Fake-Nuss der Woche: Nein, die Viktoriafälle trocknen nicht aus. Und ihr Wasserstand beweist keine „Klimakatastrophe“

Es ist völlig absurd, Fotos eines Wasserfalls aus der Regen- und der Trockenperiode gegenüberzustellen und zu suggerieren, die einen Bilder würden den Normalzustand zeigen, die anderen ein klimawandelbedingtes Versiegen. Aber für die Klimakatastrophe ist jede Fake-Nuss recht.

Screenprint: Vicfallstravel/Instagram

„Den Viktoriafällen geht das Wasser aus“, schlagzeilte vor kurzem Spiegel Online, und schrieb suggestiv weiter:

„Die Viktoriafälle gelten als breitester Wasserfall der Welt. Wegen einer schweren Dürre läuft derzeit nur noch ein Rinnsal über die Klippe der Touristenattraktion. Liegt das am Klimawandel?“

— SPIEGEL Wissen (@SPIEGEL_Wissen) December 7, 2019

Dazu zeigte die Hamburger Online-Plattform je zwei mit Schieberegler versehene Fotos der Viktoriafälle, die das praktische Austrocknen des Sambesi-Flusses belegen sollen. Damit übernahm SpOn praktisch eins zu eins einen Beitrag des britischen „Guardian“ – zu dessen redaktioneller Selbstverpflichtung es gehört, möglichst jeden Tag eine Meldung zur Klimakrise zu platzieren.

Der „Guardian“ hatte am Dezember gemeldet, die Viktoriafälle seien zu einem „Tröpfeln“ eingetrocknet wegen der „schlimmsten Trockenheit in einem Jahrhundert“ („Victoria Falls dries to a trickle after worst drought in a century“).

Wie die Kollegen vom Spiegel verknüpfte der Guardian das angebliche Austrocknen der berühmten Wasserfälle mit dem gerade in Simbabwe herrschenden Wassermangel, beides wiederum mit der Klimakonferenz in Madrid, und suggerierte, hier zeige sich ein besonders dramatischer und noch nie dagewesener Beleg für die Erderwärmung. Guardian, SpOn und etliche andere alarmistisch berichtende Medien zitieren zwar auch relativ weit unten in ihren Texten den schwedischen Hydrologen Harald Kling, der sich seit langem mit dem Sambesi-Fluss beschäftigt und davor warnt, für den Niedrigstand des Sambesi im Dezember 2019 den Klimawandel verantwortlich zu machen. Allerdings geht diese Stimme gegen die Überschriften und die Fotos praktisch unter.

Mit der hochdramatischen Formulierung „in einem Jahrhundert“ kann der Guardian übrigens nur das bisher 19 Jahre junge 21. Jahrhundert gemeint haben, denn der Sambesi-Fluss führt nach Angaben lokaler Behörden zwar in der diesjährigen Trockenzeit im Dezember weniger Wasser als in anderen Jahren, aber mehr als bei seinem letzten Tiefststand 1995.

Der entscheidende Punkt liegt allerdings in der Jahreszeit, aus der die vermeintlichen Beweisfotos stammen – und in dem Winkel, aus dem die suggestiven Austrocknungs-Aufnahmen gemacht wurden. Erstens beginnt im Dezember immer die Trockenzeit für den Sambesi-Fluss. Ein Tiefstand, der von Jahr zu Jahr variiert, ist also völlig normal, so, wie Wassermassen in der Regenperiode zum Normalbild gehören.

Und zweitens stürzt der Sambesi-Fluss im Grenzgebiet zwischen Sambia und Simbabwe, wenn er zwischen März und November seinen Hochstand erreicht, auf der Breite von 1.700 Metern über die Felsklippen. In der Trockenzeit im Dezember wird der Wasserfall deutlich schmaler, vor allem auf der Seite von Sambia. Und von dort – genauer, von einem etwa 200 Meter langen Stück Felskante – stammen die Fotos, die das Beinahe-Trockenfallen des Katarakts beweisen sollen. Auf der Seite von Simbabwe zeigt sich allerdings ein deutlich anderes Bild – das eines saisonal schmaler gewordenen, aber immer noch beeindruckenden Wasserfalls.

Auf einigen Vergleichsbildern wie hier ist der Wasserfall im Hintergrund noch deutlich zu erkennen:

Als eine der wenigen deutschsprachigen Medien zeigten die „Salzburger Nachrichten“ aktuelle Fotos, die belegen, dass die Viktoriafälle sich in der Trockenzeit befinden, aber weit davon entfernt sind, auszutrocknen:

 

Nachdem sich der Meteorloge Jörg Kachelmann über die dramatisierende Spiegel-Online-Berichterstattung lustig gemacht hatte („früher war es weniger plump“)

und darauf hinwies, dass die Plattform Fotos der Wasserfälle während der Regen- mit Bildern aus der Trockenperiode verglichen hatte, änderte SpOn seinen Text, und stellte am Ende seines Beitrags einen kleinen Hinweis zu dem Zeitpunkt der Aufnahmen ein:

Fazit: Der Sambesi-Fluss führt zwar in der diesjährigen Trockenzeit weniger Wasser als in anderen Trockenzeiten – aber weder der Fluss noch die Viktoriafälle sind von einer Austrocknung bedroht. In Sambia und Simbabwe herrscht zwar gerade eine ausgeprägte Trockenheit. Die wirkt sich vor allem in Simbabwe dramatisch aus, weil dort die Vorsorge gegen Wassermangel wegen der jahrzehntelangen Misswirtschaft unter dem Mugabe-Regime schlecht funktioniert. Aber Trockenperioden gehören in diesen Ländern grundsätzlich zum Jahresverlauf.

Es ist völlig absurd, Fotos eines Wasserfalls aus der Regen- und der Trockenperiode gegenüberzustellen und zu suggerieren, die einen Bilder würden den Normalzustand zeigen, die anderen ein klimawandelbedingtes Versiegen.

Und generell ist es unseriös und alarmistisch, ein regional begrenztes Naturphänomen zum Beweis für den globalen Klimawandel zu erklären.

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