US-Schuldenstreit bleibt bestimmendes Thema

Die Verhandlungen über die Erhöhung der Obergrenze der amerikanischen Staatsschulden scheint zwar voranzukommen, aber am Freitag waren noch nicht alle strittigen Punkte geklärt.

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Die Unterhändler des Weißen Hauses und des Kongresses haben dem Vernehmen nach zuletzt vor allem um die Frage gerungen, ob Hilfsbedürftige künftig mehr arbeiten müssen, um Leistungen der Bundesregierung in Washington wie Lebensmittelmarken zu erhalten. Sie haben dafür nun ein bisschen mehr Zeit, nachdem Finanzministerin Janet Yellen erklärt hat, mit den von ihr ergriffenen außerordentlichen Maßnahmen bis zum 5. Juni alle Zahlungen leisten zu können – also vier Tage länger als bisher angenommen. Die Verhandlungsdelegationen des republikanischen Repräsentantenhaus-Sprechers Kevin McCarthy und des demokratischen Präsidenten Joe Biden haben damit deutlich mehr Zeit, um eine Einigung zu erzielen.

Die beiden Seiten hätten ihre Differenzen in den Gesprächen der vergangenen Tage verringert, will jedenfalls der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg erfahren haben. Es zeichne sich inzwischen eine Mehrheit für die Anhebung der Schuldengrenze ab – die 78. in der Geschichte der USA übrigens. Das Abkommen würde auch Maßnahmen zur Verbesserung des Stromnetzes beinhalten, außerdem wollen die Republikaner eine Beschleunigung der Genehmigungen für Pipelines und andere Projekte für fossile Brennstoffe beschleunigen. Die Aktienmärkte profitierten am Freitag jedenfalls von den Hoffnungen auf einen Durchbruch und verabschiedeten sich mit deutlichen Gewinnen ins lange Wochenende (in den USA ist am Montag Memorial Day).

Der Dow Jones Industrial schloss mit einem Anstieg von einem Prozent bei 33.093 Punkten. Der marktbreite S&P 500 stieg um 1,3 Prozent auf 4.205 Zähler, der Nasdaq 100 setzte seine Vortagesrally fort und gewann 2,6 Prozent auf 14.298 Punkte. Damit schaffte der technologielastige Index ein Wochenplus von 3,6 Prozent, während der Dow Jones ein Prozent im Minus blieb.

Unternehmensseitig standen nach der Euphorie um den Halbleiterkonzern Nvidia vom Vortag nun Marvell Technology im Blick. Der Chipentwickler, der nach US-Börsenschluss am Vorabend seine Zahlen zum ersten Quartal veröffentlichte, erwartet wie Nvidia ebenfalls einen starken KI-bezogenen Umsatzanstieg. Die Aktie sprang letztlich um mehr als 32 Prozent nach oben auf den höchsten Stand seit über einem Jahr. Andere Chipwerte wie Intel, NXP Semiconductors oder Micron profitierten davon und verteuerten sich ebenfalls zwischen 5,7 und 6,2 Prozent.

Die Autobauer Ford und Tesla kündigten eine Partnerschaft zum Aufladen von Elektrofahrzeugen an. Demnach sollen Ford-Elektroautos Zugang zu den mehr als 12.000 Schnellladestationen von Tesla (Supercharger) in Nordamerika erhalten. Zudem sollen künftige E-Modelle von Ford den Tesla-Stecker übernehmen. Damit würde sich die Zahl der Schnellladestationen, die Ford-Elektroautos zur Verfügung stehen, verdoppeln. Die Ford-Aktien schnellten um 6,2 Prozent hoch. Die Tesla gewannen 4,7 Prozent.

Um 4,3 Prozent nach oben ging es für die Papiere von Costco Wholesales nach Zahlen der Großhandelskette. Die Titel von Bunge stiegen um 0,7 Prozent. Das Agrarhandels-Joint-Venture Viterra, an dem Glencore knapp die Hälfte besitzt, verhandelt informierten Kreisen zufolge mit dem US-Konkurrenten über eine Fusion.

Der Kurs des Euro erholte sich im US-Handel etwas von seinem Zweimonatstief aus dem späten europäischen Geschäft und notierte zuletzt bei 1,0728 US-Dollar. US-Staatsanleihen gaben leicht nach. Die Rendite für zehnjährige Papiere stieg auf 3,79 Prozent.

Die Hoffnung auf eine baldige Einigung im US-Schuldenstreit hatte zuvor schon dem DAX einen versöhnlichen Wochenausklang beschert. Bereits um die Mittagszeit legte der deutsche Leitindex auf seinem Tagestief den Schalter um. Im weiteren Handelsverlauf zog er mit den starken US-Börsen weiter an und schloss 1,2 Prozent fester auf 15.984 Punkten, womit er seinen Wochenverlust auf 1,8 Prozent eindämmte. Am vergangenen Freitag hatte er mit 16.331 Punkten noch ein Rekordhoch erreicht.

Der MDAX der mittelgroßen Unternehmen schaffte vor dem Pfingstwochenende ebenfalls die Trendwende: Er gewann am Ende 0,8 Prozent auf 26.991 Zähler.

Mit Quartalszahlen stand am Freitag der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 im Fokus, der wegen des anhaltend schwachen Werbegeschäftes in die roten Zahlen gerutscht ist. Die Papiere von Hensoldt sackten im MDAX zeitweise um mehr als zwölf Prozent ab, verringerten das Minus am Ende aber auf 4,2 Prozent. Der Rüstungselektronik-Spezialist widersprach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ über Hinweise auf unlautere Geschäftspraktiken und unzureichende interne Kontrollen.

Die Aktien von Siltronic und Süss Microtec bauten ihre Vortagesgewinne um 7,1 beziehungsweise 5,2 Prozent aus. Der starke Ausblick von Nvidia dank des Themas Künstliche Intelligenz (KI) hatte Halbleiterwerte tags zuvor ins Rollen gebracht und sorgt weiter für Auftrieb.

Unangefochtener Spitzenreiter im Nebenwerte-Index SDAX war der Softwareanbieter Suse. Dank Übernahmefantasie sprangen die Titel um 17,6 Prozent hoch, nachdem sie im frühen Handel noch auf ein Rekordtief abgesackt waren. Finanzfirmen erwägten weiter eine Übernahme und Großaktionär EQT dürfte prüfen, das Unternehmen wieder von der Börse zu nehmen, berichtete das Portal „Dealreporter“.

Analystenkommentare sorgten ebenfalls für Bewegung, etwa beim Windkraftkonzern Nordex. Beflügelt von einer Kaufempfehlung der Société Générale gewannen die Anteilscheine knapp zwei Prozent. Ein Kaufvotum von Hauck Aufhäuser Investment Banking half den Aktien des IT-Beraters und Cloud-Spezialisten GFT Technologies mit plus 4,9 Prozent nach oben.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,51 Prozent am Vortag auf 2,54 Prozent.

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Kommentare ( 6 )

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Guzzi_Cali_2
9 Monate her

Dieser Theaterdonner geht mir sowas von auf die Nerven. Weder die Dämonkraten, noch die Republikaner werden es zulassen, daß der amerikanische Staat für eine Weile auf StandBy geht. Aber ausnahmslos ALLE – incl. TE – meinen, darüber berichten zu müssen. Es wird kommen, wenn es keiner erwartet und dann ist für den Petrodollar Schluß.

Kuno.2
9 Monate her

Wenn die Schuldenobergrenze wie nicht anders zu erwarten war, wieder weiter erhöht wird, dann schadet dies dem US Dollar als (noch) Weltleitwährung. Daraus folgt, dass die FED die Zinsen auf keinen Fall reduzieren darf. Tut diese es doch, dann ist aus Moskau, Peking, Neu-Delhi ein Orden für die FED sicher.

Nibelung
9 Monate her

Vieles soll gestrichen werden, nur der Militäretat bleibt und daran kann man an beiden Parteien erkennen, wie sich sich über Kriege finanziell über Wasser halten, denn mit Nächstenliebe und der Freiheit hat das nichts zu tun, das ist nur Geldmacherei um nicht gleich bankrott zu gehen und deshalb haben sie auch nochmals die Kreditlinie verlängert um sich vor dem Untergang zu retten, der aber so oder so kommt, was nur noch eine Frage der Zeit ist. Das man aber so dumm ist und sich mit der größten Atommacht der Welt anlegt ist doch völlig abenteuerlich, denn da kann uns stündlich… Mehr

Autour
9 Monate her

Und jedes mal wieder von neuem dieses Theater…
Und bald schon wird die Grenze wieder raufgesetzt werden und so geht es weiter bis es irgendwann eben nicht mehr geht. Dann gibt es einen Knall und ein zwei Jahre Panik und Untergang und dann geht es wieder von vorne los. Dies ist der Lauf der Geschichte. Nur dieses unsägliche Theater immer oh oh die USA stehen vor der Zahlungsunfähigkeit bla bla bla alles nur Theater….
Wird Zeit, dass der Petrodollar endlich fällt, denn dann ist da drüben überm Teich ruck zuck Schluss mit lustig!

Der Ermittler
9 Monate her

Diese 78. Erhöhung der Schuldenobergrenze zeigt doch wohl eines ganz eindeutig: Die USA wollen, werden und können ihre Staatsschulden nicht zurückfahren geschweige denn zurückbezahlen. Die USA sind alsoe de facto also Pleite und können sich nur über neue Schulden refinanzieren. Wenn diese Refinanzierung ausbleibt, weil der Kapitalmarkt nicht mehr mitmacht, dann war’s das für „Uncle Sam“.

Transformation
9 Monate her
Antworten an  Der Ermittler

Biden zieht das selbe Programm wie die EU/andere durch. Es wird alles getan um die Normalbürger zu verarmen. Die kleine Elite hat bereits fett Kohle zur Seite geschafft, die sind abgesichert wenn es knallt. Biden kommt haargenau mit den selben Methoden daher wie die EU (Migranten en masse, Klima Gedöns was Unmengen kostet, woker Unsinn, der viel kostet, Zerstörung der eigenen Energiequellen was die Energiepreise/Benzin hoch treibt, eine Zinspolitik, die die Besitzer von Immobilien verarmt usw.). Daran kann man sehen, dass der Plan, exakt wie vom WEF beschrieben, weltweit umgesetzt wird. Überall verarmen sie die Bürger und wollen eine Feudalherrschaft… Mehr

Last edited 9 Monate her by Transformation