Wiedersehen mit den 12.000-DAX-Punkten, DOW auf Rekordkurs

Die deutsche Industrie verzeichnete im Februar wegen schwacher Auslandsnachfrage den stärksten Auftragseinbruch seit über zwei Jahren. Die Bestellungen fielen um 4,2 Prozent zum Vormonat.

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Die Szenarien sind extrem: Vom harten Brexit mit schlimmen Folgen für Konjunktur und Börse bis zur Verlängerung der Austrittsfrist für die Briten ist alles drin in den kommenden Tagen. Börsianer setzen klar auf die sanfte Variante, wie die stark gestiegenen Kurse während der Woche belegen. Ausgegangen war die Aufwärtsbewegung erneut von der Wall Street. Friedenssignale von den Zollunterhändlern aus den USA und China sowie gute US-Konjunkturindikatoren hatten dort für bessere Stimmung und eine Auflösung der inversen Zinsstruktur gesorgt, einem Rezessionswarnsignal. Aus China gab es positive Konjunkturindikatoren für den März. Ganz anders die größte Volkswirtschaft Europas: Die deutsche Industrie verzeichnete im Februar wegen schwacher Auslandsnachfrage überraschend den stärksten Auftragseinbruch seit über zwei Jahren. Die Bestellungen fielen um 4,2 Prozent zum Vormonat. Führende Wirtschaftsinstitute erklärten den Aufschwung in Deutschland für beendet. Bleibt die Hoffnung, dass die Schwäche in Asien sich womöglich auf den ­Februar beschränkt und die Aufträge hier wieder ­anziehen. Der DAX kletterte unverzagt über die 200-Tage-Linie und die 12.000-Punkte-Marke.

Mit Rückenwind von US-Arbeitsmarktdaten aus dem Monat März setzten die Börsen an der Wall Street am Freitag ihren starken Lauf nach oben fort. Im Dow Jones Industrial bröckelten die frühen Gewinne zwar etwas ab, gleichwohl kommt der Leitindex seinem Rekordhoch aus dem vergangenen Jahr immer näher. Zum Handelsschluss blieb dem Ihm zumindest ein kleines Plus von 0,2 Prozent auf 26.425 Punkte, womit er im Wochenverlauf um 1,9 Prozent stieg. Nun fehlen dem weltweit wichtigsten Börsenbarometer nur noch etwas mehr als 500 Punkte oder zwei Prozent bis zum Höchststand von Anfang Oktober 2018.

Der den breiten Markt abbildende S&P 500 stieg am Freitag um 0,5 Prozent auf 2.893 Punkte. Der technologielastige Auswahlindex NASDAQ 100 gewann ebenfalls 0,5 Prozent auf 7.579 Zähler. Ein Grund: Die US-Wirtschaft hatte im März wieder mehr Arbeitsplätze geschaffen. Außerhalb der Landwirtschaft waren 196.000 neue Stellen entstanden. Analysten hatten im Mittel dagegen nur mit 177.000 neuen Jobs gerechnet. Die Arbeitslosenquote verharrte zugleich bei 3,8 Prozent. Der Anstieg der Löhne und Gehälter schwächte sich ab.

„Da soll noch einer sagen, es liefe in der US-Wirtschaft nicht“, kommentierte Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank in Liechtenstein die Zahlen. Entgegen Mutmaßungen von einer nahenden Rezession zeige der Arbeitsmarkt der Vereinigten Staaten noch immer Vitalität. „Eine schlichtweg solide Zahl wurde heute präsentiert.“ Zum Lohnzuwachs sagte Gitzel, dass dieser mit plus 3,2 Prozent zwar etwas unter dem Februar gelegen habe, doch sei der 3,4-prozentige Anstieg im Vormonat Sondereffekten geschuldet gewesen. Laut Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners nimmt der insgesamt geringe Lohnzuwachs zudem den Zinsdruck von der Notenbank. „Eine ohnehin schon unwahrscheinliche Zinserhöhung ist damit nochmals unwahrscheinlicher geworden“, sagte er.

Unter den Einzelwerten ragten im Dow die Aktien der frisch in den Leitindex aufgenommenen DuPont-Abspaltung Dow Inc hervor. JPMorgan-Analyst Jeffrey Zekauskas nahm das Papier mit „Underweight“ und einem Kursziel von 49 US-Dollar in seine Bewertung auf. Es sei im Vergleich zu den Papieren der schärfsten Konkurrenten Lyondell und Westlake überbewertet, schrieb er. Der Chemiekonzern stelle viele Produkte zwar günstig her, sei aber stark vom Ölpreis abhängig. Die Aktie büßte am Ende 4,1 Prozent auf 57,24 Dollar ein.

Die Aktien von Boeing gaben als zweitschwächster Wert um ein Prozent nach. Der nach zwei Abstürzen binnen weniger Monate ohnehin schon massiv in der Kritik stehende Flugzeugbauer identifizierte ein weiteres Softwareproblem. Zwar beteuert Boeing, dass es sich um keine größere Sache handele, doch das Vertrauen in den Konzern ist ohnehin schon stark beschädigt. Zudem wird immer ungewisser, wie es nun mit den weltweit mit Startverboten belegten Unglücksfliegern der Baureihe 737-800Max weitergeht.

Auf ein Rekordhoch bei 191 Dollar waren zeitweise die Anteile der Schnellrestaurant-Kette McDonald’s geklettert. Telsey-Analyst Robert Derrington hatte zuvor sein Kursziel für die Papiere von 195 auf 210 Dollar angehoben und dabei auf die starke operative Dynamik des Unternehmens verwiesen. Zum Handelsschluss notierten die Titel mit einem Aufschlag von 0,4 Prozent noch bei 191 Dollar.

In den Blick rückten zudem auch wieder die Anteile des erst am Montag an der Nasdaq gestarteten Fahrdienstvermittlers Lyft, die sich mit plus 3,2 Prozent auf 74,30 Dollar noch etwas weiter von ihren heftigen Verlusten erholten. Zum Börsendebüt hatten sich die Anleger noch um das Papier gerissen und es gut 20 Prozent über den Ausgabepreis von 72 Dollar nach oben katapultiert. Danach aber war es rasch und steil abwärts gegangen bis auf 66,10 Dollar.

Seit Monaten dominiert der Handelsstreit zwischen den USA und China die Schlagzeilen. Dass die EU und Japan Anfang Februar die größte Freihandelszone der Welt ­bildeten, ging in der breiten Öffentlichkeit nahezu unter. Aber nicht in der deutschen Industrie, die durch den fast vollständigen Abbau von ­Zöllen und anderen Handelshemmnissen einen Wachstumsschub er­wartet. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag registriert daher zunehmende Anfragen deutscher Firmen, die sich in Japan engagieren wollen. Und das wirtschaftliche ­Umfeld auf der Insel hellt sich laut dem neuen vierteljährlichen Geschäftsklimaindex der Bank of Japan (Tankan-Bericht) auf. Dieser zeigt, dass sich die Makrolage Japans zunehmend verbessert. Insbesondere der heimische kleine und mittlere Sektor des nicht verarbeitenden ­Gewerbes expandiert. „Mit anderen Worten: Japans Inlandsnachfrage scheint sich positiv vom globalen Konjunkturzyklus abzukoppeln“, so Jesper Koll, Japan-Stratege bei ­der Fondsgesellschaft Wisdomtree. „Wir erwarten in den kommenden Quartalen Anzeichen für eine Belebung der Industrie.“

Die Aktie des weltweit größten Brillenkonzerns EssilorLuxottica steht an der Pariser Börse wegen des Streits der italienischen und französischen Partner weiterhin unter Druck. Die 2017 besiegelte Fusion des italienischen Brillenproduzenten Luxottica mit Essilor, dem weltgrößten, in Frankreich ansässigen Hersteller von Brillengläsern, droht in die Brüche zu gehen. Anleger müssen sich noch mindestens 30 Tage gedulden und zwar, bis sich die Internationale ­Handelskammer bei einem Schlichtungsverfahren zu dem Streit geäußert hat. Der Luxottica-Gründer und -Eigentümer Leonardo Del Vecchio wirft Essilor eine Verletzung der Fusionsvereinbarungen vor. Der französische Partner sei seiner Pflicht zur „loyalen Kooperation“ nicht nach­gekommen. Hubert Sagnières, stellvertretender Exekutivpräsident der durch die Fusion der beiden Konzerne gebildeten Gruppe EssilorLuxottica, hält dagegen, dass der 83-jährige Del Vecchio die Kontrolle des Großkonzerns übernehmen wolle, ohne den Aktionären eine ­Prämie zu zahlen. Del Vecchio wolle zudem seinen Vertrauensmann Francesco Milleri zum CEO von EssilorLuxottica ernennen. Die aus der Fusion entstandene Gruppe mit einem Jahresumsatz von 16 Milliarden Euro hat wegen der Divergenzen noch ­keinen Chef nominiert.

Rio Tinto und BHP Billiton haben vergangene Woche den Rohstoffmarkt in Aufruhr versetzt. Die beiden großen Bergbaukonzerne mussten ihre Pro­gnosen für ihre Eisenerzförderung deutlich zurücknehmen. Grund waren die Schäden durch Zyklon Veronica, der Australien zwei Wochen lang heimgesucht hatte. Ergebnis: Der Preis des Industriemetalls schoss um sieben Prozent auf den höchsten Stand seit zwei Jahren. Die Aktienkurse der beiden Konzerne gewannen ebenfalls kräftig an Boden, da eine schnelle Angebotsausweitung nicht in Sicht ist. Auch die Produktion des dritten Eisenerzgiganten Vale ist nach dem Dammbruch an einer Mine in Brasilien stark eingeschränkt.


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Kommentare ( 3 )

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Contra Merkl
5 Jahre her

Wer momentan jedenfalls mal richtig Viel Geld verbrennt an der Börse ist Bayer. Wie kann man nur so deppert sein und Monsanto kaufen. Den dummen Deutschen ein sprichwörtlich höchst toxisches Unternehmen zum Rekordpreis verkauft. Bei der Aktie ist der Motor ausgefallen, die geht im Gleitflug Richtung Bach runter.
Angesichts der Masse an Klagen, die da noch anstehen, wird das ein langer und sehr steiniger Weg für Bayer.
Erste Entlassungen stehen da wohl schon an. Der neu gebaute Firmensitz wird erstmal nicht bezogen, Baustopp sozusagen.

Contra Merkl
5 Jahre her
Antworten an  Contra Merkl

Den Politikern ist das egal, die haben das Land hier zum Ausplündern freigegeben seit 2015.
Mit Migrationspakt ist das rechtlich beschlossen.
Daher hab ich meine Arbeitszeiten drastisch reduziert. Kann ich nicht mehr gutheißen, wie mit den Steuergeldern umgegangen wird.

gast
5 Jahre her

Ich betrachte einen Wachstum im DAX als Zeichen dafür, dass viel Geld künstlich geschaffen wurde und nicht als Index für den Wert von Firmen.