„Bild“ und Springer: Mit mildem Kurs aus der Schieflage? 

Die neue Führung von Deutschlands größter Boulevardzeitung soll den Auflagenrückgang stoppen. Ob das mit der zu erwartenden politischen Entschärfung gelingt, ist offen – aber für die Zukunft des Konzerns entscheidend.

IMAGO - Collage: TE

Als sich die vor wenigen Tagen frisch ernannte neue Bild-Chefin Marion Horn der Redaktion präsentierte, so kolportieren Mitarbeiter des Boulevardblatts, habe sie schon einmal zwei Pflöcke eingeschlagen: Zum einen wünsche sie keine Fotos von leichtbekleideten Mädchen mehr in Deutschlands (noch) größter Tageszeitung. Zum zweiten sollte das Blatt über die Klima-Kleber in Zukunft freundlicher berichten.

Die Bild würde, sollte sich das bestätigen, damit zum einen ein Stück entboulevardisiert, zum anderen politisch milder. Ob es der Auflage guttut, muss sich zeigen. Eine Änderung der Tonlage jedenfalls – weniger krawallig, politisch sanfter – hatte Horn der Bild am Sonntag als Chefredakteurin ab 2013 verordnet. Die Auflage entwickelte sich zwar kurze Zeit leicht nach oben, um dann ab 2015 stetig zu sinken. Im Jahr 2015 verkaufte Springer noch 1,118 Millionen Exemplare der BamS. Als Horn 2019 ging, fehlte mehr als ein Viertel  – es blieben noch etwa 752.000 verkaufte Blätter im Jahr.

J. Boie, A. Würzbach und C. Strunz
Biegt "Bild" nach links ab? Springer-Verlag wirft drei Chefs raus
Umso überraschender dürften die meisten Mitarbeiter es empfunden haben, dass Springer-Chef Mathias Döpfner ausgerechnet sie holte, nachdem er die gesamte alte Chefredaktion – Johannes Boie, Alexandra Würzbach und Claus Strunz – völlig überraschend gefeuert hatte. Horn, die sich vorübergehend ganz aus dem Journalismus zurückgezogen hatte, soll den Vorsitz der Chefredaktionen übernehmen, also den Führungsposten innerhalb der „roten Gruppe“.

Am 17. April stößt Robert Schneider dazu, bisher Chefredakteur von Focus. Schneider begann seine Karriere bei Bild, bevor er zu Burda wechselte. Er gilt als kollegial und durchaus boulevard-affin – aber auf politischem Gebiet sehr zurückhaltend. Auf dem Feld der Digitalentwickung, die Döpfner so wichtig ist, bringen beide keine besondere Expertise mit. 

Die „rote Gruppe“ bei Springer steht unter Druck – wie der Medienkonzern insgesamt. Das liegt zum einen an der sinkenden Auflage der Blätter. Auch der Abgang des früheren Chefredakteurs Julian Reichelt und des Bild-Politikchefs Ralf Schuler haben Lücken in der Redaktion hinterlassen.

Zu den Erlösproblemen, mit denen viele Medienhäuser zu kämpfen haben, kommt noch ein Springer-spezifisches: Der erhoffte Börsengang des Jobportals Stepstone, der dem Konzern viel frisches Geld bringen sollte – vor allem für den Ausbau des USA-Geschäfts, der Döpfner wichtig ist – findet auf absehbare Zeit nicht statt. Nach der Pleite der Silicon-Valley-Bank in den USA und dem Bankenbeben nach den Problemen der schweizerischen Credit Suisse gibt es einstweilen wenige Chancen, potenzielle Aktionäre zu begeistern. Die Springer-Führung setzt also alles auf eine Karte: Die neue Doppelspitze soll den Bild-Auflagenschwund wenigstens stoppen. Ob das mit mehr Milde und Zeitgeist gelingt – das ist die große Frage.

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Kommentare ( 13 )

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Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Die Leute, die ich kenne, haben große Freude an den leicht bekleideten Frauen in der Pause einer großen Werkshalle mit fast nur Männern als Kollegen. Ich glaube nicht, dass die Abschaffung die Auflage fördert…?

Aegnor
1 Jahr her

Ich glaub nicht daran, dass diese Umbesetzungen wirklich die Auflage steigern sollen. Der klassische Bild-Leser interessiert sich einen …dreck ob Lisa-Marie jetzt Malte-Torben genannt werden will. Das sieht eher so aus als hätte Döpfner den Auflagenschwund akzeptiert, weil die Besitzer, insbesondere die Berufserbin Friede Springer, den links-woken Kurs unbedingt wollen und weil für die Investitionen im linken US Medienmarkt eine „rechte Krawallbild“ nicht direkt förderlich ist. Also wird Sparkurs gefahren ohne Ende und die Kuh Stammleser solange gemolken, bis sie völlig ausgemerkelt ist. Und vermutlich schielt man auch auf staatliche Subventionen für die man natürlich ebenfalls auf Kurs sein muss.

Last edited 1 Jahr her by Aegnor
Teiresias
1 Jahr her

Die klassischen Medien sind kein Geschäft mehr, um Profit zu generieren. Die Financiers investieren in Propaganda, um Interessen durchzusetzen und kritischen Journalismus zu verhindern. Die dabei anfallenden Verluste sind Teil der Kalkulation. Das Mediengeschäft ist zwar aufmerksamkeisstark und wirkungsmächtig, finanziell aber – in den finanziellen Dimensionen der Hochfinanz gesehen – Kleingeldgeschäft. Wer wie der US-Finanzinvestor KKR in den Springer-Verlag investiert, erhält für wenig Geld viel Macht. Die CIA verfügt sogar ganz offiziell über eine Abteilung für „strategische Investitutionen“ mit einem Milliardenetat. Dazu haben wir den „Cum-Ex“ Scholz als Kanzler, der offensichtlich erpressbar ist. Von Nordstream-Sprengung über die extremst wahrscheinliche Erpressung… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Teiresias
Transformation
1 Jahr her

Die Mainstream Gazetten werden es niemals begreifen. Die Mehrheit (!) der Bürger, und zwar weltweit, kann mit dem woken Mist nichts anfangen, und schon gar nicht möchte man „belehrt“ werden oder ständig als „rechtsextrem, Nazi oder Schwurbler“ bezeichnet werden, wenn man dem Narrativ nicht folgt. NOCH interessiert aber die Meinung der Bürger nicht, da man ja entweder saftige staatliche Zuschüsse bekommt oder „Spenden“ von den Eliten, für die sie Hofberichterstattung machen, da sie deren Ziele bewerben (Gates, Soros usw.). Das ist eh das letzte Geleit des Mainstream, egal ob Paperprint, digital oder TV Sender, da mit 100% Sicherheit die alle… Mehr

Kindermund
1 Jahr her

Am Ende seines gestrigen Video hat Julian Reichelt in Richtung seiner gefeuerten Nachfolger gekichert: „…und falls Sie keinen Job mehr haben sollten, kann ICH Ihnen raten: Gründen Sie einen YouTube-Kanal!“

Carlos
1 Jahr her

BILD reiht sich also ein, in den Haltungsjournalismus. Da schau ich lieber ACHTUNG REICHELT.

RUEDI
1 Jahr her

Am Ende rennen sie alle dem Links-Rot-Grünen Vorreitern und ihren Sprechblasen- Trompetern hinterher und meinen, sie könnten sie „Überholen- ohne einzuholen“. Vergebens. Egal wie- Hauptsache die Chefredakteure / Bosse und Posten werden gut bezahlt. Vielleicht werden dann noch Neubauer oder wie sie alle heißen und egal wie die Klima-Models auch aussehen- möglichst divers- womöglich als Alibi in den Vorstand gewählt. Dann gibts bestimmt noch Schonfrist und Rettungspakete für BILD, wenn sie schön brav auf Regierungslinie getrimmt und mit etwas Scheinkritik eingesprengelt daherkommen. So wie unsere Kabarettisten, die an den gesetzten Roten Linien vorbeisegeln, ohne sie zu berühren BILD als 4.… Mehr

imapact
1 Jahr her

Also soll auch in der BILD der Kotau vor dem grünen Zeitungeist versucht werden. Das ging vor ein paar Jahren schon einmal schief. Hoffentlich erteilen die BILD-Leser diesem Vorstoß eine gebührende Antwort.

A. Griessmann
1 Jahr her
Antworten an  imapact

Seit wann gehts um „Leser“ bei der Bild? Es geht um das Abfassen von staatlich legitimierter (Impf-, Klima-, Kriegs-…) Werbung, um Zuwendungen aus Fördertöpfen für Demokratie, um Unterstützung aus Gates´Stiftungen usw.
Für solche Vorhaben braucht man Frauen an der Redaktionsspitze, nicht einen Herrn Schuler!

EinBuerger
1 Jahr her

Mal eine blöde Frage: Läuft es bei der WELT besser? Oder wieso gibt es da keine Umstrukturierung. Auch wurde BILD-TV beendet, WELT-TV läuft weiter.
Bringt WELT Gewinne und BILD Verluste?
Weiß jemand da mehr?

thinkSelf
1 Jahr her

Springer war bisher schon woke-grün mit ein paar wenigen Alibiveranstaltungen. Der Opportunist Döpfner hat doch eh nichts mehr in dem Laden zu melden, sondern führt nur noch die Befehle von KKR aus. Mal sehen wie lange die brauchen um die Auflage auf Null zu fahren. Reichelt wird es freuen. Kann er doch große Lesergruppen zu sich rüber ziehen.