Deutsche Unternehmen wählen Orbán

Die desolate Standort- und Energiepolitik Deutschlands treibt Industrieunternehmen reihenweise ins Ausland. Interessanterweise zählt ausgerechnet das in den deutschen Medien vielgeschmähte Ungarn zu den präferierten Standorten der Investoren.

picture alliance / Xinhua News Agency - Collage: TE

Am ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán wetzt sich die deutsche Mainstream-Presse regelmäßig die Klinge. Seine unerschütterliche Skepsis gegenüber der Bevormundung aus Brüssel, sein kompromissloser Kurs in der Migrationspolitik, das konsequente Festhalten am günstigen russischen Gas – all das hat ihn in offene Konfrontation mit der Linie Berlins und der EU-Kommission gebracht. Man kann fast die Uhr danach stellen: Sagt Brüssel A, kontert Orbán mit B. Er hält der ideologischen Strategie der Union den Spiegel vor – und ist damit zum größten Störfaktor im Konsensbetrieb des europäischen Machtzentrums avanciert.

Beinahe jede seiner innenpolitischen Entscheidungen steht unter kritischer Beobachtung und gerät regelmäßig ins Kreuzfeuer der Kritik einer üblicherweise an osteuropäischen Belangen wenig interessierten Presse. Ob seine umstrittenen Mediengesetze oder sein mehr als nachvollziehbarer Kurs im Kampf gegen das NGO-Wesen, das allzu oft als Werkzeug dient, unliebsame Regierungen durch inszenierte interne Konflikte und Massendemonstrationen wieder auf Linie zu bringen – stets ist die Empörung in Deutschland groß.

Und so wirbelt das kleine Ungarn mit seinen 9,6 Millionen Einwohnern – etwa halb so groß wie Nordrhein-Westfalen – die politische Landschaft Europas mächtig durcheinander.

Propaganda und Realität

Die deutsche Medienberichterstattung hat es meisterhaft verstanden, ein Zerrbild von Ungarn zu zeichnen: Orbán als halb-diktatorischer Alleinherrscher, ein Land, völlig dem Willen seiner Partei Fidesz unterworfen. Kurz: kein Ort, an dem man sein Geld anlegt, ohne schlaflose Nächte zu riskieren.

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Die Wirklichkeit jedoch erzählt eine ganz andere Geschichte. Über die Jahre hat sich Ungarn zu einem wahren Magneten entwickelt – auch für deutsches Kapital und milliardenschwere Unternehmensinvestitionen. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete Ungarn einen Überschuss bei den Direktinvestitionen von rund 10 Milliarden Euro. Bemerkenswert: Rund 80 Prozent dieses Kapitals, das unmittelbar in neue Fabriken, Arbeitsplätze und den Ausbau bestehender Produktionskapazitäten fließt, stammen aus China, Japan und Südkorea.

Ein Umstand, der prompt als weiterer Kritikpunkt der Von-der-Leyen-Kommission herhalten muss. Budapest, so der Vorwurf, fungiere als Einfallstor für chinesische Machtinteressen in Europa. Dass der Standort Ungarn schlicht entscheidende Vorteile gegenüber anderen europäischen Ländern bietet – dieser Gedanke kommt in Brüssel freilich niemandem in den Sinn.

Letzte Rettung Ungarn

Gerade für deutsche Politiker, die sich gern moralisch über Ungarn erheben, muss es wie ein Stich ins Herz wirken: Vor allem die deutsche Automobilindustrie sieht ihre Zukunft in Ungarn. Die zuletzt schwer angeschlagene ZF Friedrichshafen entschied sich ebenso für den Standort wie ThyssenKrupp, Bosch oder Audi – letzteres Unternehmen ist seit 1993 engagiert und hat über die Jahre kumuliert mehr als 8 Milliarden Euro am Standort Győr investiert. Allein dort entstanden 12.000 Arbeitsplätze; Audi entwickelte sich so zum größten Arbeitgeber der Region und produziert Motoren für den Weltmarkt, mit klarem Schwerpunkt auf Elektroantriebe.

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Ähnliches gilt für Mercedes in Kecskemét: 1 Milliarde Euro flossen in den Ausbau der E-Mobilitätsproduktion, neue Kapazitäten schaffen Jobs für 4.400 neue Mitarbeiter.

Auch BMW in Debrecen investierte bislang 2 Milliarden Euro, schuf 1.000 Arbeitsplätze und etablierte eine ganze Zulieferer-Wertschöpfungskette – der Produktionsstart für vollelektrische Modelle ist noch in diesem Jahr geplant.

Die Elektro-Revolution, die man in Deutschland per Bürokratendekret herbeiregulieren wollte, entsteht nun in Ungarn – dank deutlich besserer Standortbedingungen. Ein Zyniker könnte sagen: Wer sich einen Überblick über die innovative deutsche Unternehmenslandschaft verschaffen will, muss eigentlich nur nach Ungarn fahren.

Ungarns Argumente

Aus wirtschaftlicher Sicht war es nur eine Frage der Zeit, bis Ungarn sich zum Safe Haven entwickeln würde. Mit einer fixen Körperschaftssteuer von gerade einmal 9 Prozent verweist der kleine Staat den Höchststeuerstandort Deutschland, der Unternehmen inklusive Gewerbe- und Körperschaftssteuer sowie dem Solidaritätszuschlag (der noch immer nicht vollständig abgeschafft wurde) mit bis zu 30 Prozent belastet, auf die letzten Plätze – mit Abstand.

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Auch beim zweiten gewichtigen Argument – den Energiekosten – hat Ungarn die Nase vorn: Industriestrompreise liegen bei etwa 10,3 ct/kWh, weit unter denen der deutschen Konkurrenz, Privathaushalte zahlen über 75 Prozent weniger als deutsche.

Fachkräfte sind in Hülle und Fülle verfügbar; das Land hat seine Ausbildungssysteme konsequent auf die Bedürfnisse moderner Industrieunternehmen ausgerichtet.

Ungarn verfolgt eine aktive Subventions- und Industriepolitik, um die Ansiedlung internationaler Unternehmen gezielt zu fördern. Im Kontext des zunehmenden Wettbewerbs auf den globalen Märkten mag dies nachvollziehbar erscheinen, marktwirtschaftlich betrachtet ist es jedoch eine Fehlentwicklung – ein reflexartiger politischer Eingriff, der überall zu beobachten ist und angesichts der ohnehin schon substanziellen Standortvorteile im Prinzip obsolet ist.

Massive Unwuchten

Die massive Schieflage zwischen dem regulatorischen Wahn Brüssels und Berlins und der standortfreundlichen Politik Ungarns – das auch künftig trotz Sabotageakten an seiner Infrastruktur auf den Energievorteil durch russisches Gas setzt – wird die Kapitalflucht aus Deutschland vermutlich noch verstärken. Eigentlich sollte Ungarn der deutschen Politik den Spiegel vorhalten. Doch die Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz scheint, trotz des dramatischen Absturzes der deutschen Wirtschaft, unbeirrt am ökosozialistischen Kurs Brüssels festhalten zu wollen.

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Die Neuverschuldung Ungarns, die in diesem Jahr voraussichtlich über 4 Prozent erreichen wird, bei einer Gesamtverschuldung von 73 Prozent, sollte Viktor Orbán genügen, die Subventionsschraube zurückzudrehen. Schließlich befinden sich die Nachbarstaaten und die Europäer insgesamt längst in einer Schuldenfalle, deren Spirale sich unaufhaltsam dreht. Die Staatsquote von 47 Prozent nähert sich europäischen Verhältnissen – der Staat muss auch in Ungarn beigeschnitten werden.

Die massiven Investitionen aus dem Ausland verschaffen der Regierung ausreichend Spielraum, um die notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen durchzuführen – ohne selbst in die Schuldenfalle zu geraten, in die so viele europäische Staaten getappt sind.

Letztlich zeigt sich: Wer die Zeichen der Zeit erkennt und den Standort klug gestaltet, befreit von ideologischem Wahn und grotesker Regulierung, wird seine Unternehmen vor Ort binden – und im Falle Ungarns strömen sie aus ganz Europa und der Welt hinzu.

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Kommentare ( 11 )

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11 Comments
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Raul Gutmann
2 Monate her

Interessanterweise zählt ausgerechnet das in den deutschen Medien vielgeschmähte Ungarn zu den präferierten Standorten der Investoren.

Es mag für viele Menschen angesichts ihres staatlichen Selbstverständisses schmerzhaft sein, doch im 25. Jahr des 21. Jahrhundert drängt sich bei Rezeption der bundesdeutschen Medien regelmäßig die Vermutung auf, die Wirklichkeit steht diamentral zu dessen, was unter dem Titel „Berichterstattung“ verlautbart wird
Könnte es der größte Unterschied zwischen BRD und DDR sein, daß die DDR-Bürger mehrheitlich um die staatlichen Lügen wußten, die BRD-Wahlschafe jedoch glauben, sie seien die weltweit bestinformiertesten?

Britsch
2 Monate her
Antworten an  Raul Gutmann

Einbildung ist in der heutigen Zeit eine weit verbreitete und stark zunehmende „Bildung“ in diesem Land

Weltenwandler
2 Monate her

Ich finde das als Problem nicht so groß, weil die deutschen Fachkräfte mitgehen und sogar ihre Eltern mitnehmen können. Da sie Wert mit nach Ungarn bringen und nicht abschöpfen, werden die Ungarn auch nicht so schnell ärgerlich werden über die Ausländer. Die anderen Fachkräfte, die massenweise in Deutschland aufschlagen und auch sehr gepampert werden, können ja ihre Betriebe mit nach Deutschland bringen oder nachholen wie den Familiennachzug. Die haben dann auch ihre Zukunftsperspektiven.

Last edited 2 Monate her by Weltenwandler
Britsch
2 Monate her
Antworten an  Weltenwandler

Ich habe Bekannte die in Deutschland bereits Selbstädig waren und nach Ungarn gegangen sind. In Ungarn gefällt es Ihnen und Sie empfehlen Anderern auch zu kommen.

WandererX
2 Monate her

Wer hat denn Osteuropa nach 1989 aufgebaut? Primär Deutschland. Solch ein Land we D. kann das stemmen. Der Grund liegt eher in den in D. nicht vorhandenen einstellbaren Facharbeitern und Ingenieuren und nicht primär am Strompreis oder Steuern. Es liegt hier als eine klar schiefe und tendenziöse Darstellung vor.

Ohanse
2 Monate her
Antworten an  WandererX

Text nicht gelesen? Der Industriestrompreis in Ungarn liegt bei 10 Cent pro Kilowattstunde. Davon ist Deutschland meilenweit entfernt. Die Stromrechnung industrieller Großkunden ist hierzulande bis 80 Prozent höher. Das ist der Tod für jede Art von Industrie. Selbstverständlich ist billige Energie die Top-Voraussetzung für Wohlstand und Wachstum. Manche lernen’s nie.

Britsch
2 Monate her
Antworten an  WandererX

Sind Sie in der Industrie ioder im Handwerk tätig? Im praktischen Bereich tätig?
Ich glaube nicht.

Marina Z.
2 Monate her

Medien und Politik lassen zwar kein gutes Haar an Orbán, die „ Normalbürger“ sehen das aber etwas anders. Da stimmt noch das Bauchgefühl und der gesunde Menschenverstand.

jwe
2 Monate her

Ich verstehe unsere EU nicht, dass die den Orban noch nicht weg gekriegt haben. Da wird immer gemeckert, aber man traut sich nicht. Dabei hat die EU doch Erfahrungen. Z.B. die Ukraine 2011. Da wurde auch mit Hilfe der EU der Russland zugewandte Präsident weg geputscht und ein Pro-Westlicher installiert. Rumänien im letzten Jahr ist auch so ein Beispiel, wo man den Rissland-freundlichen Präsidenten einfach von der Stich-Wahl ausgeschlossen hat. LIebe EU, sorgt in Ungarn für einen EU-freundlichen Präsidenten, dann kann sich Ungarn auch Deutschland, Frankreich und Co anpassen und die Firmen haben kein europäisches Ausweichland mehr. Die große Transformation… Mehr

Maja Schneider
2 Monate her

In Ungarn haben wir einen äußerst gebildeten Politiker mit Blick in die Zukunftsgestaltung an der Spitze, mit Instinkt und Gespür für das, was seinem Land und dem Volk guttut und dazu den festen Willen, immer beides an die erste Stelle seiner Politik zu setzen, sein Verständnis für Forschung, Wirtschaft und Finanzen hebt ihn deutlich von seinen Mitstreitern in der EU ab, das gefällt Brüssel gar nicht, und er wird von dort seit Jahren massiv bekämpft. Er soll politisch außer Gefecht gesetzt werden, und zwar mit allen Mitteln. Uns bleibt die Hoffnung, dass das auch dieses Mal nicht einmal in Ansätzen… Mehr

Herbert K.
2 Monate her
Antworten an  Maja Schneider

Ja Frau Schneider, volle Zustimmung. VdL will Orban stürzen, mit allen Mitteln und unser aller Steuergelder pusht sie diesen jungen Linksradikalen, welcher Orban durchaus gefährlich werden könnte. auch in Ungarn gibt es genug Degenerierte, welche sich offenbar leicht manipulieren lassen…………