Fast neun Prozent Plus im Januar – vorsichtige Stimmen mehren sich

Nach dem schwierigen Jahr 2022 sind mehr und mehr Anleger wieder optimistisch – und investieren. Bei zahlreichen Aktien haben sich die Kurse seit dem Oktober-Tief der Märkte und weiter seit Jahresanfang massiv erhöht.

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Mit der Erholung häufen sich indes die Warnungen vor einem Rückfall auf die 2022er Tiefs. Wird von Rezessionen gesprochen, dann geschieht das heute aber oft nur noch als „wenig tief und kurz“.

Vor allem in Europa sind die Aussichten nach der Vorlage der jüngsten Daten wieder besser: In Deutschland wird offenbar mit 0,2 Prozent Wachstum gerechnet, nachdem im Herbst 2022 noch entmutigende Prognosen zu einem Schrumpfen der Wirtschaft gestellt wurden. Dass China die Wirtschaft nach dem Umschwenken in der Coronapolitik im Land schneller als bisher gedacht nach oben fährt, stärkt den Optimismus. Gleichwohl bleibt die Nervosität bei der Frage, wie die Unternehmen mit der angespannten Konjunkturlage, steigenden Preisen und einem unsteten Konsumverhalten zurechtkommen, groß.

Insbesondere der Rückgang der Inflationsdaten und der damit verbundenen Preissteigerungserwartungen hat die Aktienmärkte seit Oktober angetrieben. Am liebsten hätten es die Börsianer, wenn bei der Teuerung schon eindeutig von einem Wendepunkt gesprochen werden könnte. Tatsächlich besteht wenig Zweifel daran, dass der Preisauftrieb schon aufgrund des Basiseffekts in diesem Jahr deutlich zurückgehen wird. Wie schnell dies passiert, und wie schnell die Notenbanken auf die Daten reagieren, ist hingegen ungewiss. Das Risiko ist, dass die Inflationsdaten schon weitgehend eingepreist sind und deshalb kaum noch Aufwärtspotenzial vorhanden ist. Im Gegenteil würde eine weitere Straffung der Geldpolitik durch die EZB den Aktienmarkt belasten.

Die US-Börsen legten jedenfalls am Freitag nach einem zunächst richtungslosen Verlauf erneut zu. Der Dow Jones Industrial Index stieg letztlich um 0,1 Prozent auf 33.978 Punkte. Damit kletterte er im Wochenverlauf um 1,6 Prozent und bügelte die Verluste aus der Vorwoche weitgehend aus. Der marktbreite S&P 500 stieg um 0,3 Prozent auf 4.071 Zähler. Der technologielastige Nasdaq 100 erreichte am Freitag den höchsten Stand seit Mitte September 2022 und ging mit einem Plus von knapp einem Prozent auf 12.167 Punkte ins Wochenende. Den wie erwartet ausgefallenen Daten des Handelsministeriums zufolge stiegen in der weltgrößten Volkswirtschaft die Einkommen im Dezember leicht, während die Konsumausgaben etwas zurückgingen. Zugleich befindet sich die hohe Inflation weiter auf dem Rückzug. Ian Shepherdson, Volkswirt bei Pantheon Macroeconomics, erwartet daher, dass sich die Ausgaben im Januar weiter erholen. Diese Einschätzung untermauerten die kurz nach dem Handelsstart veröffentlichten Konsumklima-Daten für Januar der Universität Michigan. Einer zweiten Schätzung zufolge fielen sie etwas besser als erwartet aus. Zudem gab es starke Daten vom Häusermarkt.

Alles in allem wird laut Börsianern daher unverändert erwartet, dass die Fed am kommenden Mittwoch ihr Zinsstraffungstempo verringern wird. Nach mehreren kräftigen Anhebungen um 0,75 Prozentpunkte im vergangenen Jahr und einem Schritt um 0,5 Punkte im Dezember wird mit einer Zinsanhebung um 0,25 Punkte gerechnet.

Unternehmensseitig erholte sich die Intel-Aktie leicht von ihrem prozentual zweistelligen Verlust zum Handelsauftakt. Sie blieb aber Schlusslicht in Dow mit minus 6,4 Prozent. Der Prozessorhersteller enttäuschte nicht nur mit einem schwachen Schlussquartal 2022, sondern gab auch eine düstere Prognose für das laufende erste Quartal. Die Aktien des Wettbewerbers AMD profitierten von den teils durchaus hausgemachten Problemen Intels und zogen um 0,3 Prozent an.

Der Kurs von Chevron, der am Vortag angesichts eines angekündigten milliardenschweren Aktienrückkaufs kräftig gestiegen war, büßte an vorletzter Stelle im Dow nach Intel nun 4,4 Prozent ein. Der Öl- und Gaskonzern hatte im Schlussquartal 2022 mit seinem Gewinn enttäuscht. Die Index-Spitze nahmen die Aktien von American Express ein, die um 10,5 Prozent hochsprangen. An zweiter Stelle gewannen Visa drei Prozent. Die Kreditkartenanbieter überzeugten mit über den Erwartungen gesteigerten Gewinnen. Die Aktien des Konkurrenten AmEx profitierten vor allem mit einem starken Ausblick. Der Euro wurde zum Börsenschluss an der Wall Street mit 1,0866 US-Dollar gehandelt. Am US-Rentenmarkt stieg die Durchschnittsrendite auf 3,52 Prozent.

Bewegungsarm hatte sich der Dax zuvor ins Wochenende verabschiedet. Vor den Zinsentscheiden, die in der kommenden Woche von den großen Notenbanken anstehen, blieb der deutsche Leitindex nach seiner rasanten Erholung zu Jahresbeginn in der Seitwärtsphase der vergangenen Tage. Am Ende kam er auf ein knappes Plus von 0,1 Prozent auf 15.150 Punkte. In der zweiten deutschen Börsenliga waren die Kursgewinne größer: Der MDax zog um ein Prozent auf 29.076 Zähler an. Immerhin hat der Dax, für den es in der Vorwoche die erste Verlustwoche in diesem Jahr gab, nun aber wieder ein Wochenplus von 0,8 Prozent aufzuweisen. Im Januar hat der Dax bislang 8,8 Prozent gewonnen. Nach Einschätzung der Helaba ist dies für die ersten Wochen des neuen Jahres ein ungewöhnlich gutes Fazit, denn in der Historie des Dax habe es nur sieben Jahre mit einem ähnlich guten Auftaktmonat gegeben. „Bemüht man die Historie, so zeigt sich, dass in Jahren mit einem derart furiosen Auftakt durchaus mehr drin ist“, hieß es am Freitag in einem Kommentar der Landesbank. Die Bewertung des Leitindex sei trotz des Anstiegs der vergangenen Monate moderat.

Unternehmensnachrichten waren am Freitag Mangelware. Die Papiere von Infineon trotzten den Problemen, die der US-Prozessorhersteller Intel mit einer ausgesprochen tristen Prognose an den Tag gelegt hatte, und schloss mit 1,7 Prozent im Plus. Die Titel von Adidas verteuerten sich im Dax um 2,1 Prozent, nachdem das Analysehaus Warburg sie in Erwartung einer 2023 verbesserten Gewinnentwicklung zum Kauf empfohlen hatte. Airbus dagegen waren mit minus 3,4 Prozent einer der größten Indexverlierer. Hier gab das Analysehaus Jefferies die bisherige Kaufempfehlung auf. Analystin Chloe Lemarie rechnet bei dem Flugzeugbauer damit, dass konservative Zielen für 2023 den Kurs bremsen.

Robust zeigten sich derweil die Aktien von United Internet mit einem Anstieg um 0,6 Prozent. Der Telekom- und Internetkonzern gab Details zum geplanten Börsengang der Hosting-Tochter Ionos bekannt. Deren Bewertung ist dabei deutlich niedriger, als man es sich laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg im letzten Jahr noch erhofft hatte. Mit einem Anstieg um 13,4 Prozent gab es bei Heidelberger Druck die deutlichste Kursveränderung in der Dax-Indexfamilie. Die Titel des Druckmaschinenherstellers sprangen mit 1,91 Euro in der Spitze auf das höchste Niveau seit einem halben Jahr. Die Experten von Warburg Research sehen in einer Studie zusätzliches Kurspotenzial bis 2,20 Euro.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,17 Prozent am Vortag auf 2,25 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,32 Prozent auf 126,27 Punkte. Der Bund-Future stand 0,29 Prozent tiefer bei 137,44 Zählern.

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Kommentare ( 2 )

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Guzzi_Cali_2
1 Jahr her

Die Wirtschaft ist so nachhaltig geschädigt, daß der DAX nur das Abbild der immensen FIAT-Geldmengen ist, die ins System gepumpt werden – mit wahrer Wirtschaftsleistung der Unternehmen hat das rein gar nichts zu tun. Wenn man Markus Krall glaubt – und das tue ich – dann ist das nur noch ein Aufbäumen vor dem Absturz. Optimismus? Woher soll denn der kommen? Und aufgrund welcher Ereignisse?

Last edited 1 Jahr her by Guzzi_Cali_2
Peterson82
1 Jahr her
Antworten an  Guzzi_Cali_2

Der DAX ist für mich einer der schlechtesten Indizes überhaupt und zudem dominiert von zyklischen Firmen. Darauf würde ich gar nichts geben. Ebensowenig auf den Aussagen von Herrn Krall. Er hat für dieses oder letztes Jahr vor einigen Jahren den Kollaps des Banken(rettungs)systems vorausgesagt und dass wir wohl nie wieder Zinsen sehen werden. Dass mit steigenden Zinsen die Südländer kollabieren…. nichts davon ist eingetreten. Er ist leider auch nicht mehr als ein gut formulierender Crash-Prophet. Es hatte umsomehr ein Geschmäckle dass er parallel dazu in einem Goldhaus saß.