Olaf Scholz bei Maybrit Illner: Dritter Besuch, wenig Erkenntnis

Zum dritten Mal stellte sich Bundeskanzler Olaf Scholz den Fragen von Maybrit Illner. Und zum dritten Mal gab es kaum erhellende Antworten. Von Michael Plog

Screenprint: ZDF / Maybrit Illner

„Krieg,Krisen, Koalition – wie gut führt der Kanzler?“ ist das Motto der Sendung. Die Antwort, um es kurz zu machen: „Gut“. Das findet zumindest Scholz selbst. Er stellt sich ein rundum hervorragendes Zeugnis aus. Die Regierung habe alles gut gemeistert, sogar die Energiekrise und die Inflation.

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Es ist der Vorabend des Jahrestags des russischen Angriffs auf die Ukraine. Scholz verteidigt seinen von Waffenpolitikern oft kritisierten Kurs, zu zurückhaltend zu sein, zu viel abzuwägen, zu wenig zu sagen und vor allem: zu wenig zu liefern. Mehr Waffen, immer schwerere Waffen, das fordern seit Monaten nicht nur deutsche Sofa-Strategen wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) oder Roderich Kiesewetter (CDU), sondern auch die Spitzenpolitiker der eigenen Ampel-Koalition. Außenministerin Annalena Baerbock und Vizekanzler Robert Habeck trieben den Kanzler in der Vergangenheit mit öffentlichen Forderungen vor sich her, doch der bleibt stur. Wer sich in dieser Sendung etwas Aufklärung oder neue Erkenntnisse erhofft hatte, sah sich enttäuscht. Scholz wiederholt nur, was er seit Monaten sagt. Gemeinsam entscheiden, nicht allein vorpreschen, alles gut abwägen, der übliche Sermon.

Dass dieses Handeln, von den einen als zögerlich kritisiert, von anderen als überlegte Zurückhaltung gelobt, eine der wenigen Eigenschaften ist, die die Deutschen Umfragen zufolge an Scholz schätzen, bestärkt den Kanzler. „Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes können sich darauf verlassen, dass ich mich nicht kirre machen lassen werde von all den vielen Interviews, von den öffentlichen Aufrufen, von den Erklärungen, sondern dass es gut vorbereitete, wohl abgestimmte und wohl abgewogene Entscheidungen bleiben.“

Die Lieferungen Deutschlands an die Ukraine seien umfangreich. Was von Deutschland kam, sei „oft als erstes geliefert worden und oft als einziges“. Manchmal mache es „Mühe“, alle „dazu zu bewegen, die von ihnen selbst zugesagten Dinge zu liefern“. Mit den deutschen Lieferungen gehe es darum, die Ukraine bei der Verteidigung zu unterstützen und zugleich eine weitere Eskalation zu vermeiden. „Deutschland muss sich an dieser Stelle von niemandem Vorwürfe anhören, denn wir sind diejenigen, die sehr, sehr viel machen. Mehr als viele andere.“ Die Lieferung von Kampfjets ist für Scholz weiterhin kein Thema. „Die Kampfjet-Debatte macht keinen Sinn.“

Ergebnis Meinungsumfrage
Verheerende Werte für Scholz: Fast 70 Prozent bescheinigen ihm Führungsschwäche
Gegen ein schnelles Kriegsende spreche das aggressive Verhalten Putins. Er befürchte, dass der Krieg noch lange Zeit dauern könnte. „Das ist eine meiner größten Sorgen, dass das jetzt ein sehr lange sich hinziehender Krieg wird mit unglaublichen Zerstörungen und Verlusten.“

Eine deutliche Warnung schickt Scholz nach Asien. Wenn China jetzt Russland mit Waffen versorgen sollte, sei klar, „dass das nicht akzeptiert werden kann“. Zwar habe China öffentlich mitgeteilt, keine Waffen zu liefern, aber der Kanzler traut dem Braten nicht. Es sei jetzt „notwendig, dass wir da genau hinschauen“. Hintergrund ist offenbar ein Bericht des Wall Street Journal, wonach China seine Entscheidung möglicherweise wieder ändern könnte.

Auf das gelegentlich als „gespannt“ bezeichnete Verhältnis zu Annalena Baerbock angesprochen, gibt sich Scholz betont gelassen. „Wir sind unterschiedliche Persönlichkeiten, aber wir kooperieren eng.“ Baerbocks Karnevalsauftritt habe er sogar „witzig“ gefunden. Baerbock hatte gesagt, sie habe ursprünglich als Leopard gehen wollen (in Anspielung auf den gleichnamigen Kampfpanzer), habe aber dann befürchtet, keine Reisegenehmigung zu bekommen.

Auf Illners Frage, warum 25 Prozent der Deutschen dem Kanzler jegliche Führungskompetenz absprechen, weiß Scholz so recht keine Antwort. Er weicht aus.

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Kommentare ( 27 )

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luxlimbus
1 Jahr her

Als „Super-Mario des Bevölkerungsaustausches“ hat Scholz gleich die Migrationsbremse: „Wiedereinführung der Wehrpflicht“ ausgeschlossen.

Nibelung
1 Jahr her
Antworten an  luxlimbus

Und wenn man seine Wortwahl gegenüber der Frage von Illner noch mit hinzu zieht, ob alles in der Ukraine-Frage mit den Amis abgestimmt sei, antwortete er, daß jede Vorgehensweise mit Herrn Biden abgestimmt sei und wenn das so ist, dann müßte er auch bestens über die Pipeline-Sprengung bescheid wissen, denn das wäre auch ein Merkmal der gegenseitigen Abstimmung, wenn man es wörtlich dabei nimmt. Dazu hätte man früher dann was anderes gesagt und somit hat er sich selbst in Widersprüche verwickelt, denn das eine schließt das andere nicht aus, denn sonst kann man es nicht als gemeinsame Abstimmung bezeichnen, was… Mehr

Freigeistiger
1 Jahr her

Scholz führt nicht nur nicht gut, sondern gar nicht. Als williger Pudel der USA wird er geführt wie die gesamte Ampel. Damit die jämmerliche Rolle dieses Kanzlers nicht allzu offensichtlich ist, läßt das transatlantische Herrchen ihm manchmal ein bisschen mehr Leine, auf daß er vor der Bevölkerung den Vorsichtigen und Überlegten geben kann. Für die Amerikaner zählt, was „hinten rauskommt“, also tatsächlich geliefert wird und wie Scholz selbst nicht müde wird zu betonen, ist das vergleichsweise viel. Immer mehr und schwerere Waffen sollen dem Kiewer Regime den Sieg gegen die Atommacht Russland ermöglichen und damit schließlich Frieden schaffen. Die an… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Freigeistiger
Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Wenn Olaf Scholz auf seine Regierungsmitglieder angesprochen wird, warte ich immer auf den Moment, wo er – wie bei Asterix und Obelix der römische General – anfängt hemmungslos zu schluchzen und zu sagen: „Sie sind alle so dumm, und ich bin ihr Chef!“

Nibelung
1 Jahr her
Antworten an  Juergen P. Schneider

Wenn sichtbare Schrumpfgermanen im Größenvergleich zum bayrischen Löwen zuerst die Russen anmachen und dann noch dem großen China drohen, worin Deutschland noch eine der kleinsten Provinzen darstellen würde, spätestens dann wird es für jeden Deutschen mehr als peinlich, weil damit der fatale Geisteszustand offen zu Tage tritt, was sich schon in der Erinnerungslosigkeit gezeigt hat und nun seine Krönung im vollkommenen Delirium aufzeigt ein Riesenreich zu warnen, was seine Kompetenz bei weiterm übersteigt, denn Führer sehen anders aus, dann könnte man es vielleicht noch verstehen. Das alles ist eher eine kleinbürgerliche Provinzpossse und wer sich die Pipeline unterm Hintern wegballern… Mehr

Michael Palusch
1 Jahr her

„dass das nicht akzeptiert werden kann“… aber der Kanzler traut dem Braten nicht. Es sei jetzt „notwendig, dass wir da genau hinschauen“. Und was dann, …wenn der Kanzler genau genug hingeschaut und den Braten also doch gerochen hat? Was dann? Sanktionspaket 1 bis 99, militärische Intervention, geht Deutschland wieder voran und verweigert als Klassenprimus sowohl den Export nach, als auch den Import aus China? Die Lieferung von Kampfjets ist für Scholz weiterhin kein Thema. Die Lieferung von Panzern war vor gar nicht allzu langer Zeit für Scholz auch kein Thema. Mit den deutschen Lieferungen gehe es darum, die Ukraine bei… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Michael Palusch
Julischka
1 Jahr her

Olaf Scholz verkörpert für mich das Rumpelstielzchen, das nachts heimlich ums Feuer tanzt (damit es die Grünen nicht bemerken, Feinstaub und so!) und hinterlistig trällert: „heute Waffen, morgen Panzer und übermorgen hol ich mir euer Kind! Ach wie gut, daß niemand weiß, daß ich CumEx-Olaf heiß!“

ssasse
1 Jahr her

In dem Umfeld von regierungsamtlichen Totalversagern ist Scholz die gemäßigte Stimme der Vernunft. Sie hören Sie nur nicht immer und sehen Sie zu selten. Mann stelle sich ein Szenario vor, indem die Kabinettsmitglieder ohne Zaumzeug agieren könnten. Das möchten Sie nicht erleben. Das ist so wie bei der FDP – schlimmeres verhindert, für mehr reicht es aber nicht. Was nicht in Ihm ist können Sie nicht rausholen. Olaf nutzt seinen Spielraum aus. Ihm ist nur allzu deutlich, dass er die Gallionsfigur nur spielen darf unter der Voraussetzung, dass er sich einpasst. Einen anderen Charakter hätten die Jungs und Mädels nicht… Mehr

chino15
1 Jahr her
Antworten an  ssasse

Nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Aus meiner Sicht ist Scholz ähnlich wie Merkel ein gnadenloser Opportunist: keine eigene Strategie, nur Lavieren entlang des geringsten Widerstands. Sicher wäre die Lage noch schlimmer, wenn man Fanatiker wie Baerbock, Lauterbach, Habeck und MASZ völlig ungehindert agieren ließe. Aber dann käme der (offensichtlich notwendige) Zusammenbruch vielleicht auch früher und wir könnten endlich wieder vernunftgesteuert von vorn anfangen.

Iso
1 Jahr her

Das Engagement unserer amerikanischen Freunde in Osteuropa, speziell den Nato-Übungen im Baltikum, die Förderung Polens als Friedensmacht im Osten, die Unterstützung der Ukraine im Ringen um Demokratie und den Schutz vitaler US-Interessen im Ostseeraum ist ohne Beispiel. Vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer wird die Architektur eines demokratischen Schutzwalls errichtet, der jede Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland verhindert. Garniert mit der polnischen Forderung nach Reparationen in Billionenhöhe, gibt es für Scholz wenig Themen, über die es was zu sagen gibt. Ist doch alles in Butter.

Johannes R. Brecher
1 Jahr her

Eine deutliche Warnung schickt Scholz nach Asien. Wenn China jetzt Russland mit Waffen versorgen sollte, sei klar, „dass das nicht akzeptiert werden kann“.
Für mich ein Lehrsatz, wie man als Politiker seiner Hilflosigkeit einen grosssprecherischen Anstrich verleiht.
Warum fragt Illner nicht, was er dagegen zu tun gedenkt?

Johannes Kreis
1 Jahr her

Der Beweis, dass Scholz, nicht bis zwei zählen kann, China. Da ist zunächst die innere Logik nach der ca. 30 Staaten, die meisten NATO, Waffen an die Ukraine liefern können, ohne Kriegspartei zu werden. Aber China nicht an Russland. Dann ist da die Frage, wie Scholz, China daran hindern will? Sanktionen gegen China? So ähnlich wie die Lieferausfälle bei COVID, als die deutsche Wirtschaft dadurch fast am Ende war? China bezieht derzeit billiges Gas aus Russland und für die strukturschwachen, nördlichen Regionen Chinas ist Russland ein wichtiger Handelspartner. Das wird sich irgendwann bemerkbar machen. Und dann ist da noch das… Mehr

Ananda
1 Jahr her
Antworten an  Johannes Kreis

Ihr letzter Absatz:
Irgendwie merkwürdig, dass Merkel einerseits Deutschland von russischem Gas abhängig gemacht hat und gleichzeitig Putin mit dem gefakten Minsker Friedensabkommen gelinkt hat. Es müsste doch klar gewesen sein, dass das rauskommt und man zu diesem Zeitpunkt dann abhängig von russischem Gas ist. Passt nicht wirklich zusammen. Außer ……

Johannes Kreis
1 Jahr her
Antworten an  Ananda

Dass das Minsker Abkommen 2014 eine Finte war, um Zeit für die Aufrüstung der Ukraine zu gewinnen, ist nun wirklich gut belegt. Frau Merkel hat es zugegeben, der ehemalige französische Präsident Francois Hollande hat es zugegeben und NATO Generalsekretär Jens Stoltenberg hat es auch zugegeben. Nicht zuletzt zeugen die militärischen Erfolge der Ukraine in 2022 von dieser Aufrüstung. Es mag nicht ins Bild einer blitzsauberen NATO passen, aber es ist eine historische Tatsache, dass Europa (nach US-amerikanischer Anleitung) ab 2014 auf einem sehr schmalen Grad gewandert ist. Auch im Hinblick auf einen möglichen Frieden wird man das berücksichtigen müssen, nämlich… Mehr

Michael Palusch
1 Jahr her
Antworten an  Ananda

Merkel hat Deutschland nicht von russischem Gas abhängig gemacht, sondern Deutschland kaufte Gas deswegen aus Russland, weil es damals unschlagbar günstig war.

Ananda
1 Jahr her
Antworten an  Michael Palusch

Weil das russische Gas „unschlagbar günstig war“ hat man sich bei einer Liefermenge von 55 % von Deutschlands Gasbeddarf nicht von Russland abhängig gemacht? „Günstig“ und sich abhängig von einem Lieferanten machen schließt sich doch nicht gegenseitig aus.

chino15
1 Jahr her
Antworten an  Ananda

Passt natürlich nicht zusammen, aber wann war Merkels Politik jemals logisch? Ich glaube nicht, dass Merkel 2014 schon geplant hatte, die Ukraine aufzurüsten. Vermutlich wollte sie nur erstmal einen größeren Krieg verhindern, wie ihn einige Kreise in der Obama-Administration wohl gern gesehen hätten (Nuland) – aber die deutschen Wähler wären wohl weniger begeistert gewesen. Dass sie jetzt teilweise etwas anderes erzählt, dürfte am ehesten mit der aktuellen Kritik an ihrer Russland-Politik zusammenhängen. Reiner Opportunismus. Andererseits hat sich Merkel der Mainstream-Forderung nach Kohle- und Atom-Ausstieg gebeugt, war aber als Physikerin nicht so dumm zu glauben, dass man ein Industrieland mit Zappelstrom… Mehr

Kontra
1 Jahr her

Illner hätte Scholz nochmal den Unterschied zwischen „witzig“ und „lächerlich“ erklären sollen, in Bezug auf A. B. Karnevals Auftritt.