Profisport stolpert über Vorgaben des Bundesinnenministeriums

Die Corona-Soforthilfe für den deutschen Teamsport ist eine Farce. Aufgrund der restriktiven Vorgaben können die hilfsbedürftigen Vereine nicht von der versprochenen Unterstützung profitieren.

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Seit Anfang Juli kamen nur wenige Clubs in den Genuss von sechs- oder siebenstelligen Corona-Hilfen der Bundesregierung. Bis einschließlich 19. Oktober wurden gerade einmal Hilfen in Höhe von 25,65 Millionen Euro angefordert und davon erst 7,5 Millionen Euro bewilligt. Jetzt schlägt Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) Alarm.

„Es gibt keine pragmatische und schnelle Soforthilfe. Es werden wohl nur wenige Vereine in den Genuss der Hilfe kommen, weil die Vorgaben zu restriktiv sind. Die Möglichkeiten zur Ausschöpfung des Programms sind weder basis- noch praxisnah, “ sagte der 60-jährige Allgäuer den Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung und verwies darauf, dass die Antragsfrist für Soforthilfen am 31. Oktober endet und die Ansprüche laut Bundesinnenministerium “verwirkt” sind.

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Zahlreiche Vereine haben somit schon bei der Antragstellung und den nicht realisierbaren Vorgaben die Segel gestrichen, denn zahlreiche Bedingungen für eine rasche Soforthilfe waren schlichtweg nicht umzusetzen. Bei mehreren Verbänden und Vereinen hatte sich schnell Unmut breit gemacht, und schnell waren auch die kritischen Stimmen zu hören, wie sie seit Monaten von resignierten Protagonisten aus der Künstlerbranche oder aus dem Einzelhandel zu hören sind.

Vollmundige Versprechungen mit kleineren Vorgaben und rasche Hilfen:  Deutschlands Ruf mit diesem Hilfspaket war in Sport-Europa zu hören und Clubs aus Sportarten wie Eishockey, American Football, Basketball, aber auch die dritte Fußball-Bundesliga oder die Bundesliga der Frauen konnten aufatmen und verließen sich auf das Versprechen des Bundestages. Milliarden aus dem TV-Vertrag wie bei der deutschen Fußball-Bundesliga gibt es bei den anderen Sportarten, die Deutschland auch bei Welt-und Europameisterschaften sowie den Olympischen Spielen vertreten, keine, eher noch ein paar Tausend Euro aus Verträgen mit Streaminganbietern. 

Da nun die Frist am kommenden Samstag endet, bemüht sich Alfons Hörmann nun darum, dass die Frist verlängert wird. Mit im Boot sitzt auch das Interessensbündnis „Teamsport Deutschland”, dass sich aus den fünf großen Mannschaftssportarten Fußball, Basketball, Handball, Volleyball und Eishockey zusammensetzt und sich jetzt in einer Videokonferenz für eine Verlängerung der Soforthilfe bis Juni 2021 ausgesprochen hat. Des Weiteren fordert die Initiative eine Anhebung der Obergrenze pro Club von 800.000 Euro auf eine Millionen Euro. Selbst letzterer Betrag ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Schon jetzt haben die Deutsche Eishockey-Liga (DEL), die Deutsche Basketball Liga (BBL) sowie die Volleyball-Bundesliga große Probleme, den geplanten Spielbetrieb unter den erschwerten Voraussetzungen zu starten. Nur der Handball mit seinem TV-Vertrag mit Sky Deutschland hat schon Fahrt aufgenommen und kann die Saison planen.

Wie wichtig der Sport in diesen Zeiten ist, haben in den entscheidenden Gremien in Berlin nur die wenigsten mitbekommen und kritisieren die Aussagen von Hörmann und auch die Forderungen von „Teamsport Deutschland”. Dagmar Freitag, Vorsitzende im Sportausschuss des Deutschen Bundestages sagte gegenüber dem Sport-Informations-Dienst SID: „Das sind Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung und des Bundesrechnungshofes, gegenüber denen die Ausgabe von Steuergelder zu rechtfertigen ist.”

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Mit seiner Kritik an den bürokratischen Hürden zur Erlangung der Hilfsgelder hatte sich Hörmann die Kritik von Dagmar Freitag zugezogen. Die Vorsitzende im Sportausschuss des Deutschen Bundestages wies gegenüber dem SID auf die „Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung und des Bundesrechnungshofes” hin, „gegenüber denen die Ausgabe von Steuergeldern zu rechtfertigen ist. Und die jetzt vermehrt eingehenden Anträge zeigen, dass die Anforderungen zu bewältigen sind.”

Anträge stellen und Soforthilfe bekommen sind zwei paar Schuhe, wie die vergangenen Monate in anderen Branchen gezeigt haben. Sollten die basis- und praxisfernen Vorgaben nicht gelockert werden, wird der Bund auf 175 Millionen Euro sitzenbleiben und mehrere Ligen abseits der Fußball-Bundesliga in finanzielle Schieflage geraten.

Der Wille war mal da, dem deutschen Sport unter die Arme zu greifen, doch ist die Umsetzung in den vergangenen Wochen und Monaten zu einer zu hohen Hürde geworden. Vom Willen der Politik, den Profisport am Wirtschaftsförderprogramm mit einem Gesamtvolumen von mehr als 25 Milliarden Euro teilhaben zu lassen, ist heute nur noch wenig übrig geblieben.

Die Maxime lautete damals: Es kommen Vereine unbürokratisch in den Genuss, bei denen ein Umsatzeinbruch nicht sofort abzusehen ist, sondern existentielle Probleme im Laufe des Jahres drohen. So werden in den Anträgen Antworten auf Fragen erwartet, die wohl erst dann auftauchen, wenn die Ligen ihren Spielbetrieb wieder aufnehmen werden. Ob sie dann noch imstande sein werden, den Spielbetrieb zu bestreiten, steht aber leider in den Sternen. Doch dann kommt auch die Soforthilfe des Bundes zu spät. Vielleicht täte das BMI gut daran, noch in dieser Woche die Frist bis Juni 2021 zu verlängern und allen Vereinen die Möglichkeit zu geben, nochmals ihre Anträge zu stellen und sie nochmals hoffen zu lassen, dass die Gelder dann fließen. Noch sind ja 175 Millionen Euro für den deutschen Teamsport übrig.

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Kommentare ( 16 )

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Rainer mit ai
3 Jahre her

Hier ständig die Profifußballer anzugreifen ist heuchlerisch und dumm. Heuchlerisch, weil jeder das viele Geld annähme, wenn man es ihm anböte. Dumm, weil Fußballer nicht vom Staat bezahlt werden, sondern im Gegenteil den Spitzensteuersatz zahlen. Ich würde gerne einmal die Steuererklärung von Manuel Neuer sehen. Dass ein Teil dieses Geldes aus Rundfunkzwangsbeiträgen fließt, darüber kann man diskutieren. Aber ich habe auch noch nie einen Tatort angesehen, und wieviel Geld verschlingt die Produktion solcher Totschießfilme jährlich? Den Amateuren kann man ganz einfach helfen. Man muss nur die Coronabeschränkungen aufheben. Kostet keinen Pfennig. Und der Mensch braucht Brot UND Spiele. Der Mensch… Mehr

Monika
3 Jahre her

Sie wiederholen mehrmals, daß es hohe Hürden gibt für die Bewilligung. Leider erwähnen Sie nicht, wie diese Hürden ausgestaltet sind. Ich kann mir als Leser so kein Bild davon machen, ob das Gejammer der Vereine berechtigt ist, oder ob die vielleicht einfach nur keinen Plan haben und hoffen, daß man Geld über ihnen ausschüttet. Das wäre ja immerhin auch möglich. Es kann jedenfalls auch nicht sein, daß planlos irgendwelche Gelder mit der Gießkanne verteilt werden, das wäre den Steuerzahlern gegenüber unfair. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin nicht gegen die Hilfen, manche Vereine haben sie nach Ihrer Aussage ja… Mehr

Biskaborn
3 Jahre her

Nun hat Herr Hörmann leider nicht verstanden,dass die sogenannten Flüchtlinge am meisten unter Corona leiden. Also gehört denen die größte Aufmerksamkeit. Geld spielt dort, wie bei anderen Programmen zum Beispiel im Kampf gegen Rechts und Rassismus überhaupt keine Rolle. Haushaltsregeln, sparsamer Umgang mit Steuermittel sind hier Fremdworte. Sobald aber nationale Interessen ins Spiel kommen wird plötzlich auf dennSteuerpfennig geschaut. So ist das eben hierzulande. Interessiert aber niemandes, deshalb ist es genau so.

fatherted
3 Jahre her

Ist doch immer das Gleiche…war doch schon bei der Oder-Flut so….Versprochen wurde bürokratielose Soforthilfe….angekommen ist fast gar nichts….und wenn musste man sich nackig machen. Ich habe gleich nicht an die Hilfspakete geglaubt….die einzigen die davon profitieren sind Tui, Lufthansa und Co…..deren Rechtsabteilungen können sich mit den Anträgen beschäftigen…..bzw. bei denen sind gar keine nötig, weil „groß und Systemrelevant“. Tja….da werden die kleinen Vereine wohl künftig sehr kleine Brötchen backen müssen….wenn überhaupt noch.

lospolloshermanos
3 Jahre her

Ich stolpere gerade über die Frage was die Arbeitgeber, also die nicht öffentlichen und nicht halb-öffentlichen, gerade so umtreibt. Außer der latent vorhandenen und bald nicht mehr vorhandenen Event-Szene und anderen systemrelevanten Berufen wie Satiriker*in – innin? – Satirender. Wie man hört haben Bauern Probleme mit halbfest kochender Rohware – aber sonst? Wenn Leute aus dem Home office Leute im Home office befragen sollte die Datenlage doch Ergebnisse liefern.

gast
3 Jahre her

Ich habe dem kleinen Zirkus, dem ich jedes Jahr etwas spende, in diesem Jahr schon 3 mal gespendet aber auf Dauer erhalten, kann ich sie nicht. Sie haben auch eine Art Vergnügungszenter für Kinder. Mit Hüpfburg und anderen Dingen. Sie können es nicht betreiben. Es darf immer nur ein Kind auf die Hüpfburg, und wenn es runter geht, müssen sie die gesamte Hüpfburg desinfizieren, bevor das nächste Kind drauf darf. Das ist natürlich das Todesurteil.

gast
3 Jahre her

Gesangsvereine können nicht mehr miteinander singen, Orchester nicht mehr miteinander spielen und dann sollen diese Hanseln sich ihren Keuch einpusten dürfen? So geht das nicht.

Julian Schneider
3 Jahre her

Der Deutsche Olympische Sportbund ist ganz, ganz vorndran, wenn es um „Haltung“ geht. Früher hieß es einmal, der Sport soll von der Politik getrennt sein. Jetzt wird vom DOSB klar vorgegeben, was Sache ist: Multikulti, Diversity, Black Lives Matter, Political Correctness Cancel Culture. Wer nicht spurt, kann gehen – das gilt übrigens für Sportler und Fans.

Gruenauerin
3 Jahre her

Ich frage mich nur eines: Wer soll das Geld eigentlich erarbeiten, worauf jeder meint Anspruch zu haben? Es scheint, dass Deutschland sich aus dem Bankautomaten bedient und keinen Gedanken daran verschwendet, woher das Geld kommen soll. Ich frage mich auch, wie hoch die Staatsverschuldung am Ende des Jahres sein wird, nur weil ein Virus, der auch nichts anderes macht als der alljährliche Influenzavirus, jetzt zum Mördervirus emporgejazzt worden ist. Wir werden es nie erfahren. Die Staatsverschuldung wird sicherlich fein vertuscht. Ich verstehe ja, dass jetzt alle die Hand aufhalten. Schließlich wurde der Lockdown und diese sogenannten Hygieneregeln einfach so beschlossen,… Mehr

RMPetersen
3 Jahre her

Die mehrfache Klage um „basis- und praxisferne Vorgaben“ vernebelt eher die Frage, um welche Probleme es konkret geht. Das wir weder von dem Autoren noch den zitierten Sportmanagern erläutert.

Im Übrigen bin ich generell der Ansicht, dass im Profisport Fussball viel zu viel Geld bewegt wird; zum Unternehmertum gehört die Eigenverantwortung der Vereine, d. h. die Bildung von Rücklagen.

Monika
3 Jahre her
Antworten an  RMPetersen

Da bin ich ja froh, daß ich nicht als einzige diese Frage habe. Ich habe auch danach gesucht, was diese Hürden sein sollen und nichts gefunden.