Entwurf des Haushalts: Das Geld für die Bahn wird zum Verschiebebahnhof

Der Verkehrsetat ist noch am ehesten der Bereich, in dem die Bundesregierung ihr Versprechen hält, die gigantischen zusätzlichen Schulden dienten Investitionen. So möchte man meinen. Einer Recherche hält diese Arbeitsthese nicht stand.

IMAGO - Collage: TE

Berlin. Eine Redaktion diskutiert intern den Entwurf der Bundesregierung zum Haushalt. Es sei klar, dass das Erwartete eingetroffen sei: Die schwarz-rote Koalition nutze die 850 Milliarden Euro an zusätzlichen Staatsschulden, um das Geld vor allem im Konsum zu verbraten. An viel zu wenigen Stellen halte sie ihr Versprechen ein und schaffe damit Investitionen, die das Land nachhaltig stärken könnten. Die 107 Milliarden Euro für die Schiene – verteilt über vier Jahre – seien eine solche Ausnahme. So das Minimallob. Doch einer Recherche hält diese Arbeitsthese nicht stand.

Erstmal die offizielle Version: 166 Milliarden Euro werde die Regierung während dieser Wahlperiode in den Verkehr investieren, sagt der zuständige Minister Patrick Schnieder (CDU). 107 Milliarden Euro davon gingen in die Schiene, 52 Milliarden Euro in die Bundesstraßen und acht Milliarden Euro in die Wasserstraßen. Die 166 Milliarden Euro in dieser Wahlperiode seien 54 Milliarden Euro mehr als in den fünf Jahren davor. Eine Steigerung von rund 60 Prozent also. Zuerst braucht der Bund das Geld laut Schnieder für die Sanierung der Wege, danach wolle er es in den Neubau investieren.

Doch es dauert ein wenig, um diesem Aufbruch den Zauber zu nehmen. Zumal die acht großen Eisenbahnverbände des Landes erst einmal den Entwurf des Finanzministers Lars Klingbeil (SPD) loben. Andererseits müssen sie das auch. Mit den zusätzlichen 850 Milliarden Euro an zusätzlichen Staatsschulden hat die schwarz-rote Regierung einen gigantischen Futtertrog geschaffen. Wer sich an dem künftig bedienen will, muss nett sein. Zur Bundesregierung. Deswegen muss man den Entwurf erstmal begrüßen – die Kritik kommt dann später. Hat es aber umso mehr in sich.

Um 60 Prozent hat der Bund die Ausgaben für Verkehrswege erhöht. Vor allem für die Schiene. So feiern sich die Minister Schnieder und Klingbeil. Nur haben sie halt im Kernhaushalt auch die Zuschüsse des Bundes für den Neu- und Ausbau sowie die Elektrifizierung der Schiene “stark geschrumpft”, wie die Verbände mitteilen. Im Haushalt des vergangenen Jahres waren es noch zusammen rund 18 Milliarden Euro. Zudem bleibe die Förderung der Trassenpreise und den Güterverkehr mangelhaft. Und noch sei “unklar”, wie genau sich die versprochenen Ausgaben des Bundes verteilen. Die Verbände fordern daher „mehr Verlässlichkeit und Planbarkeit”.

Dann kommen die Verbände zum Wesentlichen. Sie drücken sich vorsichtig aus. Der Platz am Futtertrog soll nicht gefährdet werden. Also formulieren sie: “Zudem weisen die Verbände darauf hin, dass die Mittel des Sondervermögens zusätzlich zu den Mitteln des Kernhaushaltes gewährt werden müssen. Diese Forderung sehen die Verbände im aktuellen Haushaltsentwurf und auch in der mittelfristigen Finanzplanung nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund sehen sie Verschiebungen aus dem Kernhaushalt in das Sondervermögen Infrastruktur mit Skepsis.”

Was heißt das? Wie würde das eine Redaktion formulieren, die sich nicht am mit Schuldengeld gefüllten Futtertrog bedienen will? Es passiert genau das, wofür die Kritiker der bremsenlosen Staatsverschuldung gewarnt haben: Die Bundesregierung schiebt Ausgaben ins “Sondervermögen”. Damit sie dieses mit der Behauptung abfeiern können, die neuen Schulden dienten nur (mehr oder weniger) sinnvollen Investitionen. Doch tatsächlich schieben sie damit Kosten in den Schuldentrog, die es früher schon gab und die der Staat über den eigentlichen Haushalt bezahlt hat. Damit entsteht wiederum in diesem Haushalt mehr Luft für Ausgaben wie das Bürgergeld (5 Milliarden Euro mehr als geplant), die staatlichen Gaben an die vermeintlich nicht-staatlichen NGOs oder Radwege in Peru. Die 850 Milliarden Euro zusätzlicher Staatsschulden dienen also tatsächlich dem Bezahlen der alten linken Politik. Nun unter Beteiligung der CDU-CSU.

In Sachen Bahnsanierung kommt noch dazu, dass es nicht einmal hilft, wenn der Staat mehr Geld zur Verfügung stellt. Denn die Deutsche Bahn kommt mit der ohnehin schon finanzierten Sanierung nicht hinterher, wie das staatliche Unternehmen diese Woche auf einer Veranstaltung einräumen musste. Eigentlich wollte das Unternehmen die wichtigsten Strecken bis 2031 erneuert haben. Das werde kaum machbar sein. Die Bahn will dieses Ziel nun bis 2035 erreichen. Ein entsprechendes Konzept solle es im nächsten Monat geben.

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