurden Schutzmasken beschlagnahmt? Das ifo-Institut veröffentlicht eine Strategie, die dem Dokument des Bundesinnenministeriums sehr ähnlich ist.

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Bayern führt jetzt die Statistik der Bundesländer-Fallzahlen pro Hunderttausend mit 160,2 Fällen/HT an. Im Saarland sind in den letzten Tagen die Fallzahlen sprunghaft angestiegen, dort sind nun 133 Einwohner pro Hunderttausend als Corona-Infiziert gemeldet. Im deutschlandweiten Durchschnitt sind 102,5 Personen als infiziert gemeldet.

In Deutschland sind laut Länderinformationen mittlerweile 85.386 Menschen als Corona-Infiziert gemeldet (Stand 03. April, 20:30). Die Johns Hopkins Universität meldet 90.964 Fälle (Stand: 03. April, 23:00).

Den Länderinformationen nach sind mittlerweile 1.150 als Corona infiziert gemeldete Personen verstorben, das sind 1,35% aller als infiziert Gemeldeter.

Folgephänomene

Laut Tagesspiegel führt die Türkei nun auch eine Maskenpflicht ein. Lange hieß es dort, es gäbe keine Corona-Fälle, als nächstes dann, dass die Opposition die Infektion eingeschleppt habe (während im Fernsehen darüber diskutiert wurde, ob türkische Gene nicht immun machen würden) – und nun gilt eine Maskenpflicht. Verschweigen hilft eben nicht gegen Ansteckung.

In Deutschland bleibt keine gute Tat ungesühnt: Ein Schnapsbrenner stellt seine Produktion um und produziert Desinfektionsmittel nach WHO-Rezeptur. Dieses Desinfektionsmittel wird an Altenheime gespendet, denen die wertvolle Flüssigkeit ausgegangen ist. Weil er allerdings den im Desinfektionsmittel verwendeten Alkohol nicht vergällte (also ungenießbar machte), musste er Alkoholsteuer auf seine Spende nachzahlen: ganze 5.000 Euro.

Gestern kam es zum Eklat: Der Innensenator Berlins, Andreas Geisel (SPD) verkündete, in Berlin würde ein bestellte Lieferung von 200.000 Schutzmasken der Klasse FFP-2 nicht ankommen, weil diese Lieferung in Bangkok von den USA für den eigenen Bedarf konfisziert worden sei, Washington dementiert. Noch ist nicht klar, wer hier die Unwahrheit sagt – will der Berliner Senator eigenes Versagen decken, saß er Betrügern auf oder kam es wirklich zum Masken-Klau seitens der USA in einem Drittstaat?

Hintergründe

Das ifo-Institut, bekannt für seine Geschäftsklima-Index, der als Frühindikator wirtschaftlicher Veränderungen dient, veröffentlichte gestern eine Strategie, wie die Lockerungen des jetzt bestehenden Kontaktverbots ausgestaltetet werden können.

Die Forscher argumentieren, dass die hohen Kosten, die der Shutdown verursacht – sowohl wirtschaftlich als auch sozial – es nötig machen, diesen zum Abschluss des Monats April enden zu lassen. Denn jede weitere Woche, die die Wirtschaft stillsteht, kostet zwischen 25 und 57 Milliarden Euro. Auch den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt sehen die Forscher gefährdet, wenn die jüngeren Generationen den Eindruck gewinnen, dass die Interventionen der Regierung einen ungerechtfertigten persönlichen Preis fordern. Auch sehen die Forscher eine Gefahr, dass durch unfaire oder zu späte Verteilung von Hilfsgeldern Teile der Bevölkerung ihr Vertrauen in den Staat verlieren, „was spaltende gesellschaftliche Kräfte stärken und schwerwiegende politische Konsequenzen haben kann“.

Es ist eine interessante Parallele zum Geheimdokument des Bundesinnenministeriums (BIM), das schon hier besprochen wurde. Auch dort wird davor gewarnt, dass es im Fall eines Wirtschaftszusammenbruchs zu massiven gesellschaftlichen Unruhen kommen kann. Besonders vor dem Fall, dass die Wirtschaft unter einer immer wieder verlängerten, bis zum Jahresende dauernden, Stilllegung zusammenbricht, wird gewarnt. Die Konsequenzen für Politik und Gesellschaft seien „nicht vorstellbar“.

Was das ifo-Institut fordert, die Wirtschaft nach Ostern wieder in Gang zu setzen, mit aufeinander folgenden, teilweisen Lockerungen der Kontaktsperre, ist ziemlich genau das Szenario, das das BMI als Idealfall darstellt. Die wirtschaftlichen Konsequenzen wären dann vergleichbar mit denen der Finanzkrise 2008/9. Die Gefahr, die das BMI sieht, bestünde darin, dass die Lockerungen zu schnell erfolgen und das Corona-Virus dann in einer zweiten Welle über Deutschland hereinbricht. Um dies zu vermeiden, fordern beide Strategien einen massiven – und möglicherweise zu optimistischen – Ausbau der Testkapazitäten und ein gezieltes Isolieren und Quarantäne bei Verdachtsfällen.

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Kommentare ( 81 )

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81 Comments
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Heinrich Wolter
4 Jahre her

Wollen Sie wirklich ein Wikingerdorf am A… der Welt mit z.B. Italien vergleichen? In Bergamo, das ungefähr ein Drittel der Bevölkerung von Island hat, gab es allein im März 533 Todesfälle (Vorjahr 125). s. hier:
https://www.heise.de/tp/features/In-der-Lombardei-gibt-es-viel-mehr-mit-Corona-verbundene-Tote-als-offiziell-gemeldet-4695910.html

Klaus Kabel
4 Jahre her

Grenzschließung gilt für alle – nur nicht für Asylbewerber. DIE WELT (leider hinter der Bezahlschranke)

Heinrich Wolter
4 Jahre her
Antworten an  Klaus Kabel

Das geht natürlich nicht! Das wäre ja Grundgesetz-konform. (Deutschland grenzt bekanntlich nicht an Länder mit politischer Verfolgung). Der Verstoß muß unter allen Umständen aufrecht erhalten werden, sonst wäre er ja nicht „alternativlos“.

GermanMichel
4 Jahre her

Nach Ostern oder vor Ramadan, das ist hier die Frage.

Karl Heinz Muttersohn
4 Jahre her

Spätestens am 23 April werden die Einschränkungen gelockert werden. Mal gespannt, ob die neuen Regeln dann für alle, oder nur für unsere muslimischen Mitbürger gelten, denn die müssen auf jeden Fall ungehindert Ramadan feiern können.

Vulkan
4 Jahre her

Laut Bericht im Focus ist ein internes Papier aus dem BMI aufgetaucht, das empfiehlt, den Deutschen in der Corona-Krise Angst zu machen. (https://www.focus.de/politik/deutschland/aus-dem-innenministerium-wie-sag-ichs-den-leuten-internes-papier-empfiehlt-den-deutschen-angst-zu-machen_id_11851227.html). Wenn das stimmt und die Panikmache nur dazu diente, die Grundrechte auszuhebeln, wäre ein Rücktritt der Regierung fällig.
Eine Anwältin für Medizinrecht aus Heidelberg, Beate Bahner, hat eine Normenkontrollklage gegen den Shutdown angekündigt. Super!

Karl Napf
4 Jahre her

Falls der Kontaktverbot wieder aufgehoben wird, sagt bitte Claudia Roth und Goering-Eckball bitte nicht Bescheid. Die vermisse ich gerade so ueberhaupt nicht.

Bei den Beiden halte ich auch schalldichten Mundschutz nicht fuer einen uebertriebene Massnahme.

Emsfranke
4 Jahre her
Antworten an  Karl Napf

Die Weltidee!!!! Bitte Koboldina, die grüne Lachtaube aus München und den ungepflegten grünschimmeligen Möchtegernkanzler nicht vergessen!!

Jack Black
4 Jahre her

Das „Kontaktverbot“ an sich kann ja ruhig noch weiter beibehalten werden, man muss es aber lockern. Die 1,5-Meter-Abstandsregelung kann noch auf eine absehbare Zeit (jedoch nicht länger als einige Wochen) beibehalten werden. Vor allem in Supermärkten und Geschäften wäre das durchaus sinnvoll. Aber die Komplett-Schliessungen der Geschäfte müssen schnellstens aufgehoben werden – die Menschen müssen endlich wieder an alle Dinge des täglichen Bedarfs kommen. Selbst bei Geschäften wie Juweliere, die man eigentlich eher dem Luxus unter ordnen würde wird, wenn sie nicht mehr da sind klar, dass man sie doch oft auch für so perfide Dinge wie Uhren-Batterien austauschen und… Mehr

SpenglersPriest
4 Jahre her
Antworten an  Jack Black

Nur dass dann die Infektionsfälle wieder kräftig ansteigen werden mit den absehbaren Folgen.

Jack Black
4 Jahre her
Antworten an  SpenglersPriest

Nach Ostern werden wir sehen, wie es sich in Österreich verhält. dort werden gleich nach Ostern Baumärkte, Gartenzentren und auch kleine Geschäfte wieder geöffnet. Wenn man Abstandsregeln und Limitierung der Kundenzahlen in den Geschäften beibehält, warum sollten sich sie Infektionszahlen dadurch steigern?

SpenglersPriest
4 Jahre her

Viele Kommentare hier argumentieren gegen den Lockdown. Ok, aber was dann? Wenn das Virus nicht eine irre, weltweite verschwörung ist und existiert, dann werden viele Menschen sterben, wenn die Quarantäne zu früh beendet wird. Nicht nur an Covid-19, sondern an allen möglichen Krankheiten und Unfällen die intensivmedizinisch behandelt werden müssen, weil das Gesundheitssystem dann sehr schnell überlastet sein wird. Also potentiell auch die Kommentatoren und deren Nahestehenden. Die Lösung wäre ein radikaler Lockdown, der die Ansteckungen im Lande stoppt, so dass das Virus nach ein paar Wochen weg ist. Dafür muss natürlich massenhaft getestet werden. Danach Grenzen hermetisch zu und… Mehr

tube
4 Jahre her
Antworten an  SpenglersPriest

ja, es gibt eben auch hier 2 Lager, die Einen die die Gefahr ernst nehmen, und die Anderen, also die Dr. Wodarg-Fraktion, der mit seinen gefährlichen Theorien anscheinend doch viele Menschen überzeugen konnte. Die Toten in Ital. Madrid, New York, Paris usw. sind für die Wodarg-Gläubigen wohl eine Fata Morgana.

Jack Black
4 Jahre her
Antworten an  tube

Haben Sie mal darüber nachgedacht, warum man Dr. Wodarg mit solchen Repressalien wie Vereinsausschluss usw. belegt hat – nur weil er ein „Dummschwätzer“ ist?

Jack Black
4 Jahre her
Antworten an  SpenglersPriest

Wie viele Fachleute in den Medien auch schon geäussert haben, muss man andere Wege gehen, als einen kompletten Lock-Down, indem man die tatsächlich Gefährdeten (sehr alte und kranke Menschen) effizienter schützt. Man muss sich um die Risikogruppen kümmern und nicht ein Millionenvolk in Sippenhaft nehmen. Wer ängstlich ist, dem bleibt es ja belassen, weiterhin zu Hause zu bleiben und Kontakte zu vermeiden. Wenn man sich auf die Risikogruppen beschränkt, dann hätte man auch nicht das Problem mit zu wenig Schutzmasken, für die Alten, Kranken und das medizinische Personal wäre dann genug da – vorausgesetzt dass Politiker überhaupt in der Lage… Mehr

Joachim
4 Jahre her
Antworten an  SpenglersPriest

Es braucht vor allen Dingen eine gesicherte zuverlässige Datengrundlage. Aber mir ist nicht bekannt, daß man da so richtig dran arbeitet. Welche Daten meine ich? a) Die Dunkelziffer derer, die mit Corona infiziert sind/waren, aber nicht getestet wurden. Ist sie nun 1:1 (1 unerkannter Fall pro bekanntem bzw. positiv getestetem Fall), 1:5, 1:10 oder gar 1:100? b) Die tatsächliche Sterbezahl. Im Moment wird alles, was positiv auf Corona getestet wurde und verstarb, als „Corona Toter“ gezählt. Ganz egal ob nun an Corona, oder doch nur mit Corona der Tod eintrat. Andersrum könnte es aber auch sein, daß Verstorbene, die an… Mehr

Heinrich Wolter
4 Jahre her
Antworten an  Joachim

Läßt „Deichgraf“ Söder doch gerade machen: Querschnittstest in München mit 3.000 zufällig ausgewählten Haushalten. Da kann Kanzlerkandidat Laschet natürlich nicht zurückstehen. In Heinsberg läuft eine vergleichbare Studie. s. https://www.br.de/nachrichten/wissen/corona-studie-muenchner-kohorte-wenn-s-an-ihrer-haustuer-klingelt,Rv5QNxe

Contenance
4 Jahre her

Spaet hat den Termin benannt, zudem die Kontaktsperren höchstwahrscheinlich (vollständig) aufgehoben sein werden. Der 23. April. An diesem Tag startet der Ramadan.

Vulkan
4 Jahre her
Antworten an  Contenance

Ich ahnte es schon. Können Sie bitte die Quelle angeben?

Richard Forex
4 Jahre her

@Stiller ruf Was wollen Sie denn verifizieren? Das Sie es nicht wissen, gehe ich davon aus dass Sie mit der Branche nichts zutun haben. Ich helfe Ihnen (für Bayern) , damit Sie weiter skeptisch sein können. Reha Kliniken mußten bis zu 2/3 ihrer Betten leeren. Kommen Sie soweit mit, dass dies zunächst einmal 2/3 weniger Umsatz bedeutet? Diese Betten werden nun nach und nach u.a. mit Geriatriepatienten (Pflegeheime haben einen Aufnahmestopp) belegt. Für Sie ist das sicher kein Problem, weil man kann ja eine Klinik von heute auf morgen umstellen -( lach). Von den Problemen für die Patienten mal ganz… Mehr