Maybrit Illner: Gier statt Reue – Kommt die Banken-Krise zurück?

Die schon länger hier lesen, wissen, dass wir grundsätzlich die Fragestellung bei Illner für wenig glücklich halten. Wie diesmal auch. Kommt die Banken-Krise zurück? Das weiß der Zuschauer am Ende der Sendung genauso wenig wie am Anfang.

Welche pädagogische Absicht verfolgt unser Wahrheits- und Erziehungsministerium bei diesem Thema? Ist das die Vorbereitung auf die ganz dicke Pille, den Banken-Bail-Out, trotz Missmanagement und Hybris unter Weiterzahlung üppiger Boni und Prämien? Und warum setzt sich der Sprecher der Deutschen Bank – der schwer zerrupften ehemaligen deutschen Bank – in so eine Runde?

Jörg Eigendorf war nach den Katastrophenmeldungen der letzten Monate natürlich der Prügelknabe in der Runde, aber als Sprecher der deutschen Skandalbank Nummer Eins ist das ganz locker im Gehalt inkludiert. Zudem kann er – und machte das auch – dezent darauf hinweisen, dass er erst seit April in dem Top-Job ist; zuvor war Eigendorf Chefreporter des Investigativteams bei Welt sowie Mitglied der Chefredaktion der Welt-Gruppe.

Der neue Mann, dem das „wir“ bei der Deutschen Bank verständlicherweise noch ein wenig schwer über die Lippen kam, verteidigte den Laden ganz ordentlich mit dem Kernsatz: Wir haben Fehler gemacht, aber jetzt, mit dem neuen Vorstandschef (der sooo neu auch nicht mehr ist) wird alles besser. Und ganz am Anfang gibt er dem früheren Vorstandschef Josef Ackermann einen Tritt mit: Der habe seinen Job zu oberflächlich gemacht, alles klar. Also alles Vergangenheit. Bleibt die Frage nach der Kragenweite: Einst war Vorstandssprecher Josef Ackermann himself bei Illner, heute nur noch der Sprecher des Sprechers. Wenn es so weitergeht kommt bald der Sprecher vom Filialleiter, aber das passt ja dann zu Lafontaine, der gerne nur Sparkassen hätte in seiner kleinen saarländischen Welt.

Vielleicht wollte das Illner-Team uns aber auch gar nicht sanft auf eine neue Katastrophe vorbereiten, sondern hat sich lediglich gedacht: Jeder Mensch hat ein Konto und wird abgezockt, das ist doch ein Quotenbringer wie beim Focus früher „Nie wieder Brille“.

Ein Anwalt der kleinen Leute wurde gesucht und in Oskar Lafontaine von Die Linke gefunden. Das ist nachvollziehbar, weil der moderne Sozialdemokrat sich eher als Genosse der Bosse versteht, denn als Vertreter des Packs. Und das Oskarchen haute erwartungsgemäß auf seine Blechtrommel: Er sprach von einem „System der Verantwortungslosigkeit“, schimpfte über Milliarden Boni-Zahlungen und Investmentbanker, die 50 Prozent der Profite kassieren, aber Null Prozent der Verluste tragen. Und beklagte, dass in den USA und GB Banker eingesperrt wurden, bei uns aber keine „Schuldigen“ in den Knast mussten. Wahrscheinlich verwechselte er das mit Island, denn in den USA tauschte nur ein einziges kleines Bauernopfer sein Business-Blau gegen Gefängnis-Orange.

Vom US-Sender saß die reizende Carolin Roth in der Runde, um die Schreckhaften unter uns zu beruhigen: Eine Banken-Krise drohe eigentlich irgendwie nicht.

Den Staatsvertreter gab Markus Söder, dem seine Frau mit auf den Weg gegeben hatte, nicht zu rüpelhaft mit dem alten Oskar umzuspringen – woran sich der bayerische Finanzminister auch hielt und auch ansonsten die Haltungsnote für Verstand und klare Formulieren. Für Söder ist eh der Italiener Draghi an allem schuld, der den Südländern (nicht Bayern!) die ganze Kohle der deutschen Sparer in ihren Rachen stopfe. Die vielen Milliarden, die der Freistaat Bayern in seiner Landesbank und in der Balkan-Bank Hypo Alpe Adria versenkt hat nebst unerlaubter Parteienfinanzierung und gigantischer Korruption – geschenkt. Der Staat ist der bessere Banker. Immer. Garantiert. Irgendwie geht das in solchen Sendungen immer unter, das mit den Landesbanken und Sparkassen. Neuerdings ist es Draghi. Denn ohne Zinsen, die Draghi abgeschafft hat,  kann keine Bank leben, das ist ja ihr Daseinszweck oder neudeutsch: Geschäftsmodell.

Dass das eine recht schlichte Sicht der Dinge sei, erklärte dann der ehemalige Investmentbanker Rainer Voss. Draghi habe „der Politik“ Zeit verschafft, um Reformen auf den Weg zu bringen, die die Politik natürlich nicht nutzte, sondern sich „stattdessen einen schlanken Fuß“ machte. Billiges Geld wird seitdem Europa weit verjubelt, Sparer und Rentner blechen dafür und und auch Schäuble ist Nutznießer davon.

„Stimmt“, gab Söder zu, aber der Steuerzahler müsse nicht nur nicht für die Banken haften (im Falle eines Falles), sondern soll sogar am Gewinn durch Billig-Geld über Steuererleichterungen beteiligt werden.

Letzteres glauben wir ihm nicht und das Erste glaubte Voss nicht. „Dafür haben wir klare europäische Regeln“, sagte Söder. „Wie Maastricht“, entgegnete Voss.

Bankiers statt Banker braucht es
Deutsche Bank was nun?
Der Ex-Banker, TV-Zuschauern durch eine verstörende Dokumentation über Gier und Rücksichtslosigkeiten von Investmentbankern bekannt, war auch heute wieder für einen gemäßigten Gruselfaktor zuständig. Die Deutsche Bank habe einen Risikopuffer von 3,5 – halb soviel wie amerikanische Banken – und wenn Draghi die Zinsen erhöhe, sei das Eigenkapital schnell futsch. Ob er glaube, dass die DB aus dem Schlamassel herauskäme, beantwortete er mit der alten Logik eines Investmentbankers: „Dann würde ich ohne Ende deren Aktien kaufen“. Was er wohl nicht getan hat. Denn für ihn geht gerade das alte Geschäftsmodell kaputt: „Banken von heute sind wie Wählscheibentelefone vor 15 Jahren.“

Auch H.-J. Tenhagen wollen wir nicht unterschlagen, der gefragt wurde, was die armen Sparer denn nun angesichts der misslichen Lage tun können. Von Volksbank zur Stadtsparkasse oder Großbank pilgern und schauen, wer einem noch ein paar Zinsen zahlt – mehr hatte der Finanztip-Chef auch nicht im Angebot. Aber für diesen Tipp verstrahlte er die Selbstgewissheit eines Investmentbankers.

So wissen wir am Ende nur soviel:

  • Banker ist kein Traumjob mehr, Zigtausende stehen bald auf der Straße
  • Die Zinsen bleiben niedrig, weil die EU sonst den Bach runtergeht
  • Oskars Feuer ist erloschen
  • Die Deutsche Bank hat 1.000 x gelogen, 1.000 x Gesetze verletzt. Sie ist ziemlich hoch geflogen, aber der Himmel war schon besetzt
  • Jörg Eigendorf bewies: Die früheren Kritiker der Elche werden am Ende selber welche
  • Lasst die Finger von Deutsche Bank-Aktien

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