Warum sich Fracking auch am Standort Deutschland lohnt

Deutschland verfügt mit seinen über 500.000 km an Gasverteilnetzen über eine hervorragend ausgebaute Infrastruktur, über die rund 1,6 Mio. Industrie- und Gewerbekunden sowie mehr als 19 Mio. Haushalte mit Gas versorgt werden. Mehr als die Hälfte aller Haushalte erhalten heute ihre Wärme durch Gas

Wenn uns vor zehn Jahren jemand gesagt hätte, im Jahre 2022 würde ein Vertreter der Bundesregierung den Bürgern und Unternehmen des Landes erklären, dass bis 2045 das deutsche Gasnetz aus Klimaschutzgründen zurückgebaut werden müsste – wir hätten ihn doch für verrückt erklärt, oder?

Patrick Graichen, Staatsekretär im Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne), hatte auf der Handelsblatt-Tagung »Stadtwerke 2022« am 10. Mai 2022 in Berlin die Stadtwerke aufgefordert, mit den Planungen zum Rückbau zu beginnen. Graichen führte zur Begründung aus: »Natürlich ist im Jahr 2045 da kein Gas mehr in den Netzen«. Und der Betrieb einzelner Heizungen mit klimaneutralem Wasserstoff als Erdgasersatz sei »Träumerei«. Bis 2025 sollte es in jeder Kommune eine Wärmeplanung geben, die klare Vorgaben macht, wie lange noch welches Gasnetz betrieben werde, sagte der Staatsekretär.

Das wäre dann der dritte finale Anschlag auf die Sicherheit der Energieversorgung Deutschlands: nach dem Kernenergie- und dem Kohleausstieg folgt der Erdgasausstieg.

Deutschland verfügt mit seinen über 500.000 km an Gasverteilnetzen über eine hervorragend ausgebaute Infrastruktur, über die rund 1,6 Mio. Industrie- und Gewerbekunden sowie mehr als 19 Mio. Haushalte mit Gas versorgt werden. Mehr als die Hälfte aller Haushalte erhalten heute ihre Wärme durch Gas – entweder direkt über Gasheizungen oder indirekt über Fern- und Nahwärmesysteme.

Herr Graichen rechtfertigt diesen Eingriff unter anderem mit der Situation nach dem Ukraine-Krieg. Doch die Planung verfolgt er schon länger. Wer Herrn Graichen in seiner damaligen Funktion als Direktor der Lobbygruppe AGORA Energiewende vor der Wahl zugehört hat, konnte es schon damals im September 2021 lesen: »Bis 2030 ist der Kohleausstieg vollzogen, bis 2040 folgt der Gasausstieg«. Die Stadtwerke waren entrüstet, hatten sie doch erwartet, dass sie ihre Gasnetze mit Wasserstoff oder synthetischem grünen Gas weiter betreiben könnten.

Architekt von Deutschlands Selbstzerstörung:
Wer ist Patrick Graichen?
Michael Riechel, Präsident des Deutschen Fachverbandes Gas und Wasser, DVGW: »Die jüngsten Aussagen von Staatssekretär Graichen aus dem Bundeswirtschaftsministerium sind an Dreistigkeit und Ignoranz nicht zu überbieten. Die Stadtwerke jetzt aufzufordern, den Rückbau der Gasnetze zu planen, ist grob fahrlässig. Herr Staatssekretär Graichen sollte besser seine ideologischen Scheuklappen ablegen«. Damit würde eine Infrastruktur, die mehrere hundert Milliarden Euro wert ist, entwertet, assistierte ihm Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen.

Nicht als Lückenfüller

Schon bei der Ersatzbeschaffung für fehlendes Gas aus Russland stand das eigene Null-CO2-Ziel für 2045 im Weg. Sowohl Norwegen als auch Katar sind an langfristigen Verträgen von 20 Jahren und länger interessiert, da sie neue Gasfelder erschließen müssen, um den zusätzlichen Bedarf Deutschlands zu befriedigen. Katar war nicht bereit, als Lückenfüller für wenige Jahre zu dienen, und erteilte dem aus Katar euphorisch zurückkommenden Wirtschaftsminister Habeck wenige Tage später eine trockene Absage. Dass Habeck dem potentiellen Handelspartner nur wenige Jahre Laufzeit anbot, weil man ja aus Klimaschutzgründen ab 2030 aus dem Erdgas aussteigen wolle, war schon ziemlich naiv und starrsinnig.

Auch für Norwegen ging es nur um neue Felder, als Wirtschaftsminister und Bundeskanzler im August 2022 antichambrierten: »Wir haben die Unternehmen schon vor dem Krieg gebeten, ihre Produktion zu maximieren. Sie haben bis zu zehn Prozent mehr geliefert«, sagte der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Störe. Und fügte hinzu: »Mehr geht nicht.«

Diese Botschaft gefiel dem Bundeskanzler augenscheinlich nicht. Scholz hatte zuvor davon gesprochen, die »Energiepartnerschaft« mit Norwegen »ausbauen und vertiefen« zu wollen. Doch zumindest kurzfristig bringt das nichts, wie Store zugibt: »Wir tun, was wir können.«

Auch die Aussichten auf ein schnelles Flüssiggas-(LNG)-Exportgeschäft von Kanada nach Deutschland sind denkbar gering, wie Kanzler Scholz bei einem Besuch in Kanada im August 2022 erfahren sollte. Das Interesse kanadischer Investoren am Bau von LNG-Exportterminals an der Ostküste hält sich in Grenzen, weil sie nicht an eine langfristige Abnahme von Gas durch Deutschland glauben. Das hat mit der Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung zu tun: »Diese sendet klare Signale, dass Deutschland so schnell wie möglich aus der Nutzung von Erdgas aussteigen will.«

Da aber erst nach zehn bis 20 Jahren die Investitionskosten von rund zehn Mrd. Euro für ein Exportterminal wieder hereingeholt werden können, steht der geplante deutsche Ausstieg aus allen fossilen Energien einer Lösung im Weg. Zudem gibt es seit geraumer Zeit in allen Ostprovinzen Kanadas von Quebec bis New Brunswick ein Fracking-Verbot.

In Anbetracht des Imports billigen US-amerikanischen Gases nach Kanada ist die Neigung, eigene Quellen zu erschließen und eine Gas-Infrastruktur aufzubauen, gering. Sämtliche Pläne zur Errichtung von LNG-Terminals sind abgeblasen worden. An der Westküste Kanadas befinden sich bereits Exportterminals für den Export nach Asien und ein Zugang zur Pipeline, über die gefördertes Erdgas aus der Provinz Alberta ankommt. Eine entsprechende Pipeline an die Ostküste müsste erst gebaut werden.

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Deshalb bevorzugte die Bundesregierung, mit Kanada gleich über den übernächsten Schritt zu sprechen. Das liegt dann auf der ideologischen Linie: Wenn wir schon kein Erdgas bekommen, was wir eigentlich klimapolitisch auch gar nicht wollen, reden wir lieber über Wasserstoff in 20 Jahren. Dann wird Wasserstoff höchst wahrscheinlich nicht als solcher, sondern als Ammoniak transportiert. Wasserstoff lässt sich zu Ammoniak umsetzen. Ammoniak besteht aus Wasserstoff und Stickstoff. Dass man beim Verbrennen von Ammoniak ein veritables Stickoxyd-Problem erzeugt, stört nur die Vision.

Ammoniak ist in der Tat einfacher zu transportieren. Es muss lediglich auf minus 33 Grad Celsius gekühlt werden, wohingegen Wasserstoff erst bei minus 253 Grad Celsius flüssig wird, 20 Grad über dem absoluten Nullpunkt. Ammoniak verfügt auch über eine deutlich höhere Energiedichte als flüssiger Wasserstoff. Im Design der deutschen Importterminals in Wilhelmshaven und Stade ist bereits vorgesehen, dass man später von Flüssiggas auf Ammoniak umsteigen kann.

Auch in Israel steht sich die Bundesregierung mit ihren fossilen Ausstiegsplänen selbst im Weg. Wirtschaftsminister Habeck suchte Israel inmitten der Ukraine-Krise wegen eines möglichen Gasexports auf, denn Israel verfügt über riesige Gasvorkommen vor seiner Küste. Allerdings gibt es weder Pipelines ins Ausland noch LNG-Infrastrukturen. Die Planung der East-Med-Pipeline von Israel nach Griechenland und damit ins europäische Gasnetz wurde mit Rücksichtnahme auf die Türkei, die Förderansprüche stellt, gestoppt, nachdem die US-Regierung unter Präsident Biden die Unterstützung im Januar 2022 zurückzog. Als Begründung gab das US-Außenministerium an, dass »wir uns verpflichtet haben, saubere Energietechnologien zu fördern«. Auch die EU-Kommission zog sich zurück. Ein EU-Beamter erklärte: »Die Analyse der Kommission aus der Klimaziel-Folgenabschätzung zeigt, dass die ungebremste Nutzung von Erdgas nicht mit dem langfristigen Dekarbonisierungsziel vereinbar ist«.

Nicht viel besser machte es Robert Habeck in Israel. Ein Projekt, das erst in sieben bis neun Jahren fertiggestellt sei, sei überflüssig, brüskierte er die Gastgeber. »Ich habe deutlich gemacht, dass Deutschland jetzt Erdgas braucht, um sich von den russischen Lieferungen zu diversifizieren, aber in der mittelfristigen Perspektive schon weniger«, so Habeck. »Eine Infrastruktur, die in sieben oder in neun Jahren fertig ist, die ist eigentlich dann schon überflüssig, weil Deutschland sich sehr schnell von den fossilen Energien wieder loslöst… Langfristig wird die Kooperation mit der MENA-Region, also mit Nordafrika, mit dem arabischen Raum, vor allem auf erneuerbare Energien ausgerichtet sein.«

Studie des Wuppertal Instituts
Grüne Wasserstoffwirtschaft bedeutet Wertschöpfung in Afrika statt Deutschland
Er träumt also lieber den langgeträumten, zwanzigjährigen Traum der Kooperation mit Nordafrika und deren Sonnenenergie. Ob das in sieben Jahren Wirklichkeit wird? Nicht besonders diplomatisch, dies in Israel zu verkünden. Und die Retourkutsche kam prompt. Der Energieberater der israelischen Regierung Amit Mor kommentierte Habecks Gehabe: »Der Konsum von Erdgas wird bis tief ins 22. Jahrhundert bestehen bleiben.« Meiner Einschätzung nach hat Amit Mor recht.

Reaktionsschnelle Politik

Weder in Norwegen noch in Katar, Kanada oder Israel waren zusätzliche Mengen zu akquirieren, denn alle Förderländer haben lange Kontrakte für ihre Gasquellen und halten kein Gas auf Lager, bis Deutschland vorbeikommt. So muss man Anderen das Gas wegkaufen, mehr bieten und einen höheren Preis bezahlen. Um das ohnehin kostengünstigere Pipelinegas aus Russland durch LNG-Gas zu ersetzen, braucht es allerdings eigene LNG-Terminals, die die Bundesregierung an der Nordseeküste plant. Das hatte bereits die Vorgängerregierung der großen Koalition 2020 für 2023 geplant, um den Widerstand der USA gegen den Pipeline-Bau von Nordstream 2 zu brechen und Bedenken gegen eine mögliche Abhängigkeit von Russland zu zerstreuen.

Dutzende von Bürgerinitiativen und das »Klimabündnis gegen LNG« wurden schon 2020 aktiv. Für die Deutsche Umwelthilfe, die die Aktionen mit juristischem Beistand unterstützte, ist die Sache klar: »Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, muss der Einsatz von fossilem Gas enden«. Auch »Fridays for Future« war beim Protest dabei, wenn es um die gesicherte Gasversorgung der nächsten Jahrzehnte geht.

Schon damals reichte der Protest bis in die Grüne Partei. So lehnten die Grünen Schleswig-Holstein in ihrem Wahlprogramm für die Landtagswahl 2022 den Bau des LNG-Terminals in Brunsbüttel ab und blieben bei dieser Position sogar noch nach Kriegsbeginn in der Ukraine 2022.

Im Ergebnis blieb Deutschland in Europa das einzige Küstenland, das bis 2022 kein Flüssiggasterminal realisiert hatte (wie die folgende Grafik veranschaulicht).

Als es dann jedoch im August 2022 zu einer Bauplatzbesetzung des Wilhelmshaven-Terminals durch die Linksaktivisten von »Ende Gelände« kam, mussten die gerade mal 300 Protestierenden feststellen, dass sich der Zulauf des Protestes auf Grund der veränderten Rahmenbedingungen doch arg in Grenzen hält.

Die Reaktionsschnelligkeit der Politik in Sachen LNG-Terminal ist beeindruckend und macht Mut, dass Deutschland reagieren kann, wenn es will und muss. Der Bundestag hat am 19. Mai 2022 das LNG-Beschleunigungsgesetz beschlossen, das Genehmigungsverfahren von Flüssiggas-Terminals und zugehörigen Anlagen und das Vergaberecht für LNG-Projekte beschleunigen soll. Nach der Zustimmung des Bundesrates am 20. Mai 2022 ist das Gesetz am 1. Juni 2022 in Kraft getreten.

Im Gesetz wird ein überragendes öffentliches Interesse an den LNG-Anlagen festgestellt und attestiert, dass es für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist. Im Ergebnis sollen daher Abwägungsentscheidungen aller Behörden zu Gunsten der Errichtung entsprechender Vorhaben ausfallen und so zu beschleunigten Entscheidungen beitragen. Auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung wird verzichtet, wenn »eine beschleunigte Zulassung geeignet ist, einen relevanten Beitrag zu leisten, um eine Krise der Gasversorgung zu bewältigen oder abzuwenden«. (…)

Propaganda gegen Schiefergas

Ein Teil des importierten Erdgases wird Schiefergas sein oder besser gesagt Fracking-Gas, das die USA als überschüssiges Flüssiggas exportiert. Natürlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Druck auf Deutschland hinsichtlich der Schließung der Nordstream-2-Gaspipeline seitens der USA nicht nur geopolitischer Natur war, sondern auch durch handfeste Exportinteressen amerikanischen Schiefergases geprägt war. Umgekehrt ist es auch kein Geheimnis, dass Russland seinen Propaganda-Apparat seit über zehn Jahren gegen Schiefergas einsetzte, selbst Präsident Wladimir Putin diskreditierte Schiefergas auf einer internationalen Konferenz, dass bei dessen Förderung »schwarzer Stoff aus den Wasserhähnen kommt«.

Stephans Spitzen:
Putin, die Klimaschützer und Europas Verzicht auf Fracking-Gas
In Deutschland lobbyierte Gazprom Germania den Deutschen Bundestag und Schlüsselministerien für ein Fracking-Verbot. Die Welt berichtete über eine Veröffentlichung des belgischen Martens Centre for European Studies, wonach die russische Regierung Umweltverbänden, die gegen Fracking mobilisierten, 82 Mio. Euro zukommen ließ.

Was ist dran an der Kritik an Schiefergas?

Das wohl stärkste Gegenargument führt die möglichen zusätzlichen Methanemissionen bei der Förderung im Vergleich zu den konventionellen Erdgasförderungen ins Feld. Tatsächlich gibt es in den USA auf Grund fehlender Rückbauvorschriften eine Menge an verlassenen Gas- und Ölbohrstellen, aus denen Methan ausgast. Die Bohrfirmen müssen lediglich lächerliche 10.000 Dollar Sicherheit für den sicheren Rückbau hinterlegen. Nach Angaben der EPA entweichen 280.000 Tonnen Methan unkontrolliert aus den verlassenen Bohrlöchern.

Das Problem ist so gewaltig, dass in dem vom Repräsentantenhaus verabschiedeten Infrastrukturprogramm des Jahres 2021 alleine 21 Mrd. in die Schließung alter Bohrlöcher fließen soll. Die Maßnahme ist ziemlich simpel: Man stopft so lange Beton in den Hohlraum, bis kein Methan mehr entweicht. Kaum vorstellbar, dass eine solche Gesetzes- und Vollzugslücke in Europa und insbesondere in Deutschland auftreten würde. Schon bei den konventionellen Gasbohrungen waren hierzulande der Rückbau und der sichere Verschluss Gegenstand der Planfeststellungen. (…)

Das Hauptargument aber ist die Gefährdung des Grundwassers. Das Grundwasser in Deutschland, das für Trinkwasserzwecke benutzt wird, liegt bis maximal 200 Meter Tiefe. Unter dem Grundwasser liegt in der Regel eine wasserundurchlässige Schicht aus Ton. Fracking erfolgt ab einer Tiefe von 1.500 Metern, und zwar nur dort, wo eine solche Deckschicht vorhanden ist. Gäbe es Risse im Deckgebirge, würde das Fracking scheitern, da es zu keinem Druckaufbau kommen würde. Nach der Bohrung werden die Bohrmeißel herausgezogen, die Strecke wird verrohrt und das Stahlrohr einzementiert.

Eine detaillierte und lesenswerte Abrechnung mit den politischen Vorurteilen gegen Fracking in Deutschland haben der ehemalige Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Prof. Dr. Hans-Joachim Kümpel, zusammen mit dem ehemaligen Ministerialdirektor im Bundeswirtschaftsministerium Werner Ressing in ihrer Denkschrift »Eine Chronik des Politikversagens« vorgenommen. (…)

Ein Schildbürgerstreich

Wie immer auch die politische Behandlung der Fracking-Technologie in Europa sich darstellen wird – neben Deutschland haben auch Frankreich und Großbritannien Fracking verboten –, nach den USA werden weitere Länder ihre Schiefergasvorkommen nutzen (siehe folgende Abbildung).

Kanada und China haben begonnen; Saudi-Arabiens Aramco erschließt zurzeit ein großes Schiefergasvorkommen mit 5700 Mrd. Kubikmeter Gas (57-mal der Jahresverbrauch Deutschlands) in Jafurah. Argentinien hat bereits seit 2013 eine 30.000 km2 große Fläche in der Region Vaca Muerta erschlossen und seinen Import auf Null drosseln können. Nun plant die Regierung eine Pipeline nach Buenos Aires, um auch in den weltweiten Export von LNG einsteigen zu können. Für Deutschland wäre das wohl nichts – wir wollen ja in 20 Jahren aus allem außer Erneuerbaren Energien raus.

Dabei hat Deutschland eigene frühe Erfahrungen mit Fracking, denn es kam seit den 1960er-Jahren in konventionellen Lagerstätten dichten Sandsteins zum Einsatz. Seitdem sind über 320 Fracking-Maßnahmen durchgeführt worden; dadurch bedingte Umweltschäden sind nicht bekannt. Etwa ein Drittel der in Deutschland geförderten Erdgasmengen stammt aus Bohrungen, die mit Fracking stimuliert wurden. Für Fracking in unkonventionellen Lagerstätten (Schiefer-, Mergel-, Tongestein und Kohleflöz) liegen in Deutschland allerdings kaum eigene Erfahrungen vor.

Wir wissen, wo das Schiefergas liegt und wir wissen, wie man es fördern kann. Und würde man mit der gleichen Zielstrebigkeit wie bei der Genehmigung von LNG-Terminals vorangehen, wäre auch ein kurzfristiger Aufschluss möglich.

»Solange wir in Deutschland Erdgas benötigen, ist es – freundlich ausgedrückt – ein Schildbürgerstreich, dass wir es nicht bei uns fördern«, sagte Hans-Joachim Kümpel, früher Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter erschließbares Erdgas liegen unter Deutschland im Schiefergestein (siehe Abbildung 20). Die Menge würde ausreichen, das Land über Jahrzehnte mit Erdgas zu versorgen. Binnen eines Jahres könnte in Deutschland mit der Förderung von Schiefergas begonnen werden, sagte Mohammed Amro, der sich an der Bergakademie Freiberg mit Geoströmungstechnik beschäftigt.

Doch es gibt in Deutschland ein Tabugesetz aus dem Jahre 2017, das Fracking in Deutschland verbietet. Das Gesetz sieht grundsätzlich ein Verbot des sogenannten unkonventionellen Frackings bis mindestens 2021 vor. Danach soll der Bundestag dann entscheiden, ob es bei den Regelungen bleibt. Schon 2017 teilte die Bundesregierung mit: »Das ist eine vergleichsweise strenge Vereinbarung. Denn macht der Bundestag dann nichts, würde das Verbot weiter gelten.« Und genau das ist passiert: Der Bundestag machte nichts. (…)

Die FDP wäre wohl bereit, dieses Tabugesetz aufzuheben. Doch die grünen Minister Steffi Lemke und Robert Habeck wehren sich halsstarrig seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine gegen diesen Weg der Vernunft. Wirtschaftsminister Habeck: »Ich glaube, dass das nicht der Weg ist, den wir gehen sollten und der uns weiterhilft«.

Verantwortungslos bezeichnete der Rohstoffexperte Kümpel solche Positionen. In Anbetracht des drohenden Wohlstandsverlusts Deutschlands ist verantwortungslos noch milde ausgedrückt. Die Position von Ministerin Lemke und Minister Habeck könnte auch ein Bruch des Amtseides sein: »Schaden vom deutschen Volke abzuwenden«, heißt es dort nach Artikel 64 in Verbindung mit Artikel 56.

Deutschland, nüchtern und emotionslos gesehen
Deutschland am Kipppunkt – oder: die Folgen totalitärer Ideologie
Nachdem sich immer mehr Stimmen positiv zum Fracking in Deutschland äußerten, schlug sich Bundeskanzler Scholz auf die Seite der Grünen und lehnte Ende November 2022 Fracking zur Förderung heimischen Erdgases ab. Zitat: »Investitionen in deutsche Schiefergasförderung würden sich kaum lohnen, weil es zu lange dauert, bis man heimische Quellen nutzen könnte – bis dahin wird der Gasbedarf deutlich zurückgegangen sein.«

In dieser Aussage sind drei Fehler: 1. Es lohnt sich wirtschaftlich, denn es wäre deutlich preiswerter als US-Fracking-LNG-Gas. 2. Es würde auch nur ein Jahr dauern, bis das erste Gas fließen könnte (was Anfang 2023 der Fall gewesen wäre, wenn die Bundesregierung verantwortungsvoll gehandelt hätte). Und 3. Der Gasbedarf wird mitnichten zurückgehen. Drei Fehler in einem Satz mit fatalen Folgen für den Standort Deutschland hört man nicht alle Tage von einem Bundeskanzler.

Leicht gekürzter und um die im Buch enthaltenen Fußnoten bereinigter Auszug aus:
Fritz Vahrenholt, Die große Energiekrise und wie wir sie bewältigen können. LMV, Klappenbroschur, 208 Seiten, 22,00 €.


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Kommentare ( 12 )

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BK
11 Monate her

Man hätte sich vorher Gedanken machen sollen, ob es das nun wert war, die eigene Energieversorgung zu zerstören und die Zerstörung zuzulassen. Da gibt es hoch bezahlte Think-Tanks, aber die sind ihr Geld nicht wert. Wobei Tank im Englischen auch Panzer heißt, was wohl eine der nutzlosesten Erfindungen ist.

Boris G
11 Monate her

Danke für diese Listung der Fakten, die leider nur exklusiv den Lesern von Tichyseinblick zu Kenntnis kommen.

Martin
11 Monate her

Lohnen würde sich das schon. Nur ist es auch eine ziemliche Umweltschwenerei, mit der wir die kleinen Reste unserer Natur zerstören, die die „Grünen“ nach Windkraft, Photovoltaik und Plattenbauten für Millionen Einwanderer gelassen haben.
Sinnvoll wären doch Investitionen in Kernfusion, in den USA werden Startups in den nächsten zwei Jahren die ersten Fusionsreaktoren zeigen, während Deutschland dreistellige Milliardenbeträge für den Windwahn verschleudert.

Klaus Uhltzscht
11 Monate her

Effizienter als Frackinggas ist Gas, welches aus eigener Kraft an die Oberfläche strömt. Dieses gibt es reichlich in Sibirien. Über kontinentale Pipelines wurde es jahrzehntelang problemlos nach DDR und Deutschland gefördert. Eine faszinierende Geschichte aus einem vergangenen Zeitalter.
Jetzt liefern die Piplines das sibirische Gas nur noch an die europäischen Nachbarn der DDR/ Deutschland.

Endlich Frei
11 Monate her

Man könnte Fracking unter ohnehin schon toten Flächen betreiben – also bevor einen Fläche als Wind- oder Solarpark ausgewiesen wird.

giesemann
11 Monate her

„Das reicht für eine vollständige Gasversorgung von mehr als 20 Jahren aus“. In 20 Jahren gibt es 2 Milliarden Menschen mehr und dann? Wie lange reicht Kohle noch? Paar hundert Jahre? Und dann? Ammoniak ist gut für die Dünger- und Sprenstoffherstellung, sonst für gar nichts. Schönen Gruß aus Beirut. Methanol ist eine Lösung, als Speicher für Wasserstoff aus Wind und Sonne und für die Elektromobilität, für den Betrieb von el. Wärmepumpen von mir aus, siedet bei plus 65°C, ist also sehr gut handhabbar, https://de.wikipedia.org/wiki/Direktmethanolbrennstoffzelle und für NLG-Ersatz, https://de.wikipedia.org/wiki/Dimethylether, https://www.researchgate.net/figure/The-George-Olah-Renewable-CO2-to-Methanol-Plant-of-Carbon-Recycling-International-CRI_fig3_324846670 Warum sie wohl alle einen großen Bogen darum machen? Fracking, Atomenergie,… Mehr

drnikon
11 Monate her

Washington gefiel schon damals weder die Ostpolitik von Brandt, noch die Gaslieferungsverträge mit der UdSSR. By the way schon damals gab es einen „Anschlag“ auf eine sowjetische Gaspipline. Vermutlich haben das die Sowjets selbst gemacht. Streng genommen gibt es keine Energiekrise. Wir haben für die nächsten 200 Jahre genug Erdöl, Erdgas und Kohle. Und wir wissen nicht, was in dieser Zeitspanne noch entdeckt und an Explorationstechnik entwickelt wird. Berücksichtigen wir die bekannten Uran und Thoriumvorkommen, inkl. in den Meeren gelöstes Thorium, dann haben wir mit den aktuell in Entwicklung befindlichen Nukleartechniken locker für mehrere 100.000 Jahre Energie. Von der Energiekrise,… Mehr

GefanzerterAloholiker
11 Monate her

„Deutschland verfügt mit seinen über 500.000 km an Gasverteilnetzen über eine hervorragend ausgebaute Infrastruktur “

Mir wäre weltweit kein besseres Gasnetz bekannt. Liege ich da falsch?

„LNG-Terminals, die die Bundesregierung an der Nordseeküste plant.“ Wer gestattet eigentlich die Zerstörung des Wattenmeers? Wer hat so eine Umweltsauerei zu entscheiden? Doch wir alle und nicht „Olaf und Abu Robert“.


Last edited 11 Monate her by GefanzerterAloholiker
Exilant99
11 Monate her

Deutschland ist eben gegen jegliche Technik außer die, die grüne Oligarchen bereichert. Z.b. Windkraft.
Fracking ist ungefährlich und es gibt, wenn man die strengen Auflagen beachtet, weltweit nicht einen Fall einer großen Katastrophe durch Fracking. Die angeblichen Erdbeben gab es bis dato ebenfalls nicht und wenn dann in so schwacher Form, dass nicht mal Bäume umgeknickt sind.

Egal, die Deutschen halten es trotzdem für gefährlich, wie die Atomkraft. Das Geschäft machen dann halt die anderen.

Last edited 11 Monate her by Exilant99
Sozia
11 Monate her

Brunnenvergifter aller Art sind mir unsympathisch. Sollen die Amis ihr Land vergiften, wenn sie doch wollen. Ich werde mich immer dagegen wenden, das kommt für mich nicht in Frage. In keinem Fall.

GWR
11 Monate her
Antworten an  Sozia

Modernes Fracking vergiftet gar nichts.
Da kommen Wasser, Sand und Haushaltsmittel wie Zitronensäure etc. zum Einsatz.
Und Deutschland könnte seinen Gasbedarf für die nächsten 20 – 30 Jahre eigenständig decken.
Aber bei uns verbieten wir die Technologie, aber importieren genau das aus anderen Ländern. Wenn das tatsächlich so gefährlich wäre wie behauptet, dann ist das ganz schön charakterlos, wenn wir die Technik bei uns negieren aber das in anderen Ländern akzeptieren.
Typisch Grüne, scheinheilig bis zum Erbrechen

Endlich Frei
11 Monate her
Antworten an  Sozia

Die Luftaufnahmen von „gefrackten“ Landschaften sind in der Tat erschreckend. Ich denke, da auch Landschaftsräume für die industrielle Wind- und Solarenergiegewinnung tote Landschaften sind, könnte man diese hernehmen – z. B. noch bevor sie durch Wind- und Solarenergie von Naturräumen in Todlandschaften umgewandelt werden.