Bei Anne Will: Trump, Corona und die Wut der (deutschen) Linken

Eine deutsche Historikerin sah bei Anne Will schon 50.000 uniformierte Ex-Polizisten vor den Wahllokalen, um „Suspekte“ am Wählen zu hindern. Das habe sie online gelesen. Willkommen zum Talk-Show-Grauen bei Anne Will.

Screenprint: ARD/Anne Will

„Trump mit Corona infiziert – welche Konsequenzen hat das für die USA?“ lautete die Frage bei Anne Will, und die Diplomjournalistin glaubte wohl, dass niemand sie besser beantworten kann als ausgerechnet unser Hans Dampf in allen Talkshow-Gassen, Wirtschaftsminister Peter Altmaier, und Cem Özdemir mit dem stets zwischen angestrengt, staatstragend und betroffen changierenden Gesichtsausdruck.

Heiko Maas, der wenigstens von Amts wegen einen Informationsvorsprung haben könnte, saß derweil im gleichzeitig gestreamten Bild-Talk „Die richtigen Fragen“ und Altmaier konnte denn auch erwartungsgemäß zum Thema nur „gute Besserung“ beisteuern, nur bei Cem Özdemir durfte es wie immer gerne etwas mehr sein.
„Häme und Schadenfreude gehören sich nicht“, so der Grüne, und damit setzt er sich im ersten Satz noch von seinem Polit-Biotop ab. Dort twitterte Spiegel-Autorin Margarete Stokowski deutlicher: „Darf man sich freuen wenn Trump Corona hat – äh nein man muss.“ Der Tweet ist nicht mehr verfügbar. Zensur? Einsicht können wir jedenfalls nicht voraussetzen. Dunja Hayali könnte sich sogar vorstellen, dass die Corona-Erkrankung Fake News sind, und auch Zeit online spekulierte, dass Trump die Infektion vortäuscht, um dem Wahlkampf eine Wendung zu geben.

Und so ist auch Cem Özdemir dann sehr schnell wieder auf Linie. Der „Superspreader Event“ (Vorstellung von Trumps Supreme Court Kandidatin) „war kriminell“. Auch deshalb hat „dieser Präsident die Wut der Menschen verdient, allerdings am Wahlabend“. Cem und Peter waren also Fisch und Fleisch der Sendung, als Sättigungsbeilage fungierten zwei Expertinnen der Extraklasse.

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Etwa Rachel Tausendfreund vom German Marschall Fund. Tausendfreund hat Literatur studiert und zusätzlich einen Master an der Europa-Universität Viadrina erworben – SPD-Genossen kennen Viadrina auch als Gesine Schwan Universität. Außerdem die Historikerin Britta Waldschmidt-Nelson von der Uni Augsburg. Deren Forschungsschwerpunkte liegen auf transatlantischen Beziehungen, afroamerikanischer Geschichte, Frauengeschichte und Religionsgeschichte. Das ist quasi der Zeitgeist in der Flasche.

Ein beliebtes Paradigma der Linken ist ja Donald Trump hinter Sandsäcken im Weißen Haus verschanzt, weil er die Wahl-Niederlage nicht akzeptieren will. Beweis: Trump spricht schon im Vorfeld von Wahlfälschungen, vor allem im Zusammenhang mit der Briefwahl. Das ist für deutsche Zuschauer nicht verständlich, weil das Briefwahlsystem ein anderes ist, und es außerdem bei uns keinen Wahlbetrug gibt (außer in Einzelfällen). Der zugeschaltete Roger Johnson von Republicans Overseas berichtet dennoch von regem Handel Schnaps und Zigaretten gegen Wahlzettel, aber Frau Tausendfreund beschwichtigt: Einzelfälle.

Die Historikerin Waldschmidt-Nelson ist sich tausendprozentig sicher, dass Trump bleibt, wenn er verliert, er würde niemals die „concession speech“ halten, mit der Verlierer ihre Niederlage offiziell anerkennen. Schon jetzt peitsche er die „Bad Boys“ auf und es stünden „50.000 Ex-Polizisten in Uniformen bereit, um suspekte Wähler von der Wahl abzuhalten“.

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Klingt wie die SA vorm Wahllokal 1933, von daher können sich das Will und ihre Gäste durchaus vorstellen. Nur der Republikaner, der wohl im Traum nicht geahnt hatte, welcher Unsinn im deutschen Fernsehen (Roland Tichy würde nie Staatsfunk sagen, deswegen wollen wir hier auch nicht kontaminieren) so von sich gegeben wird, „muss widersprechen“. Er habe nie von diesen 50.000 gehört. Worauf Anne Will fragte: Woher haben Sie das, Frau Waldschmidt-Nelson?
„Das habe ich online gelesen“, sagt die Hystorikerin der Uni Augsburg.
„Können Sie uns helfen, Stefan“, fragte Will sodann den die ganze Zeit zugeschalteten Leiter des ARD-Büros in Washington D.C., Stefan Niemann. Das konnte er natürlich nicht. Auch sonst konnte er nicht viel helfen, denn er saß nicht etwa in Washington, sondern befand sich in Florida, wo es um diese Jahreszeit sehr viel angenehmer ist, auf Reportage.

Damit sind wir nun auch am Tiefpunkt der Sendung angelangt. Hier passt der staatstragende Cem Özdemir noch schön ins Bild, der den Amerikanern dringend die deutsche Krankenversicherung empfahl, die ja der Otto von Bismarck bei uns eingeführt hatte, und ohne die wären wir heute nicht, wer wir sind. Das wäre auch die ultimative Lösung für alle Probleme der USA. Wer sagt Herrn Özdemir: trotz Bismarck kam Hitler?

Die Sendung beendete die Anne-Will-Redaktion mit einem kleinen Einspielfilm der den bitteren Vorwurf enthielt, dass Donald Trump tatsächlich alle Wahlversprechen eingehalten habe, die er vor seiner Wahl zum Präsidenten dem Wahlvolk gegeben habe.

„Das (was Trump da gemacht habe) entspricht nicht meiner Vorstellung von Politik“, sagte Peter Altmaier.

Die Frage, was die schlimmere Strafe ist – 90 Minuten Tatort, der die Zuseher wieder einmal „in die schwarzen Ecken deutscher Geschichte“ führte, oder das Grauen der Gegenwart bei Anne Will – können wir wieder nicht beantworten. Weil uns der Vergleich fehlt. Beides anzusehen würden wir beim besten Willen nicht schaffen.


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Kommentare ( 127 )

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steadyrollingman
3 Jahre her

Es fällt mir schwer, solche universitären Blindgänger zu ertragen. Jetzt kann ich auch verstehen, warum mein Sohn (Lehramt, 2. Fach Soziologie) im Gegensatz zu mir in den Siebzigern immer auf der Flucht vor der Uni war. Jetz muß er ständig die grün-roten Aktionen seines Gymnasiums ertragen und wenn möglich etwas gegensteuern.
Oh Mann! Ich habe in den Vorlesungen von Hans Mommsen gesessen.

Maja Schneider
3 Jahre her

Um auf Ihren letzten Satz einzugehen, lieber Herr Paetow, das versuche ich auch erst gar nicht, das Eine (Tatort) ist genauso unerträglich bis langweilig wie das Andere (Anne Will-Talk), das Drehbuch für den Tatort kann man inzwischen leicht nach etwa 5-10 Minuten (länger halte ich nie durch, wenn überhaupt) selber weiterentwickeln und beim Sonntag-Polit-Talk kennt man die Argumente schon anhand der anwesenden Gästeliste. Also lesen und hören wir lieber TE, Achgut und andere und fühlen uns immer bestens informiert.

Vogelfrei
3 Jahre her

Altmaier? Das ist doch der, der seinerzeit den AfD-Symphatisanten empfahl, ihr Wahlrecht lieber nicht auszuüben. Das ist eben seine Vorstellung von Politik.

Moses2
3 Jahre her

Mir fehlen die Idioten im Publikum, die immer den Kopf schütteln müssen (dabei gross eingeblendet), wenn ein zufällig eingeladener Afd-Vertreter die Wahrheit ausspricht. Herrlich dies Farce.

November Man
3 Jahre her

– Schon jetzt peitsche er die „Bad Boys“ auf und es stünden „50.000 Ex-Polizisten in Uniformen bereit, um suspekte Wähler von der Wahl abzuhalten“. Klingt wie die SA vorm Wahllokal 1933, von daher können sich das Will und ihre Gäste durchaus vorstellen. – Eigentlich müsste Herr Özdemir sich mit den SA-Methoden auskennen, schließlich war ja einer der Gründungsmitglieder der Grünen bei der NSDAP und der SA. Ein gewisser grüner Herr Werner Vogel, Mitglied der SA und der NSDAP von 1938–1945, Gründungsmitglied der Grünen, ein 1983 gewählter Bundestagsabgeordneter von der Partei DIE GRÜNEN. Zudem hatte Herr Vogel im Dritten Reich auch… Mehr

Fischkopp
3 Jahre her
Antworten an  November Man

…allerdings stolperte Vogel über seine vorher angeblich nur Eingeweihten bekannte Pädophilie und trat das Mandat nicht an. Was merkwürdig ist, denn 1 Monat vor der Bundestagswahl ’83 organisierte er den Pädophilenkongress der Grünen, hauptsächlich finanziert durch den NRW-Landesverband. Das konnten die Grünen von Anfang an: die Augen verschließen vor dem Offensichtlichen – bzw fanden sie nichts Anstößiges daran, wie Frau Künast: „…hömma, wenn keine Gewalt im Spiel ist?“

nachgefragt
3 Jahre her

Was sind das eigentlich für Politdarsteller? Die schwächen des US-Briefwahlsystems sind allgemein bekannt. Offensichtlich haben die schon Alzheimer oder sind einfach so nicht ganz dicht.

2016 musste die Präsidentenwahl in Österreich wiederholt werden, weil bei der Briefwahl betrogen wurde. Nicht in den USA, sondern in Europa. Obwohl der offensichtliche Wahlbetrug vom Verfassungsgericht festgestellt wurde, haben sich DEUTSCHE MEDIEN weder vor noch nach der Neuwahl aus Wahlkampf heraus gehalten und ausschließlich Blödsinn und Fake News verbreitet.

Diese Pfeifen sollten wirklich mal den Ball flach halten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Bundespr%C3%A4sidentenwahl_in_%C3%96sterreich_2016#Aufhebung_des_zweiten_Wahlgangs

Kontra
3 Jahre her

Na hoffentlich haben Sie dann auch den Presseclub übersprungen. Der war nämlich auch nicht zum aushalten. Allein der gescheiterte Ex Spiegel Chef Brinkbäumer hat das Zeug dazu einem den ganzen Sonntag zu versauen. Der Mann ist tatsächlich „Im Wahn“!

H. Priess
3 Jahre her

Dieter Nuhr hat Trump als Lügner und Betrüger bezeichnet und wer wenn nicht er muß es wissen. Ich kann mich an keinen einzigen Artikel oder Kommentar erinnern, der nicht voller Hetze, Haß und Verachtung strotzte seit Trump vor 4 Jahren sich zur Wahl stellte. In der NZZ gabs mal einen Kommentar der sogar Positives erwähnte aber das zählt nicht denn die NZZ ist das neue Westfernsehen der BRD quasi ein Feindmedium. Trump hat als eine der ersten Verordnungen eine Bestimmung erlassen, daß wenn ein neues Gesetz eingeführt wird mindestens ein altes verschwinden muß. Es kam sogar zu einem kleinen Wettbewerb… Mehr

November Man
3 Jahre her

Die Frau Will, aber auch die ARD scheint es nicht zu stören, dass diese Frau Waldschmidt-Nelson medienwirksam alternative Fakten und Fake-News in die Welt setzt.
Hätte Roger Johnson Vizepräsident der Republicans Overseas in Europa dieser offensichtliche Lüge nicht massiv widersprochen, würden heute einige deutsche Bürger diesen Fake glauben **

non sequitur
3 Jahre her
Antworten an  November Man

Sie glaubten es dennoch.

Hoffnungslos
3 Jahre her

„Deren Forschungsschwerpunkte liegen auf transatlantischen Beziehungen, afroamerikanischer Geschichte, Frauengeschichte und Religionsgeschichte. Das ist quasi der Zeitgeist in der Flasche.“ Herr Paetow. super, einfach super!