Auch nach dem Zerfall des IS hat er weiter fanatische Anhänger

Es ist so erschütternd wie nötig, diese Zahlen ohne Scheu zu nennen, die Lawand Yousef Ali, der Polizeichef des Al-Hol-Camps dem SWR-Reporter aus Deutschland mitteilt: „95 Prozent der Bewohner dieses Trakts sind immer noch glühende Anhänger des IS. (...) Wir wissen nicht, wann alles in die Luft fliegt. Wir tun unsere Pflicht, aber wir wissen nie, wann die Situation außer Kontrolle gerät."

DELIL SOULEIMAN/AFP/Getty Images
Al-Hol-Camp im Norden Syriens

Wer hier leben muss, der ist zunächst vor allem eines: mit dem Leben gerade so davon gekommen. Dennoch gehört das Flüchtlingslager Al-Hol in Nordsyrien zu jenen Orten auf der Welt, welche der Menschheit einmal mehr verdeutlichen, dass ein friedliches Zusammenleben aller Menschen immer noch ein Traum ist. Man merkt es auch daran, dass alleine so einen Traum hier aufzuschreiben geradezu verkitscht wie weltfremd wirkt.

Schon während des Golfkriegs im Frühjahr 1991 wurde hier von der Flüchtlingshilfe der UN eine Schutzzone errichtet für zeitweilig mehr als zehntausend Menschen. In den letzten fast zwei Jahrzehnten beherbergte das Lager unterschiedlichste Flüchtlingsgruppen. Nach Vertreibung der islamistischen Terrororganisation IS wird das Flüchtlingslager Al-Hol aktuell von vielen Frauen und Kindern bewohnt, die irgendwie dem IS entkommen bzw. die aus vom IS befreiten Gebieten kommen. Ende März 2019 wurden über 70.000 Bewohnern gezählt, eine Zahl, die um ein vielfaches über der eigentlichen Kapazität liegt.

Das alles ist verstörend, wenn zudem regelmäßig von Gewalt im Lager berichtet wird ebenso, wie von krassen Fällen von Tuberkulose, Syphilis und Diphtherie. Aber eine noch einmal weitaus gefährlichere Verstörung hat Reporter Daniel Hechter vor Ort für den SWR recherchiert, als er im Lager mit den Bewohnern sprach, mit Frauen und Kindern, und hier auf eine Grundhaltung traf, die für sich verstörend ist, die aber insbesondere für jene europäischen Kräfte verstörend wirken muss, die eine Rückführung dieser ehemaligen IS-Angehörigen bzw. vom IS verschleppten Menschen nach Europa diskutieren, ob nun via Asylantrag oder als „ehemalige“ Staatsangehörige eines der EU-Länder.

Hechter traf auf Frauen und Kinder, die nicht nur das Grauen, die Morde und das Terrorregime überlebt hatten, sondern die über die Jahre unter dem IS so weit indoktriniert wurden, dass sie sich jetzt tatsächlich nach einem Leben in diesem Horror zurücksehnen. Die Aussagen der Kinder gegenüber dem Korrespondenten des SWR machen sprachlos: „Wir wollen zurück zum ‚Islamischen Staat'“, „Da war es besser als hier“, „Am besten war, dass ich dort zur Schule gehen konnte und dass wir den Dschihad hatten.“

„Folter und Hinrichtungen haben sie selbst gesehen, erzählen sie und finden das auch in Ordnung: „Wenn sie ungläubig waren oder gegen die Religion verstoßen haben, sollten unsere Brüder im ‚Islamischen Staat‘ sie auch töten“, sagt Abdul ohne jedes Mitgefühl.“

Im Lager sind alleine in diesem Jahr bereits mehr als 300 Kinder an Mangelernährung und Infektionen gestorben. Solche Zustände werden es sein, die wohl für die Menschen den einen mit dem anderen Horror aufrechnen. Hinzu kommt eine unausrottbare tief verwurzelte religiös-ideologische Haltung, die von den Müttern auf die Kinder übergehen, wenn die Mütter Hechter zu Protokoll geben:

„“Wir hoffen, dass IS zurückkommt. Wir glauben, dass sie auf dem richtigen Weg sind“, sagt eine vollverschleierte Frau. „Ich gehöre dem IS an. Dafür habe ich mich entschieden. Und das ist meine Überzeugung. Ist das falsch?“, fragt eine andere.“

Im Lager gibt es auch einen von den zuständigen Kurden bewachten Trakt für die unverbesserlichsten IS-Anhänger(innen). Es ist so erschütternd wie nötig, diese Zahlen einmal ohne Scheu zu nennen, die Lawand Yousef Ali, der Polizeichef des Camps dem Reporter aus Deutschland mitteilt: „95 Prozent der Bewohner dieses Trakts sind immer noch glühende Anhänger des IS. (…) Wir wissen nicht, wann alles in die Luft fliegt. Wir tun unsere Pflicht, aber wir wissen nie, wann die Situation außer Kontrolle gerät.“

Und wieder sind es die Kurden, die mit den größten und akutesten Problem dieser von allen guten Geistern verlassenen Region alleine bleiben, wenn der IS nicht um seine Ideologie bangen muss, wenn solche und weitere Lager die Brutstätten der kommenden Generation fanatischer IS-Kämpfer sind: „Kinder werden auf den IS eingeschworen, statt zur Schule zu gehen. Irgendwann einmal sollen sie in den „Heiligen Krieg“ ziehen.“

Der Krieg ist nicht vorbei, aber er wird noch länger dauern, wenn die Staatengemeinschaft sich nicht energischer einbringt und diese Lager endlich zu friedlichen und grundversorgten Schutzzonen macht, notfalls mit allem dafür nötigen wie ideologiefreien Kontroll- und Wachpersonal.

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Kommentare ( 11 )

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Marcel Seiler
4 Jahre her

Es steuert auf einen Weltkrieg zwischen dem Islam und dem Rest der Welt zu. China, Burma und Indonesien haben gewaltsame Konflikte mit ihren Muslimen. Zwischen Indien und Pakistan schwelt es seit Jahrzehnten. In Afrika ist der Islam dabei, sich gewalttätig auszubreiten. Im Nahen Osten will er Israel auslöschen. In Europa versucht der Islam die Unterwanderung und hofft, dass wir es nicht merken. Der Islam ist dabei, die UNO zu kapern. – Zum Glück für uns und zum Leidwesen der Opfer führen die verschiedenen Strömungen des Islams auch Krieg unter einander. Eine „Religion des Friedens“ ist etwas anderes.

Harald Kampffmeyer
4 Jahre her

Wie bitte? Die „Staatengemeinschaft“ soll sich einbringen und diese Lager endlich zu friedlichen und grundversorgten Schutzzonen machen?
Also unsere Arbeitsergebnisse via Raub (Steuererhebung) vom Staat eingezogen sollen jetzt noch dazu dienen, die fanatischen Halsabschneider aufzupäppeln, zu stärken, zum Kampf zu befähigen?
Sie isolieren, von der Außenwelt abschneiden und sie im eigenem steinzeitlichen Saft schmoren lassen – sie sollen sich ihren Lebensunterhalt durch Arbeit selbst verdienen – ist m.E. die einzige vernünftige Option.

manfred_h
4 Jahre her

Wie ich es sehe ohne einen Kommentar gelesen zu haben….. Also erst einmal ganz allg.zu den dortigen weiblichen IS Gefangenen und deren immer noch vorhandene IS Ideologie: NEIN, das zu hören ist für mich NICHT verstörend. Und auch NICHT überraschend. Im Gegenteil! Es gab ja mittlerweile schon den einen oder andereb Bericht aus solchen Gefangenenlager. UND ich habe da keine Frau entdecken können die ohne ihre Halb- oder Vollverkleidung rumgelaufen ist. Demnach hat sich auch für mich keine der Frauen von der kranken IS Ideologie losgesagt. Weshalb mir dann auch keine von diesen IS Trutschen erzählen soll, dass sie unschuldig… Mehr

Kassandra
4 Jahre her
Antworten an  manfred_h

Man kennt das nicht nur aus Gaza. Ist die Hass-Ideologie gegen alle Ungläubigen wie es geschrieben steht erst fest im Kind verankert, ist es zu spät.
Weshalb so viele denken, dass es anders wäre und den bei uns schon steppenden Bär nicht erkennen wollen, ist für mich vollkommen unverständlich: https://www.atheisten-info.at/downloads/Bill_Warner-Scharia_fuer_Nicht-Muslime.pdf

manfred_h
4 Jahre her
Antworten an  Kassandra

Ja, wenn Kinder von kleinauf Mist gelehrt bekommen und in ihrem Umfeld nur Gewalt u. Verbrechen erleben, werden sie später im Erwachsenenalter sehr wahrscheinlich das ausleben, was ihnen als Kinder und Heranwachsene beigebracht wurde. DOCH auch mit Blick auf meine Worte, dass man diesen „Müttern“ deren Kinder wegnehmen sollte, gibt es für diese Kinder vllt auch noch Hoffnung wenn die Wegnahme rechtzeitig und möglichst weit unter 20 Jahre geschieht(s.u. ANHANG) Sollte eibe Wegnahme dieser Kinder rechtlich nicht möglich sein, dann sollte zumindest versucht werden, dass diese Kinder durch das Jugendamt intensiv begleitet u. beobachtet werden. Und hier dann auch besonders… Mehr

schukow
4 Jahre her

Eines der ‚Unwörter‘ des 21. Jahrhunderts ist für mich der Begriff »Staatengemeinschaft«. Als ob es eine Gruppe von Staaten gleicher oder wenigstens ähnlicher Interessen gäbe, die darüber hinaus anderen – außerhalb dieser Staatengemeinschaft definierten – Völkern irgendetwas Gutes tun wollte. Das alles ist nichts weiter als bodenlose Heuchelei. Jeder, wirklich jeder Einzelne der beteiligten Parteien kocht sein eigenes Süpppchen. Das gilt auch und gleichermaßen für die verschiedenen (Interessen-)Gruppen innerhalb der Völker des Nahen und Mittleren Ostens. Und das Feuer wird durch stetige Zufuhr von Kapital und Know-How von außen zuverlässig genährt. Weil die Region durch ihren Rohstoffreichtum diesen Zufluß ohne… Mehr

Enrico Stiller
4 Jahre her

Wieso soll uns der Fanatismus dieser Leute, teils Frauen und Kinder, denn „sprachlos“ machen? Gibt es bei uns denn keinen Fanatismus? Man sehe sich an, was die Antifa so treibt, was die Amadeu-Antonio-Stiftung macht; man schaue in das zur Hass-Fratze verzerrte Gesicht der „Klima-Ikone“ Greta Thunberg bei ihrer UNO-Rede.
Wäre dieses bis in Haarzöpfe indoktrinierte arme Mädchen erwachsen und würde sie vor 400 Jahren leben, sie hätte vielleicht wohl Hexen und Ketzer verbrannt.
Hier wird offenbar zwischen „gutem“ und „schlechtem“ Fanatismus unterschieden.
Das funktioniert aber nicht.

Thomas
4 Jahre her

Es war kein Zerfall. Der IS wurde weggebombt. Ein Wahlkampfversprechen von Trump. Ich würde mich freuen wenn Trump uns die „europäischen“ IS Kämpfer vor die Füsse wirft. Hat er schon angekündigt. Er will die nicht jahrzehntelang in Guantanamo verköstigen und sich dafür von den selbstgefälligen Europäern noch beschimpfen lassen.

K
4 Jahre her
Antworten an  Thomas

Es hat etwas vom braven Soldaten Schwejk, wie er die Gutgutsten beim Wort nimmt. Seinen eigenen Asylstädten für illegale Migranten hat er gesagt, dass sie nun alle Illegalen bekommen: „Das sollte sie freuen!“, und erwartungsgemäß haben die liberalen Hypokriten aufgeschrien.

Hier nun dasselbe.

Freuen tut’s mich nicht, wie Sie hänge ich in diesem seltsamen Laden, den ich bis vor wenigen Jahren noch für mein Land hielt, mit im Elend. Aber logisch, kausal, konsequent finde ich TRump da schon.

Kassandra
4 Jahre her

Nun ja. Man weiß das alles und holt sie dennoch aus Lagern ohne Sicherheitsprüfungen hier her. Es ist schon schlimm und wird immer schlimmer werden und man ist immer noch nicht im Stande, warnende Stimmen wahr zu nehmen und zu befolgen:
Koptischer Bischof richtet warnende Botschaft an #Christenheit in #Deutschland. „Wenn man nichts tut, wird das, was uns in Ägypten geschieht, auch Ihnen in Ihrer Heimat geschehen.“ „Wenn Sie nichts aus unserer Geschichte lernen, sind Sie bald dran…“ „Nehmen Sie das ernst..“
https://twitter.com/Europer20/status/1175671847104499712

K
4 Jahre her
Antworten an  Kassandra

J, und ich verstehe noch immer nicht, wie man so etwas Offensichtliches nicht verstehen kann. Es gibt nur drei Möglichkeiten: a) Wir, Sie und ich, sind irre, und all das mit den mohammedanern, ihren Morden, Vergewaltigungen, Körperverletzungen, ganz zu schweigen von den ganze Unarten im Alltag, denen ich ausgesetzt bin, angefangen vom Rotzen, Lärmen, Müöll wegwerfen – heute fast von so einem Gör auf dem Fußweg mit dem Fahrrad angefahren worden, ch sagte: Pass auf! – Gör sagte: Pass du doch auf!; es war eines der guterzogenen, es hat nicht „Schlampe“ dazu gesagt – jedenfalls, wir sind irre, und das… Mehr