Wie sich Christine Lambrecht herauszureden versucht

Christine Lambrecht jammert in einem – sehr wohlwollend geführten – Interview über den Flurfunk in ihrem Ministerium. Von ihren fachlichen Mängeln will sie nichts wissen, doch die Plattheiten, die sie etwa zur Nachwuchsgewinnung verbreitet, belegen genau diese.

IMAGO / Political-Moments
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht im Bundestag, 19.05.2022

Die Info-Plattform „t-online.de“ hat schon gezeigt, dass sie jemanden, der ihr nicht passt, auch gerne mal in den Senkel stellt, zum Beispiel TE-Autor und ZDF-Urgestein Peter Hahne. Bieder und brav dagegen ging t-online.de aber mit der aus eigenem Verschulden extrem angeschlagenen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) im Interview um. Bereits im Vorspann merkt der Leser, wohin das Interview laufen wird. Viel Verständnis, viel Einfühlungsvermögen war angesagt. Die vielen gestellten Fragen waren brav-suggestiv-affirmativ, in Watte gepackt; kritische Fragen oder auch nur Nachfragen gab es nicht. Lambrecht hätte sich auch selbst interviewen können.

Allein ein Satz im Vorspann des Interviews ist symptomatisch: „Selbst langjährige Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums finden sich in dem unübersichtlichen Gebäude an der Berliner Stauffenbergstraße nicht zurecht. Es wäre also nichts Besonderes, wenn es Christine Lambrecht ähnlich ginge. Schließlich ist sie nicht einmal ein halbes Jahr im Amt …“

Und dann nette Antworten auf nette Fragen: Für sie, Lambrecht sei entscheidend, dass sie am Ende des Tages in den Spiegel schauen könne. Die Sache mit der „Helikoptermama“ und dem Mitflug ihres 21-jähriges Sohnes in einem Bundeswehrhubschrauber kommt nur indirekt zur Sprache: „Es gibt kein größeres Kompliment für eine Mutter, als dass der erwachsene Sohn gerne Zeit mit ihr verbringt.“

Den Unmut in ihrem Ministerium tut sie damit ab, dass dort der Flurfunk immer schon stattgefunden habe. Auf ihre bereits mit ihrem Dienstantritt eigenwillige Personalpolitik an der Spitze des Ministeriums wird sie nicht angesprochen. Vorwürfe lese sie, aber manche seien so abwegig, dass sie darüber nicht länger nachdenke.

Und dazwischen Lambrechts Heldentaten. Zum Beispiel habe sie durchgesetzt, dass es zur Bewaffnung der Drohnen kommt. (Steht übrigens im „Ampel“-Koalitionsvertrag“.) Und dann: „Ich weiß, dass der Kanzler meine Arbeit schätzt.“ Für Defizite in der Bundeswehr macht Lambrecht die Union verantwortlich. Das stimmt durchaus, denn es waren die 16 Jahre Merkel, die die Bundeswehr heruntergerüstet haben. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass in den 23 Jahren seit 1998 die SPD immerhin 19 Jahre in der Koalition saß bzw. sie von 1998 bis 2005 gar führte. 

Als andere Heldentat bezeichnet Lambrecht die neue „Unterschwellenvergabeverordnung“. Wörtlich: „Wir haben bei der Beschaffung die Schwelle für einfache Vergaben ohne langwierige Ausschreibung von 1.000 auf 5.000 Euro angehoben. Das hat zur Folge, dass 20 Prozent der Anschaffungen nun ohne Vergabeverfahren getätigt werden können. Das spart eine Menge Ressourcen. Weitere Veränderungen werden folgen. Dabei schadet es bestimmt nicht, dass nun eine Juristin – und ich bin das mit Leib und Seele – an der Spitze dieses Hauses steht, die auch Vergaberecht kann und es verändern will.“ Wer mit Einheitsführern spricht, erwirkt angesichts solcher Heldentaten ein schallendes Lachen.

Auch über die Ukraine wird gesprochen. Christine Lambrecht sagt: „Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen.“ Und: „Wichtig ist, dass wir der Ukraine umfassend helfen und sie jetzt etwa mit dem modernsten Artilleriesystem der Welt ausstatten: der Panzerhaubitze 2000.“ Das Problem ist nur: Davon ist weit und breit nichts zu sehen – in der Ukraine schon gar nicht.

Alles in allem: Lambrecht bleibt wie ihre zwei Interviewer an der Oberfläche. Selbst bei so zentralen Fragen wie der Nachwuchsgewinnung. Dazu fällt der Verteidigungsministerin nur ein: „Wir bieten eine spannende Aufgabe … Und natürlich gibt es bei uns sichere Arbeitsplätze und eine große Vielfalt an Berufen. Das müssen wir noch stärker herausstellen.“

Also viel warme Luft. Die beiden Interviewer haben keinen blassen Schimmer von der Materie, oder sie haben diesen Schimmer und wollten nur lieb sein. Oder die Interviewte verbat sich bestimmte Fragen. Man hätte die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt (IBuK) freilich schon löchern können und müssen. Warum sie eigentlich der Politik den Rücken kehren wollte und dann auch noch dieses Ministerium ergatterte? Als Quotenfrau? Warum sie sich bei Besuchen in Mali nicht besser vorher beraten ließ, zum Beispiel über das angemessene Schuhwerk? Was sie über die materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr tatsächlich wisse? Zum Beispiel, dass nur 40 Prozent der Hubschrauber einsatzklar sind – es sei denn sie fliegen in Richtung Sylt? Wann endlich die seit 2017 geplante Entscheidung über die Anschaffung eines neuen Transporthubschraubers erfolge? Wie sie mit den Angeboten der Rüstungsindustrie umgehe? Wie sie den Antrag von Finnland und Schweden, der NATO beizutreten, sehe?

Wir malen uns nur mal aus, wie ein solches Interview verlaufen wäre, wenn ein nun wahrlich hochkarätiger SPD-Verteidigungspolitiker Hans-Peter Bartels, zuletzt Wehrbeauftragter, dieses Interview geführt hätte bzw. hätte mit sich führen lassen. Aber Bartels ist in gendersensiblen Zeiten eben zu wenig Frau.

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Kommentare ( 10 )

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Manfred_Hbg
1 Jahr her

Zitat 1: „Wörtlich: „Wir haben bei der Beschaffung die Schwelle für einfache Vergaben ohne langwierige Ausschreibung von 1.000 auf 5.000 Euro angehoben.“ > Hahaha…… „von 1000 auf 5000 Euro“??! WAS bitte gibt es denn bei der Bundeswehr für unter/bis 5000 Euro und soll der BW dann so wegen der schnelleren Beschaffungsmöglichkeit helfen können wirksamer zu werden? Vielleicht Kugelschreiber? Oder Nadel & Faden? Schuhputzzeugs? Tarncreme? Nun ja, wenn bei unserer BW vielleicht ein plitscher Einkäufer sitzt und das dieser z.Bsp 100 Nachtsichtgeräte zum Stückpreis von ~2200 € bestelken muß, dann könnte er ja 50 Einzelbestellung mit jeweils 2 Nachtsichtgeräte zu ~4400… Mehr

bani
1 Jahr her

Der beste Minister war nach der Wende in der DDR der Pfarrer Eppelmann. Ich fanddas köstlich einen Pazifisten als Minister. Jetzt geben sich die Grauen die Klinke in die Hand. Eine inkompetenter als die andere.

R.Baehr
1 Jahr her

Facer, Baerbock, Lamprecht, und ihresgleichen mehr, ihnen allen ist gemeinsam: null Ahnung, null Kompetenz, null Anstand, weiblich und dafür gesegnet mit Arroganz, Besserwissertum, und dem Glauben sie wären die Besten hier im Land, leider trifft das so gut wie auf das ganze Politikgeschäft zu in D. Und darum sage ich immer wieder, ich habe diese Personen nicht gewählt und je schneller sie Deutschland in den Abgrund führen, umso besser, viell. entsteht nach bösen Erwachen wieder mal ein Land in dem es sich lohnt zu leben.

alter weisser Mann
1 Jahr her

„Das hat zur Folge, dass 20 Prozent der Anschaffungen nun ohne Vergabeverfahren getätigt werden können.“ Die Frau hat die 80/20 Regel genauso verstanden wie Politik und Verwaltung das generell tun: FALSCH. Richtig wäre: Vergabeverfahren für nur 20% der Anschaffungen (d.h. die großen), 80 % der Sachen sind durch den ohnehin vorhanden Apparat zu entscheiden, sonst ist der partiell überflüssig. Zumal sind 5.000,00 Euro eine völlig lächerliche Betragsgrenze, wenn es um eine Größenordnung wie die Bundeswehr geht. (Da kann man noch nichtmal jedem Zivilangestellten einen Jubiläumsbleistift zum Abgang der Verteidigungsministerin von kaufen.) Wer fühlt sich denn unter solchen Reglementierungen berufen, vernünftig… Mehr

Last edited 1 Jahr her by alter weisser Mann
bkkopp
1 Jahr her

Vergaberecht mit aufwendigen, bürokratischen Erfordernissen für Anschaffungen über € 1,000.- jetzt € 5,000.- Das wird sowohl die Effektivität und Effizienz der Beschaffungsfunktionen ( in den Truppenteilen und/oder beim Bundeswehrbeschaffungsamt ) erheblich verbessern, und die Wehrbereitschaft erst recht. More bang for the buck. Lambrecht bestätigt die Vermutung, dass sie und der Kanzler ganz zufrieden wären, wenn ein bisschen besser weitergewurstelt würde. Man kann auch mehr Geld ausgeben. Darüberhinaus hat man mit Reform des Ministeriums und der Bundeswehr nichts vor. Weniger schlechte Presse wäre schon Erfolg.

Sonny
1 Jahr her

Wie soll der Wähler etwas weitaus besseres wählen, wenn das Bessere vollkommen aus dem Angebot der Parteien herausgedrängt wurde?
Da bleibt eigentlich nur noch das Nicht-Wählen, ist ja auch eine Aussage.
Leider nützt das Nicht-Wählen genauso viel wie das Wählen. Nämlich gar nichts. Die Parteien haben sich den Staat längst zur Beute gemacht.

Lina
1 Jahr her

Schön ist in dem Interview auch, wie Frau Lambtecht Ihre sympathische Kollegin Faeser zur Spitzenkanidatur für die Hessenwahlen ermutigt und Sie schon als zukünftige Ministerpräsidentin sieht, was der Wähler hoffentlich verhindern wird. Aber immerhin wäre dann der wenigstens der Posten des Innenministers wieder vakant.

MisterX
1 Jahr her

Es scheint, als ob dieses Land genau die Politiker bekommt, die es verdient. Der einzige, der dieses Trauerspiel beenden kann, ist der Bürger.
Solange dieser sich aber weiterhin auf der Nase herumtanzen lässt, es oftmals nicht mal merkt oder sogar bejubelt, solange wird sich nichts ändern. Wer sich als Bürger nicht mehr wert ist als solche Politiker, der hat auch nichts besseres verdient.

Physis
1 Jahr her
Antworten an  MisterX

Ich höre immer „sich wehren“!
Dazu fällt mir nur der Satz ein, dass die Kuh auf’s Glatteis geht, wenn es ihr zu gut geht…

Senni
1 Jahr her
Antworten an  MisterX

Der Bürger hat diese Chnace seit Jahren ! Und ? In diesem Land wird sich durch Wahlen nix ändern ! Vielleicht mit Wahlbeteiligung unter 20% !??