Scholz unterstützt den EU-Beitritt der Ukraine und verspricht Waffen – geliefert wurde wenig

Während der Bundeskanzler in Kiew Unterstützung für den EU-Beitritt der Ukraine und neue Waffenhilfe verspricht, zeigt eine aktuelle Statistik, dass Deutschland bislang viel versprochen und wenig geliefert hat.

IMAGO / Agencia EFE
Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emanuel Macron besichtigen Zerstörungen in Irwin bei Kiew, 16.06.2022

Bundeskanzler Olaf Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi und Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis sparten bei ihrem gleichzeitigen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew nicht mit Hilfszusagen. Die wohl wichtigste Ankündigung von Scholz zum von der Ukraine gewünschten EU-Beitritt: „Deutschland ist für eine positive Entscheidung zugunsten der Ukraine“. Und das kleine Nachbarland Moldawien soll auch eine EU-Beitrittsperspektive erhalten.

Was eine solche Perspektive für ein Land, das in einem Verteidigungskrieg steht und rund 20 Prozent seines Staatsgebietes nicht kontrolliert, bedeutet, bleibt jedoch unklar. Das gilt übrigens auch für Moldau, auf dessen Staatsgebiet sich eine von Russland unterstützte Separatistenrepublik „Transnistrien“ befindet.

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Akut noch bedeutender für die Ukraine ist die wiederholte Zusage von Scholz, schwere Waffen zu liefern. Aber wieder blieb er eher vage, sprach von der Ausbildung ukrainischer Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 und am Flugabwehrpanzer Gepard. Zusätzlich habe er zugesagt, das moderne Flugabwehrsystem Iris-T zu liefern, „das eine ganze Großstadt gegen Luftangriffe verteidigen kann“, so Scholz, und das Spezialradar Cobra. Der Kanzler verwies zudem auf dreiseitige Gespräche mit den Vereinigten Staaten und Großbritannien mit dem Ergebnis, dass die Ukraine Mehrfachraketenwerfer erhalte.

Diese Versprechen kontrastieren allerdings mit den aktuellen Zahlen des „Ukraine Support Tracker“ des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW), die heute bekannt wurden. „Deutschland hat große Zusagen gemacht, aber bisher kaum geliefert. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern hat die Regierung noch keine schweren Waffen in die Ukraine geschickt: Nur ein Drittel der konkret zugesagten Militärhilfe ist angekommen. Die Daten helfen also die dringenden Appelle der ukrainischen Regierung an die Bundesregierung zu erklären“, sagt Christoph Trebesch, Forschungsdirektor am IfW Kiel und Leiter des Teams, das den Ukraine Support Tracker erstellt.

Insgesamt sind der Ukraine inzwischen von den wichtigsten Gebern mehr als 30 Mrd. Euro an Hilfen für den Staatshaushalt versprochen, tatsächlich geflossen sind seit Februar allerdings nur rund 6 Mrd. Euro. Das Ergebnis ist eine wachsende Finanzierungslücke. „Neben Waffen wird finanzielle Hilfe zunehmend dringlich für die Ukraine. Der Krieg lässt die Steuereinnahmen einbrechen und verursacht zugleich enorme Kosten, etwa zu Bezahlung der Soldaten oder zur Reparatur essenzieller Infrastruktur. Das bringt den Staatshaushalt unter Stress. Der Internationale Währungsfonds schätzt eine Finanzlücke 5 Mrd. Euro pro Monat, seit Juni entspricht das also mehr als 15 Mrd. Euro an benötigten externen Finanzhilfen. Da gerade mal ein Drittel davon bisher angekommen ist, war die ukrainische Zentralbank gezwungen die Zinsen drastisch zu erhöhen, was die Wirtschaft nochmal mehr belastet“, sagt Trebesch. „Eine weitere Sorge ist, dass die Finanzhilfe aus der EU fast vollständig aus Krediten besteht, also einen Schuldenberg hinterlässt. Im Gegensatz dazu haben die USA vor allem Zuschüsse zugesagt, die nicht zurückgezahlt werden müssen.“

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Kommentare ( 29 )

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Edmund Burke
1 Jahr her

Es war einmal eine EU, die sich auf die Farben schrieb,um Mitglied dieser illustren Allianz zu werden, müsse man schwierige Kriterien erfüllen – finanziell solide wie eine schwäbische Kreissparkasse, eine lupenreine Demokratie wie die Poldermodell-Niederlande, einen effektiven und effizienten Rechtsstaat wie weiland in Preußen, einen niedrigen Korruptionsindex der selbst die Schweiz und Singapur neidisch macht und nach Möglichkeit keine Grenzstreitigkeiten mit den lieben Nachbarn. Das war gestern – heute scheint man mit EU-Mitgliedschaft nur so um sich werfen,. Wenn Länder sich nur irgendwie politisch opportun, soll heißen sich gegen Russland zu engagieren. Wenn die EU auf ihrem nächsten Gipfel in… Mehr

Fui Fujicato
1 Jahr her

Wenn wir die effektive Inflationsrate – inklusive aller Steigerungen im Nahrungs- (v.a. Obst, Gemüse, Grundnahrungsmittel) + Energiekostenbereich (v.a. Öl, Gas, Strom, Diesel, Benzin, Schmierstoffe, etc., p.p.) + die hierauf überproportional anfallenden Steuern + Abgaben berücksichtigen würden, würden wir bei einer effektiv anfallenden Teuerungsrate von ca. 25% landen !!! Wo, bitte, bleibt der Aufstand der hiervon Betroffenen ??? Die links/grün/gelben Wölfe reissen die wohl noch immer im Dauerschlaf befindlichen Schlafschafe, obwohl schon längst an jeder verfügbaren Laterne ein Volkszertreter hängen müßte !!! ACHTUNG … auch diese Äußerung entspricht dem grundgesetzlich garantierten Recht auf freie Meinungsäußerung !!! UND … von unseren Regierungen… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Fui Fujicato
Helfen.heilen.80
1 Jahr her

😀 die Ukraine in die EU?! Dreimal raten wer die Rechnung für den Wiederaufbau bekommt! Aber – was solls, Deutschlands Steuerzahler zahlen ja eh schon entgegen dem Maastrichter Vertrag für die Schulden der südlichen EU-Staaten, da kommts auf ein Land hin oder her auch nicht mehr an.
Wohlgemerkt: deutscher Steuerzahler =/= Konzerne, die das Land wieder aufbauen. Der Kleine Mann bleibt der De..p.

Reinhard Schroeter
1 Jahr her

Wer Waffen in ein Kriegsgebiet liefert, macht sich zum Kriegsteinehmer. Schwer zu verstehen ist das nicht. Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine hat viele Väter und Deutschland hat in diesem Krieg nichts zu suchen.Es ist eine Auseinandersetzung zwischen Russland und der USA, die Ukraine ist da nur Mittel zum Zweck und ein Selensky eine Marionette. Ebenso wening wie Deutschland am Hindukusch verteitigt wurde, wird unsere Freiheit werder von den Klitschkobrüdern verteitigt noch von Selensky. Die verteitigrn völlig legitim nur ihre eigenen Interessen. Natürlich konnte es für die Kriegsbesoffenen in Berlin nicht besser kommen. Putin nimmt ihnen die Arbeit ab… Mehr

Bladrunner
1 Jahr her

Finde ich auch! Der eisernen Lady aus England wird der Satz zugeschrieben: Die EU ist am Ende wenn Deutschland nicht mehr zahlen kann.

Peter Klaus
1 Jahr her

BIP pro Kopf im Jahr 2020 wie 60% vom BIP der „Welt-Wirtschaftsmacht“ Albanien bzw. ca. nur 1/5 (!!) von dem der „ärmsten“ Länder der EU (Bulgarien, Kroatien, Rumänien) Die Reichtümer und natürlichen Ressourcen aufgeteilt zwischen 2 Dutzend Oligarchen und deren Familien (die auch die Medien beherrschen), beim Korruptions-Index, Rechtstaatlichkeits-Index, Index bzgl. freier Medien… alles irgendwo weltweit um Platz 100 herum, also in bester Gesellschaft mit Russland und noch schlechter als die Türkei. Kann mir jemand erklären, wieso dieses Land der EU beitreten soll? Nur weil es von Russland angegriffen wird? Man sollte hierbei auch ehrlich mit der UKR umgehen –… Mehr

GP
1 Jahr her

Ziel des Besuches der drei Musketiere ist es der Ukraine klar zu machen dass sie sich mit Putin arrangieren muss. Der Rest ist nur Propagandageschwätz für die heimischen Haltungsmedien.

manfred_hbg1
1 Jahr her

SPD-Desaster-Scholz’es andauerndes Waffenlieferungsversprechen: MEHR Rückgradlosigkeit, Heuchelei und Peinlichkeit geht kaum noch! Während unsere deutache Labertasche von 24-Prozent „Super“-Kanzler Desaster-Scholz immer noch nur von schweren Waffen wie der Pzh2000 und den mittlerweile nur noch drei Raketenwerfern MARS II am schwafeln und heucheln ist, haben unsere direkten Nachbarn weniger gelabert und stattdessen schon längst Taten folgen lassen und schwere Waffen AUSgeliefert. a) So hat zum Beispiel Polen schon längst 18 Panzerhaubitzen des Typs AHS 155 Krab geliefert UND dazu 100 Ukrainer ausgebildet. Weitere 54 dieser „AHS 155 Krab“ sollen dennächst folgen. AUßERDEN hat Polen auch etwa 250 T-72-Panzer sowie Luft-Luft-Raketen für MIG-29-… Mehr

doncorleone46
1 Jahr her

Tja, es scheint doch eine Menge Menschen zu geben, die Waffenlieferungen aus Deutschland für ein probates Mittel halten, um den Krieg zu verkürzen. Leider gibt es keine plausible Erklärung, die diese Position rechtfertigt.
Wenn man allerdings eine verstärkte Waffenlieferung befürwortet, weil man für einen Eintritt Deutschlands in den Krieg ist, dann ist das schlüssig. Es ist immerhin schon 77 Jahre her, dass wir einen Krieg erleben durften.
Waffenarsenal für eine Abschreckung zu besitzen, ist legitim und richtig! Leider haben die Regierungen der letzten 25 Jahre in Deutschland dies sträflich vernachlässigt.

powerage
1 Jahr her

Gerade bei Lanz, da rutscht Wladimir Klitschko ein unfassbarer Satz raus,Deutschland finanziert auch die Waffen, die andere Länder liefern, nicht zu fassen. Hab ich mich verhört, vielleicht kann das die Redaktion von Tichys überprüfen.