Bauern laufen Sturm gegen die geplante Düngeverordnung

Wer glaubte, die Protestbewegung der Bauern werde sich totlaufen, hat sich geirrt. Die Organisation "Land schafft Verbindung" belagerte nicht nur die CSU-Klausurtagung, sondern ruft zu deutschlandweiten Aktionen gegen die Düngeverordnung auf.

Abdulhamid Hosbas/Anadolu Agency via Getty Images

Dass die Proteste der Bauern nicht abflauen, haben die Bundestagsabgeordneten der CSU-Landesgruppe nun nicht nur in Berlin erlebt. Bei ihrer alljährlichen Klausurtagung im oberbayerischen Kloster Seeon rückten Tausende Landwirte mit ihren Traktoren an und entzündeten ein Mahnfeuer in Sichtweite des Klosters. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sicherte in Kloster Seeon den aufgebrachten Landwirten Unterstützung zu: Die geplante neue Düngeverordnung werde noch einmal genau geprüft. Die Organisation »Land schafft Verbindung« hatte die Aktion initiiert und wurde sogar vom Bayerischen Bauernverband (BBV) unterstützt.

Die Düngeverordnung versetzt die Bauern in Wut. Die Bauern von »Land schafft Verbindung« und ebenso der BBV lehnen den Referentenentwurf komplett ab und fordern ein Moratorium. Es müssten vor allem jene sehr umstrittenen Mess-Ergebnisse über Nitratgehalte im Grundwasser geprüft werden.

Der Sprecher der Initiative »Land schafft Verbindung«, Dirk Andresen, spricht in einem Youtube-Video in aller Deutlichkeit die Forderung der Bauern aus: »Ich stelle hiermit die Grundlagen der Düngeverordnung grundsätzlich infrage. Wir wollen, dass alle Messstellen transparent werden.«

Die Düngeverordnung basiere nicht auf Fakten, sagt er und stellt folgende Fragen: »Wer hat die Messpunkte festgelegt und mit welcher Begründung?«

»Was führt zu der Erkenntnis, dass eine 20-prozentige Unterdrückung der Pflanzen die Nitratproblematik in den roten Gebieten löst?«

Er weist darauf hin, dass in Sachsen zum Beispiel »scheinbar mehr als 50 Prozent falsche Angaben gemacht worden« seien. Es werde zum Teil mit Messwerten von 2008 gearbeitet, und fährt wütend fort: »Wie kann das eigentlich sein, wer hat gemessen? Waren amtlich zertifizierte Probenehmer beauftragt? Wo sind die Prüfprotokolle? Waren die Probenehmer überhaupt befähigt dazu?«

Das Desaster kündigte sich schon lange an. Darüber berichteten auch wir bei TE mehrfach. 

»Wie kann man nun das Nitrat im Grundwasser zu einer großen Gefahr für alle aufbauschen und alle Schuld für das Nitrat im Grundwasser auf die Massentierhaltung leiten, selbst wenn es die in einem betroffenen Gebiet nicht gibt? Die Aufgabe konnte nur durch eine Zusammenarbeit des gesamten NGO-nahen Netzwerkes gelöst werden. Die Medienvertreter wurden wie eine Herde Schafe von vielen Aufpassern entsprechend gelenkt, damit sie nicht auf bessere Weiden der Erkenntnis ausweichen, lange fragen«, schrieb schon 2017 Diplom-Agraringenieur Georg Keckl (»Nitrat ist in den üblichen Mengen ungiftig«) in einem Beitrag für TE. 

Und Kecke weiter: »Die Grünen und das Kampagnennetzwerk „Campact“ übernahmen die Holzhammer-Argumentation mit dem Slogan „Keine Gülle ins Glas“, bzw. alles ist die „Schuld des Billigschnitzels“ oder der „Massentierhaltung“. Die Anhängerschaft in der EU-Umweltverwaltung und im Bundesumweltministerium, das man eher als NaBu-Ministerium bezeichnen könnte, übernahmen die Datenfälschungen, die Köderung von geneigten Medien mit „Vorabinformationen“ skandalträchtiger Verdrehungen und die Förderung geneigter Wissenschaftler mit Aufträgen und Aufmerksamkeit.«

Experten-Gespräch mit Holger Douglas
2019 - das Jahr der Bauernproteste
Die Messverfahren zur Nitratbelastung der Gewässer in Deutschland und damit die Vergleichbarkeit zu anderen europäischen Ländern sind höchst fragwürdig, wie wir schon berichteten: Die Bundesländer messen zwar an Tausenden von Messstellen die Gewässergüte. Davon wählen die Länder aber nur 800 aus, deren Werte an die Umweltbehörden weitergegeben werden. Davon wählt Berlin wieder nur einen Teil mit den höchsten Werten aus und meldet diese als deutsches Messergebnisse nach Brüssel. So etwa im Nitratbericht 2012, als Deutschland nur die Ergebnisse von 186 Messstellen nach Brüssel meldet. Indessen werden allein in Baden-Württemberg an rund 5.000 registrierten Messstellen die Werte erhoben. Italien meldet zum Vergleich 5.296 und Belgien 2.974. Das Ergebnis verblüfft nicht weiter: So stand Deutschland in Sachen angeblicher Nitratbelastung schlechter als Belgien und die Niederlande da – beides Länder mit sehr intensiver Landwirtschaft. Erwartungsgemäß machte Brüssel das gewünschte Fass auf und verklagte Deutschland.

Die Landwirte hatten geglaubt, nach ihren großen Demonstrationen mit den beeindruckenden Bildern aus Berlin würde sich eine neuerliche Diskussion über Landwirtschaftspolitik und die neuen geplanten Vorschriften ergeben. Doch weit gefehlt: Die Politik kontert die Bauern auf geradezu klassische Weise aus. Sie redet einfach nicht mit ihnen und über ihre Themen.

Die Umweltpolitik mit dem Staatssekretär Jochen Flasbarth in der Hauptrolle versucht konsequent, den bauernfeindlichen Kurs fortzusetzen.

Zur Erinnerung: Flasbarth war ab 2009 Präsident des Umweltbundesamtes und hätte eigentlich sich darum bemühen müssen, dass der Nitratbericht 2012 korrekt und nicht manipuliert nach Brüssel geschickt wurde. Denn dieser acht Jahre alte Bericht bildet die Grundlage für die Verurteilung Deutschlands durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Deutschland, so die EU, solle sein Grundwasser in Ordnung bringen, ansonsten würden Strafzahlungen in Höhe von 850.000 € pro Tag drohen. Dies nimmt die grüne Umwelt- und Landwirtschaftspolitik in Berlin dankend auf, beschuldigt die Landwirtschaft, zu viel zu düngen, und entwirft eine neue rigorose Düngeverordnung. Nach der sollen die Düngermengen kontinuierlich reduziert werden. Das bedeutet aber, dass Pflanzen immer weniger Stickstoff erhalten und sie nicht mehr ausreichend ernährt werden.

Folge: Erhebliche Ernteeinbußen der Bauern und weitere fatale Folgen für die Ackerböden. Es findet nämlich ein Raubbau an den Böden statt. Das, was mühsam über Generationen hinweg an Acker Kulturland aufgebaut wurde, wird zerstört. Die Landwirte können im Prinzip ihre Betriebe dicht machen.

Schon fast selbstverständlich, dass niemand mehr die von der Flasbarth-Behörde gelieferten Zahlen kritisch überprüft. Flasbarth hat also die Verurteilung Deutschlands aufgrund seiner falschen Daten in Kauf genommen und beteiligt sich jetzt sogar an der Umsetzung dieses Urteils auf Kosten der deutschen Bauern.

Die werden wütender und zunehmend unberechenbarer. Bisher haben sie noch der Politik geglaubt – das ist vorbei. Es ist allerdings bisher niemand in der Führung der neuen Bauernbewegung in Sicht, der es in Sachen Raffinesse und Verschlagenheit mit Berlin aufnehmen könnte. Die Bewegung »Land schafft Verbindung«, die jene imposanten Demonstrationen organisierte, scheint ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Deutschen Bauernverband und damit auch der CDU aufzugeben.

Währenddessen warnt Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) vor einer Radikalisierung der Bauernproteste in Deutschland. Die Wortwahl stimme sie nachdenklich, sagte sie. Die riefen unter anderem: »Entweder wir sterben, oder wir wehren uns.« Otte-Kinast führte weiter aus, dass sich in diesem Jahr entscheiden werde, wie die »Landwirtschaft umgebaut« werde.

Der Jargon derjenigen, die von Energie und Verkehr bis Landwirtschaft alles »wenden« wollen, macht offenbar auch nicht mehr vor den letzten CDU-Politikern halt. Außer mehr Geld und Sondersteuern zum Beispiel auf Fleisch vom gebeutelten Bürger abzukassieren, fällt ihnen nicht viel mehr ein.

Die Bauern von »Land schafft Verbindung« haben sich auf die nächste deutschlandweite Demonstration der Landwirte am 17. Januar geeinigt – einen Tag, bevor in Berlin anläßlich der Grünen Woche die rituelle »Wir haben es satt!«-Demonstration der satten grünen Städter stattfindet.

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