Der große „Orangensaft-Test“

Fertiger O-Saft reicht geschmacklich nie an frisch gepressten heran. Und je billiger, desto bitterer kann der Geschmack sein, weil die Früchte stärker gepresst wurden, um aus den teuren Früchten möglichst viel Saft zu gewinnen. Von Georg Etscheit und Ingo Swoboda

picture alliance / Karl Schöndorfer / picturedesk.com | Karl Schöndorfer

O-Saft, oder sollte man besser sagen „Oh, Saft?,“ zählt zu den beliebtesten Durstlöschern in Deutschland. Pro Kopf und Jahr laufen knapp sieben Liter durch die dürstenden deutschen Kehlen, an Apfelsaft sind es nur gute fünf Liter. Und das, obwohl die Äpfel vor der Haustüre wachsen, und Orangen aus fernen Ländern importiert werden müssen. Weite Transportwege, auch für Bio-Orangen, zu massiv steigenden Preisen. In den vergangenen drei Jahren ist der Preis für Orangensaft-Konzentrat an der New Yorker Rohstoffbörse um rund 300 Prozent gestiegen, mit der Folge, dass in den Supermarktregalen mittlerweile ein Marken-Orangesaft zuweilen mehr kostet als eine Flasche Billigsekt.

Grund für die Preissteigerungen sind neben der allgemeinen Inflation, die vor allem Nahrungsmittel nachhaltig verteuert, das weltweit geringe Angebot an Orangen. In den Hauptanbauländern Brasilien und Florida fielen die Ernten als Folge von Wetterunbilden und Pflanzenkrankheiten zuletzt sehr mager aus. Eigentlich kein Grund zur Panik. Doch schon ist von einer Orangensaft-Krise die Rede, die für den einen oder anderen deutschen Verbraucher die Frage aufwirft, ob man diese Zeiten, wo auf allen Ebenen Saftläden Konjunktur haben, auch ohne O-Saft überleben kann? Vermutlich werden sich die Preise in absehbarer Zeit wieder erholen, wenn der Marktmechanismus greift und, wegen der hohen Gewinnerwartungen mehr Orangenbäume angepflanzt werden.

Hergestellt wird Orangensaft meist aus Orangensaftkonzentrat. Dabei wird dem Saft ein Teil des Wassers entzogen, um vor der Abfüllung in Flaschen oder Tetrapacks am Bestimmungsort wieder zugefügt zu werden. O-Saft aus Konzentrat muss nicht unbedingt schlechter schmecken als Direktsaft, der natürlich zu höheren Preisen verkauft wird. Ansonsten ist Orangensaft ein ziemlich „unverfälschtes“ Produkt. Orangensaft-„Nektar“ enthält, trotz des poetischen Namens, weniger Frucht, dafür mehr Wasser und zusätzlichen Zucker. Es handelt sich dann weniger um einen „natürlichen“ Saft, als um einen Softdrink.

Jedem abgepackten Orangensaft ist ein etwas dumpfer Geschmack zu eigen, der vom Pasteurisieren herrührt, und ohne den die Säfte nicht monatelang haltbar wären. Es ist kein Geheimnis: Fertiger O-Saft reicht geschmacklich nie an frisch gepressten heran. Und je billiger, desto bitterer kann der Geschmack sein, weil die Früchte stärker gepresst wurden, um aus den teuren Früchten möglichst viel Saft zu gewinnen. Dafür nimmt man auch die Bitterstoffe aus der Schale in Kauf, Hauptsache Menge.

Wolfra Bio Orange Direktsaft
Der einzige O-Saft in unserem Test, der in einer Glasflasche abgefüllt ist. Ein Direktsaft aus Orangen aus biologischem Anbau, mit 100 Prozent Fruchtgehalt und ohne zusätzlichen Zucker. Geschmacklich eine fruchtige Offenbarung, die enorme Saftigkeit, ganz ohne Bitterstoffe, bringt viel Orangengeschmack und Frische in den Gaumen. Das Premium-Produkt hat seinen Preis, die Liter-Flasche kostet rund 4,30 Euro.
Note 1-

Hohes C
Der Klassiker aus dem Hause Eckes-Granini. Hergestellt aus Orangensaft-Konzentrat und angereichert mit dem Saft der Vitamin-C-reichen Acerolakirsche, einer tropischen Frucht aus der Familie der Malpighiengewächse. Ob das den Saft, wie die Werbung suggeriert, wirklich „gesünder“ macht, sei dahingestellt. In der Nase schönes Fruchtaroma, etwas weniger davon im Mund, dafür eine starke Säurenote, die von der Acerolakirsche herrührt. Ohne zusätzlichen Zucker hergestellt. Der Preis für einen Liter liegt momentan bei fast vier Euro, das ist eine Hausnummer.
Note 2

Amecke Orange 100% Frucht
Für den Saft werden laut Angaben des Herstellers lange gereifte, und von Hand geerntete und erntefrisch verarbeitete Orangen aus Süd- und Mittelamerika verwendet. 20 vollreife Saftorangen stecken in einem Liter Saft, 100 Prozent Frucht ohne Farb- und Konservierungsstoffe, und ohne Zuckerzusatz. Die Süße stammt ausschließlich aus den gepressten Früchten. Das Bukett duftet intensiv nach reifen Orangen. Am Gaumen blitzt die enorme Fruchtigkeit in voller Breite auf und sorgt für erfrischenden Orangen-Geschmack wie er sein sollte. Ein Liter kostet rund 3,69 Euro.
Note 2

Alnatura Orange Bio-Direktsaft
„Pure Frucht und sonst nichts“, steht auf der etwas eigenwillig geformten, achtkantigen Packung. Für ein Ökoprodukt fast zu aufwändiger Plastikdeckel, den man bequem mit einem Klicken verschließen kann. In der Nase schönes Orangenaroma, der Geschmackseindruck fruchtig-frisch, dabei zieht es einem ziemlich stark an den Lefzen, obwohl kein zusätzliches Säuerungsmittel zugefügt wurde. Die Früchte für diesen Direktsaft stammen aus Brasilien, Spanien und Marokko. „Ausreichend Sonne und warmes Klima während der Reifezeit der Orangen sorgen für den fruchtig-süßen Geschmack dieses Saftes.“ Vielleicht war die Sonne doch nicht ganz ausreichend. Ein Liter für 3,69 Euro.
Note 2-

Valensina Orange mit Fruchtfleisch
Der eine oder andere wird sich vielleicht noch an „Onkel Dittmeyer“ erinnern, Gründer von Valensina und Werbe-Ikone für seinen eigenen Saftladen. Der produziert nach wie vor O-Saft aus sonnengereiften brasilianischen Orangen, der durchaus in der Oberliga mitspielen kann. Der Saft ohne Zuckerzusatz ist erfrischend fruchtig, schmeckt vollmundig nach Orange und ist nicht allzu süß. Für 700 ml muss man rund 2,49 Euro hinlegen.
Note 2-

Granini Selection Orange
Noch eine Marke des Hauses Eckes in Nieder-Olm bei Mainz. Nektar aus Direktsaft steht auf dem Etikett, was bedeutet, dass der Fruchtgehalt mit 50 Prozent fast um die Hälfte niedriger liegt als beim „Hohen C“. Dafür gibt es Wasser, zusätzlichen Zucker und Zitronensaft. Die geringere Qualität sieht man bereits im Glas an der dünneren Konsistenz und der blassen Optik. Nur sehr dezenter Orangengeruch, der Geschmack tendiert Richtung Grapefruit statt Orange. Alles in allem nicht unangenehm und ausgewogen komponiert. Erinnert ein wenig an Sunkist oder Capri-Sonne aus Kindertagen. 0,75 Liter für 2,79 Euro
Note 3

happy day 100% Orange
„Make your day a happy day“, wirbt der 1919 gegründete Familienbetrieb Rauch für seine Produkte. In Sachen „Happy Day Orangensaft“ würden uns andere Dinge einfallen, die den Tag zu einem glücklichen machen. Denn zum saftigen Glück fehlt uns die fruchtige Komplexität, ein bisschen mehr Orangengeschmack und weniger Bitternis im Abgang würde dem Saft guttun. In jeder Packung „Happy Day“ steckt laut Hersteller das Beste aus 15 sonnengereiften Orangen. Vielleicht legt Familie Rauch in Zukunft einfach noch zwei drei Früchte drauf. Dann klappt‘s sicher auch mit dem konzentrierten Orangen-Geschmack und dem „happy day“. Ein Liter kostet rund 3,59 Euro.
Note 3-

ALBI Orange
Saftig-süße, vollreife Orangen sollen das offene Geschmacksgeheimnis von ALBI Orangensaft sein. Da nimmt EDEKA, wie so oft, für seine Eigenmarke den Mund ganz schön voll. Was wir probierten war eine süße, vor Zucker strotzende orangefarbene Flüssigkeit aus Orangensaft-Konzentrat und Antioxidationsmittel wie Ascorbinsäure, die nach dem Schlucken einen leicht bitteren Nachgeschmack hinterließ. Mit Wasser verdünnt durchaus ein erfrischendes Getränk, als Solist eher ein belangloser Orangensaft, den auch das „Rainforst Alliance Siegel“, das für nachhaltigere landwirtschaftliche Anbaumethoden steht, nicht über das Mittelmaß heben kann. Meilenweit entfernt vom Geschmack frisch gepressten Orangensafts. Einen Liter gibt es für rund 2,60 Euro.
Note 4

Solevita Orange Premium mit Fruchtfleisch
Satelliten ins Weltall zu schicken, damit man, mit Ausnahme in deutschen Funklöchern, rund um die Welt telefonieren kann, ist eine bewundernswerte Ingenieur-Leistung. Weniger bewundernswert, dafür wunderlich ist die Produktion eines Orangensafte, der nicht, oder nur sehr dezent nach Orangen schmeckt. Der Eigenmarke des Discounter Lidl gelingt das mit Bravour. Der Saft aus 100 Prozent Orangensaftkonzentrat soll laut Werbung „die volle Fruchtpower auf den Tisch bringen“. Klingt gut, schmeckt aber leider wenig powerfull, sondern eher nach nix mit Zucker. Dass dieser belanglose Saft bei Stiftung Warentest im Test-Ranking ganz vorne rangiert, wirft Fragen auf. Der Liter liegt bei rund 1,99 Euro.
Note 4-


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Kommentare ( 4 )

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WandererX
22 Tage her

Es gibt im Moment krasse Qualitätsabsenkungen. So kann man Valensina nicht mehr trinken! (Betonung auf nicht mehr). Der Saft ist merkwürdig dünn und bitter, da wurde verdünnt und Billigkram reingemischt! Das gilt vielleicht auch für Solevita. Diesen Winter presste ich selbst.

Edwin Rosenstiel
26 Tage her

Es wäre schön gewesen, bei den 0,75 Liter-Abfüllungen den Literpreis anzugeben, um ohne Kopfrechnen leichter vergleichen zu können. Granini demnach 3,72 und Valensina 3,55. Ich glaube mich zu erinnern, daß zumindest eine der beiden Marken früher auch Literflaschen verkaufte, und dann auf 0,75 umstieg, wohl, um billiger zu erscheinen, beim unbedarften Kunden, der nicht genau hinschaut.
Oh sorry, LiKoDe hatte das ja schon ausgerechnet…

Last edited 26 Tage her by Edwin Rosenstiel
Ben Clirsek
27 Tage her

„Stiftung Warentest….. wirft Fragen auf“. Nee, eigentlich nicht, weil nur eine weitere NGO, die sich anmaßt in jedem Gebiet kompetent zu sein. Zum Beispiel eine „unökologische“ Verpackung und zack, schon eine schlechte Bewertung, egal wie gut das eigentliche Produkt ist.

Last edited 27 Tage her by Ben Clirsek
LiKoDe
27 Tage her

Preis für Valensina Orange mit Fruchtfleisch ist ca. 3,56 €/l. Bei Granini Selection Orange kommt man auf 3,72 €/l.

Rechnet man das in DM um, lässt man besser von diesen ab den 1970ern massiv beworbenen und massenhaft in DE eingeführten Produkten einfach die Finger.