Ampel in der Krise: FDP verlässt Ausschusssitzung – aus Protest gegen Scholz

Kurz vor der Landtagswahl in NRW brodelt es in der Koalition im Bund: Als der Bundeskanzler im Verteidigungsausschuss ausweichend antwortete, verließ die FDP-Arbeitsgruppe aus Protest den Raum. Olaf Scholz lässt seine Ukraine-Politik weiter im Dunkeln.

IMAGO / photothek

In der Ampel-Koalition liegen die Nerven blank. Vergangenes Wochenende kassierten sowohl FDP als auch SPD empfindliche Niederlagen bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein und am Sonntag steht die Wahl in Nordrhein-Westfalen an: Ein Absturz der FDP ist sehr wahrscheinlich, und die SPD steht nach jüngsten Umfragen wieder deutlich hinter der CDU.

In der Sitzung des Verteidigungsausschusses am Freitag explodierte die Stimmung dann. Bundeskanzler Scholz antwortete nicht auf die Fragen der Abgeordneten, sondern schweifte ab – schließlich verließen FDP-Politiker aus Protest die Sitzung. Weil der Bundeskanzler viele Fragen offen ließ – „deswegen haben wir als Freie Demokraten um kurz nach 9 entschieden, dass wir die Sitzung jetzt verlassen“, sagte FDP-Politiker Marcus Faber im Anschluss der ARD.

Auf eine Frage Fabers begann der Kanzler, etwa über China und den globalen Süden zu erzählen, statt etwas Konkretes zu den Waffenlieferungen in die Ukraine zu sagen. Von der FDP blieb offenbar lediglich die Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Raum, sie hatte den Bundeskanzler eingeladen. Sie zeigte sich im Anschluss wenig begeistert von der Aktion ihrer Parteikollegen.

Sie fand den Vorgang „ungewöhnlich“, sagte sie der Rheinischen Post. „Ich gestehe, dass ich mit der Leitung der Sitzung beschäftigt war und das gar nicht mitbekommen habe, weil ich noch eine Frage gestellt habe zum Thema Nato-Beitritt von den Finnen und Schweden und mir eben sehr wichtig war, dass der Beistand geregelt ist“, so Strack-Zimmermann.

Kurze Zeit später begann dann offensichtlich der Versuch, den Vorfall wieder einzufangen – und das Bild vom Koalitionsfrieden aufrechtzuerhalten. Strack-Zimmermann twitterte: „Ich freue mich, dass der Bundeskanzler meiner Einladung gefolgt und heute in den Verteidigungsausschuss gekommen ist. In einer Stunde können nicht alle Fragen beantwortet werden, aber es war ein konstruktiver Austausch, weitere werden folgen.“ Man solle „bitte nicht alles so hoch aufhängen“, so Strack-Zimmermann. Auch Faber ruderte zurück und twitterte, niemand fühle sich „verarscht“, niemand habe „eine Protestnote abgegeben“. Es seien übrigens auch „keine Gegenstände geworfen“ worden.

Doch wenig kann über die Zerrissenheit der Koalition hinwegtäuschen. Der SPD-Abgeordnete Joe Weingarten beschwerte sich über seine Kollegen wiederum im Anschluss gegenüber dem Spiegel: „Es gab überhaupt keinen Grund, zu dem Zeitpunkt irgendwie verärgert herauszugehen. Der Kanzler hat sehr sachlich jede Frage beantwortet. Und es wäre ein Akt der Höflichkeit gewesen, die fünf Minuten bis zum Ende auch noch zu bleiben, zumal die ganze Sitzung sehr unaufgeregt verlaufen ist.“

Vor allem inhaltliche Antworten auf die drängenden Fragen zur Ukraine-Politik blieb der Kanzler schuldig. Zwar wurden der Ukraine mittlerweile Marder-Schützenpanzer versprochen – wann und wie diese ankommen sollen, ist aber offen. Offenbar hat Deutschland gar nicht ausreichend Munition, um diese Panzer für den Kriegseinsatz zur Verfügung zu stellen.

Fragen, mit denen der Kanzler auch seinen Koalitionspartner hinhält. Nach wenigen Monaten im Amt offenbart das Bündnis seine Fragilität.


Machen Sie mit bei der TE-Wahlwette zur Landtagswahl in NRW!

Ihre Wetten nehmen wir ab sofort entgegen. Unsere Buchmacher öffnen ihre Schalter. Wer über alle genannten Parteien hinweg am nächsten an den Ergebnissen landet, gewinnt.

Annahmeschluss ist der Wahlsonntag (15.05.2022) um 17:35 Uhr. Das Wettergebnis wird bis einschließlich Montag, den 16.05.2022, veröffentlicht. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Auf die Gewinner wartet:

1. Platz: eine Flasche Champagner von Roland Tichys Tante Mizzi aus Verzy
2. Platz: zwei Bücher aus dem Shop nach Wahl
3. Platz: ein Buch aus dem Shop nach Wahl

+++ Abstimmung geschlossen +++

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 28 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

28 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Manfred_Hbg
1 Jahr her

NACHTRAG, nachdem ich grad folgende Meldung gehört hatte…..: > ntv: „Faber(FDP) tritt zurück“ ALSO man/ich mag es nicht glauben: da gibt es mal Politiker die Rückgrad zeigen und aus Unzufriedenheit den Saal verlassen weil ein Bundeskanzler Scholz auf deren Fragen hin nicht oder nur schwurbelnd geantwortet hat und das ist nun Grund für einen Rücktritt. „Unglaublich“, da hat es Faber(FDP) als VolksVERTRETER doch tatsächlich gewagt den BK Scholz ganz dreist und rotzfrech Fragen zu stellen. Tztztz…., wie kann Faber denn nur -mhh? DAS ist von Faber ja wohl so was von voll Nazi und demokratieFEINDLICH. Zynismus/Ironie off) Dieses beste Deutschland,… Mehr

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Wenn schon die eigenen Regierungs- und/oder Parteikollegen auf ihre Fragen hin gar keine oder keine vernünftigen Antworten bekommen und sogar auch den Raum verlassen, wie soll da bitte das (Wahl-)Pack irgendein Verständnis und Respekt für diese Volksvertreter aufbringen?? Somit haben diese FDP’ler die den Raum verlassen haben, erst mal meine Zustimmung und Hochachtung. DOCH wenn ich dann aber höre „Kurze Zeit später begann dann offensichtlich der Versuch, den Vorfall wieder einzufangen – und das Bild vom Koalitionsfrieden aufrechtzuerhalten“, dann kann ich vor so viel Rückgradlosigkeit und Stiefelgelecke nur angewidert abwinken. Die FDP im ganz besonderen sowie aber auch unsere „Altparteienelite“… Mehr

Rene Meyer
1 Jahr her

Aha, es wird also schon gekittet. Im Übrigen mag es angesichts des völkerrechtswidrigen, verbrecherischen Angriffs von Russland auf die Ukraine, dem Leid vor Ort und der Angst vor weiteren Angriffen in der konkreten, auch emotionalen Situation verständlich sein, schwere Waffen zu liefern, der Nato beitreten zu wollen und anderes mehr. Doch wie sieht die Situation von einem übergeordneten Standpunkt gesehen aus? Mit Blick aus dem All? Mit Blick in die Vergangenheit und in die Zukunft? Auf der konkreten, individuellen, auch emotionalen Ebene sehr, sehr verständliche Motivlagen bewirken, wenn sie zum vorrangigen Handlungsprinzip auf alle übergeordneten Ebenen gehoben werden, über kurz… Mehr

Endstadium0815
1 Jahr her

Die Ampel ist so, wie wenn Bayern München mit Kreisligaspielern die Champions League gewinnen will.

Marcel Seiler
1 Jahr her

M.E. sollte die Bundesregierung möglichst viele Waffen an die Ukraine liefern und darüber schweigen. Deutschland kann hier keinesfalls neutral bleiben, denn die Ukrainer kämpfen auch für uns, aber es sollte möglichst neutral aussehen.

Der Sieg über Putin wird jetzt nicht durch öffentliche Bekenntnisse gewonnen, sondern durch Waffen. Je weniger die Atmosphäre international aufgehetzt ist, desto besser jetzt für uns und desto besser später, wenn Verhandlungen anstehen.

andreas donath
1 Jahr her
Antworten an  Marcel Seiler

So, so, die Ukrainer kämpfen also für UNS. Interessant…… Ich sage Ihnen was: Für mich kämpfen die ganz bestimmt nicht, ich will diesen Krieg nicht, ich verachte die Kriegshetzer und Kriegstreiber – und zu denen gehören für mich, ohne Putin reinwaschen zu wollen, an vorderster Stelle die Herren Selenskij, Klitschko (hoch 2) und Melnyk. Ich will auch keinen Sieg gegen Putin, ich will ein friedliches Miteinander der Völker, gerade so großer alter Kulturvölker wie Russland und Deutschland. Was im Augenblick zu registrieren ist, gerade auch in Ihrem Beitrag gut erkennbar, ist ein diffuser Moralismus gepaart mit blanker Ideologie. Solches führt… Mehr

Willi4
1 Jahr her
Antworten an  andreas donath

Nur mal so ganz nebenbei. Wer hat denn wen überfallen? Nebenbei ohne Kriegserklärung oder in Notwehr. Die gilt auch dann, wenn die Ukrainer vielleicht auch keine lupenreine Demokraten sind. Wir übrigens auch nicht.

Marcel Seiler
1 Jahr her
Antworten an  andreas donath

Zitat: „Ich will auch keinen Sieg gegen Putin, ich will ein friedliches Miteinander der Völker,…“ Fällt Ihnen der Widerspruch nicht auf? Richtig ist: Ohne Sieg über Putin wird es kein friedliches Miteinander mit Russland geben. Eigentlich ganz einfach.

Murmel
1 Jahr her

Es wird gar nicht mehr viele „Marder“ zu verkaufen geben. Seit 2015 wird der „Marder“ stufenweise durch den „Puma“ ersetzt. Der Puma ist noch nicht uneingeschränkt kriegstauglich. Darum wird der, obwohl das neuere Modell, überhaupt nicht in Erwägung gezogen. Der Marder ist ein Relikt des kalten Krieges, im Durchschnitt 40 bis 60 Jahre alt und wurde über die Jahrzehnte weitgehend ausgemustert. Die fahrtüchtigen Panzer wurden verkauft (um sie nicht ungenutzt auf Grund des Alters verschrotten zu müssen). Die paar Panzer, welche im Bestand blieben, werden selber gebraucht. Zur Ausbildung und Showzwecken. Das Versprechen „unserer“ Regierung „Marder“ zu liefern ist so… Mehr

Michael Palusch
1 Jahr her

Eine Waffen- und Rüstungslobbyistin, sinniger Weise Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, lädt den Bundeskanzler ein.
Wer denkt sich so eine Besetzung eigentlich aus?

Sani58
1 Jahr her

Egal. Diese Regierung wird in die Geschichte eingehen, und hoffentlich in den Geschichtsbüchern stehen, als die Regierung, die Deutschlands Wohlstand, Wirtschaft und Kultur so schwer beschädigt hat, dass eine Erholung, wenn überhaupt, mit Aufruhr und in Jahrzehnten wieder einigermaßen revidiert werden wird können.
Das war keine pöse AfD, keine Pegida, keine Freien Sachsen, Brandenburger,Thüringer…..
Das war/ist # G R Ü N, #R O T, und #G E L B .
Das waren die Medien und deren Gefolgsleute Wähler . Seid stolz.

Odysseus JMB
1 Jahr her

Es müsste doch allen Beteiligten des Verteidigungsausschuss klar sein, dass die Ziele der „Falken“ (Lloyd Austin et al.) nicht mit den Mitteln der „Bundes-Tauben“ („Solidarität bis zum Abwinken“) zu erreichen sein werden. Wie die WELT bereits spekulierte, wird Scholz deshalb ein doppeltes Spiel spielen. Den Ukrainern das Blaue vom Himmel versprechen und den starken Mann mit garantiert schwerem Gerät und Munition vorgeben, wohl wissend, dass Biden und die US-Militärindustrie der Ukraine wohl über die finanzielle Schmerzgrenze hinaus mit modernster Ausrüstung zur Seite stehen werden und somit die Überhand erzwingen werden, aber hintenherum versuchen das eigene 2%-Ziel im Bundeshaushalt wieder einzukassieren,… Mehr

frechdachs
1 Jahr her

Mal ganz davon abgesehen, dass das Verhalten der FDP-Politiker für mich nur Wahlkampfgedöns ist, wäre für mich bzgl. der traurigen Gestalt dieses Kanzlerdarstellers folgende Frage relevant. Hat wirklich jemand ernsthaft klare Antworten erwartet? Geht doch bei dem schon deshalb nicht, weil er kurz nach der Fragestellung schon deren Inhalt vergessen haben könnte, oder?