Früherer Amtsarzt Pürner: Corona-Fehler fair aufarbeiten

Friedrich Pürner war bis zu seiner Zwangsversetzung Leiter des Gesundheitsamts von Aichach (Bayern). Damit sich die Fehler der Pandemiepolitik nicht wiederholen, fordert er eine faire und offene Aufarbeitung. „Schwamm drüber und weiter so“ sei keine Option.

IMAGO/Sven Simon

Aichach. Der frühere Leiter des Gesundheitsamtes im bayerischen Aichach, Friedrich Pürner, der wegen seiner Kritik an Corona-Maßnahmen im Herbst 2020 strafversetzt wurde, macht sich für eine offene und faire Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen stark. So könne man verhindern, dass Politik und Behörden die Fehler der Pandemie in einer nächsten Krise wiederholen. „Diese Aufarbeitung muss offen und fair geführt werden. Die Verantwortlichen müssen die Konsequenzen tragen“, schreibt Pürner in einem Gastbeitrag für das Monatsmagazin Tichys Einblick.

„Was den Ungeimpften angetan wurde, kann nicht so belassen werden. Dass geltungssüchtige Politiker die Gesellschaft gespalten haben, darf nicht unbeachtet bleiben. Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen durch die Anti-Corona-Maßnahmen müssen ausgeleuchtet und dürfen nicht einfach als «Wir wussten es halt nicht besser» hingenommen werden. Ein «Weiter so» ist unangebracht – Scheiterhaufen anzuzünden ebenfalls“, so der Mediziner.

Tichys Einblick Talk vom 09.02.2023
Die Corona-Abrechnung - Kritiker behielten Recht, doch Aufarbeitung und Entschuldigung fehlen
Pürner, der schon früh die Schließung von Schulen und die Teststrategie kritisiert hatte, bemängelt, dass es während der Pandemie keine offene Diskussion über die besten Maßnahmen gegeben habe. „Ein ausgewogener wissenschaftlicher Diskurs hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Meldete jemand Kritik an, wurde er verhöhnt, diskreditiert und – wenn es in der Macht der Politiker stand – entlassen oder, wie in meinem Fall, eben versetzt. Kritikern sprach man direkt Kompetenz oder Demokratieverständnis ab.“

Besonders kritisch sieht Pürner die 2G-Regelung. „Die Politik spaltete die Gesellschaft, indem sie Ungeimpfte mittels der sogenannten 2G-Regel aus der Gemeinschaft ausschloss. Das war ein Tiefpunkt in der Pandemie, der sicher noch über viele Jahre seine Spuren in der Gesellschaft hinterlassen wird“, so Pürner. „Dafür müssen die Politiker Verantwortung übernehmen. Und es waren viele.“ Namentlich erwähnt der Mediziner Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der Kritiker als „Corona-RAF“ bezeichnet hatte. „Kritiker der eigenen Politik in Verbindung mit der RAF zu bringen, entbehrt jeder Logik und jeden Anstands.“

Politikern und Wissenschaftler gesteht Pürner zu, dass Corona eine besondere Herausforderung war und Fehler deshalb verständlich sind. „Es ist immer einfach, vom grünen Tisch aus und ohne selbst Verantwortung tragen zu müssen klug daherzureden.“ Doch es sei ein großer Fehler gewesen, die Wirksamkeit der Maßnahmen wie Lockdown, Schulschließungen, Teststrategie und Maskenpflicht zu überprüfen. Das werde „in die Geschichte der größten Fehlleistungen von Politik und Gesellschaft eingehen“. Die Folge seien verheerend gewesen.

„Wochenlange Isolation für Menschen, deren PCR-Test zwar positiv war, die aber keinerlei Symptome hatten. Es gab einige Firmen, denen über Wochen so viele Mitarbeiter wegfielen, dass Aufträge nicht mehr erfüllt werden konnten. Besonders schlimm aber war es für die Sterbenden und deren Angehörige. Durch den Erlass von Betretungsverboten konnten sich viele nicht mehr von ihrem sterbenden Ehepartner, ihren Eltern und Großeltern verabschieden. Wie furchtbar!“ Pürner: „Ein früher Blick nach Schweden, Dänemark oder Florida hätte ausgereicht, um zu erkennen, dass die meisten Maßnahmen bei uns völlig überflüssig waren.“


Den kompletten Beitrag lesen Sie in Tichys Einblick 03-2023 >>>

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Kommentare ( 20 )

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thinkSelf
1 Jahr her

„Damit sich die Fehler der Pandemiepolitik nicht wiederholen, fordert er eine faire und offene Aufarbeitung.“
Naiv, naiver, Deutscher.
Erstens wurden da überhaupt keine Fehler gemacht. Herr Pürner hängt nur weiterhin der niedlichen Illusion an, das es hier überhaupt um „Pandemiepolitik“ ging. Zweitens ist daher auch nichts „aufzuarbeiten“, sondern fortzuführen. Und das passiert ja gerade unter den Labeln „Klima“ und „Wokismus“.

Alexander
1 Jahr her

Großartige Kommentare, denen ich voll zustimme. Das Strafrecht ist nur eingeschränkt ein gutes Mittel zur Aufarbeitung, da die Anforderungen an die persönliche Schuld recht hoch sind. Mein Vorschlag wäre, dass eine hohe Instanz,auch wenn sie in der Pandemie versagt haben sollte, nun sich an die Spitze der Aufarbeitung stellen würde. Das könnte das Bundesverfassungsgericht sein, wenn es sich überwindet, seine bisherigen Urteile in Sachen Pandemie zurückzunehmen. Das könnte der Bundespräsident sein, wenn er seine Fehleinschätzungen revidiert ( eher unwahrscheinlich bei Herrn Steinmeier). Das könnten auch die Bischöfe sein, die christliche Reue zeigen sollten. Wichtig ist nur, dass endlich erkannt wird,… Mehr

Mulle67
1 Jahr her

Vielleicht können wir uns Anregungen bei der „Wahrheits- und Versöhnungskommission“ aus Südafrika holen, die damals die Apartheid aufgearbeitet hat. Man beachte vor allem die Reihenfolge: erst die Wahrheit, dann die Versöhnung. Im Umkehrschluss gilt also: ohne Wahrheit keine Versöhnung. Oder etwas abgeleitet gesehen: erst muss jemand um Entschuldigung bitten – und zwar ehrlich – damit ihm verziehen werden kann. Vielleicht hilft sogar das Christentum weiter: erst Reue und Buße, dann Vergebung. Wie auch immer: der Tenor ist der Gleiche. Ein Schuldiger kann keine Vergebung „fordern“. Er muss sie sich verdienen, indem ihm klar wird dass er falsch gehandelt hat. Und… Mehr

Fieselsteinchen
1 Jahr her

Aufarbeitung und Strafprozesse, nichts anderes! Keine Entschuldigung und kein Vergeben. Wir haben sie sich denn gebärdet? Die Journalisten, die Politiker, der kleine Denunziant von nebenan und wer läuft denn heute immer noch mit deutschem Dummstolz auf seine Maske herum? Wer erinnert sich noch an die ältere Dame, die von Polizisten auf einer der Corona-Demonstrationen zu Tode geknüppelt wurde, die anderen Verletzten? Einzig deshalb, weil sie auf die Einhaltung der Grundrechte bestanden! Nein! Hier wurde etwas bewusst in Schieflage gebracht, um eigene und höhergestellte Interessen zu bedienen. Wer erinnert sich noch an die Rede Merkels 2020, die Gesellschaft und die Freiheit,… Mehr

nethoesi
1 Jahr her

O-Ton aus meinem Arbeitsumfeld während 2G: Denen allen sollte man das Virus spritzen, damit endlich mal Ruhe ist und das „Ganze“ aufhört,,, Tja, für wen wohl war das gedacht? U.a. mir, der sich bis heute sein Original-Immunsystem erhalten konnte. In 2021 und noch in 2022 haben die mich mit dem A*sch nicht mehr angesehen. Heute dagegen wird sogar mein Handschlag erwidert, als wäre nichts gewesen. Die moralische Bankrotterklärung für einen Großteil dieser Gut- und Bessermenschen macht noch immer sprachlos.

Aboriginal
1 Jahr her

Wieso gibt eigentlich Karl Lauterbach diese Fehler zu. Will er mit dem Geständnis, vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schädigung die den Unternehmen angetan wurde eine Klagebasis für Krankenhauskonzerne schaffen?

Michael Palusch
1 Jahr her

Mmh…?

…Lockdown, Schulschließungen, Teststrategie und Maskenpflicht…

Das größte Verbrechen wird leider nicht angesprochen.
Die Außerkraftsetzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit. Die oben genannten Dinge, die waren „nur“ despotisch, die Zwangsimpfung und Impfnötigung aber oftmals gesundheitsschädlich oder gar tödlich.

Julischka
1 Jahr her

Das Vertrauen in diesen Staat ist nachhaltig geschädigt und inzwischen nicht nur bei uns ausgegrenzten, wie Schwerstverbrecher behandelten „Ungeimpften“, sondern auch bei den Vielen zur Spritze Genötigten! Ich bin mir auch ziemlich sicher, daß die Akzeptanz was Impfungen im Allgemeinen betrifft sehr stark gelitten hat. Wenn ich anfänglich in Diskussionen noch betonte kein Impfgegner zu sein, schließlich vertraue ich ja den „Herkömmlichen“, bin ich es heute tatsächlich! Beim Thema 2G allerdings geh ich noch weiter als nur Wieler und Co verantwortlich zu machen, denn daran war die ganze Gesellschaft mit einer Selbstverständlichkeit beteiligt, daß ich heut noch schwer erschüttert bin!

Emsfranke
1 Jahr her

Ob Spahn, Lauterbach, Wieler, Drosten, Montgomery, Blome, Söder, Gauck, die gesamte „Ministerpräsidentenkonferenz“ mit der Kanzlerin, die Schießschartengesichter der Bundespressekonferenz, die Ethikkommission incl. ihrer Vorsitzenden etc. pp..
Es gibt nichts zu verzeihen, es gibt nur eines:
verschwindet endlich aus unserer Wahrnehmung, schämt euch auf ewig und lasst euch nie mehr wieder blicken!

rainer erich
1 Jahr her

Um es kurz zu machen : Bei strafrechtlich relevanten Handlungen bis hin zum Verbrechen, von der vorsaetzliche Verletzung Des GG bis hin zu Tatbeständen des StGB, gehr es nicht um eine faire Aufarbeitung, sondern um Anklage und Strafe. Die faire Aufarbeitung beinhaltet dann die Schaffung eines politischen Systems, in dem Derartiges, wenn nicht ausgeschlossen, so doch massiv erschwert wird. Idealerweise kaeme dann noch die „Schaffung“ einer demokratischen, wehrhaften, psychisch normalen Gesellschaft hinzu, also so etwas wie ein Reset und ein Neubeginn, allerdings voellig anders als der nach 1945. Allerdings gibt es dann nicht mehr allzuviel fair aufzuarbeiten, weil es erst… Mehr