Aus der Letzten Generation wird die Lügende Generation

Klimaextremisten blockieren am Montag die Berliner Stadtautobahn. Dabei blockieren sie auch einen Krankenwagen mit Blaulicht. Die Letzte Generation behauptet, dass dieser für sie abgestellt sei. Doch das ist laut Feuerwehr falsch.

IMAGO, Screenprints via twitter - Collage: TE

Montag ist Blockadetag. Die Letzte Generation fährt mit ihrem Plan fort, Berlin „lahmlegen“ zu wollen. Und wieder passiert es: ein Krankenwagen steckt im Stau, den die Klimakleber mit ihrer Sabotageaktion provozieren. Ein Video geht dazu durchs Netz. Die selbst ernannten Weltenretter geraten damit unter moralischen Druck; denn die hatten immer behauptet, mit ihren Attacken auf den Verkehr würden keine Menschenleben in Gefahr geraten.

Statt einer Entschuldigung folgt die Eskalation. Der Twitteraccount der Gruppe schlägt mit wilden Behauptungen um sich. Er schreibt am Montagnachmittag: „Lügenkampagnen werden immer scheitern: Ex Bild-Chef Reichelt & andere rechtsextreme Twitteraccounts haben Fotos von einem Rettungswagen gepostet der angeblich im Stau stand. Jetzt wurde klar: Der wartete extra dort, um für die Menschen der letzten Generation vor Ort zu sein.“

Ex Bild-Chef Reichelt & andere rechtsextreme Twitteraccounts haben Fotos von einem #Rettungswagen gepostet der angeblich im Stau stand.

Jetzt wurde klar:
Der wartete extra dort, um für die Menschen der letzten Generation vor Ort zu sein. pic.twitter.com/FT2oac3Yq7

— Letzte Generation (@AufstandLastGen) April 24, 2023

Ein Statement, das Fragen aufwirft: wenn der Krankenwagen dort abgestellt ist, warum hat er dann das Blaulicht an? Details, die irritieren könnten. Doch die Letzte Generation behauptet weiter: „Wir werden immer stärker und setzen auf Menschlichkeit und Rücksicht.“ Menschlichkeit? Wer für seine eigene Agitation andere Personen als Rechtsextreme und damit de facto als Nazis verunglimpft, entmenschlicht sie.

Ein durchschaubares Manöver. Doch das gefühlte moralische Oberwasser der grünen Bewegung sorgt dafür, dass im Netz die Stimmung zugunsten der vermeintlich Verleumdeten kippt. Sofort springt ein grüner Abgeordneter der Letzten Generation zur Seite. Johannes Wagner nimmt völlig unkritisch die Behauptungen der Klimaextremisten: „BILD und Reichelt diffamieren Aktivist*innen, verbreiten offen Lügen. Der Krankenwagen wurde für LetzteGeneration gerufen, um sicherhaltshalber bereit zu stehen. Bild macht draus: wird aufgehalten!“ Danach taggt er noch den Presserat.

Damit nicht genug. Der grüne Bundestagsabgeordnete macht sogleich noch ein Video, in dem er Täter und Opfer umkehrt. Dieselbe Partei, deren Anhänger vor Fake News und Desinformation warnen und von kritischer Berichterstattung reden, verlassen sich auf die Meinung Gleichdenkender. Der vielbeschworene Diskurs entpuppt sich neuerlich als bloßer Kampf zwischen ideologischen Lagern, bei denen stärkere Meinung bedeutet: nicht die richtige, sondern die dominierende Meinung zu besitzen.

In seinem Video warnt Wagner nicht vor den möglichen Opfern der Letzten Generation; er macht die Letzte Generation trotz ihres inakzeptablen Verhaltens zum eigentlichen Opfer. Die sprachliche Eskalation, so behauptet Wagner, könne zur Selbstjustiz führen. Dass das gesamte Verhalten der Letzten Generation auf Selbstjustiz basiert, weil man glaubt, das vermeintliche Recht (Artikel 20 GG) auf seiner Seite zu wissen, wird damit ausgeblendet. Es ist ein Taschenspielertrick: man greift den politischen Gegner an, indem man das eigene Fehlverhalten auf ihn projiziert. Selten hat ein Politiker so offen gezeigt, was es bedeutet, der parlamentarische Arm einer Bewegung zu sein.

Das sollte alles nicht verwundern. Von Anfang an basierte das Konzept der Letzten Generation darauf, dass der Zweck die Mittel heiligt. Wenn man nur dem richtigen Dogma folgt, dann ist alles erlaubt – und darin steckt der eigentlich gefährliche Kern dieser Bewegung. Ihre Anhänger glauben sich noch im Recht, wenn für Außenstehende augenfällig ist, dass etwas nicht stimmt.

Der Tag geht mit einer simplen Meldung der Berliner Feuerwehr zu Ende. Sie macht klar: „Der #Rettungswagen der Feuerwache #Wilmersdorf, der in vielen Videos auf der #BAB_100 zu sehen ist, befand sich auf dem Weg zu einem medizinischen Notfall in Schöneberg ohne Bezug zu einer Demonstration.“ Keine Unterstützung der Letzten Generation. Stattdessen die nackten Zahlen: „15 gemeldete Behinderungen unserer Einsatzfahrzeuge aufgrund von Demonstrationen im Straßenverkehr. In 7 Fällen waren unsere Einsatzkräfte auf dem Weg zum Notfallort.“ Bereits um 15:21 Uhr geht dieser Tweet raus.

So eine Meldung sollte eigentlich den Schlusspunkt setzen. Weil er unaufgeregt aufzeigt, dass die Letzte Generation lügt, und auch ihre Anhänger bereit sind, zu lügen, wenn es um den politischen Sieg geht. Doch obwohl die Richtigstellung seit Stunden im Internet steht, hat es dazu bisher keine Reaktion gegeben – weder vonseiten der Letzten Generation noch des Bundestagsabgeordneten Wagner. Die eigene Selbstgerechtigkeit verhindert es. Denn man steht auf der Seite der Guten. Der Zweck heiligt die Mittel. Man fühlt sich offenbar unantastbar, indem man andere mit Schmutz bewirft, um von der eigenen schmutzigen Warnweste abzulenken. Aber wie es am Ende so ist: „Lügenkampagnen werden immer scheitern.“

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