Starker Wochenausklang trotz Zinserhöhungen

Nach der letzten Zinserhöhung durch die EZB um 0,25 Prozentpunkte liegt der Einlagensatz nun bei 3,25 Prozent. Zuvor hatte die EZB in diesem Jahr jeweils Zinsschritte um 0,5 Punkte vorgenommen. Die Teuerung in der Euro-Zone sei allerdings immer noch „zu hoch für zulange“, so die EZB-Präsidentin.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag die Leitzinsen im Euro-Raum um 0,25 Prozentpunkte erhöht. Damit liegt der Einlagensatz neu bei 3,25 Prozent. Zuvor hatte die EZB in diesem Jahr jeweils Zinsschritte um 0,5 Punkte vorgenommen. Die Teuerung in der Euro-Zone sei allerdings immer noch „zu hoch für zulange“ stellte EZB-Präsidentin Christine Lagarde an der Pressekonferenz fest. Die EZB habe bei der Inflationsbekämpfung weiterhin Boden gut zu machen. Schließlich zeigt die Kernrate der Inflation – ohne die volatilen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak – kaum Anzeichen für eine Trendumkehr. Sie stagniert bei gut 5,5 Prozent.

Einen Tag zuvor hatte die amerikanische Zentralbank (Fed) bei ihrer Entscheidung zwischen der Beruhigung der Sorgen im Bankensektor und dem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise abwägen müssen. Sie erhöhte die Zinsen um 0,25 Prozent. Der US-Leitzins liegt nun in der Spanne von 5,0 bis 5,25 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte die Fed mehrmals den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Damit hatte die Zentralbank ein Tempo vorgelegt wie seit Jahrzehnten nicht.

Tempo verlangsamt
Europäische Zentralbank: Erhöhung des Leitzinses auf 3,75 Prozent
Die aggressiven Zinserhöhungen der Fed sind allerdings – wenigstens zum Teil – auch schuld an den Turbulenzen im Bankensektor. Die kollabierten Banken hatten sich nicht ausreichend gegen steigende Zinssätze geschützt. Diese haben etwa den Marktwert ihrer Wertpapierbestände verringert. Mit der First Republic Bank brach gerade erst ein weiteres US-Geldhaus zusammen. Branchenführer JP Morgan Chase wird die in Schieflage geratene Bank in einer staatlich koordinierten Rettungsaktion übernehmen.

Ein überraschend starker US-Arbeitsmarkt im April und eine gute Quartalsbilanz von Apple verhalfen dann den US-Börsen am Freitag zu einer kräftigen Erholung. Nach vier verlustreichen Tagen ging es mit dem Leitindex Dow Jones Industrial um 1,8 Prozent auf 33.665 Punkte nach oben. Damit fiel die Bilanz der ersten Maiwoche mit einem Minus von 1,2 Prozent gleichwohl enttäuschend aus. Der marktbreite S&P 500 legte um 1,9 Prozent auf 4.136 Zähler zu. Der technologielastige Nasdaq 100 stieg sogar um 2,1 Prozent auf 13.259 Punkte, er erreichte den höchsten Stand seit August 2022.

Die Aktien des Technologiekonzerns Apple stiegen um fast fünf Prozent auf den höchsten Stand seit August 2022. Das Unternehmen punktete im ersten Quartal vor allem mit seinem weiterhin wichtigsten Produkt iPhone und stemmte sich damit gegen die Flaute im Smartphone-Markt. Das sorgte an den US-Börsen insgesamt für eine gehobene Stimmung. Zudem hob Apple die Dividende an und stellte weitere Aktienrückkäufe für 90 Milliarden US-Dollar in Aussicht.

Die Aktien des Fahrdienstanbieters Lyft brachen dagegen um fast 20 Prozent ein. Mit Blick auf die Quartalszahlen des Kontrahenten von Uber sprach die Barclays Bank von nicht wettbewerbsfähigen Preisen. Erst nach 2023 könne sich die Lage bessern. Die am Vortag abgestürzten Aktienkurse einiger US-Regionalbanken erholten sich teils kräftig. So schossen Western Alliance sogar um mehr als 80 Prozent in die Höhe.

Im Devisenhandel geriet der Euro nach dem guten US-Arbeitsmarktbericht zunächst unter Druck, holte die Verluste aber komplett wieder auf. Zuletzt notierte die Gemeinschaftswährung auf 1,1018 US-Dollar. Am Rentenmarkt gerieten die Notierungen unter Druck. Die Rendite für zehnjährige Papiere stieg auf 3,44 Prozent.

Die robusten Arbeitsmarktdaten aus den USA und die Pläne zum Industriestrompreis in Deutschland hatten zuvor schon dem Dax kräftige Gewinne beschert. Der deutsche Leitindex schloss mit einem Plus von 1,4 Prozent auf 15.961 Punkte und legte damit im Verlauf der verkürzten Handelswoche leicht zu. Der MDax beendete den Handel am Freitag 1,1 Prozent höher auf 27.619 Zählern.

Zeit zum Lesen
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Aktienseitig profitierten einige von hohen Strompreisen geplagte Unternehmen von den vorgestellten Industriestrompreis-Plänen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Bis 2030 soll es zunächst einen Strompreis von sechs Cent pro Kilowattstunde für einen „klar definierten“ Empfängerkreis geben. Wolfgang Große Entrup vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) sieht darin einen klaren „Game Changer“ für die internationale Wettbewerbsfähigkeit seiner Branche.

Aktien dieser Unternehmen legten kräftig zu. Die Papiere des Kunststoffkonzerns Covestro stiegen als einer der besten Werte im Dax um 5,3 Prozent und BASF gewannen 3,6 Prozent. Im MDax sprangen Wacker Chemie um 9,1 Prozent hoch. Auch Papiere von Stahlherstellern wie Thyssenkrupp und Salzgitter legten zu.

Besser als befürchtet, ausgefallene Quartalszahlen katapultierten die Aktien des Sportartikelherstellers Adidas mit plus 8,9 Prozent auf den höchsten Stand seit Mitte August 2022. Analysten zeigten sich insgesamt positiv überrascht vom Umsatz und dem operativen Ergebnis. Evotec büßten 0,6 Prozent ein, der Wirkstoffhersteller wird ab Montag vorerst nicht mehr im MDax vertreten sein. Wegen eines Cyberangriffs kann der testierte Geschäftsbericht nicht fristgerecht veröffentlicht werden. Das zog gemäß den Regeln der Deutschen Börse den Index-Ausschluss nach sich. Der Bericht wird nun laut Evotec für Mitte Mai erwartet, was eine Rückkehr in den MDax bereits im Monat Juni möglich machen würde. Für SMA Solar ging es um 3,9 Prozent hoch. Der Wechselrichter-Hersteller wird ab Montag den Platz von Evotec im MDax einnehmen.

In der neuen Woche richtet sich die Aufmerksamkeit zunächst auf den Krankenhausbetreiber Fresenius samt seiner Dialyse-Tochter FMC am Dienstag und auf den Versorger Eon oder den Baustoffkonzern Heidelberg Materials am Mittwoch. Bayer und Telekom berichten am Donnerstag und die Allianz am Freitag über ihr Quartal. Davon abgesehen könnte auch die Bankenbranche wieder verstärkt für Unruhe sorgen, denn bereits in den vergangenen Tagen ging die US-Bankenkrise in die nächste Runde.

Nachdem die Nachrichtenagentur Bloomberg über den Kapitalbedarf der First Republic Bank berichtet hatte, ging es anschließend auch mit dem Kurs von Pacwest Bancorp steil bergab. „Spielraum für neue Höchststände im Dax dürfte es angesichts der zahlreichen anstehenden Quartalsberichte und einiger makroökonomischer Impulse in der neuen Woche wohl eher nicht geben“, fasste Marktbeobachter Andreas Lipkow von der Commerzbank die Aussichten an der Börse zusammen. Das Niveau um die 16.000 Punkte im Dax sei derzeit einfach ein „zu harter Brocken“.

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