Inflationsgeld für die Rentner

Die Defizite im Rentensystem werden – bei leicht steigenden Rentenbeitragssätzen – über den Bundeshaushalt in einem Notfallfonds gebündelt werden, für den die Politik sicherlich einen Namen finden wird, vielleicht „Rentensicherheits-Notfallreserve“. Der Fonds wird letztlich mit frischem Zentralbankgeld gefüllt, was die Inflation anheizen wird.

picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress

Erst im Sturm zeigt sich der wahre Seemann. Und die hohe See, in die die Rentenversicherung geraten ist, zeigt, dass ausgerechnet die Offiziere auf der Brücke weder über die Charakterstärke noch die nautischen Fähigkeiten verfügen, das leckgeschlagene Schiff an den hoch aufragenden Klippen vorbeizumanövrieren.

Bundeskanzler Friedrich Merz und seine Arbeitsministerin Bärbel Bas haben gleich zu Beginn des heraufziehenden Sturms die Nerven verloren – und bereits vor den ersten schweren Wellenschlägen ihren wahren Charakter enthüllt.

Während der Bundeskanzler während des Rentenstreits mit seiner Fraktion in einen unangenehmen, paternalistischen Herrscherton verfiel – Zitat Merz: „Ich sehe, wer klatscht“ –, flüchtete sich die fachlich und ethisch vollkommen überforderte Ministerin Bas in eine vulgäre Unternehmerschelte. Klassenkampf statt Auseinandersetzung in der Sache. Druck auf freie Parlamentarier statt Diskussion. Das ist der Regierungsstil der Bundesregierung unter ihrem Kanzler Friedrich Merz, wenn es eng wird.

Horrordaten, Nervenkostüm und Klimasozialismus

Die zur Schau gestellte Charakterschwäche und fehlende Kompromissbereitschaft erinnern daran, wie es tatsächlich um die Bundesrepublik bestellt ist.

Entscheidend sind die Menschen, nicht Geld
Die Rente wackelt
Die täglichen Horrormeldungen aus der Wirtschaft, die eine nicht endende Insolvenzkette beschreiben, das Finanzchaos, das sie zwar einerseits geerbt, aber durch Bilanzbetrug und kreative Buchführung vervielfacht haben, lasten schwer auf schmalen Schultern und zehren am Nervenkostüm dieser Leichtmatrosen.

Ahnen sie, dass sich der Kollaps der Industrie schon bald in Massenarbeitslosigkeit übersetzen wird und dass die Menschen erkennen werden, dass es die Märchenerzählung des Klimasozialismus war, die auch diese Regierung mit Händen und Klauen verteidigte und die ihre wirtschaftlichen Existenzen vernichtete.

Spüren Merz, Klingbeil und die Berliner Garden, dass die passiv-aggressive Geschichte von der Klima-Apokalypse, vorgetragen von wirren Neurotikern auf Deutschlands zerfallendem Asphalt, die ersten Abwehrreflexe aus dem lange Zeit gedemütigten bürgerlichen Lager herauskitzelt?

Überfressener Leviathan

Jeder verrentete Eremit, der sich tief in den Schwarzwald zurückgezogen hat, ist produktiver als dieses millionenfache Heer von Günstlingen des NGO-Zerstörungskollektivs. Und die Älteren im Land spüren genau, dass man sie zwar wirtschaftlich ruhigstellen will, aber andere Kräfte, andere Gruppen in der Gesellschaft inzwischen klare politische Präferenz genießen.

Instinktlos und „völlig losgelöst ….“
Trotz Haushaltsloch: Abgeordnete fliegen wieder Business-Class auf Steuerzahlerkosten
Der Staat ist zur Geldverbrennungsmaschine degeneriert, ein fettgefressener Leviathan, dessen Bürokratie ein Heer von 5,5 Millionen Menschen ernährt und mit Steuermitteln Hunderttausenden selbst ernannten Aktivisten ein Leben des dolce far niente in spätrömischer Dekadenz finanziert. Geht es um die Interessen Berlins oder Brüssels, um die Drangsalierung von Bürgern und Mittelstand, dann fehlt es niemals an Mitteln, Strukturen zu schaffen, Kontrollsysteme aufzubauen und den Steuerzahler zur Ader zu lassen.

Auch die Öffnung der deutschen Sozialversicherung für Zuwanderer aus aller Herren Länder war Gelegenheit für die Pseudo-Aristokratie der deutschen Politik, sich an eigenen Moralismen zu berauschen. Die Zeche zahlen schließlich andere.

Der Staatssektor wurde zu keiner Zeit vom Bürger finanziell machtvoller ausgestattet, als es gegenwärtig der Fall ist. Die Feindseligkeit der Polit-Aristokratie gegenüber der eigenen Bürgerschaft wächst proportional zum Ausmaß ihrer fiskalischen Verschwendungssucht. Denjenigen, die im starken Staat etwas Nützliches erkennen, erscheint es paradox: Je größer der finanzielle Spielraum des Zentralplaners ausfällt, desto schneller rieselt das Kapital durch die Hände der Günstlingswirtschaft, die ihre Plünderungsprojekte wie ein engmaschiges Fischernetz um den Globus gebreitet hat.

Im brasilianischen Belém, dem diesjährigen Ort des Hochamts der Klima-Apokalyptiker, konnten wir die Funktionsweise dieser Politik studieren. Der intensiven Reisetätigkeit folgte der Scheck. Wie hoch die Summe am Ende ausfallen wird, die der deutsche Steuerzahler über die bestens vernetzte monetäre Infrastruktur des Ablasshandels der CO₂-Gläubigen überweisen wird, ist bislang unklar. Einige Milliarden dürften es schon sein – doch im Gesamtschema des großen Raubzugs fällt auch das kaum noch ins Gewicht.

Demografie, Migration und der zerbröselnde Sozialstaat

Ein Zyniker würde es wie folgt beschreiben: Der spendable Bundeskanzler erhielt die Gelegenheit, im Ausland die Kreditwürdigkeit der Bundesrepublik unter Beweis zu stellen. Da wirft man schon einmal Steuergeld in die nächstbeste Pfütze. Was kümmern mich die Klagen deutscher Rentner, wenn es billigen Applaus von der Ehrentribüne des internationalen Zirkus gibt?

Allerdings konnte die großzügige Spende in den Klingelbeutel des Klimakults nicht verhindern, dass Friedrich Merz nun wieder die Probleme an der Heimatfront eingeholt haben. Um die Rentendebatte führte kein Weg herum, das Minus der Rentenversicherung liegt im laufenden Jahr wohl bei sieben Milliarden Euro, der Druck auf die Beiträge wächst und die Demografie bewegt sich auf eine maximale Stresssituation zu: Bis 2040, so schätzt die Bundesbank, wird es dauern, bis Deutschland die demografische Klippe hinter sich gelassen haben wird. Dann fällt das Verhältnis zwischen Rentnern und Arbeitnehmern wieder und verschafft der Erwerbsgeneration Raum zum Atmen.

Bis dahin wird es eng. Alle Seiten müssten sich bewegen, die jungen Parlamentarier, über die der Zorn des Kanzlers hereinbrach, haben recht. Dennoch ist die Junge Union bei der Abstimmung über das Rentenpaket im Bundestag gefallen.

Die Debatte über die Zukunft der Rentenversicherung war lange überfällig. Die Generationen müssen untereinander aushandeln, wie sie in den kommenden Jahren mit einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt umgehen wollen. Die Lage der deutschen Wirtschaft ist so dramatisch, dass sie – kombiniert mit dem demografischen Kollaps der Gesellschaft und der unkontrollierten Sozialzuwanderung – zur Armutsfrage wird. Familien werden wieder enger zusammenrücken müssen, um die leeren Versprechen des Sozialstaats zu verwirklichen.

Das Versprechen der stabilen Sozialversicherung stammt aus einer untergegangenen goldenen Epoche, in der das numerische Verhältnis zwischen Alt und Jung nicht aus den Fugen geraten war, die Produktivität der Ökonomie wuchs – nun schrumpft sie. Alle Sozialsysteme waren justiert auf ein reales Pro-Kopf-Wachstum von mindestens zwei Prozent im Jahr. Der wirtschaftliche Schock, der das soziale Konstrukt zertrümmert hat, droht diese Gesellschaft in ihren Grundfesten zu erschüttern.

Dass sich führende Politiker wie Bärbel Bas in ihrer offenkundigen Hilflosigkeit in klassenkämpferische Rhetorik flüchten, ist ein böses Omen. Auch die erratischen Drohungen des Bundeskanzlers an seine jungen Abgeordneten zeigen, dass die Zeichen auf Sturm stehen. Die Rentner werden das von der SPD festgesetzte Rentenniveau erhalten. Die Defizite werden zunächst in den Bundeshaushalt gesteuert. Dort steigt dann im wahrsten Sinne des Wortes die Spannung.

Der kommende Notfallfonds und die EZB-Monetarisierung

Freie Wirtschaft sichert Renten und Wohlstand
Sieben Wahrheiten für die Renten-Kommission – rettet die Rente vor der Politik
Die Lösung für dieses Problem sieht relativ einfach aus. Sie wurde in der Vergangenheit andernorts vielfältig angewandt und dürfte schon in wenigen Jahren in den Staaten der Eurozone zur gängigen Praxis werden: Die Defizite werden – bei leicht steigenden Rentenbeitragssätzen – über den Bundeshaushalt in einem Notfallfonds gebündelt, für den die Politik sicherlich einen spektakulären Namen finden wird.

Vielleicht „Rentensicherheits-Notfallreserve“, oder „Sozialer-Zusammenhalts-Fonds“, oder das „Gute-Renten-Sozialfondsgesetz“ – seit den Tagen des Gute-Kita-Gesetzes wissen wir, dass in den Berliner Parteizentralen die kreativen Köpfe bereits mit den Hufen scharren, um das nächste kafkaeske Wortmonstrum in den immer dichteren deutschen Gesetzesurwald einzupflanzen.

Mit diesem formalen Konstrukt wird man sich am Kapitalmarkt über Anleihenemissionen das nötige Kleingeld beschaffen – Kredite, die mit fortschreitender Verschuldung des Staates über den Zwischenschritt der Geschäftsbanken, die sich ihren kleinen Bonus beim Durchlauf sichern, schließlich von der Europäischen Zentralbank monetarisiert werden.

Rentner erhalten Inflationsgeld

Das ist selbstverständlich ein hochinflationärer Vorgang, weil Defizite mit frischem Zentralbankgeld gefüllt werden, dem keine zusätzliche Güterproduktion gegenübersteht. Doch das Problem ist nicht auf Deutschland begrenzt. Es findet sich in der gesamten Europäischen Union. Spanien weist verhältnismäßig ähnliche Defizite im Rentensystem auf wie Deutschland.

Über die passionierten französischen Frührentner müssen wir an dieser Stelle gar nicht sprechen. Die europäischen Gesellschaften sind allesamt überaltert. Und sie leiden an chronischem Realitätsverlust. Sie haben zu großen Teilen die meritokratischen Werte guter Arbeit eingebüßt – und sie klammern sich nun verzweifelt an die Sozialstaatsillusion, die sie in der Vergangenheit durch jede Rezession geführt hat.

Wie groß wird das Entsetzen sein, wenn in den kommenden Jahren klar wird, dass sich Deutschland nicht in einer herkömmlichen Rezession befindet, sondern in einem strukturellen Niedergang seines ökonomischen Fundaments? Und dass der Kuchen, der zwischen den Generationen verteilt werden soll, von Jahr zu Jahr weiter schrumpft?

Jeder Einzelne steht nun vor der Aufgabe, seine Familienfinanzen vor der anstehenden Inflationierung zu schützen. Spätestens jetzt sollte jedermann klar sein, dass die Staaten ihre Rentner mit Inflationsgeld abspeisen werden.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 0 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

0 Comments
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen