ARD aus Versehen ehrlich: Rechts ist gar nicht so schlimm

Die Propaganda-Front bröckelt? Die Lage ist offenbar so ernst, dass selbst Hart aber Fair, eines der letzten Sturmgeschütze des Um- und Fehldeutelns – allmählich mit der Wahrheit herausrücken muss. Und sei es aus Versehen. Von Michael Plog

Screenprint: ARD/hart aber fair

Es gibt durchaus helle Momente in dieser Sendung: Zum Beispiel als Monika Hohlmeier (CSU) die Linke als teilweise linksextrem bezeichnet. Hoppla! Oder als ausgerechnet ein Kurzvideo des polnischen Ministerpräsidenten immerhin 15 Sekunden Realität in die Sendung bringt. Mateusz Morawiecki zeigt in dem Clip plötzlich all die Probleme auf, die Europa seit 2015 mit der Flut illegaler Migration erlebt. Und die Runde kommt nicht umhin, das Thema auch – ein stückweit zumindest – zu diskutieren. Messergewalt und -morde, brennende Autos, No-Go-Areas in den Städten. Politologe Thomas Biebricher ordnet ein. Der Professor, dem die Kreide aus den Mundwinkeln staubt, sagt, das alles sei doch „ein bisschen überzeichnet dargestellt“. Klamroth staubt nach: „Bisschen ist gut!“

Alles wieder im Lot. Hier gibt es nichts zu sehen, bitte schauen Sie weiter.

Lampedusa
Melonis Machtpoker
Schon die Dokumentation, die der Sendung vorausgeht und die thematische Basis liefern soll, tut sich erkennbar schwer, die Realität zu verzerren oder zu schönen. „Mein Italien unter Meloni“ hat Nachrichtenmoderator Ingo Zamperoni, gebürtiger Italiener, seinen Film genannt. Er will klären, was der Rechtsruck – der Wahlsieg der „Fratelli d’italia“ – aus dem Land gemacht hat. Oder grundsätzlich: ob es diesen Rechtsruck überhaupt gab.

Denn es ist schon augenfällig, dass es nur zwei Gespräche in Brüssel und eines in Washington brauchte, um die ursprünglich ultrarechts positionierte Giorgia Meloni nach dem Wahlsieg zu „zähmen“. Sie brauche das Geld aus Brüssel, erklärt Zamperoni, doch das kann nur die halbe Wahrheit sein, wie der Zuschauer schnell bemerkt. Aus der vehementen Selenskyj-Kritikerin ist über Nacht seine Busenfreundin geworden. Warum? Läßt sich das ausschließlich mit innenpolitischen Geldnöten erklären?

Stilgerecht mit Miet-Fiat und Alitalia-Linienmaschine reist Zamperoni durchs Land und zählt die Probleme auf: 1. hohe Staatsverschuldung, 2. niedrige Geburtenrate, 3. Jugendarbeitslosigkeit, 4. zu niedrige Löhne. Na, wenn’s nur das ist, geht’s denen ja noch Gold, möchte da mancher Deutsche ausrufen. Bei uns kommen noch viel spätere und viel niedrigere Renten hinzu. Oder viel weniger Immobilieneigentum. Oder das Heizungsgesetz, oder die CO2-Luftbesteuerung, oder das – aber: wo anfangen, wo aufhören?

Salvini: Es gibt viele Wege zur Blockade
Lampedusa: Niedrige Schlepperpreise werden Überfahrten weiter anheizen
Die Italiener haben dennoch „rechts” gewählt. Und Zamperoni kann nicht so recht erklären, warum. Seine Freundin Stefania sagt: „Die Linken haben aufgehört, mit den Menschen zu sprechen.“ Klingt plausibel, auch aus deutscher Sicht. Und der Strandbadbetreiber aus seiner Jugend knallt Zamperoni einen Satz vor den Latz, der es in sich hat: „Nachrichten, ich will Dir ja nicht nahetreten, aber die habe ich schon gar nicht mehr geschaut.“ Man muss es Zamperoni hoch anrechnen, dass er den Spruch nicht herausgeschnitten hat. Kniehoch zumindest, denn danach wird es wieder schlimmer.

Beim Thema Migration ist der Italiener voll in der deutschen Propaganda-Spur. Es sei ihm vorher gar nicht bewusst gewesen, wieviele unbegleitete Minderjährige darunter sind, sagt er tatsächlich. Dass in Italien meistens Boote anlanden, auf denen kaum ein einziges Kind und kaum eine Frau zu finden sind, wird nicht erwähnt. Später im Hart aber Fair-Talk spricht es Focus-Journalist Ulrich Reitz ganz kurz an. Noch ein paar Sekundenfitzelchen Realität.

Bevor Klamroth eine alte Wahlkampf-Rede von Meloni einspielt, warnt er seine Gäste pflichtbewusst vor den „echt kruden Verschwörungstheorien“. Dass Meloni von „geplanter Invasion“ und gar von einem „ethnischen Austausch“ spricht, will so gar nicht in Klamroths Kopf. Dabei müsste er nur mal auf die Webseite des Weltwirtschaftsforums schauen oder dem WEF-Vorzeige-Historiker Yuval Noah Harari (über „nutzlose“ Menschen) zuhören.

Wortführer Salvini
Lampedusa: Signal an Berlin, nicht an Rom
Er habe „nicht den Eindruck, dass jetzt ganz Italien rechts geworden ist“, gibt Zamperoni zu, und das ist ein weiterer ungewollter Lichtblick der Sendung. Denn seine Aussage ist gefährlich für das Narrativ von der bösen AfD. Keiner in der Runde merkt es: Indem Zamperoni den vermeintlichen Rechtsruck als harmlos entlarvt, nimmt er den Deutschen selbstverständlich auch die permanent eingeredete Angst vor einer Zeit, in der die AfD an einer Regierung beteiligt sein könnte. Vielleicht würde dann alles gar nicht so schlimm wie immer dargestellt. Eben einfach so entspannt wie jetzt in Italien?

Sehr schön und erhellend auch, wie sich die EU-Vizepräsidentin Katarina Barley und die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier anzicken. Barley etwa kritisiert, dass Meloni und die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammen mit Mark Rutte, dem niederländischen Premier, nach Tunesien reisten. „Eine Einzelaktion“, so Barley, „das Parlament war definitiv nicht einbezogen.“ Klingt irgendwie nach den Corona-Spritzen, die von der Leyen en passant per SMS mit Pfizer-Chef Bourla klarmachte. Barley weiter: „Die sind da hin, ‘Team Europe’ haben die sich genannt, was auch immer das ist. Steht in keinem Vertrag.“ Klamroth investigativ: „Frau Hohlmeier, war das in Ihrem Namen?“ Die reagiert schmallippig: „Ganz sicher schon auch“. Die Bayerin haucht es so dünn daher, dass sich ihr Vater Franz-Josef Strauß wohl im Grabe umdrehen würde. Allgemeine Erheiterung vor dem Bildschirm. Der Zuschauer wird Zeuge so manch kleiner Entzauberung an diesem Abend.

Hohlmeier geht noch einen Schritt weiter: Von der Leyens Vorgehen sei schon deshalb untadelig gewesen, weil: „Selbst Nancy Faeser hat’s am Schluss gelobt.“ Sie hält inne – wissend, dass ihr da gerade ein etwas merkwürdiges „Qualitätsmerkmal“ herausgerutscht ist.

Immer fragwürdigere Details tauchen auf:
Die Affäre Faeser erinnert allmählich an einen schlechten Mafia-Film
Apropos Faeser: Auch Barley, die in jüngster Zeit erstaunlich oft in Talkshows auftritt, so als solle sie zur Nachfolgerin Faesers als Innenministerin aufgebaut werden, verliert sich bisweilen. So holt sie etwa das totgerittene Argument aus der Kiste, die ungebremste Zuwanderung sei doch wichtig und richtig und nötig und gut, denn man dürfe schließlich nicht vergessen: „Wir brauchen ja Leute, die hier arbeiten.“ Eine Geschichte, die die Politik unermüdlich und unverdrossen seit 2015 wiederholt. Dass 62 Prozent der Bürgergeldempfänger einen ausländischen Pass haben, ist offenbar immer noch nicht zu Barley durchgedrungen.

Da trifft es sich gut, dass Italien, wie Zamperoni und Reitz korrekt feststellen, die Migranten einfach nach Norden weiterleitet. Die meisten landen in Deutschland. Der Migrantenstrom sei gesteuert, unterstützt von Schiffen wie der „Sea-Watch“, die selbstverständlich als reines Boot der Nächstenliebe präsentiert wird. Übrigens: Die Flugzeuge der Organisation „fliegen über einen Friedhof“. Das Meer, ein Friedhof … Klamroth ist ganz ergriffen. Bitter zu sehen, wie hier mit tatsächlichen Schicksalen und gesteuerter Schleuser-Migration abendliche Fernseh-Polemik produziert wird.

Der Vollständigkeit halber seien noch die übrigen, die üblichen Propaganda-Floskeln erwähnt, die sich Hart aber Fair selbstverständlich auch dieses Mal nicht verkneift: Die AfD will angeblich „Null“ Asylbewerber (Hohlmeier). Niemand widerspricht. Und wer, wie die Jugendorganisation der italienischen „Rechten”, für die Familie und die Existenz nur zweier Geschlechter eintritt, der ist schlicht und einfach von gestern. Zamperoni findet das alles pflichtbewusst „befremdlich“.

Das negative Highlight des Abends? Da sind wir wieder bei Monika Hohlmeier: „Ich würde gern die politischen Rechtsextremen und die politischen Linksextremen ausgrenzen.“ Die Parteien der Mitte müssten sich treffen und Lösungen finden, sagt sie.

Brandmauern also demnächst zu allen Seiten. Demokratie kann so schön sein.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 66 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

66 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Pitter
7 Monate her

“Rechts”/”Links” stammt aus dem Paulskirchen-Parlament 1848ff.
Vieles, was damals “Links” war, ist heut “Rechts” und umgekehrt.
In der Regierung Hitler/Papen ab 1933 waren Franz von Papen (Zentrum) und Alfred Hugenberg (DNVP) die rechten Flügelmänner und Joseph Goebbels war DER Linksextremist.

Sani58
7 Monate her

ﹰEgal were oder was in diesem ﹰöﹰr disskutiert wird, for ﹰnormal ﹰDenkende nicht interessant. Dieser Propagandaﹰﹰﹰﹰﹰ braucht man keine ﹰBühne geben.

foxthefox
7 Monate her

Für die, die das nicht gesehen haben, hat der Autor noch einen entscheidenden Teil der Infiltration vergessen. Klamroth faselte nicht nur aufmerksamkeitheischend den Friedhofspruch, der hatte tatsächlich die freche Chuzpe, minutenlang einen schmierigen Film über Seawatchs Umtriebe und ein widerliches Pseudointerview mit dem S.w.-Leiter vor Ort zu führen.
Was zuviel ist, ist zuviel !
Ich werde mir diese früher unter Plasberg oft interessante Sendung nun nicht mehr antun.

mediainfo
7 Monate her

…. spricht es Focus-Journalist Ulrich Reitz …

Fast kann der einem leid tun in seiner Rolle als Alibi-Konservativer, als der er immer wieder besetzt wird, nicht nur hier. Würde(n) die Redaktion(en) nicht stets genau darauf achten, dass die „unerwünschte“ Sichtweise nur mit einer Stimme in der Runde vertreten ist, sondern „fair“ und damit halbwegs paritätisch einladen, würde sehr schnell deutlich werden, dass Quantität der Teilnehmer und Qualität der Argumente, zwei sehr unterschiedliche Dinge sind.

Last edited 7 Monate her by mediainfo
Rob Roy
7 Monate her

ARD aus Versehen ehrlich: Rechts ist gar nicht so schlimm

Das liest sich wie eine Schlagzeile aus dem „Postillon“.
Deutschland absurd.

Budgie
7 Monate her

Es geht ihnen nicht um Italien, Deutschland oder die EU, nein, das gemeinsame Ziel der erzreaktionären Linksliberalen der westlichen Welt ist die Zerstörung der Gesellschaft. Egal ob es die Energiekrise, die Speisevorschriften ohne jegliche Milch und Fleisch ab 2030, die Wohnungsnot, das Gegendere u.v.a.m. ist, nichts ist zufällig. Es beruht auch nicht auf beruflicher Unfähigkeit wie das Debakel von Baerbock oder Biden, nein es ist blinde Barbarei mit dem Ziel den ungekehrten Totalitarismus der Milliardäre und ihrer Lakaien fest zu etablieren. Und die westlichen Linken sind die fleißigsten Helfer dabei, nicht RECHTE oder Konservative!

Haeretiker
7 Monate her

„Ich würde gern die politischen Rechtsextremen und die politischen Linksextremen ausgrenzen.“
Dann hat sie demnächst einen Soloplatz in der ersten Reihe im Zug gegen die Wand.

Dr. Rehmstack
7 Monate her

Also der sympathische Ingo Z. hat es schon schwer: sein fitter Schwiegervater in den USA wählt Trump und hält Biden für eine senile Marionette, seine Familie in Italien sympathisiert oder wählt Meloni, will von Homoehe und LGBTQuatsch+ nichts wissen, der Faschismus in Italien bleibt der feuchte Traum sehr alter Männer ohne politische Bedeutung und alle sind dabei auch noch sympathisch und wirken nicht verwirrt! Warum merken die nicht, daß sie alle in die falsche Richtung fahren, fragt sich verzweifelt der sympathische Ingo.

Jan Kandziora
7 Monate her

Diese Sendung ist einfach nur albern und sticht damit in nichts aus dem Einheitsbrei des deutschen Fernsehens heraus.

Klaus D
7 Monate her

„Ich würde gern die politischen Rechtsextremen und die politischen Linksextremen ausgrenzen.“…….das kommt mir so bekannt vor.
„Deutschland wird von der Mitte aus regiert, von einer Koalition der Mitte. Und die Ränder haben in dieser Republik nichts zu sagen.“ Guido Westerwelle FDP 2009

nachgefragt
7 Monate her
Antworten an  Klaus D

Der Turmbau zu Berlin unterscheidet sich von dem in Babel darin, dass er mit sehr teuren Brandmauern aus Elfenbein gebaut ist, dass niemand die Absicht hatte, einen Turm zu bauen, dass man im Turm die Bürger außerhalb nicht versteht und selbst noch dafür sorgt, dass die Bürger außerhalb des Turms nirgends mehr dank hergerufener Neubürger die eigene Sprache sprechen können, während im Turm die immer gleichen Phrasen in Dauerschleife gesabbelt werden, die niemand braucht. Anders als in Babel wird der Liebe Gott die Mauern vielleicht noch ein bisschen höher ziehen und die Fenster zumauern, damit endlich Ruhe in der Filterblase… Mehr