Die große Verwöhn-Show von ARD und ZDF für die „Letzte Generation“

Kritische Nachfragen? Gar Recherche? Aber nicht von öffentlich-rechtlichen Sendern, wenn es um die Klima-Kleber geht.

Screenprint: ARD/Twitter
Über vieles beklagen sich die Straßenblockierer der „Letzten Generation“: Autofahrer, die nicht ganz so geduldig warten, wie es sich die Blockierer vorstellen. Polizisten, die ab und zu nach mehrmaliger Aufforderung jemand von der Fahrbahn entfernen, und dabei einen Schmerzgriff anwenden. Über private Medien, die der „Letzten Generation“ Falschbehauptungen nachweisen.

Nur gegenüber zwei Institutionen erheben die Frontfiguren der „Letzten Generation“ bisher keinerlei Kritik: ARD und ZDF. Woran das liegen könnte, konnten Zuschauer kürzlich bei dem ARD-Interview mit LG-Sprecherin Aimée van Baalen studieren. Das Frage-und-Antwort-Spiel der beiden in Berlin wirkte eher wie ein Duett von zwei Personen, die einander unter der Frühlingssonne gerade etwas näher kommen.

Gleich am Anfang lacht der Reporter bezirzt ob der Antwort van Baalens auf seine, naja, Einstiegsfrage. Dann darf die Sprecherin erklären, ihre Organisation blockiere Straßen, „damit Gesetze eingehalten werden“. Dass die LG-Mitglieder ihrerseits Gesetze brechen, wenn sie beispielsweise junge Bäume vor dem Kanzleramt absägen oder Autofahrer nötigen, bleibt unerwähnt. Nachfrage: keine.

Ob die Aktionen denn nicht die Gefahr bergen würden, dass nur noch über den Protest geredet werde und nicht mehr über die Klimakrise, bohrt der ARD-Mann besorgt nach. Worauf van Baalen für sich und ihre Kolleginnen schon einmal den nächsten Termin im öffentlich-rechtlichen Studio bucht: „Wenn wir eingeladen werden, sprechen wir die Klimakrise immer an.“

Danach kann sie noch ein paar Falschbehauptungen unterbringen. Erstens: „Wir bringen die Regierung zurück auf den Boden der Verfassung.“ Die Behauptung der „Letzten Generation“, die Regierung würde die Verfassung brechen, solange sie die Forderungen der Organisation nicht erfüllt, wurde zwar oft wiederholt – ist aber trotzdem falsch. Zweite Behauptung: „Die Regierung hält die Grenzen des Klimaabkommens nicht ein.“ Im Paris-Abkommen finden sich allerdings gar keine konkreten CO2-Reduzierungsziele für einzelne Länder. Auch keine Zeitvorgaben.

Darauf, dass kürzlich in Berlin ein Krankenwagen im Stau stand, weil die „Letzte Generation“ die Straße blockierte, spricht der ARD-Mikrohalter van Baalen direkt nicht an. Auch nicht auf die mittlerweile aufgeflogene Lüge, der Krankenwagen sei wegen der Blockierer dort gewesen, er sei also gar nicht aufgehalten worden, sondern am Ziel angekommen.

Sondern er fragt nur ganz allgemein, wie denn das mit Straßenblockaden und Krankenwagen sei. Worauf van Baalen behauptet: „Wir lassen immer eine Rettungsgasse frei.“ Dass das nicht stimmt, war kürzlich auf einem Video zu sehen: Der besagte Krankenwagen kam nicht voran, weil die Autos am Anfang des Staus keinen Platz mehr hatten, um beiseite zu fahren. Dafür hätten sie Raum zum Rangieren gebraucht. Aber genau dort saßen die Klimakleber im Weg.

Zu den Geldgebern der „Letzten Generation“ oder ähnlichen Punkten, die womöglich nicht auf dem Wunschzettel van Baalens standen, mochte der Journalist sowieso nichts wissen. Genau das muss die kritisch-distanzierte Haltung sein, für die die ARD die „Demokratieabgabe“ (Jörg Schönborn) beansprucht.

Das mit der Selbsteinladung klappte übrigens beim Schwestersender ganz hervorragend: Bei Maischberger sitzt heute Abend Carla Hinrichs von der „Letzten Generation“ im Talkshow-Sessel.

Und auch die Co-Sprecherin der „Letzten Generation“ Carla Rochel beklagt sich nicht. Sondern höchstens die Grünen. Sie dürften bei diesem Rundum-Verwöhnpaket durch ARD und ZDF vermutlich etwas neidisch werden.


— Carsten Grötzinger (@c_groetzinger) April 26, 2023

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